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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2020, RV/7101425/2018

Mietwäsche gemäß § 13 EStG als geringwertiges Wirtschaftsgut sofort absetzbar?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Gabriele Krafft und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Gerald Heindl, Dr. Wolfgang Baumann und BSc Maria Carmen Kopal in der Beschwerdesache Bf.neu als Rechtsnachfolgerin der Bf., Anschrift, vertreten durch Parteienvertreter, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Feststellungsbescheide Gruppenmitglied 2009 und 2010 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführer NN zu Recht erkannt:  

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Bf.neu als Rechtsnachfolgerin der Bf. (Beschwerdeführerin, Bf.) war im Streitzeitraum 2009 und 2010 Gruppenmitglied unter der damaligen Gruppenträgerin Bf.neu.

Die gesamte Firma-Gruppe Gruppe wurde beginnend mit dem Jahr 2011 einer Außenprüfung (BP) unterzogen. Als einzige Feststellung im Verfahren betreffend die Bf. anerkannte die BP Abschreibungen gem § 13 EStG 1988 in folgendem Ausmaß nicht an, sondern ging bezüglich der sofort abgesetzten Wirtschaftsgüter von einer dreijährigen Nutzungsdauer aus und veränderte den festgestellten Gewinn der Bf. aus diesem Titel in den einzelnen Jahren wie folgt:


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2009
2010
567.655,00 €
 -33.814,00 €

Das festgestellte Ergebnis des Gruppenmitglieds wurde dementsprechend mit Bescheiden vom angepasst.

Begründend wird unter Tz 1 des BP-Berichtes ausgeführt, dass die Firma-Gruppe Mietwäschefirmen für die eingekaufte Mietwäsche unter Berufung auf § 13 EStG 1988 für steuerliche Zwecke eine Sofortabschreibung vorgenommen hätten, für unternehmensrechtliche Zwecke sei eine Bewertungsreserve (unversteuerte Rücklage) gebildet worden. Eine Sofortabschreibung gemäß § 13 EStG 1988 sei dann nicht zulässig, wenn es sich um Wirtschaftsgüter handle, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt seien, was im gegenständlichen Fall zutreffe. Eine nach den Einkommensteuerrichtlinien (EStR 2000) unbeachtliche Überlassung „nur als völlig untergeordneter Nebenzweck" liege nicht vor. Im gegenständlichen Fall bestehe der Zweck der Wirtschaftsgüter in der Überlassung an die Kunden i.V.m. der Erbringung verschiedener Dienstleistungen, insbesondere des regelmäßigen Waschens. Der Abschreibungsaufwand für die Mietwäsche habe im gesamten Prüfungszeitraum ca. 20%-25% der Erlöse aus dem Mietwäschegeschäft umfasst. Der Abschreibungsaufwand sei jedenfalls nur die Untergrenze dessen, was dem Zweck der Überlassung von Wirtschaftsgütern zugeordnet sei, denn auch jener Aufwand der sich aus der Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Lagerhaltung ergebe sei nach der Ansicht der Betriebsprüfung diesem Zweck zuzuordnen. Aber auch bei 20% könne nicht von einem völlig untergeordneten Nebenzweck ausgegangen werden, denn ein solcher liege schon dann nicht vor, wenn der Hauptzweck ein anderer als die bloße Überlassung der Wirtschaftsgüter - hier vor allem das Waschen der Wäsche - sei, sondern die Relation müsse so sein, dass der Kostenanteil für Wäscheanschaffungen gegenüber jenem für die anderen Zwecke kaum noch ins Gewicht falle.

Unter Heranziehung einer anderen Bestimmung des Steuerrechts, in der von einem völlig untergeordneten Nebenzweck die Rede sei, nämlich § 39 Z 1 BAO, könne in Anlehnung an Rz 114 der Vereinsrichtlinien, denen von der Rechtsprechung diesbezüglich nicht widersprochen werde, davon ausgegangen werden, dass 10 % die Obergrenze dessen darstelle, was noch als "völlig untergeordneter Nebenzweck" angesehen werden könne. Dieser Wert werde im gegebenen Fall jedenfalls weit überschritten.

