Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2019, RV/4100178/2015

Baukostenzuschüsse im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses (Bestandvertrag)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom , betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2011, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Körperschaftsteuer für 2011 wird mit € 25.538,00 festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit der gegenständlichen Beschwerde bekämpfte die Beschwerdeführerin (im folgenden BF genannt) die nach einer Außenprüfung erfolgte Vorschreibung von Körperschaftssteuer für das Jahr 2011 in Höhe von Euro 239.160,00. Der Empfehlung des Prüfers folgend hatte das Finanzamt von der BF vereinnahmte Investitions- bzw. Baukostenzuschüsse im Gesamtbetrag von Euro 884.283,00 im Jahr der Vereinnahmung gewinnerhöhend der Besteuerung unterworfen.

In der Beschwerde führte die BF aus, dass sie im Jahr 2011 unter anderem mehrere Investitionen in Gebäude getätigt habe. Diese Gebäude seien nach Fertigstellung an die zum Zeitpunkt der Errichtung bereits bekannten Mieter vermietet worden. Seitens dieser Mieter seien in der Bauphase Baukostenzuschüsse geleistet worden, da auf deren Zusatzkosten verursachende Wünsche eingegangen worden sei. Die Baukostenzuschüsse seien passiviert und über die Dauer der seitens der Mieter vertraglich vereinbarten Kündigungsverzicht von zehn bzw. 15 Jahren anteilig aufgelöst worden. Die Außenprüfung habe die Passivierung und Auflösung, verweisend auf die Ausführungen in der RZ 2161 EStR 2000, nicht anerkannt. Laut Außenprüfung seien „Zuschüsse von dritter Seite (…) sofort zu realisieren, wenn solche für bestimmte Zwecke ohne Rückzahlungsverpflichtung gewährt werden. Da die Vermieterin für ihre Investitionen einen nicht rückforderbaren und nichtrückzahlbaren Zuschuss erhalte, sei dieser im Zuflusszeitpunkt zu versteuern.“

Dieser Rechtsansicht könne nach Ansicht der BF keinesfalls gefolgt werden. Die Judikatur als auch die EStR besagten, dass ein Zuschuss nur dann als sofortiger Ertrag zu erfassen sei, wenn er ohne Gegenleistung oder Rückzahlungsverpflichtung geleistet werde. Es müsse der Empfänger frei über den Zuschuss verfügen können und diesen jedenfalls behalten können, egal was zukünftig passiere. Die uneingeschränkte sofortige Ertragswirksamkeit sei nur dann sachgerecht, wenn keine wie immer geartete Gegenleistungsverpflichtung oder Rückzahlungsverpflichtung gegeben ist. Wenn also entweder „geschenkt“ oder die Gegenleistung bereits erbracht und keine weitere vorgesehen bzw. erforderlich sei. In allen anderen Fällen sei die sofortige Ertragswirksamkeit nicht sachgerecht. Sie widerspreche dem Realisationsprinzip und der Judikatur. Da der Zuschuss im gegenständlichen Fall an ein Verhalten des Vermieters geknüpft ist, stelle er keinen frei verfügbaren Erlös dar. Im gegenständlichen Fall habe der Vermieter - um den Baukostenzuschuss zu erhalten - investieren und die getätigten Investitionen dem Mieter künftig zur Nutzung überlassen müssen. Damit sei der Vermieter verpflichtet eine Gegenleistung zu erbringen. Nach der Rechtsprechung sei zwischen fremden Dritten eine Leistung ohne Gegenleistung gar nicht denkbar. Der unabhängige Finanzsenat und auch der Verwaltungsgerichtshof hätten in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass unter Fremden von der notorischen Tatsache auszugehen sei, dass Kaufleute einander nichts zu schenken pflegen bzw. einer Leistung eine Gegenleistung gegenüberstehe. Mit den Investitionen, für welche der Baukostenzuschuss gezahlt worden sei, habe der Vermieter dem Mieter keine Vermögensgegenstände verkauft und auch keine abschließende Leistung an den Mieter erbracht. Auch von einer unentgeltlichen Zuwendung sei nicht auszugehen. Niemand würde einen Baukostenzuschuss leisten, wenn er sich damit nicht die Nutzung für einen bestimmten Zeitraum sichere.

