Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung eines ledigen Steuerpflichtigen - Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist aus der Sicht des Streitjahres zu beurteilen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch V als Vorsitzender und die weiteren Senatsmitglieder R (beisitzender Richter), L1 (Arbeiterkammer Steiermark) und L2 (Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark), in der Beschwerdesache Bf., X, XX, vertreten durch Baumgartner & Grienschgl GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Elisabethstraße 40, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017, vertreten durch Z, in der Sitzung am , im Beisein des Schriftführers NN, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführer (Bf.) hat in der Einkommensteuererklärung 2017 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit die Berücksichtigung von Werbungskosten aus dem Titel Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Wien in Höhe von € 7.687,02 und Aufwendungen für Familienheimfahrten (maximal Pendlerpauschale) in Höhe von € 3.672 beantragt.
Das Finanzamt ist im Einkommensteuerbescheid 2017 diesem Antrag mit folgender Begründung nicht gefolgt:
"Die von Ihnen gemäß § 16 EStG 1988 beantragten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten konnten nicht berücksichtigt werden. Eine steuerliche Anerkennung dieser Aufwendungen ist nur möglich, wenn die Verlegung des Wohnsitzes an den Dienstort nicht zugemutet werden kann. Eine Unzumutbarkeit ist aufgrund der Aktenlage nicht ersichtlich."
Dagegen hat der Bf. mit folgender Begründung Beschwerde erhoben:
Wie schon im Rahmen der Ersuchen um Ergänzung zu den Einkommensteuererklärungen 2015 und 2016 mitgeteilt worden sei (E-Mail vom , betreffend Einkommensteuerveranlagung 2015 und E-Mail vom , betreffend Einkommensteuerveranlagung 2016), übe der Bf. von Montag bis Freitag eine nichtselbständige Tätigkeit in Wien aus, zu der er im Wochenrhythmus pendle. Sein persönlicher Lebensmittelpunkt sei aber in XX gelegen, wo er seine Zeit von Freitag bis Sonntag verbringe. Zusätzlich führe er in XX eine Land- und Forstwirtschaft und einen Hotelbetrieb.
Daher beantrage er die in der Einkommensteuererklärung 2017 beantragten Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung wurde vom Finanzamt wie folgt begründet:
"Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige selbst am Familienwohnsitz steuerlich relevante, ortsgebundene Einkünfte erzielt (vgl. ).
1) steuerlich relevant: Ihre Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Geschäftsführer Hotelbetrieb) betragen im Jahr 2017 0 und sind daher nicht steuerlich relevant. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft betragen im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Einkünfte lediglich 12% und sind daher ebenfalls steuerlich nicht relevant.
2) ortsgebunden: Waldarbeiten werden regelmäßig an Fachkräfte ausgelagert. Das ForstG 1975 sieht zwar die Verpflichtung zur regelmäßigen Waldbegehung vor, eine persönliche Wahrnehmung der Verpflichtung lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.
3) Die Unterstützung des Vaters am Wochenende stellt ebenfalls keinen Grund für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes dar (vgl. )."
Dagegen hat der Bf. mit nachstehender Begründung den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt:
Das Finanzamt bringe in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung unter Punkt 1), zweiter Satz vor, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Einkünfte lediglich 12% betragen würden und daher steuerlich nicht relevant seien. Ferner vertrete das Finanzamt die Auffassung, dass Waldarbeiten regelmäßig an Fachkräfte ausgelagert werden würden. Das Forstgesetz 1975 sehe zwar die Verpflichtung zur regelmäßigen Waldbegehung vor, eine persönliche Wahrnehmung dieser Verpflichtung lasse sich daraus jedoch nicht ableiten.
Bei dieser Betrachtung verkenne das Finanzamt, dass der Bf. 50%-Miteigentümer einer land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundfläche von:
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Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Steiermark | ca. | 225,2 ha |
Land- und forstwirtschaftlicher Betrieb Kärnten | ca. | 83,4 ha |
somit gesamte Fläche | ca. | 308,6 ha |
davon 26,3 ha Landwirtschaft |
sei.
