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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2020, RV/7105914/2019

Heimunterbringung der Tochter; Übernahme der Kosten durch öffentliche Hand; kein Nachweis über Unterhaltsleistung durch die Mutter in Höhe der erhöhten Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf, Dorf, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für J. L., geb. 1986, ab Dezember 2018, abgewiesen wurde, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihre auf Grund ihrer Behinderung erwerbsunfähige Tochter J., geb. 1986, bis November 2018 erhöhte Familienbeihilfe und stellte am einen Antrag auf Weitergewährung.

Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom gab die Bf dem Finanzamt (FA) bekannt, dass ihre Tochter von Montag bis Freitag in der "XY" in Dorf, wohne. Sie werde jeden Freitag abgeholt und am Montag wieder hingebracht. J. verbringe jedes Wochenende und Feiertage sowie Urlaube, freie Tage oder wenn sie krank sei, bei ihr.

Mit Schreiben vom wurde die Bf vom FA um eine Bestätigung der XY ersucht, seit wann J. dort untergebracht sei und um eine Aufstellung über die Tage ab Jänner 2017, an denen sie sich in ihrem Haushalt aufgehalten und genächtigt habe.

Die Bf legte folgende Bestätigung über die Heimfahrten ihrer Tochter in den Jahren 2017 und 2018 des XY, datiert mit , vor:

Heimfahrten 2017

Monat
Datum
Anzahl der Heimfahrten

Jänner
01.01.-09.01.;20.01.-23.01.      
2
Februar
03.02.-06.02.; 08.02.-12.02.; 16.02.-20.02
3
März
03.03-06.03; 10.03.-13.03.; 24.03.-27.03.;
3
April
07.04.-24.04; 28.04.-01.05.
2
Mai
05.05.-08.05; 11.05.-15.05.; 19.05..-21.05.; 26.05.-29.05.
4
Juni
02.06.-06.06.; 09.06.-12.06.; 14.06.-19.06.; 23.06.-26.06.; 30.06.-03.07.;
5
Juli
07.07.-10.07.; 14.07.-31.07.
2
August
04.08.-07.08; 11.08.-16.08.; 18.08.-21.08.; 25.08.-28.08
4
September
01.09.-04.09.; 08.09.-11.09.; 15.09.-18.09.; 22.09.-25.09.; 29.09.-02.10;
5
Oktober
06.10.-09.10.; 13.10.-16.10.;20.10.-23.10.; 25.10.-29.10.; 31.10.- 06.11.;
5
November
10.11.-13.11.; 17.11.-20.11.; 24.11.-27.11.
3
Dezember
01.12.-04.12.; 07.12.-11.12.;15.12.-18.12.; 22.12.-27.12.
4

Heimfahrten 2018

Monat
Datum
Anzahl der Heimfahrten

Jänner
01.01.-08.01.; 12.01.-15.01.; 19.01.-22.01; 26.01.-29.01.
4
Februar
02.02.-05.02.; 09.02.-12.02.; 16.02.-19.02.; 23.02.-26.02.; 28.02.-03.03
5
März
09.03.-12.03.; 07.03.-12.03.; 16.03.-19.03.; 23.03.-26.03.; 30.03.-02.04.
5
April
06.04.-09.04.-; 12.04.-16.04.; 20.04.-14.05
3
Mai
18.05,-22.05.; 30.05.-04.06.
2
Juni
08.06.-11.06.; 15.06.-18.06.; 22.06.-25.06.; 29.06.-02.07.
4
Juli05.07.-09.07.; 10.07.-16.07.; 17.07.-30.07.
3
August
03.08.-20.08.; 24.08.-27.08.; 31.08.-03.09.
3
September
07.09.-10.09.; 14.09.-17.09.; 21.09.-24.09.; 28.09.-01.10.
4
Oktober
05.10.-08.10.;-12.10.-15.10.; 19.10.-21.10.; 25.10.-29.10.; 31.10.-05.11.
5
November
14.11.-19.11.; 23.11.-27.11.; 30.11.-03.12.
3
Dezember
07.12.-10.12.; 14.12.-17.17.; 21.12.-07.01.