Nach Ansicht der BF sei der vertraglich fixierte Kündigungsverzicht jedenfalls als Leistungsverpflichtung in Form eines Dauerschuldverhältnisses im Sinne der RZ 1032 EStR anzusehen. In RZ 1032 sei ausgeführt, dass dies insbesondere (aber nicht ausschließlich) für Anschlüsse an Versorgungsnetze gelte, weil damit auch ein langfristiges Versorgungsrecht erworben werde. Im gegenständlichen Fall liege im langfristigen Benutzungsrecht eine entsprechende Gegenleistung vor. In der RZ 2404 EStR sei angeführt, dass ein geleisteter Baukostenzuschuss Entgelt für die Einräumung eines Benutzung-oder Bezugsrechtes darstellen könne und somit (auf die Vertragsdauer) zu verteilen sei. Die Richtlinien würden der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgen, wonach der bei Gegenleistungsbeziehungen Form von Dauerschuldverhältnissen die Gewinnrealisierung laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung zu erfolgen habe. Der Verwaltungsgerichtshof sehe es als entscheidend an, ob mit dem Zuschuss eine in der Art eines Dauerschuldverhältnisses zeitraumbezogene Leistung des Vertragspartners mit abgegolten werde. Dies sei im gegenständlichen Fall jedenfalls gegeben. Unter Verweis auf eine diesen Rechtsstandpunkt stützende Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates beantragte die BF, die gewährten Baukostenzuschüsse im Jahresabschluss 2011 zu passivieren und über einen Zeitraum von zehn bzw. 15 Jahren anteilig aufzulösen.

In seiner abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt begründend aus, dass unter Bedachtnahme auf die RZ 2161 EStR, bei Vorliegen aller Voraussetzungen, Zuschüsse von dritter Seite zu realisieren seien. Würden Zuschüsse für bestimmte Zwecke ohne Rückzahlungsverpflichtung gewährt, fielen Zufluss-und Realisierungszeitpunkt zusammen. Da die BF für ihre getätigten Investitionen (Eingehen auf Sonderwünsche der Mieter) einen nicht rückforderbaren und nicht rückzahlbaren Zuschuss erhalten habe, seien diese im Zeitpunkt des Zufließens steuerlich zur Gänze zu erfassen.

Die BF beantragte, ihre Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und wiederholte im Vorlageantrag ihr bisheriges Vorbringen.

Das Finanzamt verwies in seinem Vorlagebericht darauf, dass eine Rückzahlungsverpflichtung der Mieter weder im Zuge des Berufungsverfahrens noch im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden sei. § 6 Z. 10 EStG bestimme, dass bei Wirtschaftsgütern, die unter Verwendung von entsprechend gewidmeten steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln oder Zuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 16 angeschafft oder hergestellt worden seien, als Anschaffungs- oder Herstellungskosten nur die vom Empfänger der Zuwendungen aus anderen Mitteln geleisteten Aufwendungen gelten würden. Im gegenständlichen Fall handle es sich um Investitionszuschüsse von dritter Seite und diese würden nicht unter die Bestimmung des § 6 Z. 10 und auch nicht in die Steuerfreiheit des § 3 EStG fallen. Daraus folge wiederum, dass solche Zuschüsse als steuerlich wirksame Betriebseinnahmen zu erfassen seien. Die BF habe die Investitionen für ihre Mieter getätigt. Die Mieter hätten sich mit ihren „Zuschüssen“ an den Baukosten der BF als Vermieterin beteiligt. Eine Vereinbarung, dass diese mit einem Mietzins zu verrechnen oder rückzuzahlen seien, sei nicht behauptet worden. Damit stellten diese „Zuschüsse“ Einnahmen der Vermieterin dar, die dieser grundsätzlich im Jahr der Zahlung zufließen würden.