Ferner dürfe darauf hingewiesen werden, dass eine regelmäßige Waldbegehung durch den Eigentümer nicht vergleichbar sei mit der Überwachung durch ein Verwaltungsorgan. So gebe es vielerlei Entscheidungen, die nur durch eine persönliche Waldbegehung angeregt bzw. ausgelöst werden würden. Als Beispiele mögen hierfür genannt werden:
Streichen von Jungpflanzen
Nachsetzen von Jungpflanzen
Jungholzpflege (Freischneiden von Zukunftsbäumen)
vorsichtige Freistellung von Jungholzbeständen
Kontrollen von Wasserdurchlässen
Ersatz von eingebrochenen Wasserdurchlässen an der Forststraße
Feststellung von Wegrutschungen
Feststellung erforderlicher Nachbesserungsarbeiten am Weg (Nachschottern)
Schlägerung von entwipfelten Bäumen
Schlägerung von drohenden Käferbäumen
Schlägerung von bereits abgestorbenen Käferbäumen
Einzelstammentnahmen
vorsichtiger Eingriff von Randbesäumungen wegen sonst drohendem Windwurf
Endnutzung
und vieles mehr.
Dabei könne man davon ausgehen, dass diese Entscheidungen nicht mit wenigen jährlichen Begehungen im Wald zu treffen seien, sondern dass der Forstwirt permanent Entscheidungen treffen müsse, welche der Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt durchzuführen seien.
Eine permanente Entscheidung von Maßnahmen sei aber nur dann möglich, wenn man am laufenden Stand sei. Ein laufender Wissensstand über den Waldzustand könne weder durch Dritte noch durch Fotos oder Filmmaterial erfolgen. Der Zustand könne nur durch persönliche Begehung festgestellt werden.
Die Begehung von über 280 ha Forst benötige einen entsprechenden Zeitaufwand.
Der Bf. sei in seinen beiden Forstbetrieben Einnahmen-Ausgaben-Rechner (ausgabenpauschaliert) und es sei daher von der jeweilig zu treffenden Maßnahme abhängig, ob auch finanzielle Holzerträge damit verbunden seien, oder ob die zu treffenden Maßnahmen nur die Erträge in der Zukunft betreffen würden.
So dürfe darauf hingewiesen werden, dass die Freischneidung einer Jugend (das Material werde im Wald belassen und führe zu keinem Erlös) sehr zeit- und arbeitsintensiv sei, jedoch beim Vergleich der Einkünfte zu keiner Einkunftssteigerung im betreffenden Jahr führe. Vielmehr seien diese Maßnahmen Investitionen in die Zukunft, deren Ertrag in späteren Jahren sehr wohl auch von der Finanzverwaltung der Besteuerung unterworfen werden würde.
Nicht unerwähnt solle die Tatsache bleiben, dass die jeweiligen Maßnahmen mit der Behörde (Bezirksforstinspektion, Bezirkshauptmannschaft usw.), aber auch mit den Geschäftspartnern (Holzkäufer, Schlägerungsunternehmen usw.) besprochen werden müssten. Auch hier sei die Anwesenheit des Bf. erforderlich.
Er halte daher nochmals fest, dass die Finanzverwaltung die steuerliche Relevanz der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vom jährlichen Ertrag abgeleitet habe. Das Ergebnis einer solchen Jahresbetrachtung sei (wie bereits ausgeführt) seiner Meinung nach nicht aussagekräftig.
In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei beiden Land- und Forstwirtschaften um Nachhaltsbetriebe (308,6 ha Gesamtfläche und über 280 ha Forstfläche) handle, lägen seiner Auffassung nach, unabhängig vom Jahresergebnis, steuerlich relevante Einkünfte vor.
Da der Bf. diese Forstwirtschaft nicht nachträglich angeschafft, sondern im Schenkungswege mit seinem Vater erhalten habe, seien auch die örtlichen Gegebenheiten nicht gestaltbar gewesen.
Er vertrete daher die Auffassung, dass die Ergebnisse aus Land- und Forstwirtschaft für ihn unabhängig von ihrer jeweiligen jährlichen Höhe steuerlich relevante Einkünfte darstellten und er stelle daher den Antrag, die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten erklärungsgemäß als Werbungskosten anzuerkennen.
