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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.01.2020, RV/2100830/2018

Leistungsort B2B und Eintrittsberechtigungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer (Vorsteuererstattung 01-12/2017) zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. Nr. II 222/2009 (158/2014) für den Zeitraum 1-12/2017 erfolgt mit 743,96 Euro.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Beim Beschwerdeführer (BF) handelt es sich um einen Unternehmer mit Sitz in Deutschland, der für das Jahr 2017 elektronisch einen Vorsteuererstattungsantrag beim Finanzamt Graz-Stadt einbrachte. Darin begehrte er Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit den an ein österreichisches Unternehmen erbrachten Leistungen wie die Abwicklung und Vorbereitung einer über das Jahr verteilten mehrtägigen Führungsklausur und von "Teamdays" idHv. Euro 915,18 mit umfangreichen Beratungsstunden. Im Zuge von teambildenden Maßnahmen absolvierte eine Gruppe ein Outdoortraining in einem Kletterpark, für welches Eintrittsgebühren anfielen, welche auch gesondert als Spesen an die Leistungsempfängerin verrechnet wurden.

Das Finanzamt gewährte im Erstbescheid Vorsteuer idHv. Euro 539,38. Der restliche Vorsteuerbetrag wurde abgewiesen, und zwar bezüglich Rechnungen, die eine unbekannte UID-Nr. des Leistenden aufwiesen bzw. die für den Antragszeitraum ungültig seien und für Rechnungen, die nicht den Erstattungszeitraum betrafen.
Aufgrund der Geschäftstätigkeit bestehe für einige (im Bescheid aufgelistete) Rechnungen kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.

Weiterer Verfahrensverlauf

Dagegen richtete sich die Beschwerde. Bei den Belegen 653, 664 und 666 handle es sich um Angebote eines Waldseilparks, die die Firma des BF im Rahmen der Erlebnispädagogik von Teamevents für die Leistungsempfängerin benötigt habe. Die Teilnehmer an diesen Trainings seien ausschließlich die Trainer der BF und Angestellte der Leistungsempfängerin gewesen. 
Zum Beleg 709 werde die Kopie des Kfz-Scheines für den Transporterkastenwagen beigefügt, einen VW Crafter, der ausschließlich für den Transport von Seminarmaterial genützt werde. Eine Privatnutzung erfolge hier nicht, gebeten werde um Berücksichtigung des anteiligen Umsatzsteuerbetrages.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde abgewiesen und der Vorsteuererstattungsbetrag mit Euro 0,00 festgelegt mit der Begründung:
"Durch die Weiterverrechnung von Eintrittsberechtigungen (Klettergarten) haben Sie in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Umsätze bewirkt. Sie haben Ihre Umsätze aus der Besorgung von Eintrittsberechtigungen im Inland im Wege einer Umsatzsteuerveranlagung (mittels einer Umsatzsteuerjahreserklärung/ Formular U1) zu erklären und können die Vorsteuern im Veranlagungsverfahren in Abzug bringen."

Dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht und ausgeführt:
"Entgegen Ihrer Feststellung, dass hier in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Umsätze vorliegen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass es sich hier bei den Kosten für den Klettergarten nur um „Hilfsunterstützungen" durch externe Firmen handelte, die für das Outdoortraining der in Österreich ansässigen Firma notwendig waren. Unsere Leistungen haben wir im Rahmen des „Reverse-Charge-Verfahrens" dem österreichischen Unternehmer in Rechnung gestellt. Entsprechend bitten wir um Refundierung der eingereichten Belege.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass wir aktuell keine Rechnungen an Privatpersonen in Österreich ausstellen, sondern lediglich Rechnungen für Beratungs- und Trainingsleistungen, die wir nach dem „Reverse-Charge-Verfahren" abrechnen."

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem Vorbringen der BF.

Rechtslage

Nach § 17 AVOG ist das Finanzamt Graz-Stadt für die Erhebung der Umsatzsteuer der BF zuständig, da diese ihr Unternehmen vom Ausland aus betreibt und im Inland über keine Betriebsstätte verfügt.
Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen bei nicht im Inland ansässigen Unternehmern, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend vom § 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 sowie den §§ 12 und 20 UStG 1994 regeln.
In der hierzu ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 389/2010 ("Erstattungsverordnung"), wurde "ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen".

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 158/2014, ist die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne der § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) oder
4. im Inland nur Umsätze, die unter eine Sonderregelung gemäß § 25a UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat fallen,
ausgeführt hat.

Sonstige Leistung
§ 3a UStG 1994
(1) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.

(1a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt:
1. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer
– für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
– für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
2. die unentgeltliche Erbringung von anderen sonstigen Leistungen durch den Unternehmer– für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
– für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

Z 1 gilt nicht für die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes.

