Parkometerabgabe; Erhebung eines Einspruches gegen die Strafverfügung ohne Aktivlegitimation; keine Vollmachtsvorlage binnen der gesetzten zweiwöchigen Frist; Zurückweisung des Einspruches durch die Behörde wegen Unzulässigkeit mit Beschluss
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde der MK, Wien, vom , gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 67, vom , MA/67/2019, in Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde bestätigt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien am um 14:06 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, Newaldgasse 2, zur Anzeige gebracht, da es zum Beanstandungszeitpunkt ohne gültigen Parkschein abgestellt war.
Die mit Organstrafmandat verhängte Geldstrafe von € 36,00 wurde binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist nicht einbezahlt und HK als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges mit Anonymverfügung vom eine Geldstrafe von € 48,00, zahlbar bis vorgeschrieben. Die Geldstrafe wurde binnen der vierwöchigen Zahlungsfrist nicht entrichtet.
In weiterer Folge wurde HK vom Magistrat der Stadt Wien mit Strafverfügung vom die näher bezeichnete Verwaltungsübertretung angelastet und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 48,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Gegen die Strafverfügung wurde von MK, der Tochter des HK, ohne Vollmachtsvorlage, Einspruch erhoben.
Der Magistrat der Stadt Wien teilte daraufhin MK mit Schreiben vom (Mängelbehebungsersuchen) mit, dass nach § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 nur der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen ab Zustellung Einspruch erheben könne. Der Beschuldigte sei nur die in der Strafverfügung als solche bezeichnete Person, nämlich HK. Nach der Aktenlage sei jedoch eine etwaige bestehende Vertretungsbefugnis durch keine Vollmacht nachgewiesen.
MK wurde unter Verweis auf die maßgeblichen Bestimmungen (§ 10 Abs. 1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, diesen Mangel zu beheben und binnen einer Frist von zwei Wochen nach erfolgter Zustellung des gegenständlichen Auftrages eine Vollmacht ihres Vaters beizubringen, aus welcher hervorgehe, dass sie zur Vertretung ihres Vaters im gegenständlichen Verfahren sowie zur Einbringung des Rechtsmittels berechtigt sei. Darüber hinaus müsse aus dieser Vollmacht zu erkennen sein, dass diese bereits zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels bestanden habe. Sollte innerhalb der genannten Frist diesem Auftrag nicht entsprochen werden, müsste das von ihr eingebrachte Rechtsmittel zurückgewiesen werden.
Die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages erfolgte durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle 1230 Wien am . Das Schriftstück wurde von MK nachweislich am selben Tag übernommen (Übernahmebestätigung RSb).
MK übermittelte der Behörde mit E-Mail vom die mit datierte Vollmacht ihres Vaters.
Da binnen der zweiwöchigen Mängelbehebungsfrist (Beginn der Frist: , Fristende: ) keine Vollmacht vorgelegt wurde, wies der Magistrat der Stadt Wien den von MK am erhobenen Einspruch gegen die an ihren Vater als Beschuldigten gerichtete Strafverfügung der MA 67 vom mit Bescheid vom als unzulässig zurück.
Gegen den Zurückweisungsbescheid wurde von MK am (E-Mail) Beschwerde erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass ihr Vater über ein Monat in Argentinien auf Rundreise gewesen sei, dort sein Handy verloren und es sperren habe lassen (Verweis auf WhatsApp Screenshots) und es etwas zeitaufwändiger gewesen wäre, ihn zu erreichen und die Vollmacht zu bekommen. Sie ersuche höflichst um Berücksichtigung und Verständnis der Verzögerung auf Grund der angegebenen unglücklichen Umstände. Weiters ersuche sie um Straferlass, da sie nach Beendigung ihres Ausbildungsverhältnisses arbeitslos sei und erst am ihre Praktikumsstelle antrete. Es sei für sie finanziell schwierig, die Strafe zu bezahlen.
Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Die im Sachverhaltsteil näher bezeichnete Strafverfügung vom erging an den Zulassungsbesitzer des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges, Herrn HK als Beschuldigten.
Der Einspruch gegen die Strafverfügung wurde von der Tochter MK ohne Aktivlegitimation am (E-Mail) erhoben.
Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde MK von der MA 67 um Vorlage einer Vollmacht ihres Vaters binnen einer Frist von zwei Wochen nach erfolgter Zustellung des Auftrages ersucht.
Die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages erfolgte durch Hinterlegung bei der Post-Geschäftsstelle 1230 Wien am . Das Schriftstück wurde von MK noch am selben Tag behoben (Übernahmebestätigung RSb).
