Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 30.01.2020, RV/7105902/2018

Rechtmäßigkeit eines Säumniszuschlages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden R1, den Richter R2 und die weiteren Senatsmitglieder L1 und L in der Beschwerdesache Bf, Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom betreffend Säumniszuschlag in der Sitzung am  nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers Bf, der Amtsvertreterin AV in Beisein der Schriftführerin SF zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom setzte die Abgabenbehörde von den nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten gemäß § 217 Abs.1 und 3 BAO zweite Säumniszuschläge mit jeweils 1 % fest.


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Abgabe
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in Euro
Einkommensteuer 2011
7.813,00
78,13
Einkommensteuer 2012
11.249,00
112,49
Summe
 
190,62

Die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet worden seien.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom führte der Beschwerdeführer (Bf) aus, dass entgegen der Begründung der bekämpften Bescheide die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 nicht rechtskräftig entschieden und daher nicht vollstreckbar seien. Aus diesem Grund sei ex lege die Festsetzung von Säumniszuschlägen rechtswidrig.

Im Übrigen dürfe er daran erinnern, dass er auch die Aussetzung der Einhebung bis zur endgültigen Entscheidung beantragt habe. Über diesen Antrag sei ebenso wie über alle anderen Anträge in Zusammenhang mit diesem Verfahren nicht entschieden worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Ein zweiter Säumniszuschlag ist gemäß § 217 Abs. 3 BAO für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

Gemäß § 226 BAO sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekanntgegebene Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.

Die Vollstreckbarkeit als Voraussetzung für die Verwirkung eines zweiten Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 3 BAO trat für die Einkommensteuer 2011 sowie für die Einkommensteuer 2012 am ein, da gemäß § 226 BAO Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar sind.

Da drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit () die gegenständlichen Einkommensteuern noch unberichtigt aushafteten, trat gemäß § 217 Abs. 3 BAO die Verpflichtung zur Festsetzung von zweiten Säumniszuschlägen im festgesetzten Ausmaß ein.

Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers wurden keine Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 eingebracht, somit diese in Rechtskraft erwachsen sind.

Informativ darf noch festgehalten werden, dass die Einbringung eines Aussetzungsantrages bereits entstandene Säumniszuschläge nicht berührt. Wird ein Aussetzungsantrag somit erst nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so erfährt der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag keine Änderung.

Die Beschwerde war daher abzuweisen."

Mit an das Finanzamt Innsbruck gerichteter Eingabe vom beantragte der Bf - da er letzten Monat nach Innsbruck übersiedelt sei und damit in dessen Zuständigkeitsbereich - betreffend die Berufungsvorentscheidung die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht Außenstelle Innsbruck.

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

„In der Berufungsvorentscheidung wird fälschlicherweise behauptet, dass gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 keine Beschwerden eingebracht wurden. Das ist unrichtig, da die Beschwerde eingebracht wurde, welche von Ihrer Stelle mit einem Bescheid als abschlägig erledigt wurde. Dagegen wurde Berufung erhoben. Bis jetzt ist diese Berufung unerledigt, sodass die Bescheide nicht rechtskräftig sind und somit weder Zinsen, noch irgendwelche Zuschläge verrechnet werden können.

Weiters beantrage ich eine mündliche Verhandlung vor dem BFG und die Zuständigkeit des gesamten Senats."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 3 BAO ist ein zweiter Säumniszuschlag für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Gemäß § 4 AVOG berührt der Übergang der Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde nicht die Zuständigkeit der bisher zuständig gewesenen Abgabenbehörde im Beschwerdeverfahren betreffend von ihr erlassene Bescheide.

Nach Pkt. 3.1 der Geschäftsverteilung des BFG ist jede einlangende Rechtsangelegenheit nach dem Sitz der belangten Behörde und dem ausgewiesenen Fachgebiet zuzuweisen.

Der Einwand, dass die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 nicht rechtskräftig entschieden und daher nicht vollstreckbar seien, übersieht, dass der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 nach § 254 BAO keine aufschiebende Wirkung zukommt, sodass der Umstand, dass gegen eine Abgabenfestsetzung berufen worden ist, der Entstehung der Säumniszuschlagsverpflichtung nicht entgegen steht (vgl. ).

Eine rechtskräftige Festsetzung der Stammabgabe ist für die Festsetzung eines Säumniszuschlages daher nicht Voraussetzung. Ein Säumniszuschlagsbescheid ist auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung nicht rechtskräftig oder sachlich unrichtig ist.

Dem Vorbringen, dass er auch die Aussetzung der Einhebung bis zur endgültigen Entscheidung beantragt habe, wurde bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom entgegen gehalten, dass die Einbringung eines Aussetzungsantrages bereits entstandene Säumniszuschläge nicht berührt, sodass der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag durch einen nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachten Aussetzungsantrag keine Änderung erfährt.

Da der Bf dem damit zugrunde gelegten Sachverhalt der Einbringung des Aussetzungsantrages nach Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist im Vorlageantrag nicht entgegen getreten ist, war von diesem unwidersprochenen Sachverhalt auszugehen, weil einer Beschwerdevorentscheidung auch die Wirkung eines Vorhaltes zukommt (vgl. ).

Aufgrund der zwingenden Bestimmung des § 217 BAO erfolgte somit die Festsetzung von zweiten Säumniszuschlägen in Höhe von 1% der nicht zeitgerecht entrichteten Beträge zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105902.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at