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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2020, RV/7104242/2019

Sachbezug Dienstwohnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrenslauf

Der Beschwerdefüher (in der Folge: Bf.) brachte über FinanzOnline eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Streitjahr 2014 ein. Mit Bescheid vom wurde der Bf. erklärungsgemäß veranlagt, wobei die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, nicht berücksichtigt wurden, weil sie den Selbstbehalt nicht übersteigen haben. Die Topf-Sonderausgaben wurden nur zu einem Viertel berücksichtigt und wegen eines Gesamtbetrags der Einkünfte von mehr als 36.400 Euro überdies eingeschliffen.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2014 brachte der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde ein. Er sei als Dienstnehmer beschäftigt. Im Zeitraum Jänner bis September 2014 habe er eine Dienstwohnung an der Adresse Adresse1 gehabt.
Aufgrund eines Wechsel des Dienstortes habe er seit eine Dienstwohnung an der Adresse Adresse2. Weiters habe er eine Privatwohnung unter der Adresse Adresse3.

In den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit habe der Dienstgeber einen Sachbezugswert für die Dienstwohnungen in der Höhe von 6.776,19 Euro zugerechnet. Diese Hinzurechnung sei zu Unrecht erfolgt. Er sei dienstrechtlich verpflichtet für die Personen vor Ort auch an den Wochenenden und in der Nacht für den Notfall erreichbar zu sein.

Nach den Lohnsteuerrichtlinien stelle eine unentgeltlich überlassene Dienstwohnung nur dann keinen geldwerten Vorteil aus dem Dienstverhältnis und daher auch keine Einnahme des Arbeitnehmers dar, wenn letzterer die Dienstwohnung ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers im Anspruch nehme und seine bisherige Wohnung beibehalte.

Er ersuche deshalb, den Sachbezugswert nicht anzusetzen und den Einkommensteuerbescheid 2014 neu zu erstellen.

Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde den Bf. um Beibringung von Miet- bzw. Nutzungsverträgen für die Wohnungen an den genannten Adressen bzw. einer Bestätigung des Arbeitgebers über die Größe und Ausstattung der jeweiligen Wohnung und über die Höhe des jeweiligen monatlichen Sachbezuges.

Mit Schreiben vom gab der Bf. bekannt, dass es keine Miet- bzw. Nutzungsverträge gebe. Gleichzeitig legte er eine Bestätigung des Arbeitgebers vor, die einen monatlich verrechneten Sachbezugswert der ersten Dienstwohnung im Zeitraum
Jänner bis September 2014  in der Höhe von 551,94 Euro (Wohnungsgröße 91,38 Quadratmeter) und der zweiten Wohnung ab Oktober 2014 in der Höhe von 602,91 Euro (Wohnungsgröße 99,82 Quadratmeter) auswies.

Die belangte Behörde wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Mit Schreiben vom begehrte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht: Er sei unverändert der Meinung, dass die Hinzurechnung eines Sachbezuges für die Nutzung der Dienstwohnung zu Unrecht erfolgt sei. Er sei dienstrechtlich verpflichtet für die Personen vor Ort auch an den Wochenenden und in der Nacht für den Notfall erreichbar zu sein. Der Arbeitgeber stelle aufgrund seiner Tätigkeit die Bedingung, dass er die Dienstwohnung in Anspruch nehme.

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Sachverhalt

Der Bf. war im Streitzeitraum 2014 als Dienstnehmer nichtselbständig beschäftigt. Dem Bf. wurde von seinem Dienstgeber im Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit von seinem Arbeitgeber im Zeitraum von   bis eine Wohnung mit der Größe vom 91,38 Quadratmeter an der Adresse Adresse1 und im Zeitraum von bis  eine Wohnung mit einer Fläche von 99,82 Quadratmeter an der Adresse Adresse2 unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Der Bf. nutzte diese, vom Arbeitgeber überlassenen Wohnungen gemeinsam mit seiner Partnerin als Wohnsitz.

Im Streitzeitraum verfügte der Bf. auch über eine Privatwohnung unter der Adresse Adresse3, an der er seinen Hauptwohnsitz gemeldet hatte. Diese private Wohnung liegt mehr als 300 Kilometer von den steitgegenständlichen Dienstwohnungen entfernt.

Der Arbeitgeber  des Bf. setzte voraus, dass der Bf. die ihm überlassenen Dienstwohnungen nutzt, um für die Personen vor Ort auch an den Wochenenden und in der Nacht für den Notfall erreichbar zu sein.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Verwaltungsgericht vorgelegten Akten. Die Meldedaten des Bf. und seiner Partnerin sind den Auszügen aus dem Zentralen Melderegister zu entnehmen. Die Größe der überlassenen Wohnungen und der dafür angesetzte Sachbezug ergeben sich aus der Bestätigung des Arbeitgebers des Bf.. Die Feststellungen zum Inhalt des Dienstvertrags des Bf. entstammen dessen glaubwürdigen Ausführungen in der Beschwerde und im Vorlageantrag.