Das geprüfte Unternehmen, dessen Anteile im Jahr 2008 von einem Konkurrenten übernommen worden seien, habe im Jahr 2009 mit der steuerlichen Sofortabschreibung der Mietwäsche begonnen. (Der Konkurrent habe über die Nutzungsdauer verteilt abgeschrieben). Die im Jahr 2009 erstmals gebildete Bewertungsreserve sei daher hinzuzurechnen, die Verringerung im Jahre 2010 führe zu einer "Abrechnung".

In der nach mehrfachen Fristverlängerungen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wird zunächst eingewendet, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vorliege. Der gesamte Mietwäschekonzern mache seit Jahrzehnten vom Wahlrecht des § 13 EStG Gebrauch. Bei der Anschaffung der betroffenen Vermögensgegenstände handle es sich im Wesentlichen um Textilien, welche laufend gereinigt und den Kunden zum Gebrauch zur Verfügung gestellt würden. Diese Vorgehensweise sei dem Finanzamt seit Jahrzehnten im Rahmen der Abgabenerklärungen und Jahresabschlüsse vorgelegt worden. Insbesondere seit Inkrafttreten des Rechnungslegungsgesetzes 1990 sei die Inanspruchnahme der Sofortabschreibung gemäß § 13 in den Bilanzen zusätzlich gesondert als unversteuerte Rücklage ausgewiesen, sodass dem Bilanzleser die gewählte Bilanzierungs- und Bewertungsmethode auffallen musste. § 13 EStG sei durch das Steuerreformgesetz 1993 dahingehend eingeschränkt worden, dass die Anwendung der Begünstigung für Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind nicht mehr möglich sei. Das Gesetz lasse dabei allerdings offen was unter "entgeltliche Überlassung" zu verstehen sei. Seit Inkrafttreten dieser Einschränkung seien bei den Gesellschaften des Konzerns regelmäßig Buchung- und Betriebsprüfungen für unterschiedliche Zeiträume durchgeführt worden. Weder seitens der mit der Veranlagung befassten Finanzämter noch seitens der sechs durchgeführten Buch- und Betriebsprüfungen hätten sich Beanstandungen bzw. Prüfungsfeststellungen aufgrund des § 13 EStG idF. Steuerreformgesetz 1993 ergeben. Die Behörden hätten offenkundig erkannt, dass die von den Konzerngesellschaften angewendete Bewertungs- und Bilanzierungsmethode für geringwertige Wirtschaftsgüter von der Einschränkung durch das Steuerreformgesetz 1993 nicht betroffen sei.

Da es weder im Zuge der laufenden Veranlagungen noch im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfungen Beanstandungen seitens der Behörde gegeben habe, hätten die Konzerngesellschaften darauf vertrauen können, dass die von Ihnen gewählte Vorgehensweise der Rechtsauffassung der Behörden entspreche. Die Frage der Anwendbarkeit der Begünstigung des § 13 EStG für die Gesellschaften sei von den Betriebsprüfungen durchwegs aufgegriffen worden und die vorgebrachten Argumente, Gesetzesmaterialien zum Steuerreformgesetz 1993 sowie Kommentarmeinungen betreffend die Zulässigkeit der Sofortabschreibung gemäß § 13 EStG seien von den jeweiligen Betriebsprüfungen zustimmend zur Kenntnis genommen worden, sodass sich daraus jeweils keine Prüfungsfeststellungen ergeben hätten. Ein nunmehriges Abgehen von dieser Rechtsauffassung stelle einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne des Erlasses des dar.