Nicht unerwähnt solle bleiben, dass die Abwicklung der NNN Sägewerk und Hotelbetrieb GmbH bis Ende 2018 erfolgt sei und den Bf. auch in Anspruch genommen habe. Diesbezüglich werde auf seine Ausführungen im E-Mail vom verwiesen.
Die bevollmächtigte Vertreterin des Bf. hat im ergänzenden Schriftsatz vom u.a. ausgeführt, dass für den Bf. auf Dauer gesehen nachhaltige jährliche Einkünfte aus den Forstbetrieben in Höhe von ca. € 8.000 zu erwarten seien. Es werde die Rechtsauffassung vertreten, dass die Beurteilung, ob die Kosten der doppelten Haushaltsführung abgabenrechtlich zu berücksichtigen seien, nicht vom Ergebnis eines einzelnen Jahres abhängig sein dürfe. Vielmehr seien für die Beurteilung die durchschnittlich zu erwartenden Ergebnisse unter Außerachtlassung von außergewöhnlichen Ereignissen wie Wind- und Schneebruchkatastrophen, von entscheidender Bedeutung.
In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien Nachstehendes ausgeführt:
Der bevollmächtigte Vertreter des Bf. führt Folgendes aus:
"Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb in der Steiermark, mit einem Ausmaß von 226 ha ist seit den 1930er Jahren im Familienbesitz. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb in Kärnten, eigentlich ausschließlich forstwirtschaftlich, wurde im Jahre 1995 erworben. Daneben wird noch eine Fläche von 18 ha über die Beteiligung "YY" im Eigentum gehalten. Bei diesen land- und forstwirtschaftlichen Beteiligungen (50 %) handelt es sich um Nachhaltsbetriebe, die im Normalfall eine Familie erhalten können. Daneben führt der Bf. Mietobjekte in XX (auch schon im Beschwerdejahr), ab 2019 gibt es noch zwei weitere Mietobjekte in XX. Das bedeutet, dass sämtliche Vermögenswerte, die auch zu steuerlich relevanten Einkünften führen, ausschließlich von XX aus betreut werden können.
Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit 45.700,00 € (65,56 %),
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit 18.000,00 € (25,82 %),
Vermietung und Verpachtung mit 1.000,00 €, ab 2019 mit 5.000,00 € (insgesamt 2017 + 2019: 8,6 %)
ergeben eine Summe von 69.700,00 €
Aus der Tatsache, dass der Bf. in Wien eine Wohnung um jährlich € 6.000,00 anmietet (inkl. BK) und diese ein Ausmaß von 50m² hat, kann geschlossen werden, dass dies keinesfalls der Familienwohnsitz sein kann. Der Bf. hat somit berufsbedingt den Familienwohnsitz in XX zur Betreibung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bzw. Vermietungsobjekte. Die Kontakthaltung mit den Behörden (BH, BFI, Kammer für Land-und Forstwirtschaft) ist von XX aus zu führen, das gilt auch für die Geschäftspartner aus den land-und forstwirtschaftlichen Betrieben und der Vermietungsobjekte. Unter Beachtung der durchschnittlichen Einschlagsmenge ist mit einem jährlichen Gewinnanteil von ca 18.000 € zu rechnen, daneben noch die Überschüsse aus Vermietung und Verpachtung.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass in der gegenständlichen Berechnung der zu versteuernde Veräußerungsgewinn noch nicht berücksichtigt wurde.
Wir vertreten die Auffassung, dass die Einkünfte in der Land- und Forstwirtschaft und der Vermietung als steuerlich relevant einzustufen sind, die eine Verlegung des Wohnortes für den Bf. unzumutbar machen, daher sind die Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung im Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit zu sehen und ersuchen wir daher diese als Werbungskosten anzuerkennen.
Auf die Frage des Beisitzers L2, wie die Gewinnermittlung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe erfolge antwortet der bevollmächtigte Vertreter, dass diese nach der einkommensteuerlichen Ausgabenpauschalierung vorgenommen werde.