Die Entfernung des Hauptwohnsitzes des Bf. zu den Dienstwohnungen kann mittels Online-Routenplaner ermittelt werden.

Rechtslage

§ 15 Abs. 1 und 2 EStG 1988 lautet:

§ 15. (1) Einnahmen liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen. Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern führt nur dann zu Einnahmen, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden.

(2) Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

§ 2 der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge lautet:

§ 2. (1) Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Wohnraum kostenlos oder verbilligt zur Verfügung, ist als monatlicher Quadratmeterwert der jeweils am 31. Oktober des Vorjahres geltende Richtwert gemäß § 5 des Richtwertgesetzes, BGBl. Nr. 800/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2008, bezogen auf das Wohnflächenausmaß gemäß Abs. 5 anzusetzen. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers vermindern den Sachbezugswert.

(2) Der Quadratmeterwert gemäß Abs. 1 ist auf einen Wohnraum anzuwenden, der hinsichtlich der Ausstattung - unabhängig vom Ausmaß der Nutzfläche - der mietrechtlichen Normwohnung gemäß § 2 des Richtwertgesetzes entspricht.

(3) Der Wert gemäß Abs. 1 verändert sich folgendermaßen:

1. Für Wohnraum, der den Standard der mietrechtlichen Normwohnung nicht erreicht, ist der Wert gemäß Abs. 1 um 30% zu vermindern.

2. Bei Dienstwohnungen für Hausbesorger, Hausbetreuer und Portiere ist der Wert gemäß Abs. 1 in Verbindung mit Z 1 um 35% zu vermindern.

(4) Für Wohnraum, dessen um 25% verminderter üblicher Mittelpreis des Verbrauchsortes um mehr als 50% niedriger oder um mehr als 100% höher ist als der sich aus Abs. 1 und 3 ergebende Wert, ist der um 25% verminderte fremdübliche Mietzins anzusetzen.

(5) Die Ermittlung des Wohnflächenausmaßes ist im Sinne des § 17 Abs. 2 und 3 des Mietrechtsgesetzes BGBl. Nr. 520/1981, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 124/2006 vorzunehmen.

(6) Die Quadratmeterwerte beinhalten auch die Betriebskosten im Sinne des § 21 des Mietrechtsgesetzes. Werden die Betriebskosten vom Arbeitnehmer getragen, ist von den Quadratmeterwerten ein Abschlag von 25% vorzunehmen.

(7) Bei einer vom Arbeitgeber gemieteten Wohnung sind die Quadratmeterwerte gemäß Abs. 1 und 3 der um 25% gekürzten tatsächlichen Miete (samt Betriebskosten, exklusive Heizkosten) einschließlich der vom Arbeitgeber getragenen Betriebskosten gegenüberzustellen; der höhere Wert bildet den maßgeblichen Sachbezug.

(7a) Liegt die rasche Verfügbarkeit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz nach der Natur des Dienstverhältnisses im besonderen Interesse des Arbeitgebers und überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kostenlos oder verbilligt eine arbeitsplatznahe Unterkunft (Wohnung, Appartement, Zimmer), gilt Folgendes:

1. Bis zu einer Größe von 30 m2 ist kein Sachbezug anzusetzen.

2. Bei einer Größe von mehr als 30 m2 aber nicht mehr als 40 m2 ist der Wert gemäß Abs. 1 oder der Wert gemäß Abs. 7 um 35% zu vermindern, wenn die arbeitsplatznahe Unterkunft durchgehend höchstens zwölf Monate vom selben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird.

(8) Trägt die Heizkosten der Arbeitgeber, ist ganzjährig ein Heizkostenzuschlag von 0,58 Euro pro m² anzusetzen. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers kürzen diesen Zuschlag.

(9) Trägt der Arbeitgeber bei einer von ihm gemieteten Wohnung die Heizkosten, ist der Sachbezugswert um die auf die Wohnung entfallenden tatsächlichen Heizkosten des Arbeitgebers zu erhöhen. Können die tatsächlichen Kosten nicht ermitteln werden, ist ganzjährig ein Heizkostenzuschlag von 0,58 Euro pro m² anzusetzen. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers kürzen diesen Zuschlag.

Erwägungen

Geldwerte Vorteile, wie Wohnung, Heizung usw. sind nach § 15 Abs. 2 EStG 1988 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Unstrittig erwiesen ist, dass dem Bf. im Streitzeitraum von seinem Dienstgeber eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden ist.