Das Finanzamt (FA) wies den Antrag der Bf mit Bescheid vom mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei.

Gemäß § 2 Abs 5 lit c FLAG 1967 gelte die Haushaltszugehörigkeit bei Kindern, die sich nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befinden, nicht als aufgehoben, wenn die Eltern zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der erhöhten Familienbeihilfe beitragen. Diese Voraussetzung liege nicht vor. Ein Eigenantrag des Kindes sei jedoch möglich.

Die Bf erhob gegen den Abweisungsbescheid fristgerecht Beschwerde (Schreiben vom )und brachte vor, dass sie alleinerziehende Mutter sei und den Lebensunterhalt ihrer Tochter finanziere. Diese sei gehörlos und sei von Montag bis Freitag in der XY untergebracht, am Freitag hole sie sie immer ab und am Montag bringe sie die Tochter wieder nach Dorf; bei Urlaub, Krankheit und freien Tagen sei sie immer bei ihr.

Das FA ersuchte die Bf mit Ergänzungsvorhalt vom um Nachweise bezüglich der Finanzierung des Lebensunterhaltes der Tochter für 2018 und 2019 sowie um eine Aufstellung der geleisteten Unterhaltszahlungen an die Tochter für 2018 und 2019.

Weiters möge die Bf mitteilen, ob sie von einer Behörde zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet worden sei. Wenn ja, werde um Nachweis und Zahlungsnachweise ersucht.

Die Bf wurde mit gleichem Schreiben darüber informiert, dass bezüglich Anspruch für behinderte Kinder in betreuenden Einrichtungen ein Anspruch eines Elternteiles auf Familienbeihilfe nur dann bestehe, wenn das Kind haushaltszugehörig sei oder der Elternteil in Höhe der erhöhten Familienbeihilfe regelmäßig zum Unterhalt des Kindes beitrage, das sei monatlich in Höhe von € 321,00.

Laut Aktenlage bestehe keine Haushaltszugehörigkeit. Unterhaltsleistungen könnten nur anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen würden. Wenn der Elternteil keine ausreichenden Unterhaltsleistungen nachweisen könne, bestehe ein Eigenanspruch des Kindes. Ein Eigenantrag wäre dann beim Wohnsitzfinanzamt des Kindes durch das Kind bzw. dessen Vertreter einzubringen.

Die Bf teilte dem FA in Beantwortung des Vorhaltes mit Schreiben vom mit, dass sie im Anhang Kopien der Rechnungen über die Ausgaben, die sie für ihre Tochter ausgegeben habe, übermittle. Leider habe sie nicht alle Belege, wie zB für Toilettenartikel, Putzmittel, Binden, Batterien für Hörgeräte, Waschmittel oder Ausgaben, wenn sie essen gegangen seien oder Ausflüge am Wochenende gemacht hätten, aufgehoben, das würden auch Belege zwischen ca € 50,- bis € 70,- ergeben. Ihre Tochter sei, auch wenn sie behindert sei, eine erwachsene Frau, die auch ihre Bedürfnisse habe und sie habe nicht damit gerechnet, dass sie für alles, was sie für ihre Tochter kaufe, die Belege aufheben müsse.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 2 Abs 2 und 2 Abs 5 FLAG 1967) mit der Begründung ab, dass, wenn sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befinde, Familienbeihilfe einer Person nur dann zustehe, wenn diese zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beitrage; handle es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöhe sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4 FLAG 1967).

Die Kosten des Unterhalts würden nicht nur die Aufenthaltskosten in der Anstalt umfassen. Es würden zu den Unterhaltskosten vielmehr auch die sonstigen Kosten, die für die Pflege und Erziehung des Kindes aufgewendet werden, wie zB Kosten für Bekleidung, ärztliche Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Geschenke (Bücher, Spielzeug usw.), Ausgaben für kulturelle Interessen, gehören. Es sei gleichgültig, ob diese Ausgaben freiwillig oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgten. Diese direkten Unterhaltsleistungen könnten jedoch nur anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen werden.