(2) Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder in einer sonstigen Leistung besteht.

(3) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstandes übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstandes einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als sonstige Leistung (Werkleistung), wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohnes unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffes und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(4) Besorgt ein Unternehmer eine sonstige Leistung, so sind die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.

Ort der sonstigen Leistung
(5) Für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a gilt
1. als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt;
2. eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer;
3. eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.

(6) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

(7) Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(8) Eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

(9) Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück gelegen ist. Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind auch:
a) die sonstigen Leistungen der Grundstücksmakler und Grundstückssachverständigen;
b) die Beherbergung in der Hotelbranche oder in Branchen mit ähnlicher Funktion (zB in Ferienlagern oder auf Campingplätzen);
c) die Einräumung von Rechten zur Nutzung von Grundstücken;
d) die sonstigen Leistungen zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen (zB die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros).

(10) Eine Personenbeförderungsleistung wird dort ausgeführt, wo die Beförderung bewirkt wird. Erstreckt sich eine Beförderungsleistung sowohl auf das Inland als auch auf das Ausland, so fällt der inländische Teil der Leistung unter dieses Bundesgesetz. Als inländischer Teil der Leistung gilt auch die Beförderung auf den von inländischen Eisenbahnverwaltungen betriebenen, auf ausländischem Gebiet gelegenen Anschlussstrecken, sowie die Beförderung auf ausländischen Durchgangsstrecken, soweit eine durchgehende Abfertigung nach Inlandstarifen erfolgt. Gleiches gilt für eine Güterbeförderungsleistung, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist.

(11) Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird:

a) kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden;

b) Umschlag, Lagerung oder ähnliche Leistungen, die mit Beförderungsleistungen üblicherweise verbunden sind, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden;

c) Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden;

d) Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen.

(11a) Sonstige Leistungen betreffend die Eintrittsberechtigung sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen für kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, werden dort ausgeführt, wo diese Veranstaltungen tatsächlich stattfinden, soweit diese Leistungen an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 erbracht werden.
…. …. ….

Steuerschuldner, Entstehung der Steuerschuld
§ 19 Abs. 1 UStG 1994 idF BGBl. I  Nr. 112/2012 lautet:
Steuerschuldner ist in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 der Unternehmer, in den Fällen des § 11 Abs. 14 der Aussteller der Rechnung.
Bei sonstigen Leistungen (ausgenommen die entgeltliche Duldung der Benützung von Bundesstraßen und die in § 3a Abs. 11a genannten Leistungen) und bei Werklieferungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn
– der leistende Unternehmer im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat und
– der Leistungsempfänger Unternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 1 und 2 ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, die Nichtunternehmer im Sinne des § 3a Abs. 5 Z 3 ist.

Der leistende Unternehmer haftet für diese Steuer.

Erwägungen

Strittig ist im beschwerdegegenständlichen Fall, ob für den BF das Veranlagungs- oder das Erstattungsverfahren anwendbar ist bzw. ob er steuerbare und steuerpflichtige Umsätze in Österreich bewirkt hat.

Zunächst ist zu klären, ob der BF an seine Kunden ein Bündel von Einzelleistungen erbringt (wie es das Finanzamt offenbar sieht, da es die Kletterparkbesuche als eigenständige Leistungen wertet) oder aber eine als einheitlich zu beurteilende Gesamtleistung, die im Rahmen der teambildenden Maßnahmen eine Veranstaltung im Waldseilpark mitumfasste, die im Übrigen nur einen geringen Betrag im Verhältnis zur Gesamtleistung darstellt.

Die BF erbringt an ihre Kunden mehrere Leistungen, die offensichtlich in einem Vertrag geregelt sind und ein bestimmtes Gesamtergebnis (Durchführung einer Führungsklausur und Teamdays mit Führungsworkshops) bezwecken.

Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist grundsätzlich im Haupttatbestand die einzelne Leistung. Besteuert wird nicht die Gesamtheit der vom Unternehmer an einen Abnehmer erbrachten Leistungen, auch wenn mehrere Leistungen auf einem einzigen Vertrag beruhen.
Der Umfang der einzelnen Leistung ist dabei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen. Mehrere gleichrangige Leistungen sind als eine Leistung zu beurteilen, wenn sie ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Einheit aufzufassen sind. Umfasst daher ein wirtschaftlich einheitlicher Vorgang mehrere selbständige Leistungen, so sind diese umsatzsteuerlich gesondert zu besteuern (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 1 Tz 30 f; ; , mwN).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, jedoch eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob dieser Umsatz zwei oder mehr getrennte Leistungen oder eine einheitliche Leistung umfasst. Eine Einheit liegt vor, wenn die Leistungen so eng verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. die Urteile vom , C-41/04, Levob Verzekeringen BV, OV Bank NV, Randnr. 19 bis 21, und vom , C-44/11, Deutsche Bank AG, Rn 21; ).

