Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2020, RV/2100651/2018

Haftung des ausgeschiedenen Geschäftsführers für Abgaben, die während seiner Tätigkeit fällig wurden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Beschwerdeführers, vertreten durch WTH , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom betreffend die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers zur Haftung gemäß § 9 BAO zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers zur Haftung gemäß § 9 BAO für Abgaben der GesellschaftmbH wird wie folgt ausgesprochen:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in Euro
(gekürzt um Quote)
Lohnsteuer
06/2012
213,64
Lohnsteuer
07/2012
213,64
Lohnsteuer
08/2012
213,64
Lohnsteuer
09/2012
213,64
Lohnsteuer
11/2012
193,85
Lohnsteuer
12/2012
193,85
Lohnsteuer
01/2013
193,85
Lohnsteuer
02/2013
193,85
Dienstgeberbeitrag
12/2012
41,04
Dienstgeberbeitrag
01/2013
41,04
Dienstgeberbeitrag
02/2013
41,04
Dienstgeberbeitrag
03/2013
20,52
Dienstgeberbeitrag
04/2013
20,52
Dienstgeberbeitrag
05/2013
20,52
Dienstgeberbeitrag
06/2013
20,52
Dienstgeberbeitrag
07/2013
20,52
Dienstgeberbeitrag
08/2013
20,52
Dienstgeberbeitrag
09/2013
10,26
Kammerumlage
10-12/2012
197,93
Summe
2.084,39

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (=Bf.) wurde mit Bescheid vom gemäß § 9 in Verbindung mit §§ 80ff. BAO für Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von 13.470,62 Euro der GmbH zur Haftung in Anspruch genommen.
Die haftungsgegenständlichen Abgaben setzten sich aus Lohnsteuer 06/2012 bis 02/2013, Dienstgeberbeitrag (=DB) 01/2012 bis 09/2013, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (=DZ) 01/2012 bis 09/2013, Kapitalertragsteuer 2009, Körperschaftsteuervorauszahlungen II bis IV/2011, Kammerumlage II und IV/2012 und Säumniszuschlägen 2006 bis 2010 zusammen.

Der Bf. war während des Haftungszeitraumes bis zum Geschäftsführer der GmbH. Über das Vermögen der GmbH wurde mit aa/bb/cccc das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet.
Der Sanierungsplan wurde am dd/ee/ffff bestätigt, die Gläubiger erhielten eine Quote von 24% ihrer Forderungen.
Die GmbH wurde mittlerweile im Firmenbuch nach durchgeführter Liquidation am gg/hh/iiii gelöscht.


Der Bf. brachte am Beschwerde gegen den Haftungsbescheid ein.


Er führte darin aus, dass das Abgabenkonto der GmbH nach seinem Ausscheiden, ausgeglichen gewesen sei, der Saldo also Null betragen habe.
Der Bf. sei in seiner Zeit als Geschäftsführer seiner Pflicht zur Abgabenentrichtung regelmäßig nachgekommen.
Im Haftungsbescheid seien überdies auch Abgaben vor dem Jahr 2012 enthalten, für die bereits Verjährung der Einhebung nach § 238 BAO eingetreten sei.
Die im Haftungsbescheid ausgewiesenen Lohnabgaben für die Jahre 2012 bis 2013 seien erst als Folge einer Prüfung der Lohnabgaben zu einem Zeitpunkt festgesetzt worden, in dem der Bf. nicht mehr Geschäftsführer der GmbH gewesen sei und daher nicht mehr für die Entrichtung sorgen habe können.
Der Bf. habe während seiner Geschäftsführung die Lohnverrechnung der GmbH von einem Steuerberater durchführen lassen und diese auch laufend überprüft.
Es könne ihm daher auch keine pflichtwidrige Schuldverletzung vorgeworfen werden.
Der angefochtene Haftungsbescheid sei daher ersatzlos aufzuheben.

Im Übrigen sei im Haftungsbescheid die bereits entrichtete Ausgleichsquote von 20% (richtig 24%) nicht berücksichtigt worden.


Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom insoweit Folge geleistet, als die Haftungssumme im Ausmaß der geleisteten Quote von 24% gekürzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.