Im Zuge eines Erörterungsgespräches gemäß § 269 Abs. 3 BAO vor dem Bundesfinanzgericht legte die BF den Mietvertrag vom mit dem größten Zuschussgeber vor, weiters die Begleitkorrespondenz der rechtsfreundlichen Vertretung der BF zu diesem Mietvertrag, eine detaillierte „Mehr-Minderkosten-Liste, Stand “, weiters den Abänderungen des Mietvertrages betreffenden E-Mail-Schriftverkehr vom samt Vor-Mails. Der steuerliche Vertreter der BF verwies noch auf ein aktuelles Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, welches aus seiner Sicht den Standpunkt seiner Mandantschaft unterstütze. Die Vertreterin erklärte, nach Einlangen der noch ausstehenden vertraglichen Vereinbarungen den Rechtsstandpunkt des Finanzamtes zu überprüfen.

Nach dem Erörterungstermin legte die BF noch die Mietverträge mit den beiden weiteren Mietern, welche Baukostenzuschüsse leisteten, vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wurde festgestellt:

Die BF, eine Immobiliengesellschaft m.b.H., vermietet Geschäftsflächen. Gleichzeitig ist sie selbst Mieterin einer Liegenschaft, welche sie wiederum – nach Durchführung von Um- und Ausbauten – für Zwecke eines Bau- und Heimwerkermarktes weitervermietet.

Im Jahr 2011 erhielt die BF von der Mieterin des Bau-und Heimwerkermarktes einen Baukostenzuschuss von insgesamt Euro 865.000,00, weiters von der Vermieterin der Liegenschaft für Zusatzkosten zur Errichtung einer auch von der Vermieterin genutzten Werbetafel einen Baukostenzuschuss von Euro 10.783,00 und von einem weiteren Mieter in einem anderen Gebäude, einem Arzt, einen solchen von Euro 8.500,00.

Basierend auf dem ab mit der Mieterin des Bau-und Heimwerkermarktes abgeschlossenen Bestandvertrag wurden von der BF umfangreiche Investitionen in die von ihr selbst gemietete Liegenschaft getätigt, um die von den Vertragsparteien vereinbarte funktionsfähige und schlüsselfertige Erstellung eines Bau-und Heimwerkermarktes zu gewährleisten. Das Bestandverhältnis mit der Mieterin des Bau-und Heimwerkermarktes wurde auf die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen, mit dem dreimaligen Recht der Mieterin, das Bestandverhältnis durch einseitige Erklärung jeweils um weitere fünf Jahre zu verlängern.

Mit Rechnung vom stellte die BF der Mieterin des Bau-und Heimwerkermarktes „gemäß Nachtragsvereinbarung“ einen Baukostenzuschuss von Euro 515.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung und legte eine „Mehr-Minderkosten-Liste, Stand “, bei.

Mit Rechnung vom stellte die BF der Mieterin des Bau und-Heimwerkermarktes für „Baukosten regeneratives Heizsystem … Gemäß Nachtragsvereinbarung, die von ihnen beauftragten Mehrleistungen in der Höhe von Euro 350.000,00“ zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Dem diesbezüglichen Mailverkehr ist zu entnehmen, dass zwischen den Vertragspartnern zur Finanzierung der Mehrkosten des regenerativen Energiesystems Erdwärme, gegenüber der ursprünglich projektierten Pelletsheizung, die Varianten einer Erhöhung der laufenden Miete oder einer Einbeziehung in die Mehr-und Minderkostenliste, d. h. Zahlung eines Investitionszuschusses durch die Mieterin, erörtert wurden.

Im Mail vom , vom Vertreter der Mieterin der BF an den Geschäftsführer der BF, findet sich die Formulierung „Ihrem Vorschlag der anteiligen Finanzierung ... über die Miete i.H.v. EUR 0,10 / m2 pro Monat möchten wir aber zu diesem Zeitpunkt nicht folgen, sondern schlagen vor, die Mehrkosten des regenerativen Energiesystems auf der Mehr- und Minderkostenliste zu vermerken die wir dann nach Fertigstellung ohnehin diskutieren müssen…“

Im Mail vom teilte der Vertreter der Mieterin der BF mit „Gerne bestätigen wir Ihnen, dass wir die Mehrkosten, welche aus der Differenz der von Ihnen projektierten Pelletsheizung und der von uns gewünschten Erdwärmeheizung, abzüglich städtischen Förderungen, tragen werden. Wir schlagen vor, dass wir diese Mehrkosten nach Erhebung der Rechnungen und Kostenvoranschläge auf unser geplantes Konto Bauzusatzkosten legen und dann das Procedere der Zahlung dieser nicht in der Projektierung enthaltenen Mehrkosten nach Projektübergabe … gesamt diskutieren.