Weiters wird in der Beschwerde die unrichtige rechtliche Würdigung kritisiert.
Viele Unternehmen im Gesundheitswesen, der Hotellerie und Gastronomie aber auch im Industriebereich würden Reinigungsleistungen an spezialisierte Wäschereiunternehmen gemeinsam mit Transport, Lagerung und Instandhaltung auslagern. Die Geschäftstätigkeit der Bf. bestehe im Wesentlichen in der laufenden Reinigung von Textilien, Bett- und Tischwäsche, Bekleidung und Matten etc., dem Transport zum Abnehmer sowie der Abholung von Schmutzwäsche unter Koordinierung des Wäscheaustausches. Das Geschäftsmodell bestehe also in der Übernahme von Spezialwäscheaufträgen unter laufender Versorgung der Kunden mit gereinigter Wäsche. Hauptmotiv der Kunden für die Inanspruchnahme der Dienstleistung sei dabei in aller Regel nicht die Anmietung von Textilien zur Reduzierung von Anschaffung und Finanzierungskosten, sondern vielmehr das Auslagern von Reinigungs- und Logistikleistungen an spezialisierte Wäschereiunternehmen.

Den als Beilage angeschlossenen Verträgen lasse sich entnehmen, dass die Beschwerdeführerin keine reinen Überlassungsdienstleistungen erbringe, sondern die an den Kunden erbrachte Leistung im Wesentlichen aus der Reinigungsdienstleistungs samt Transport bestehe. Die Leistung der Bf. ginge daher weit über die Vermietung der Textilien hinaus. Es könne daher nicht von einer bloßen Überlassung von Wirtschaftsgütern, die die Anwendung des § 13 EStG ausschließen würde, ausgegangen werden.

Wie den Gesetzesmaterialien zum Steuerreformgesetz 1993 zu entnehmen sei, habe der Finanzausschuss im Nationalrat die Auffassung vertreten, dass die Sofortabschreibung gemäß § 13 EStG in jenen Fällen weiterhin möglich sein solle, in denen die Überlassung als „völlig untergeordneter Nebenzweck“ anzusehen sei. Das sei etwa bei der Überlassung von Krankenhausbettwäsche der Fall, wenn der „weitaus überwiegende Hauptzweck“ die ständige Reinigung der Krankenwäsche sei. Die Ausführungen des Finanzausschusses seien daher so zu verstehen, dass die Überlassung dann ein völlig untergeordneter Nebenzweck sei, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck ein anderer als die Überlassung sei und die entgeltliche Überlassung einen völlig untergeordneter Nebenzweck darstelle.

Das von der Bf. vereinbarte Leistungsentgelt beziehe sich auf sämtliche von der Bf. erbrachten Haupt- und Nebenleistungen und stelle ein Gesamtentgelt dar. Die Aufteilung des Gesamtentgeltes auf einzelne Teilleistungen sei vertraglich nicht vorgesehen. Die Ermittlung, in welchen Relationen die einzelnen Teilleistungen zueinander stünden, sei daher betriebswirtschaftlich ausschließlich durch Gegenüberstellung der bezogenen Vorleistungen im Verhältnis zu den erzielten Umsätzen aus den Mietserviceverträgen möglich und sinnvoll. Auf eine entsprechende Berechnung wird verwiesen (Beilage drei). Aus dieser Beilage sei ersichtlich, dass die bezogenen Leistungen (insbesondere Wäscherei-und Transportkosten) im Verhältnis zu den Mieterlösen in den Jahren 2006 - 2010 zwischen 61 % und 62,2 % betragen hätten, während die Abschreibung der Mietwäsche bei der Nutzungsdauer von drei Jahren lediglich zwischen 17,3 % und 17,9 % betragen habe. Die übrigen Vorleistungen (Wäscherei und Transportdienstleistungen) umfassten demgemäß mehr als das dreifache der Abschreibungen. Daraus könne abgeleitet werden, dass betriebswirtschaftlich gesehen der weitaus überwiegende Hauptzweck die Reinigung der Mietwäsche gewesen sei und die Überlassung der Wäsche innerhalb des angebotenen Leistungsbündels im Sinne der Auffassung des Finanzausschusses einen völlig untergeordneten Nebenzweck dargestellt habe.