Es sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, wobei auf die Sicht eines Durchschnittsverbrauchers (bzw. -abnehmers) abzustellen ist ( „Mešto Zamberk“, Rn 29 mwN; so auch ​). Der EuGH hält auch fest, dass es für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung keine Regel mit absoluter Geltung gibt, daher seien für die Bestimmung des Umfangs einer Leistung die Gesamtumstände zu berücksichtigen (, C-392/11 „Field Fisher Waterhouse“, Rn 19 mwN).

Eine einheitliche Leistung liegt auch dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile aber als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kunden keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. , mwN; ).

Mehrere gleichrangige Leistungen sind als eine Leistung zu beurteilen, wenn sie ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Einheit aufzufassen sind. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist dazu ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang der Leistungen erforderlich, ein Ineinandergreifen der Leistungen, das die einzelne Leistung als Teil einer Gesamtleistung erscheinen lässt, die gegenüber den Einzelleistungen nach der Verkehrsauffassung eine andere Qualität besitzt (zB ​; , ​99/13/0161).

​Leistungen, die als unselbständige Nebenleistungen zu einer Hauptleistung anzusehen sind, gehen umsatzsteuerlich in der Hauptleistung auf, sie teilen daher grundsätzlich das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Nebenleistung anzunehmen, wenn die eine Leistung nach dem Willen der Parteien so eng mit der anderen verbunden ist, dass die eine nicht ohne die andere erbracht werden kann ( „Nederlandse Spoorwegen“), bzw. wenn die Leistung keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel zum Zweck darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können ( „Card Protection Plan“; , C-76/99 „Kommission/Frankreich“; , C-34/99 „Primback“; , C-572/07 „RLRE Tellmer Property“; , C-392/11 „Field Fisher Waterhouse“, Rn 17; „Wojskowa Agencja Mieszkaniowa“, Rn 31).

Eine unselbständige Nebenleistung ist danach insbesondere dann anzunehmen, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit der Hauptleistung im konkreten Fall eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Das wird von der Rechtsprechung bejaht, wenn die Leistung die Hauptleistung ermöglicht, abrundet oder ergänzt (zB ​; , ​89/15/0048; , ​93/14/0055; , ​96/14/0016; , ​2011/17/0047; aus jüngerer Zeit , ​2012/15/0044, unter Verweis auf ​).

Nach dem Sachverhalt erbringt der BF im Beschwerdezeitraum an seine Leistungsempfängerin im Wesentlichen Beratungsleistungen und die Durchführung von firmeninternen Veranstaltungen. 
Im Zuge dessen organisierte der BF auch entsprechende Teamaktivitäten in einem Waldseilpark.
Der Auftraggeberin kam es dabei nicht auf die entsprechenden Einzelleistungen an, sondern auf ein ganzheitlich aufeinander abgestimmtes Konzept für das Gelingen der Gesamtveranstaltungen, die der erbrachten Leistung ein anderes Gepräge gibt als die Einzelleistungen.

Die Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kletterparkbesuch sind damit als Teil einer eigenständig zu beurteilenden Gesamtleistung zu werten, die Aufspaltung der einzelnen Leistungen wäre wirklichkeitsfremd, nach der Verkehrsauffassung und aus der Sicht eines Durchschnittsabnehmers besitzt die Gesamtleistung gegenüber den Einzelleistungen eine andere Qualität, die einzelnen Leistungen erfüllen keinen eigenen Zweck, sondern sind nur ein Mittel, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Die erbrachte Leistung der BF ist damit als sonstige Leistung zu werten, die nach § 3a Abs. 6 UStG 1994 (bzw. den entsprechenden korrespondierenden deutschen Bestimmungen aufgrund der Ansässigkeit der BF) am entsprechenden  Empfängerort steuerbar ist.
Da die Leistung an ein österreichisches Unternehmen erfolgte, ist die Leistung am Empfängerort Österreich steuerbar, wobei aber nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 die Steuerschuld auf den Empfänger übergeht.
Das Vorsteuererstattungsverfahren bleibt nach § 1 Abs. 1 Z 3 der Erstattungsverordnung anwendbar.