Eine freie Dienstwohnung stellt nur dann keinen geld­werten Vorteil dar (Lenneis in Jakom EStG12, § 15 Rz 16), wenn der Arbeitnehmer sie ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers in Anspruch nimmt (siehe z.B. ; , 95/13/0078). Weder das Bestehen des Arbeitgebers auf der Benutzung der Dienstwohnung noch das Vorliegen eines erheblichen betrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Benutzung der Dienstwohnung steht der Qualifizierung einer Dienstwohnung als geld­werter Vorteil aus dem Dienstverhältnis für sich allein schon entgegen. Die Beurteilung der Überlassung einer Dienstwohnung als nicht steuerbar setzt nämlich die Ausschließlichkeit des Interesses des Arbeitgebers an der Benutzung der Dienstwohnung durch den Arbeitnehmer derart voraus, dass nach der Lage des konkreten Einzelfalles ein dem Arbeitnehmer aus der Überlassung der Dienstwohnung an ihn resultierender Vorteil schlechthin nicht besteht ( mwN). Nach spricht die Größe der Dienstwohnung im Verhältnis zur Privatwohnung, die Möglichkeit der Benutzung der Dienstwohnung durch die Familie des Arbeitnehmers und die Erbringung von Dienstleistungen ohne zusätzliches Entgelt als Gegen­leistung für die unentgeltliche Überlassung der Dienstwohnung für einen geldwerten Vorteil. Der aus der Zurverfügungstellung einer Dienstwohnung entstehende Vorteil besteht auch darin, dass dem Arbeitnehmer, der seine bisherige Wohnung beibehält, der Aufwand für die zweite Wohnung ersp­art oder gemindert werden soll () oder sich der Arbeitnehmer größere Fahrtstrecken ersp­art (). Es ist deshalb auch nicht wesentlich, ob die Begründung des Wohnsitzes des Steuerpflichtigen (und seiner Familienangehörigen) zwangsläufig ist (siehe ).

Die dem Bf. überlassenen Wohnungen sind 91,38 bzw. 99,82 Quadratmeter groß. Beide Wohnungen nutzte der Bf. als Wohnsitz gemeinsam mit seiner Partnerin, die dort ihren Hauptwohnsitz gemeldet hatte. Die Wegstrecke zwischen dem Hauptwohnsitz des Bf. und den vom Dienstgeber überlassenen Wohnungen beträgt mehr als 300 Kilometer.

Angesichts dieser Umstände ist auszuschließen, dass die Überlassung der Wohnungen ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers gelegen ist. Zunächst begründete der Bf. dort einen gemeinsamen Wohnsitz mit seiner Partnerin. Zum anderen hat sich der Bf. auch erhebliche Fahrtstrecken erspart. Angesichts der Entfernung zu seinem Haupwohnsitz ist nicht anzunehmen, dass der Bf. seine berufliche Tätigkeit ohne Begründung eines Wohnsitzes in geringerer Entfernung zum Arbeitsplatz überhaupt hätte ausüben können.

Aus diesen Umständen ist ableitbar, dass die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen nicht im alleinigen Interesse des Arbeitgebers des Bf. gelegen ist. Mit den Wohnungen wurden auch höchstpersönliche Bedürfnisse des Bf. (Familienwohnraum, Nähe zum Arbeitsplatz in Anbetracht der erheblichen Entfernung zum Hauptwohnsitz) befriedigt.

Dass der Arbeitgeber des Bf. die Nutzung der streitgegenständlichen Wohnungen durch den Bf. vorausgesetzt hat, ist für Erlangung eines geldwerten Vorteils aus dem Dienstverhältnis unter diesem Umständen unerheblich.

Nach § 2 Abs. 1 der zu § 15 Abs. 2 EStG 1988 ergangenen Sachbezugswerteverordnung (BGBl. II Nr. 416/2001 idF BGBl. II Nr. 29/2014) ist, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Wohnraum kostenlos oder verbilligt zur Verfügung stellt, als monatlicher Quadratmeterwert der jeweils am 31.10. des Vorjahres geltende Richtwert gemäß § 5 des RichtwertG idF BGBl. I Nr. 50/2008, bezogen auf das Wohnflächenausmaß gemäß Abs. 5 der Verordnung anzusetzen. Kostenbeiträge des Arbeitnehmers vermindern den Sachbezugswert.

Dass die vom Arbeitgeber angesetzten Werte diesen Vorgaben nicht entsprechen, kam im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervor. Vielmehr entsprechen die in der Bestätigung des Dienstgebers vom ausgewiesenen Werte pro Quadratmeter den Vorgaben des § 2 Abs. 1 Sachbezugswerteverordnung (5,16 Euro) bzw. hinsichtlich der Heizkosten (0,58 Euro) § 2 Abs. 9 Sachbezugswerteverordnung.

Eine Minderung des Ansatzes nach § 3 Abs. 3 Z 2 der Sachbezugswerteverordnung kommt im Streitfall nicht in Betracht, da der Bf. als Dienstnehmer nicht unter die dort genannten Berufsgruppen Hausbesorger, Hausbetreuer oder Portiere fällt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung steht im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt demnach nicht vor und ist sohin eine Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104242.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at