Die Finanzverwaltung habe an anderer Stelle - nämlich Rz 4313 EStR 2000 bzw. Durchführungserlass zur Werbeabgabe- den Begriff des „weitaus überwiegend" näher definiert. Aus diesen Definitionen lasse sich eine 75 % Grenze für den Begriff „weitaus überwiegend" ableiten, welche im gegenständlichen Fall erfüllt sei.
Auch die abweisende Berufungsentscheidung lasse sich auf den hier strittigen Fall nicht anwenden.

Zusammenfassend könne daher nach Ansicht der Bf. festgestellt werden, dass wegen des prozentuell völlig untergeordneten Vermietungsanteils in der Entgeltskalkulation im gegenständlichen Fall § 13 letzter Satz EStG 1988 nicht zur Anwendung gelange, weil die Dienstleistungen der Reinigung und Koordination des Wäscheaustausches für den Kunden eindeutig im Vordergrund stünden.

Der Begriff der entgeltlichen Überlassung stelle zudem eine passive Tätigkeit dar (Überlassung von Rechten durch den Gesamtrechtsnachfolger eines Urhebers, Abgrenzung der Vermögensverwaltung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb). Die Geschäftstätigkeit der Bf. gehe über eine bloße Überlassung von Wirtschaftsgütern weit hinaus. Die Textilien würden nicht bloß im Sinn einer passiven Tätigkeit zur Nutzung überlassen, vielmehr stünden bei der Geschäftstätigkeit der Bf. die erbrachten Reinigungs- und Logistikleistungen im Vordergrund. Von einer entgeltlichen Überlassung im Sinne des EStG könne daher nicht ausgegangen werden.

Der Grund für die Anschaffung der Mietwäsche durch die Bf. liege zum weitaus überwiegenden Hauptzweck in der Erbringung von Reinigungsdienstleistungen. Dies ergebe sich aus der beigelegten betriebswirtschaftlichen Analyse und den hinter einer Inanspruchnahme von Dienstleistungen stehen Bedürfnissen der Kunden. Die von der Bf. angewandte steuerrechtliche Bilanzierungsmethode für die Textilien stehe somit im Einklang mit dem Gesetz sowie dessen Interpretation durch den Finanzausschuss des Nationalrates, dem Schrifttum und der Verwaltungspraxis.

Mit Schriftsätzen vom und ergänzte die Bf. ihre Beschwerde durch Vorlage von Unterlagen betreffend Logistikleistungen im Zusammenhang mit Mietservicevereinbarungen mit zwei ihrer Kunden.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte aus, dass durch Art. I Z. 8 Steuerreformgesetz 1993, BGBl Nr. 818/93, § 13 EStG 1988 mit der Wirkung ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 ein letzter Satz angefügt worden sei, nachdem die Sofortabschreibung des § 13 EStG 1988 für Wirtschaftsgüter, die zur entgeltliche Überlassung bestimmt seien, ausgeschlossen sei. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage werde dazu ausgeführt, dass diese Maßnahme zur Vermeidung von Verlustmodelle, die aus der Sofortabschreibung für vermietete geringwertige Wirtschaftsgüter (z.B. Einkaufswagen) bestünden, gedacht sei. Da die Vermietung dieser Wirtschaftsgüter dem Betriebszweck dienen würde und diese Wirtschaftsgüter im Verhältnis zum übrigen Betriebsvermögen keine „Geringfügigkeit“ aufwiesen, solle § 13 EStG 1988 ab 1994 nicht mehr für sie anwendbar sein. Sei die entgeltliche Überlassung hingegen völlig untergeordneter Nebenzweck (z.B. bei Stahlflaschen zum überwiegenden Hauptzweck der Lieferung von Gas), dann könne § 13 EStG weiterhin in Anspruch genommen werden (BMF, SWK 1994, A 317).