Über die getätigten Unterhaltszahlungen seien keine ausreichenden Nachweise vorgelegt worden, sondern großteils Rechnungen, die einer Person nicht eindeutig zuordenbar seien bzw nicht ersichtlich sei, wer die Beträge geleistet habe. Diese Nachweise könnten nicht als Unterhaltszahlungen an die Tochter anerkannt werden.

Da eine Haushaltszugehörigkeit nicht vorliege und eine Tragung der Unterhaltskosten mindestens in Höhe der erhöhten Familienbeihilfe nicht nachgewiesen werden habe können, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Der Antrag sei daher abzuweisen.

Die Bf stellte am einen Vorlageantrag und ersuchte um Nachzahlung der Familienbeihilfe ab Dezember 2018.

Dem Vorlageantrag legte die Bf diverse Rechnungen von Supermärken, Rechnungen über Lokalbesuche (zB Burgerking), ein Ticket für die Westbahn, die Rechnung eines Optikers (€ 27,30), die Rechnung der Poolpartner X. GmbH (€ 39,90) etc vor. Das Geld sei von ihr hinterlegt worden, weil die Tochter kein eigenes Einkommen habe.

Weiters legte die Bf folgenden Brief von H., Einrichtungsleiter, vor:

"Frau L. J., geb. 1986, wohnt seit Oktober 2014 in der XY, eine Einrichtung für gehörlose und taubblinde Menschen mit zusätzlichen Beeinträchtigungen. Die Einrichtung ist Teil des Institutes für Sinnes- und Sprachneurologie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz und die Wohn- und Betreuungsplätze werden von der Abteilung Soziales der Landesregierung Niederösterreich finanziert.

Frau L. leistet dafür einen Kostenbeitrag über den Einzug des Pflegegeldes und der Unterhaltszahlungen durch die Abteilung Soziales und verfügt über kein persönliches Einkommen. Bisher konnte sie mit der erhöhten Familienbeihilfe ihre persönlichen Bedarfe abdecken, wie z.B. Kleidung, Freizeitaktivitäten, Handyrechnung, Computer, etc. Zur Abdeckung dieser Bedarfe von Klientinnen werden den Betreuungseinrichtungen keine finanziellen Mittel durch die öffentliche Hand bereitgestellt, noch sind solche vorgesehen, weshalb die betroffenen Personen selbst dafür aufkommen müssen."

Über die Beschwerde wurde erwogen

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Tochter der Bf, geb. 1986, ist laut Bescheinigung des Bundessozialamtes vom zu 80 % behindert und dauernd erwerbsunfähig (taubwertig ausgeprägte Schwerhörigkeit bds., Entwicklungsretardierung).

J. wohnt seit Oktober 2014 in der "XY", einer Einrichtung für gehörlose und taubblinde Menschen mit zusätzlichen Beeinträchtigungen. Die Einrichtung ist Teil des Institutes für Sinnes- und Sprachneurologie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz und die Wohn- und Betreuungsplätze werden von der Abteilung Soziales der Landesregierung Niederösterreich finanziert.

Die Tochter der Bf ist in der genannten Einrichtung in Vollbetreuung untergebracht und übernachtet laut Bestätigung des Konvents der Barmherzigen Brüder vom regelmäßig an den Wochenenden und an Feiertagen bei der Bf.

Die Unterbringung der Tochter wird aus öffentlichen Mitteln getragen.

Die Tochter der Bf leistet einen Kostenbeitrag über den Einzug des Pflegegeldes und verfügt über kein persönliches Einkommen.