Die zweiwöchige Frist zur Vorlage der Vollmacht begann somit am und endete am .
Binnen dieser Frist wurde von MK keine Vollmacht vorgelegt.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus der im Akt einliegenden Übernahmebestätigung des Mängelbehebungsauftrages.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 24 VStG gilt das AVG - soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt - auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44 a bis 44 g, 51, 57, 68 Abs. 2 und 3, 75 und 78 bis 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.
Bescheide sind individuelle Rechtsakte, deren Rechtswirkungen sich grundsätzlich nur auf
die Parteien des Verfahrens beziehen (Hinweis Ritz, Bundesabgabenordnung2, Tz 3 zu
§ 92, sowie Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Tz. 485 ff).
Gemäß § 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.
Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG (§ 32 Abs. 1 VStG; ).
Im vorliegenden Fall ist HK jene Person, dem von der belangten Behörde mit Strafverfügung vom die näher bezeichnete Verwaltungsübertretung als Beschuldigter angelastet wurde.
Der Einspruch wurde jedoch von MK im eigenen Namen und ohne Aktivlegitimation erhoben.
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1991 können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen
Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird,
durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen und haben sich diese durch eine schriftliche, auf
Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 10).
Durch das Rechtsgeschäft der Bevollmächtigung wird mit der Vollmacht die Befugnis, also die Rechtsmacht, Willenserklärungen mit unmittelbarer Wirksamkeit für den Vertretenen abzugeben oder entgegenzunehmen eingeräumt ().
Gemäß § 10 Abs. 4 AVG kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht zB dann absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten ().
Im vorliegenden Fall konnte die Behörde daher von der Vorlage einer Vollmacht nicht absehen.
Die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht stellt gemäß § 10 Abs. 2 AVG ein iSd § 13 Abs 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (vgl. VwGH, verstärkter Senat , 83/05/0073, , , ; s. auch Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 zu § 10 Abs 1 und 2 AVG).
§ 13 Abs. 3 AVG (idF BGBl. I Nr. 10/2004) sieht vor, dass Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung ermächtigen. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht ().
Die Behörde setzte MK in Anwendung der Bestimmungen des § 13 Abs. 3 AVG für die Beibringung der Vollmacht ihres Vaters eine Frist von zwei Wochen nach erfolgter Zustellung des Mängelbehebungsauftrages.
Wie festgestellt, begann die Frist mit der rechtswirksamen Zustellung des Mängelbehebungsauftrages am zu laufen und endete am .
Da binnen dieser Frist keine Vollmacht vorgelegt wurde, wies die Behörde den von MK - im eigenen Namen eingebrachten - Einspruch gegen die gegen ihren Vater als Beschuldigten gerichtete Strafverfügung mit Bescheid vom als unzulässig zurück.
MK übermittelte der Behörde , ebenfalls am , die Vollmacht ihres Vaters. Die verspätete Vollmachtsvorlage wurde mit dem einmonatigen Aufenthalt ihres Vaters in Argentinien und dessen Handyverlust begründet, wodurch es zeitaufwändiger gewesen sei, den Vater zu erreichen und die Vollmacht zu bekommen.
Abgesehen davon, dass MK für ihr Vorbringen keinerlei Nachweise (zB Flugticket, Hotelrechnung ihres Vaters) vorgelegt hat, wäre es für sie mit keinem großen Aufwand verbunden gewesen, bei der Behörde einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Vollmachtsvorlage zu stellen, da die Behörde solche Fristen auf begründeten Antrag verlängern kann.
Von MK wurde jedoch Antrag auf Fristverlängerung nicht gestellt.
Wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. , 0003, , , unter Verweis auf ) und kann daher auf ein inhaltliches Vorbringen nicht eingegangen werden (vgl. , 0003, ).
Nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt wies die Behörde den Einspruch von MK gegen die an ihren Vater als Beschuldigter ergangene Strafverfügung zu Recht mit Bescheid vom als unzulässig zurück.
Da Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist, war auf das Vorbringen von MK um Straferlassung bzw. um Herabsetzung der Geldstrafe wegen ihres finanziellen Engpasses nicht einzugehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision der belangten Behörde an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die Revision des Bf. an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs. 4 VwGG unzulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist. Dabei schließt der Begriff der "Verwaltungsstrafsache" auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einer solchen Verwaltungsstrafsache ergehen, ein (vgl. ).
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 10 Abs. 1 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 § 13 Abs. 3 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 § 24 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 10 Abs. 4 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 § 10 Abs. 2 AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 25a Abs. 4 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500054.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at