Laut , komme es bei der Anwendung des § 13 letzter Satz EStG 1988 auf die Kostenstruktur, insbesondere darauf, welchen Anteil der Personalaufwand an den Gesamtkosten der Bf. habe, ebenso wenig an wie auf die zivilrechtliche Einordnung der geschlossenen Verträge. Entscheidend sei, dass Anlagevermögen vorliege, das zur entgeltlichen Nutzung bestimmt ist. Bei der dort strittigen entgeltlichen Überlassung von Gerüstteilen sei die Dauer der Überlassung bei der Entgeltsbemessung nicht unberücksichtigt geblieben auch, wenn zusätzlich der Gerüstauf- und -abbau und der Transport bewerkstelligt worden sei. Nach Ansicht des VwGH war die Überlassung des Gerüstes zum Gebrauch des Kunden dennoch Hauptzweck des Leistungspakets. Im vorliegenden Fall biete die Bf. ihren Kunden Komplettdienstleistungspakete an, die die Anschaffung, die individuelle Kennzeichnung, die Lagerhaltung, den Transport, die Wartung, die Reinigung, die Entsorgung, den Ersatz sowie begleitendes Controlling und Beratung umfassen würde. Den vorgelegten Musterverträgen betreffend Mietwäsche mit Bekleidungsservice sei zu entnehmen, dass die Textilien im Eigentum der Bf. verblieben, die Verträge auf unbestimmte Zeit mit einer sechsmonatigen monatigen Kündigungsfrist abgeschlossen würden und dass die Reinigung und Instandhaltung nur durch die Bf. bzw. einen von ihr namhaften gemachten Dritten erfolgen dürfe. Bei Beendigung des Mietverhältnisses seien die Kunden verpflichtet, speziell für sie gefertigte Textilien zum Zeitwert zu übernehmen, d. h. es liege diesbezüglich eine Art Mietkauf vor.

Aufgrund dieser Tatsachen sei die Abgabenbehörde der Ansicht, dass die reine Überlassung der Textilien zumindestens einen Teilzweck des angebotenen Dienstleistungspaket aus Sicht der Kunden erfülle. Es erscheine aber zweifelhaft, ob die reine Mietkomponente - Überlassung zum bloßen Gebrauch auf gewisse Zeit - neben der Reinigung, der Lagerung und dem Transport den alleinigen Hauptzweck im Sinn des oben erwähnten VwGH Erkenntnisses darstelle.

Betreffend die Frage des untergeordneten Nebenzwecks sei auf die Rz 114 der Vereinsrichtlinien 2001 zu verweisen, welche für eine völlig untergeordnete Nebentätigkeit einen Grenzwert von 10 % ansetzen würde. Die von der Bf. angezogenen EStR 2000 würden die 25 % Grenze im Zusammenhang mit "weitaus überwiegen“ festlegen. Der Wortlaut in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage entspreche mit "völlig untergeordneter Nebenzweck“ der zitierten Rz 114 der Vereinsrichtlinien 2001 und könne daher diese Bestimmung als Vergleichsbestimmung herangezogen werden. Dafür spreche im Übrigen auch die Tatsache, dass sich das Sachanlagevermögen der Bf. praktisch zur Gänze aus geringwertigen Wirtschaftsgüter in Form von Mietwäsche zusammensetze.

Aus den beschwerdegegenständlichen Ausführungen zur passiven Tätigkeit sei für die Bf. nichts zu gewinnen. Es sei nach herrschender Ansicht sowohl unstrittig, dass die Vermietung grundsätzlich passiver Natur sei, als auch, dass im gegenständlichen Fall seitens der Bf. ein Bündel von aktiven und passiven Leistungen erbracht werde. Strittig sei lediglich in welchem Verhältnis diese beiden Komponenten zueinander stünden, insbesondere wie dieses Verhältnis rechtlich zu würdigen sei. Aus den vorgelegten umfangreichen Projektpräsentationen könne zu diesem Verhältnis nichts Entscheidungswesentliches entnommen werden.

Zum behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben werde festgehalten, dass dieser allenfalls zu einer sachlichen Unbilligkeit der Einhebung der betroffenen Abgaben führen könne und im Wege eines Nachsichtsverfahrens geltend zu machen wäre.

Mit Schriftsatz vom begehrte die Bf. fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG).

Zum Vorbringen in der mündlichen Verhandlung wird auf das Erkenntnis zur hg.GZ RV/7104698/2017 vom heutigen Datum verwiesen.