Was die vom Finanzamt angeführten (Besorgungen) von Eintrittsberechtigungen nach § 3a Abs. 11a UStG 1994 betrifft, welche vom Finanzamt als eigenständige Inlandsumsätze qualifiziert wurden, also die Ermöglichung der Teilnahme an teambildenden Maßnahmen in einem Kletterpark in der Gruppe für einen in sich geschlossenen Personenkreis, ist auszuführen, dass dies nicht einer Eintrittsberechtigung zu einer öffentlich zugänglichen Veranstaltung gleichzusetzen ist, welche eine Steuerbarkeit in Österreich auslöst.
Auch solche Leistungen werden nach der Grundregel bei B2B-Leistungen am Empfängerort erbracht (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 3a Tz 126, unter Anwendung des Art 32 der EU-DfVO zur Richtlinie 2006/112/EG).
Vgl. auch Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. 2015, § 3a Rz 204: Aus § 3a Abs. 11a idF BGBl I 2010/34 folgt, dass seit nur mehr sonstige Leistungen betreffend die Eintritts­berechtigung zu kulturellen, künstlerischen, sportlichen Veranstaltungen etc am Veranstaltungsort steuerbar sind, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer iSd § 3a Abs 5 Z 1 und 2 ist. Alle anderen kulturellen, künstlerischen, sportlichen Leistungen etc sind gem § 3a Abs. 11 lit. a idF BGBl I 2010/34 seit nur mehr dann am Tätigkeitsort steuerbar, wenn der Leistungsempfänger ein Nicht­unternehmer iSd § 3a Abs 5 Z 3 ist. Ist der Leistungsempfänger solcher Leistungen ein Unternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 1 und 2, bestimmt sich der Leistungsort – ausgenommen der in § 3a Abs 11a genannten Fälle – nach der B2B-General­klausel (§ 3a Abs. 6). Ziel der Neuregelung ist es, den Anwendungsbereich des Empfängerort­prinzips iVm der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft in stärkerem Maße anzuwenden. Nur in jenen Fällen, in denen auf Grund der physischen Anwesenheit eines gemischten Publikums und der regelmäßig sehr kurzen Vertrags(anbahnungs)zeit der Übergang der Steuerschuld nicht praktikabel ist (wie bei Eintritts­berechtigungen), wird an der Besteuerung am Veranstaltungs- bzw. Tätigkeitsort festgehalten.

Nicht unter den Begriff der Eintritts­berechtigung für eine Veranstaltung fällt zB das Recht zur Benutzung von Einrichtungen wie zB einer Turnhalle, da diesfalls keine „Veranstaltung“ vorliegt (vgl. Art 32 VO 282/2011/EU). Gleiches gilt für das Recht zur Teilnahme an Schikursen (Rz 641f UStR). Das muss auch für Seminare bzw Workshops gelten, die nicht der Allgemeinheit offenstehen (zB Inhouse-Seminar; vgl. Abschn 3a.6. Abs. 13 dt UStAE). Der Öffentlichkeit allgemein zugängliche Veranstaltungen sind solche, bei denen der Zutritt im Wesentlichen jedermann freisteht, die Veranstaltung also nicht von vornherein auf einen in sich geschlossenen, nach außen begrenzten Kreis von Teilnehmern gerichtet ist. Diese Interpretation des Begriffs der Veranstaltung, die an jene der Vorführung (s ) anknüpft, entspricht auch der ursprünglichen Zielsetzung des Art 53 MwStSyst-RL, unter dem Begriff der Eintritts­berechtigung zu Veranstaltungen nur solche Leistungen zu erfassen, bei denen der Status des Leistungsempfängers für den Leistungserbringer nicht oder nur schwer ermittelbar ist (Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. 2015, § 3a, Rz 206).

Damit sind die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen 653, 664 und 666  idHv. Euro 204,58 zusätzlich zum bereits im Erstbescheid als erstattungsfähig eingestuften Betrag idHv. Euro 539,38 zu gewähren.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt: Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen (ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen) und berechtigen damit nicht zum Vorsteuerabzug. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung die Begriffe Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen näher bestimmen (vgl. Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Kleinlastkraftwagen und Kleinbusse, BGBl. II Nr. 193/2002).

Das Fahrzeug VW Crafter ist in der Liste der Fahrzeugtypen angeführt, die vom Bundesministerium für Finanzen als vorsteuerabzugsberechtigte Kleinlastkraftwagen, Kastenwagen, Pritschenwagen und Kleinbusse bzw. Klein-Autobusse gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 273/1996 und der Verordnung BGBl II Nr.193/2002 eingestuft wurden.
Daher kann die Vorsteuer aus der Rechnung 709 zur Vignette idHv. Euro 14,55 laut Beschwerde ebenfalls erstattet werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Wesentlichen Sachverhaltsfragen zu klären waren, ist eine Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
§ 19 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 6 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 3a Abs. 11a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise








ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100830.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at