Das Finanzamt führte dazu begründend aus:
Die Verjährung fälliger Abgaben sei durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Die nach außen erkennbaren Handlungen des Finanzamtes seien Bescheide über die Bewilligung von Zahlungserleichterungsansuchen, welche bis Anfang 2013 liefen, gewesen.
Der Bf. habe außerdem im Oktober 2012 auf Grund einer Vereinbarung mit dem Vorstand des Finanzamtes eine Abschlagszahlung von 50.000 Euro geleistet.
Der offene Restbetrag an Abgabenverbindlichkeiten sei nur von der Einbringung ausgesetzt, aber nicht gelöscht gewesen.
Dem Bf. sei insoweit beizupflichten, als die Haftungssumme im Ausmaß von 24%, das seien 3.232,95 Euro zu kürzen sei. Die Haftungssumme werde danach auf 10.237,67 Euro herabgesetzt.


Der Bf. brachte stellte in der Folge mit Eingabe vom einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.



Im Vorlageantrag wird ausgeführt:
Wie vom Finanzamt in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, sei nach Bezahlung der vereinbarten Abschlagssumme der offene Abgabesaldo vom Abgabenkonto der GmbH abgebucht worden, sodass das Konto ausgeglichen war.
Der Bf. hab sich auf die Auskunft des Vorstandes des Finanzamtes verlassen können, dass keine weiteren Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt bestanden hätten.
Aus diesem Grunde könne dem Bf. kein Verschulden an der Nichtabfuhr der haftungsgegenständlichen Steuerbetrage vorgeworfen werden.
Hinsichtlich der Vorschreibung der haftungsgegenständlichen Lohnabgaben nach einer abgabenbehördliche Prüfung für die Jahre 2012 und 2013, werde auf die Beschwerde gemäß § 248 BAO des Bf. vom gegen den Haftungsbescheid vom (Vorschreibung an die GmbH als Haftende für die Lohnabgaben) verwiesen.
Laut dieser Beschwerde sei die Festsetzung der Abgaben für zwei Mitarbeiter der GmbH nicht gerechtfertigt, da die erforderlichen Aufzeichnungen über die Fahrtbewegungen der ehemaligen Mitarbeiter gegeben habe. Somit sei die Selbstberechnung der Lohnabgaben für die beiden Mitarbeiter durch den Bf. als damaligen Geschäftsführer ordnungsgemäß gewesen.



Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht dazu aus:

Zur Abschlagszahlung:
Richtig sei, dass es eine Vereinbarung vom über eine Abschlagszahlung gegeben hat. Richtig sei, dass die vereinbarte Zahlung in Höhe von 50.000 Euro am (Buchungstag), statt wie vereinbart am angewiesen wurde. Was im Vorlageantrag nicht erwähnt werde, dass eine Abschreibung der den Betrag von 50.000 Euro übersteigenden Abgabenrückstandes unter folgenden Bedingungen in Aussicht gestellt worden sei:
+ Eine Abschlagszahlung in Höhe von 50.000 Euro bis spätestens
+ Die Einhaltung der künftigen abgabenrechtlichen Verpflichtungen und Zahlung der laufend anfallenden Abgaben, insbesondere die rechtzeitige und richtige Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben und die ordnungsgemäße Einreichung von Abgabenerklärungen.
+ Die Erreichung eines Sanierungseffektes



Eine bescheidmäßige Abschreibung der Restschuld sei bei Einhaltung der genannten Bedingungen in Aussicht gestellt worden.
Wegen Nichterfüllung der Bedingungen durch die GmbH habe die belangte Behörde keinen Bescheid über die Abschreibung der Restschuld erlassen.



Es sei kein Sanierungseffekt erreicht worden und wie die Prüfung der Lohnabgaben ergeben habe, seien Selbstbemessungsabgaben nicht ordnungsgemäß gemeldet und teilweise nicht vollständig entrichtet worden.



Aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten geht weiters hervor.
Laut Aktenvermerk vom wurde festgehalten, dass die GmbH die Einmalzahlung von 50.000 Euro unter Anrechnung auf ihre aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 62.220,64 Euro zu diesem Stichtag zahlen werde. Der Restbetrag werde, wenn die oa. genannten Bedingungen erfüllt sind, bescheidmäßig abgeschrieben. Ein derartiger Bescheid ist nach dem Vorbringen des Finanzamtes mangels Erfüllung der gesetzten Bedingungen nie erfolgt.
Die GmbH zahlte am eine rückstandswirksame Pauschalsumme von 50.000 Euro auf ihr Abgabenkonto ein.
Am wurde die Aussetzung der Einbringung eines Betrages in Höhe von 14.790,66 Euro auf dem Abgabenkonto der GmbH verbucht, zwar nicht in unmittelbarer Nähe zur Einzahlung der Einmalzahlung von 50.000 Euro, aber offensichtlich als Folge derselben.


Am zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Bf. als Geschäftsführer der GmbH befand sich auf deren Abgabenkonto ein Saldo von 155,20 Euro.
Nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens am aa/bb/cccc wurde das Abgabenkonto der Bf. auf Grund der Wiederaufnahme der Einbringung mit einem Betrag von 13.040,66 Euro am belastet.
Am wurden nach der abgabenbehördlichen Prüfung ua. die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben verbucht.
Im Insolvenzverfahren erhielten die Insolvenzgläubiger eine Quote von 24%.

Rechtslage


Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.


Gemäß § 80 Abs. 1BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.



Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224, Abs. 1) gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2 und 4 sinngemäß.


Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

Erwägungen:

Vorweg ist festzuhalten, dass - wie hier - im Falle einer Beschwerde sowohl gegen die Heranziehung zur Haftung als auch gegen den Abgabenanspruch zweigteilt zuerst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid und dann, wenn dieser Beschwerde nicht Folge geleistet wird, über die Beschwerde gegen den Abgabenanspruch zu entscheiden ist. Dies deswegen, weil vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens über den Haftungsbescheid die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (siehe bspw. , ).


Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus.
Durch die Eröffnung des Sanierungsverfahrens am aa/bb/cccc über das Vermögen der GmbH und dem in der Tagsatzung vom vorgelegten Sanierungsplanvorschlag mit einer Quote von 20% stand zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides am die Uneinbringlichkeit des Abgabenrückstandes von zumindest 80% fest.
Dass das Finanzamt den Zufluss der tatsächlichen Quote von 24% im Haftungsbescheid nicht berücksichtigt hatte, ist zu korrigieren.


Das Finanzamt hat diesem Umstand bereits in der Beschwerdevorentscheidung Rechnung getragen. Durch den Vorlageantrag ist die Beschwerde zwar wieder unerledigt, doch waren die nunmehrigen Haftungsbeträge im obigen Spruch entsprechend zu kürzen.


Es steht fest, dass der Bf. zu den Fälligkeitszeitpunkten der haftungsgegenständlichen Abgaben Geschäftsführer der GmbH war. Er war daher im Rahmen seiner Tätigkeit verpflichtet, für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.


Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().


Der Vertreter haftet aber nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern - was sich aus dem Wort "insoweit" in § 9 BAO eindeutig ergibt - nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der (schuldhaften) Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht ().


Soweit nämlich die Forderungen der Abgabenbehörde und die Forderungen der übrigen Gläubiger anteilsmäßig gleich befriedigt werden, der Fiskus also nicht benachteiligt wird, liegt die geforderte Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Geschäftsführers und dem Entgang der Abgaben nicht vor.


Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten
(§ 224 Abs. 1 BAO).
Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit die Abgabengläubiger benachteiligt hat, so erstreckt sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat ().


Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel.


Im Beschwerdefall hafteten am , an dem die Einmalzahlung von 50.000 Euro, insgesamt 62.068 Euro auf dem Abgabenkonto der GmbH aus. Das heißt, die Abgabenbehörde wurde durch die Zahlung von 50.000 Euro mit 80,56 % bedient. Dies, obwohl sich zum damaligen Zeitpunkt die GmbH offensichtlich bereits in einer finanziell angespannten Lage befand und ein Sanierungsbedarf bestand. Die Gläubigergleichbehandlung wurde zwar im Beschwerdefall nicht dezidiert nachgewiesen, aber auf Grund der Quote von rund 80% bestehen auch keine Zweifel an der Gleichbehandlung der Abgabenforderungen des Fiskus bis zum Fälligkeitstag (außer Lohnsteuer).