Mit Beschluss vom wurde das Verfahren gemäß § 271 BAO zu VwGH Ra 2018/15/0072 ausgesetzt und nach Ergehen des Erkenntnisses am 24.20.2019 in diesem Verfahren fortgesetzt.

Folgender, grundsätzlich unstrittiger, Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Bf. betrieb im Streitzeitraum ein Textillogistikunternehmen, welches Krankenhäusern oder anderen Betrieben wie Hotellerie und Gastronomie sowie Industrie und Wirtschaft diverse Textilien wie Bett- und Tischwäsche, OP-Kleidung, Arbeitskleidung, Matten etc. einerseits vermietet, aber auch die Reinigung, den Transport zur und von der Reinigung, die korrekte Zuordnung bis hin zur Einschlichtung im Betrieb (Krankenhaus) anbietet.

Das Service der Bf. besteht dabei im Bereitstellen der Mietwäsche, Reinigen im vereinbarten zeitlichen Turnus, zweckmäßigem Instandhalten, Lagerhalten, kostenlosen Austausch nach Verschleiß sowie Zustellen/Abholen. Gemäß den vertraglichen Geschäftsbedingungen bleibt die Mietwäsche im Eigentum der Revisionswerberin und darf nur durch sie oder eine von ihr genannte Wäscherei gereinigt und in Stand gehalten werden. Der Kunde verpflichtet sich, seinen kompletten Mietwäschebedarf nur von der Revisionswerberin zu beziehen, und haftet mit Ersatzpreisen für abhanden gekommene und über die normale Verwendung hinaus unbrauchbar gewordene Mietwäsche.

Ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftstätigkeit ist daher die laufenden Reinigung, der Transport zum Kunden sowie die Abholung von Schmutzwäsche unter Koordinierung des Wäscheaustausches. Dazu bedient sich die Bf. eines speziell entwickelten Computerprogramms um insbesondere bei Krankenhäusern das Entstehen von Wäscheengpässen oder Lagerüberbeständen zu vermeiden. Das Geschäftsmodell besteht in der Übernahme von Spezialwäscheaufträgen unter laufenden Versorgung der Kunden mit gereinigter Wäsche. Das Hauptmotiv der Kunden für die Inanspruchnahme der Dienstleistung ist dabei in aller Regel nicht die Anmietung von Textilien zur Reduzierung von Anschaffung und Finanzierungskosten, sondern vielmehr das Auslagern von Reinigungs- und Logistikleistungen an ein darauf spezialisiertes Wäschereiunternehmen.

Weitaus überwiegender Hauptzweck des Leistungspakets der Bf. ist die ständige Reinigung der überlassenen Wäsche und somit eine entsprechend ihrem Betriebszweck laufend wiederkehrend erbrachte aktive Dienstleistung.

Die eingekaufte Mietwäsche wurde von der Bf. unter Berufung auf § 13 EStG 1988 für steuerliche Zwecke sofort abgeschrieben. Unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von drei Jahren wurde im Jahresabschluss jeweils eine Bewertungsreserve ausgewiesen.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verträgen, dem Inhalt der Verwaltungsakten, den unwidersprochenen gebliebenen Aussagen zur erbrachten Kilometerleistung der Fuhrparkfahrzeuge und den glaubwürdigen Ausführungen der Bf. in der mündlichen Verhandlung. Das FA zweifelte die diesbezüglichen Angaben der Bf. nicht an.

Gemäß § 13 EStG 1988 können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut 400 € nicht übersteigen (geringwertige Wirtschaftsgüter). Wirtschaftsgüter, die aus Teilen bestehen, sind als Einheit aufzufassen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden.