Die Vertreterin der Amtspartei führt Nachstehendes aus:
Sie verweist zunächst bezüglich der Fahrtkosten auf ihre Stellungnahme im Vorlagebericht. Desweiteren führt sie aus, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung keine ortsgebundenen Einkünfte darstellen, sollten notwendige Fahrten zu den Vermietungsobjekten durchzuführen sein, handelt es sich um Werbungskosten im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Bezüglich der wöchentlichen Heimfahrten wird eingewandt, dass an den Wochenenden kein persönlicher Kontakt mit den Behörden möglich sein wird. Der Mitbeteiligte Großcousin Herr ZZ ist auch unter der Woche vor Ort und wird angenommen, dass Teile der notwendigen Arbeiten von diesem übernommen werden.
Dazu ergänzt der Vertreter des Bf., dass die im Rahmen der Liquidation des Sägewerkbetriebes erforderlichen Handlungen primär vom Bf. durchgeführt wurden."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 erster Satz sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
"Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum (Familien)Wohnsitz, sind als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0095).
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt erkannt, dass die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des ständigen Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung kann die verschiedensten Ursachen haben und sich auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0038)" [].
Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in der weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit des Ehegatten. Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. ).
Aufwendungen für einen Zweitwohnsitz sind grundsätzlich abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige am Familienwohnsitz steuerlich relevante betriebliche Einkünfte erzielt, und er den Zweitwohnsitz im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit benötigt ().
Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:
Es ist unbestritten, dass der im Streitjahr 34 Jahre alte, ledige Bf. seit seiner Geburt im elterlichen Wohnhaus in XX seinen melderechtlichen Hauptwohnsitz und in Wien berufsbedingt, seit Aufnahme der nichtselbständigen Tätigkeit im Dezember 2014, einen Nebenwohnsitz begründet hat.
Soweit der Bf. bezüglich der Unzumutbarkeit der Verlegung des (Familien)Wohnsitzes nach Wien, die während des Jahres laufende, notwendige Anwesenheit am Familienwohnsitz zur Betreuung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe mit einer Nutzfläche von rd. 308,6 ha, an denen er als Miteigentümer zur Hälfte beteiligt ist, begründet, ist bezüglich der im Streitjahr erzielten Einkünfte Folgendes festzustellen:
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Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft | 6.573,19 |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | 45.627,67 |
Dieser Vergleich der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit jenen aus nichtselbständiger Arbeit in Wien zeigt, dass die in der Nähe des (Familien)Wohnsitzes erzielten Einkünfte lediglich 14,4% betragen. Einkünfte in einer derartigen Höhe stellen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keinesfalls einen steuerlich beachtlichen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung eines alleinstehenden Steuerpflichtigen an den Beschäftigungsort dar (vgl. in diesem Zusammenhang auch , in dem das Bundesfinanzgericht bezüglich des Jahres 2015 selbst einen Anteil der Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 15,64% als keinen steuerlich beachtlichen Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung eines alleinstehenden Steuerpflichtigen erachtet hat). Hinzu kommt, dass in dem zitierten Erkenntnis die nichtselbständigen Einkünfte lediglich € 30.371,53 betragen haben und der Grenznutzen von zusätzlichen Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von € 4.749,49 jedenfalls höher zu bewerten ist, als die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 6.573,19 zu jenen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von immerhin € 45.627,67.
An dieser Beurteilung vermögen auch die im Vorlageantrag detailliert angeführten forstlichen Maßnahmen, die eine ständige, persönliche Begehung des Waldes durch den Bf. erforderten, um die notwendigen Entscheidungen zu treffen, nichts zu ändern. Denn die von ihm vertretene Rechtsauffassung, dass die steuerliche Relevanz der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht vom steuerlichen Ertrag abzuleiten sei, sondern vielmehr die Tatsache, dass es sich um Nachhaltsbetriebe, die, unabhängig vom Jahresergebnis steuerlich relevante Einkünfte vermittelten, entscheidend sei, lässt sich mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip des Einkommensteuergesetzes nicht vereinbaren.
Mit dem Einkommen als Steuergegenstand (sachliche Steuerpflicht) will die Einkommensteuer die objektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfassen. Die Feststellung der objektiven Leistungsfähigkeit ist zugleich die Frage, welches Einkommen zugrunde zu legen ist und wie es zu besteuern ist (progressiver Steuertarif). Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbar und wird von manchen Autoren als "das" die Einkommensteuer tragende Prinzip angesehen, das in jedem Einzelfall bei der Auslegung mitbedacht werden muss [vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band I, § 2, Tz 1 (20. Lieferung - )].