Es ist daher die Inanspruchnahme zur Haftung aller bis zum fälligen Abgabenverbindlichkeiten (außer Lohnsteuer) der GmbH aufzuheben und der Beschwerde in diesen Punkten zu folgen.


Hinsichtlich der verbleibenden, von der Haftung erfassten Abgabenschulden, deren Fälligkeit nach dem liegen, wurde kein Nachweis der Gleichbehandlung erbracht. Für diese Abgaben bleibt die Haftung, gekürzt um die Sanierungsquote von
24% aufrecht (siehe Spruch). Auf die Einbeziehung des gekürzten Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag wird wegen Geringfügigkeit der Beträge im Rahmen des Ermessens aus verfahrensökonomischen Gründen verzichtet.

Zur Lohnsteuer ist auszuführen:
Gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 hat der Abfuhrpflichtige bei nicht ausreichenden Mittel zur Entrichtung der Lohnsteuer, die auszuzahlenden Löhne entsprechend zu kürzen und vom niedrigeren ausbezahlten Lohn die Lohnsteuer zu berechnen und abzuführen.
Daraus folgt, dass die Lohnsteuer von den ausbezahlten Löhnen immer zur Gänze zu berechnen und abzuführen ist. Das Gleichbehandlungsgebot der Gläubiger gilt für die Inanspruchnahme zur Haftung für offene Lohnsteuer nicht.
Der zur Abfuhr der Lohnsteuer Verpflichte kann sich nicht auf fehlende Mittel berufen.
Wird die abzuführende Lohnsteuer nicht oder nicht zu Gänze entrichtet, liegt darin ein pflichtwidriges Verhalten der für die Abfuhr der Lohnsteuer verantwortlichen Person.


Da die nach einer Lohnsteuerprüfung festgesetzte haftungsgegenständliche Lohnsteuer bei der lohnsteuerpflichtigen GmbH uneinbringlich ist, haftet der Bf. gemäß § 9 iVm § 80 BAO für den Steuerausfall.


Dass der Bf. zum Zeitpunkt der Festsetzung Lohnsteuernachforderungen nicht mehr Geschäftsführer der GmbH war, befreit ihn nicht von der Haftung. Soweit die Fälligkeit der Lohnsteuer innerhalb der Funktionsperiode des Bf. fällt, war er zur richtigen und vollständigen Abfuhr der Lohnsteuer verpflichtet (siehe bspw. , ; ).


Über den Einwand des Bf., die Festsetzungen der Lohnsteuernachforderungen seien rechtswidrig, ist im Haftungsverfahren nicht zu entscheiden. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben können im Haftungsverfahren nicht mit Erfolg erhoben werden.
Die Bindungswirkung im Haftungsverfahren an die festgesetzten Abgaben besteht unabhängig davon, ob der zur Haftung Herangezogene gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch tatsächlich eine Beschwerde eingebracht hat oder nicht ().
Über die Rechtsrichtigkeit dieser Abgaben ist im Beschwerdeverfahren gemäß § 248 BAO des Bf. gegen die Festsetzungsbescheide zu entscheiden.

In der Beschwerde führte der Bf. auch aus, dass ein Steuerberater mit der Lohnverrechnung der GmbH beauftragt gewesen sei, weshalb ihn an der Uneinbringlichkeit der nachgeforderten Lohnabgaben keine schuldhafte Pflichtverletzung treffe.
Dem ist zu entgegnen, dass die Nachforderungen laut Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung primär auf angeblich nicht ordnungsgemäß geführte Fahrtenbücher zurückzuführen sind. Es handelt sich dabei um Sachverhaltsfeststellungen, die Folge eines Kontrollmangels der Geschäftsführung sind, weshalb dem Bf. ein Verschulden an der Pflichtverletzung vorzuwerfen ist.

Auf die Einwendungen des Bf. zur Verjährung der Einhebung nach § 238 BAO braucht nicht mehr eingegangen zu werden, da die Inanspruchnahme zur Haftung für Abgaben, deren Fälligkeit vor 2012 liegt, durch das nunmehrige Erkenntnis wegfällt.


Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100651.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at