Durch Art. I Z 8 StRG 1993, BGBl. Nr. 818, wurde § 13 EStG 1988 mit Wirkung ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 ein letzter Satz angefügt, nach dem die Sofortabschreibung für "Wirtschaftsgüter, die zur entgeltlichen Überlassung bestimmt sind", ausgeschlossen ist.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1237 BlgNR 18. GP 51) wird dazu ausgeführt: "In letzter Zeit wurden Verlustmodelle entwickelt, bei denen die Verluste aus der Geltendmachung von Sofortabschreibungen nach § 13 für vermietete geringwertige Wirtschaftsgüter (z.B. Einkaufswagen) resultierten. Da die Vermietung dieser Wirtschaftsgüter im allgemeinen gleichzeitig den Betriebszweck darstellt und die Wirtschaftsgüter im Verhältnis zum übrigen Betriebsvermögen somit keine ‚Geringwertigkeit' im Sinne des Gesetzeszweckes aufweisen, soll § 13 in Hinkunft nicht für zur Vermietung bestimmte Wirtschaftsgüter anzuwenden sein."

Im Bericht des Finanzausschusses (1301 BlgNR 18. GP 3) traf dieser zur beabsichtigten Ergänzung des § 13 EStG 1988 folgende Feststellung: "Zu Art. I Z 8 (§ 13 EStG 1988) vertritt der Finanzausschuss die Auffassung, dass die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich sein wird, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist. Dies wird etwa für entgeltlich überlassene Gasflaschen gelten, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die Lieferung von darin befindlichem Gas ist, weiters für die Überlassung von Krankenhaus-Bettwäsche, wenn der weitaus überwiegende Hauptzweck die ständige Reinigung der Krankenwäsche ist."

§ 13 letzter Satz EStG 1988 ist nach der Judikatur () nicht auf Verlustbeteiligungsmodelle beschränkt. Entscheidend für seine Anwendung ist, dass Anlagevermögen vorliegt, das zur entgeltlichen Überlassung bestimmt ist. Auf die Kostenstruktur, insbesondere darauf, welchen Anteil der Personalaufwand an den Gesamtkosten hat, kommt es ebenso wenig an wie auf die zivilrechtliche Einordnung der Verträge.

Ob - wie dies der Ansicht des Finanzausschusses entspricht (1301 BlgNR 18. GP 3) - die Sofortabschreibung entgeltlich überlassener Wirtschaftsgüter in jenen Fällen weiterhin möglich ist, in denen die Überlassung als völlig untergeordneter Nebenzweck anzusehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis offen gelassen.

In seinem Erkenntnis  welches zu einem anderen Unternehmen derselben Unternehmensgruppe mit inhaltlich völlig gleichgelagerten Betätigungen erging, führt der VwGH nunmehr aus, dass i m Lichte der Ausführungen im Bericht des Finanzausschusses zum Regelungszweck der Bestimmung, die im Wortlaut des Gesetzes auch Deckung findet, der Ausschluss der Sofortabschreibung in einem solchen Fall nicht anwendbar ist. 

Die Wirtschaftsgüter stellen sich diesfalls nicht als bloß "zur entgeltlichen Überlassung bestimmt(e)" Wirtschaftsgüter iSd § 13 letzter Satz EStG 1988 dar, deren Vermietung an sich bereits einen eigenständigen Betriebszweck bildet. Vielmehr werden sie laufend von ihrer Eigentümerin selbst im eigenen Betrieb eingesetzt, bearbeitet und dann kurzfristig erneut ausgegeben. Damit steht aber nicht eine (längerfristige) passive Überlassungsleistung im Vordergrund der "Bestimmung" dieser Wirtschaftsgüter, sondern ihr laufender Einsatz im eigenen Betrieb der Revisionswerberin zur laufend wiederkehrenden Erbringung der von ihr angebotenen Dienstleistung.

Die von der Bf. gewählte Vorgehenserweise erweist sich daher als rechtskonform und die die Beschwerde als gerechtfertigt.

Da im Rahmen der bekämpften Bescheide keine weiteren Änderungen erfolgten, sind die bekämpften Bescheide ersatzlos aufzuheben. Damit sind wieder die "Feststellungsbescheide Gruppenmitglied" vom für 2009 und vom für 2010 maßgeblich.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


VwGH, Ra 2018/15/0072
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101425.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at