Es besteht keine Verpflichtung der Bf zur Leistung von Kostenersatz

Zur Abdeckung des Bedarfs der persönlichen Bedürfnisse der Klientinnen (zB Kleidung, Freizeitaktivitäten, Handyrechnung etc.) werden den Betreuungseinrichtungen keine finanziellen Mittel durch die öffentliche Hand bereitgestellt.

Die Bf hat den Unterhalt für ihre Tochter nicht in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend Behinderung der Tochter der Bf sind unbestritten.

Das Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes ist aktenkundig.

Die Bestätigung über die Heimunterbringung in der XY seit 2014 und die Aufenthaltstage der Tochter bei der Bf in den Jahren 2017 und 2018 wurden nachgewiesen. 

Die Feststellungen betreffend Modalitäten der Heimunterbringung sind unstrittig.

Dass die Bf den Unterhalt für ihre Tochter nicht in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat, beruht auf folgenden Erwägungen:

In einem Antragsverfahren trifft denjenigen, der einen Anspruch auf Erlassung eines begünstigenden Aktes geltend macht, die Beweislast ().

Die Bf legte dem FA im Zuge des Überprüfungsverfahrens eine Vielzahl an Supermarktrechnungen, Rechnungen über Lokalbesuche (zB Burgerking), ein Ticket für die Westbahn, die Rechnung eines Optikers (€ 27,30), die Rechnung der Poolpartner X. GmbH (€ 39,90) etc vor.

Diese Rechnungen sind keiner Person zuordenbar und können daher keinen Nachweis für eine Unterhaltsleistung an die Tochter darstellen.

Die von der Bf vorgelegten und dem Bedarf der Tochter zuordenbaren Rechnungen, zB Rechnung über Massagetherapie (€ 300,00) von Juni 2018 und Juli 2019, Gehörlosencamp 2018, etc, stellen zwar Unterhaltsleistungen dar, allerdings erreicht das Ausmaß der geleisteten Zahlungen keinesfalls die Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages von monatlich € 321,00.

Die Bf brachte in ihrem Vorlageantrag vor, dass sie Geld hinterlegt habe, weil die Tochter kein eigenes Einkommen beziehe. Ob die Bf das Geld bei der Betreuungseinrichtung hinterlegt oder aber ihrer Tochter persönlich übergeben hat, wurde weder näher ausgeführt noch in irgendeiner Form nachgewiesen. Die mit dem Vorlageantrag übermittelten Belege der XY geben darüber keinerlei Auskunft.

Der Heimleiter hat zwar ausgeführt, die Tochter der Bf habe mit der erhöhten Familienbeihilfe bisher ihren persönlichen Bedarf abdecken können. In welchem Ausmaß die erhöhte Familienbeihilfe dadurch "verbraucht" wurde, ist aus dieser Aussage nicht ableitbar.  

Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens in freier Beweiswürdigung nach § 167 Abs 2 BAO zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (siehe , ).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweislastregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (Ritz, BAO, § 167 Tz 6).

Zur freien Beweiswürdigung gehört insbesondere auch, ob die im Laufe eines Verfahrens gemachten Angaben mit den Erfahrungen des täglichen Lebens übereinstimmen oder nicht.

Das Bundesfinanzgericht geht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Bf für ihre Tochter nicht den monatlichen Unterhalt in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs 1 lit c FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs 2 FLAG 1967 hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Haushaltszugehörigkeit:

Gemäß § 2 Abs 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4).

Nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 Abs 2 FLAG 1967 wird der Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich nach der Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind bestimmt. 

Voraussetzung für das Vorliegen einer Haushaltszugehörigkeit eines Kindes ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Die Tochter der Bf ist in der Therapeutischen Wohn- und Arbeitsgemeinschaften für Gehörlose und Taubblinde mit zusätzlichen Beeinträchtigungen in Vollbetreuung untergebracht und übernachtet laut Bestätigung des Konvents der Barmherzigen Brüder vom regelmäßig an den Wochenenden und an Feiertagen bei der Bf.