Mit dem am abgeschlossenen Bestandvertrag hatte die BF die für Zwecke des Betriebes eines Bau-und Heimwerkermarktes weitervermietete Liegenschaft selbst auf die Dauer von 45 Jahren gemietet. Der BF wurde in diesem Bestandvertrag ein besonderes Kündigungsrecht nach Ablauf von acht Bestandsjahren für den Fall eingeräumt, dass eine derart grundlegende Änderung der Einzelhandelslandschaft erfolge, dass Bau-und Heimwerkermärkte auf der mietvertragsgegenständlichen Liegenschaft länger als über einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht mit einem positiven Betriebsergebnis geführt werden könnten. Unter Punkt 2.1.1.2 dieses Vertrages gestattete die BF dem Vermieter unter anderem die unentgeltliche Mitbenützung des am Areal von der BF zu errichten geplanten Werbepylons, wobei der Vermieter „die Mehrkosten der Errichtung bedingt durch die Anbringung seines Hinweises sowie die Kosten der Instandhaltung seines Schriftzuges samt Stromkosten“ übernahm.

Mit Rechnung vom fakturierte die BF "Zusatzkosten zur Errichtung der Werbetafeln ... laut E-Mail vom "  in Höhe von € 10.783,00 zuzüglich Umsatzsteuer an die Vermieterin der Liegenschaft.

Mit Rechnung vom stellte die BF dem Mieter einer ärztlichen Ordination in einem ihrer Gebäude einen Betrag von € 8.500,00 „Für 50% Kostenbeteiligung ABC House Klimatisierung, laut Rechnung 2011/08/010 vom “ in Rechnung. Der Bestandvertrag mit diesem Mieter besteht seit und wurde auf unbestimmte Zeit, mit einem für zehn Jahre ab Vertragsbeginn vereinbarten Kündigungsverzicht des Mieters, abgeschlossen.

Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt gründet sich im Wesentlichen auf die im Akt einliegenden bzw. im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Urkunden, an deren Richtigkeit kein Zweifel bestand. Der Sachverhalt ist zwischen den Verfahrensparteien unstrittig. Die divergierenden Rechtsstandpunkte ergaben sich aus den unterschiedlichen rechtlichen Folgerungen, welche die Verfahrensparteien aus dem vorliegenden Sachverhalt zogen.

Rechtliche Würdigung

Eingangs ist festzuhalten, dass aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes in allen drei streitgegenständlichen Fällen ein gleichartiger Sachverhalt vorlag, wonach Investitions- bzw. Baukostenzuschüsse der Vertragspartner der Bestandverträge an die BF geleistet wurden, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Begründung bzw. Fortsetzung der Mietverhältnisse standen.

Bei der betragsmäßig mit Abstand größten Zahlung, jener der Mieterin des Bau- und Heimwerkermarktes, in Höhe von insgesamt € 865.000,00, ergibt sich aus dem vorgelegten Schriftverkehr, dass zwischen den Vertragsteilen die Möglichkeit erörtert wurde, durch eine Erhöhung der laufenden Miete die gewünschte Ausstattung des Mietobjektes zur Verfügung zu stellen oder dies durch eine einmalige Kostenübernahme der Mieterin auszugleichen.

Die aus dem Mail vom , gesendet vom Vertreter der Mieterin des Bau- und Heimwerkermarktes an den Geschäftsführer der BF, ersichtliche Diskussion eines Vorschlages, die vereinbarte Miete zur anteiligen Finanzierung um Euro 0,10 pro m2 und Monat zu erhöhen, weist unzweifelhaft in die Richtung, dass beide Vertragsparteien die Zahlung der Mieterin für die Mehrausstattung dem Entgelt laut abgeschlossenem Mietvertrag zugeordnet haben.