Somit kommt der in dem ergänzenden Schriftsatz vom angestellten Argumentation, dass bezüglich der für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung heranzuziehenden Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft nicht die im Streitjahr tatsächlich erzielten Einkünfte, sondern die auf Dauer, durchschnittlich zu erwartenden Ergebnisse maßgeblich seien, keine Relevanz zu. Die daraus ermittelten fiktiven Einkünfte in Höhe von € 18.000 und die in der Zukunft anfallenden Veräußerungsgewinne stellen daher keinen geeigneten Vergleichsmaßstab dar.
Im Übrigen knüpft die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der Beurteilung der Zumutbarkeit des Wechsels des Familienwohnsitzes im Falle des Vorliegens von Einkünften an diesem, stets an der Höhe der Einkünfte an und beurteilt, ob diesen ein solches Gewicht zukommt, dass sie die Unzumutbarkeit des Wechsels des Familienwohnsitzes bewirken könnte.
Demgemäß müssen bei dem anzustellenden Vergleich der Einkünfte im Hinblick auf das erforderliche objektive Gewicht der ortsgebundenen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu den nichtselbständigen Einkünften jedenfalls die tatsächlich erzielten, im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Einkünfte, zum Ansatz gelangen. Da die Unzumutbarkeit des Familienwohnsitzwechsels nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen ist (vgl. ) kann der im ergänzenden Schriftsatz vom vertretenen Rechtsansicht, dass nicht das Ergebnis eines einzelnen Jahres, sondern das durchschnittlich zu erwartende Ergebnis von entscheidender Bedeutung sei, keinesfalls beigepflichtet werden.
Soweit der bevollmächtigte Vertreter die im Streitjahr in XX erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von € 1.000 - die ab dem Kalenderjahr 2019 erzielten Einkünfte sind für die Beurteilung der Verhältnisse des Streitjahres nicht beachtlich - ins Treffen führt, ist diesem Argument wie folgt zu entgegnen:
Abgesehen davon, dass es sich bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um passive Einkünfte aus der Vermögensverwaltung handelt, ist bei derartig geringfügigen Einkünften, ohne Bekanntgabe näherer Umstände jedenfalls für den erkennenden Senat nicht erkennbar, weshalb der Bf. dadurch gehindert wäre seinen (Familien)Wohnsitz nach Wien zu verlegen.
Auch die Inanspruchnahme des Bf. im Rahmen der Abwicklung der Sägewerk und Hotelbetrieb GmbH bis Ende 2018 vermag daran nichts zu ändern, da er im Streitjahr daraus keine Einkünfte bezogen hat.
Der Umstand, dass der Bf. seinen Hälfteanteil an der Forstwirtschaft nicht käuflich, sondern im Schenkungsweg erworben hat, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle, da für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung einzig und allein das Verhältnis der Einkünfte im Streitjahr entscheidend ist.
Auch die vom Bf. im Schreiben vom ins Treffen geführte Unterstützung seines Vaters an den Wochenenden lässt keine derart intensive Unterstützung erkennen, dass diese eine Grundlage für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung bilden würde, vielmehr entspringt eine teilweise Unterstützung der betagten Eltern an den Wochenenden, Feiertagen und im Urlaub dem familiären Beistandsgebot und bildet allein keine ausreichende Grundlage für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung (vgl. ).
Im Übrigen ist zu den im Zusammenhang mit den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben erwachsenden Fahrtkosten von Wien in die Steiermark bzw. nach Kärnten zu bemerken, dass diese Betriebsausgaben darstellen, die im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 3 Abs. 2 LuF-PauschVO 2011, BGBl. II Nr. 471/2010, mit dem Betriebsausgabenpauschale abgegolten sind (vgl. ).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der vorliegenden Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Da die Entscheidung bezüglich der Absetzbarkeit der Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. insbesondere ), ist die Revision nicht zulässig.
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100565.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at