Bei diesem Sachverhalt liegt keine Haushaltszugehörigkeit zur Mutter iSd § 2 Abs 5 FLAG 1967 vor, da mehr oder weniger regelmäßige Aufenthalte an den Wochenenden bei den Eltern an der dauernden, nicht nur vorübergehenden Heimunterbringung, nichts ändern (vgl ).

Die Fiktion der Haushaltszugehörigkeit nach § 2 Abs 5 FLAG 1967 bei Tragung der Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages, greift im ggstdl. Fall nicht, da nach den Feststellungen im Sachverhalt die Bf für ihre Tochter nicht den monatlichen Unterhalt in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat.

Die Tochter der Bf gilt daher bei dieser auch nicht als haushaltszugehörig.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Nachweis der Kostentragung als nicht erbracht ansah und den Antrag der Bf auf Weitergewährung der erhöhten Familienbeihilfe ab Dezember 2018 aus diesem Grund abwies.

Da eine Haushaltszugehörigkeit unstrittig nicht vorliegt und eine Tragung der Unterhaltskosten in Höhe von mindestens der erhöhten Familienbeihilfe nicht nachgewiesen wurde, besteht nach § 2 Abs 5 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Überwiegende Unterhaltsleistung:

Als Alternative zur Haushaltszugehörigkeit sieht § 2 Abs 2 FLAG 1967 einen Familienbeihilfenanspruch auch dann vor, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin die Unterhaltskosten des Kindes überwiegend trägt und das Kind bei niemandem sonst haushaltszugehörig ist ().

Zu den Kosten des Unterhaltes gehören nicht nur die Kosten für die Unterbringung, sondern auch die sonstigen Kosten, die für die Pflege und Erziehung eines Kindes aufgewendet werden, wie zB Kosten für Bekleidung, ärztliche Betreuung, zusätzliche Verpflegung, Geschenke. Es ist gleichgültig, ob diese Ausgaben freiwillig oder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgen. Diese direkten Unterhaltsleistungen können jedoch nur dann anerkannt werden, wenn sie nachgewiesen werden (vgl Nowotny in Csazsar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 150, vgl auch RV/0752-I/08).

Voraussetzung für diesen alternativen Anknüpfungspunkt ist die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten, nicht die überwiegende Leistung des - vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dessen weiteren Sorgepflichten abhängigen (vgl Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 33 Anm 100) - Unterhalts.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, hängt die Beurteilung, ob jemand die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab ().

Da die Bf den Unterhalt für ihre Tochter nicht in Höhe der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages geleistet hat, ist im Hinblick auf die Kosten der Heimunterbringung in Vollbetreuung, welche durch die öffentliche Hand und das Pflegegeld der Tochter der Bf finanziert werden, auszuschließen, dass die Bf den überwiegenden Unterhalt für die Tochter geleistet hat.

Es besteht daher auch nach § 2 Abs 2 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Eigenanspruch der Tochter:

§ 6 Abs 5 FLAG 1967 idgF lautet:

"Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs 1 lit.c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs 1 und 3)."

Mit den ab rückwirkend in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen des § 6 Abs 2 lit d und § 6 Abs 5 FLAG 1967 (BGBL 77/2018, ausgegeben am ) ist die neuere Judikatur des VwGH zu § 6 Abs 5 FLAG 1967 (alt), wonach kein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe besteht, wenn die öffentliche Hand überwiegend oder grundsätzlich für den Unterhalt einer Person sorgt (vgl , ), nach dem Gesetzeswortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers überholt.

Die Tochter der Bf leistet unbestritten einen Kostenbeitrag über den Einzug des Pflegegeldes.  

Unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 5 FLAG 1967 (v.a. wenn das Pflegegeld für die Kosten der Heimunterbringung herangezogen wird) kann der Tochter der Bf ein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe zustehen. Darüber hat - im Falle eines entsprechenden Antrags - das Finanzamt zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung ggstdl. Rechtsfrage ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz bzw. handelt es sich um Fragen der Beweiswürdigung, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen ist.


 

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at