Auch in den beiden anderen zur Entscheidung stehenden Fällen erfolgte die (anteilige) Kostentragung im direkten Zusammenhang mit gewünschten Ausstattungen des Mietobjektes.

Wenn aber eine unzweifelhafte Zuordnung der strittigen Zahlungen zu den abgeschlossenen Mietverträgen vorlag, so waren die in Rechtsprechung und Fachliteratur, zur steuerlichen Behandlung von Gegenleistungsbeziehungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen, ausgeführten Grundsätze in die Beurteilung des Streitfalles einzubeziehen. Bei Gegenleistungsbeziehungen in Form von Dauerschuldverhältnissen tritt die Gewinnrealisierung demnach laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung ein und sind die Gewinne daher jedenfalls zum jeweiligen Bilanzstichtag auszuweisen, während das zivilrechtliche Entstehen von Forderungen nicht entscheidend ist. Für die Gewinnrealisierung ist es daher von Bedeutung, ob eine Leistung zeitpunktbezogen oder zeitraumbezogen erfolgt.

Im Streitfall kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die BF ihre Leistungen nicht zeitpunktbezogen, sondern jeweils im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses eines Bestandvertrages, zeitraumbezogen erbracht hat bzw. erbringt. Nach dem sogenannten Realisationsprinzip dürfen Gewinne erst dann ausgewiesen werden, wenn sie realisiert sind. Das Realisationsprinzip gilt im Bereich der Gewinnrealisierung gleichermaßen für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG wie für die Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG. Anzahlungen des Empfängers einer Leistung bewirken noch keine Gewinnrealisierung, und zwar auch dann nicht, wenn bereits das volle Entgelt bezahlt worden ist. Die Gewinnrealisierung darf erst angenommen werden, wenn der Gewinn durch einen Umsatz verwirklicht, also die Leistung erbracht ist. Um eine vorzeitige Gewinnrealisierung zu verhindern, lassen Lehre und Rechtsprechung auch einen nur schätzungsweise bestimmbaren Zeitraum der Leistungserbringung zu.

In der Gesamtschau ist festzuhalten, dass die Einmalzahlung „Baukostenzuschuss“ sich bei allen streitgegenständlichen Verträgen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Entgelt für eine Leistung der BF im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses - einer Mietvorauszahlung vergleichbar - darstellt und daher auf die Laufzeit des Mietvertrages bzw. auf die voraussichtliche Nutzungsdauer aufzuteilen ist. Hierbei macht es keinen grundsätzlichen Unterschied, ob ein Kündigungsverzicht oder eine Befristung vereinbart wurden oder ob überhaupt ein unbefristetes und damit für den Mieter noch vorteilhafteres Dauerschuldverhältnis begründet wurde.

Im Falle des von der Mieterin des Bau- und Heimwerkermarktes geleisteten Baukostenzuschusses erscheint die von der BF vorgenommene Aufteilung auf die 15-jährige Laufzeit des befristeten Bestandsvertrages als zutreffend. Wenn in den beiden anderen Fällen der Baukostenzuschüsse, für eine Werbetafel sowie für eine Klimaanlage, ein Leistungszeitraum von zehn Jahren angenommen wurde, so erscheint dies im Hinblick auf die anzunehmende Nutzungsdauer als angemessen, auch wenn die Bestandverhältnisse im einen Fall unbefristet und im anderen erheblich länger vereinbart wurden.

Diese rechtliche Beurteilung erscheint im Lichte der vorstehenden Erwägungen auch in den Einkommensteuer-Richtlinien 2000 gedeckt.

In Randzahl 2163 wird ausgeführt „Im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen erfolgt die Gewinnrealisierung im Umfang der anteiligen Leistungserbringung. Es ist daher wesentlich, ob die Leistungen zeitpunkt- oder zeitraumbezogen erbracht werden (). Mieterträge sind unabhängig vom Abrechnungs- und Zahlungszeitpunkt zeitanteilig zu realisieren.“

Die Randzahlen 1032 und 2404 führen gleichlautend unter der Überschrift "Anschlussgebühren und Baukostenzuschüsse" aus: "Einmalige Anschlussgebühren bzw. Baukostenzuschüsse, die nicht eine in der Art eines Dauerschuldverhältnisses zeitraumbezogene Leistung (mit)abgelten, dürfen nicht passiv abgegrenzt werden (; ). Soweit Anschlussgebühren bzw. Baukostenzuschüsse zum Teil auch das Entgelt für die Einräumung eines Benützungs- bzw. Bezugsrechtes darstellen, sind sie nicht sofort zur Gänze als Einnahme zu erfassen, sondern auf den Zeitraum der Einräumung des Nutzungsrechtes (Vertragsdauer), höchstens jedoch auf 20 Jahre passiv abzugrenzen. Dies gilt insbesondere für Anschlussgebühren bzw. Baukostenzuschüsse für einen Anschluss an das Versorgungsnetz eines Energieversorgungsunternehmens, weil der Leistungsempfänger mit dem Anschluss an das Versorgungsnetz auch ein langfristiges Versorgungsrecht erwirbt..."

Die streitgegenständlichen Einmalzahlungen erschienen jedenfalls als zeitraumbezogen erbracht, da der Mieter bzw. der Vertragspartner die gewünschte Ausstattung des Mietobjektes im Zuge des Dauerschuldverhältnisses konsumiert.

Insoweit kann auch dem Verweis des Finanzamtes auf Randzahl 2161 der Einkommensteuerrichtlinien, wonach Zufluss und Realisierungszeitpunkt im Streitfall zusammen fielen, nicht gefolgt werden. Die BF als Empfängerin der Zuschüsse hat im Rahmen der abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisse die gewünschten Mehrausstattungen an die Vertragspartner zur Verfügung zu stellen, sie ist zu einer zeitraumbezogenen Leistung verpflichtet. Eine darüberhinaus gehende Rückzahlungsverpflichtung erscheint aus dieser Sicht nicht von durchdringender Bedeutung für die steuerliche Beurteilung des Sachverhaltes.

Wenn das Finanzamt in seinem Vorlagebericht weiters ausführt, dass sich aus der Nichtanwendbarkeit von § 6 Z. 10 EStG 1988 unter § 3 EStG 1988 ergebe, dass die streitgegenständlichen Zuschüsse als steuerlich wirksame Betriebseinnahmen zu erfassen seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass Rechtsprechung und Lehre bei Gegenleistungsbeziehungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen einen Ausgleich durch die Bildung von passiven Rechnungsabgrenzungsposten als sachgerecht ansehen. Diesen Weg hat die BF im Streitfall gewählt.

Auf die im Beschwerdeverfahren bereits ins Treffen geführten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100280/2012, sowie des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0125-G/06, ist hinzuweisen. Beide Entscheidungen stellten den Stand von Rechtsprechung und Fachliteratur umfassend dar.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. angefochtenem Bescheid in Höhe von € 956.919,06 waren um den Gesamtbetrag der Baukostenzuschüsse von € 884.283,00 zu vermindern und um die anteilige Auflösung von € 29.797,48 (€ 28.833,33 + € 539,15 + € 425,00) zu erhöhen.

Im Lichte vorstehender Erwägungen erschien das Beschwerdebegehren als begründet.

Es ergaben sich folgende geänderte Bemessungsgrundlagen für das Streitjahr 2011:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb: € 102.433,54 (€ 956.919,06 lt. angefochtenem Bescheid)

Einkommen: € 102.433,54 (€ 956.919,06 lt. angefochtenem Bescheid)

Körperschaftsteuer vom Einkommen gem. § 22 KStG 1988 25%: € 25.608,39 (€ 239.229,77 lt. angefochtenem Bescheid)

Einbehaltene Steuerbeträge: € -70,26

Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988: € -0,13

Festgesetzte Körperschaftsteuer: € 25.538,00 (€ 239.160,00 lt. angefochtenem Bescheid)

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Keines dieser Tatbestandselemente erschien im Streitfall erfüllt, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Baukostenzuschuss
Investitionszuschuss
Mietvertrag
Bestandvertrag
Dauerschuldverhältnis
zeitraumbezogen
zeitpunktbezogen
Gewinnrealisierung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100178.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at