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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.01.2020, RV/7104740/2014

Alleinverdienerabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Kinderbetreuungskosten und Kinderfreibetrag für vier Kinder

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache Bf_Adr, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt XY vom und vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2010 und 2011 zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben.

Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ist den beigefügten Berechnungsblättern zu entnehmen, welche einen Teil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensablauf:

Am  langte die Erklärung betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2010 und 2011 beim Finanzamt ein. Der Beschwerdeführer beantragte den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Unterhaltsabsetzbetrag und den Kinderfreibetrag.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt aufgefordert, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen: "Kopie der Vergleichsausfertigung oder Jugendamt über die Verpflichtung der Unterhaltszahlungen sowie Nachweis der geleisteten U-Zahlungen. Nachweis betreffend Kinderbetreuung (Tagesmutter usw.) mit übersichtlicher Aufstellung. Bescheid in Kopie betreffend Zuschüsse."

Mit Schreiben vom legte der Beschwerdeführer die Unterhaltsvereinbarung vom und den Beschluss betreffend Scheidung, ausgefertigt vom Amtsgericht A, vom vor.

Mit Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2010 vom wies das Finanzamt das Begehren des Beschwerdeführer hinsichtlich Alleinverdienerabsetzbetrag ab und verwies hierzu auf den Beschluss des Amtsgerichtes A, wonach die Lebensgemeinschaft keine sechs Monate betragen hat. Hinsichtlich des Unterhaltsabsetzbetrages seien die Unterhaltszahlungen nicht nachgewiesen worden.

Mit Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2011 vom wies das Finanzamt das Begehren des Beschwerdeführers hinsichtlich Alleinverdienerabsetzbetrag ab und verwies hierzu auf den Beschluss des Amtsgerichtes A, wonach die Lebensgemeinschaft keine sechs Monate betragen hat. Der Kinderfreibetrag für die Kinder mit der Sozialversicherungsnummer SVnr und SVnr2 wurde nicht gewährt, da für diese Kinder für nicht mehr als sechs Monate Kinderabsetzbetrag zustünde.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Bescheide vom und vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2010 und 2011 und führte dazu aus: "Der Alleinverdienerabsetzbetrag wurde irrtümlich geltend gemacht, weil ich vom Datum der Meldung an meiner neuen Wohnadresse ausgegangen bin. Dadurch habe ich auch die Unterhaltszahlungen für die ersten zwei Kinder VN1 und VN2 (Nachweis wurde bereits erbracht) nicht geltend gemacht. Ich ersuche daher um Berücksichtigung dieser Änderung und auch um Aussetzung der Einhebung bis zur Berufungserledigung."

Betreffend das Jahr 2011 führte der Beschwerdeführer aus: "Offenbar sind bei der Eingabe der diversen Daten die Jahre und die Kinder durcheinander geraten. Die Differenz bei den Kinderbetreuungskosten ergibt sich daher, daß ich die Zahlung für den Dezember 2011 auch dem Jahr 2011 zugerechnet habe - die Überweisung erst im Jänner 2012 erfolgte. Ich ersuche daher um Berücksichtigung der nunmehr richtigen Eingaben."

Der Beschwerdeführer legte der Beschwerde betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2011 eine Bestätigung über Kinderbetreuungskosten für das Kind VN3 iHv. EUR 1.455,50 vor.

Mit Schreiben vom legte der Beschwerdeführer berichtigte Erklärungen betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2010 und 2011 vor und eine Bestätigung über den Erhalt des Unterhalts für das Jahr 2010 unterfertigt von der geschiedenen Ehegattin.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid für das Jahr 2010 insofern ab, als sie den Kinderfreibetrag nur mehr für zwei Kinder gewährte und begründete wie folgt: "Sie haben für die Kinder VN2 und VN1 bis April 2011 Familienbeihilfe bezogen. Somit haben Sie keinen Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Kinderfreibetrag steht für beide Kinder mit jeweils 132 Euro zu. VN3 ist erst ab 2011 haushaltszugehörig."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde dem Beschwerdebegehren teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid für das Jahr 2011 insofern ab, als sie für zwei Kinder den Kinderfreibetrag und für zwei Kinder den Unterhaltsabsetzbetrag gewährte. Die belangte Behörde begründete wie folgt: "Der Unterhaltsabsetzbetrag steht ab Mai 2011 zu. Für die beiden anderen Kinder stehen mangels Haushaltszugehörigkeit keine Absetzbeträge zu. Die Kinderbetreuungskosten stehen nicht zu, da nicht für mehr als sechs Monate die Familienbeihilfe bezogen wurde (gemeinsamer Haushalt erst ab )."

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Zur Sache führte er aus:

"1.) Sachverhalt für 2010 und 2011

2010:

- Im Mai 2010 wurde die Lebensgemeinschaft mit meiner Exfrau gesch_Ehegattin aufgelöst.
Ich bin im Mai nach Adr_neu übersiedelt. Beweis: Parteieneinvernahme der Nachbarn, Familie NB

- Seit Mai 2010 zahle ich laufend Unterhalt an meine beiden Söhne aus erster Ehe (VN1 Geb1 und VN2 Geb2) siehe Anlage
- Grund der Trennung war u.a. meine neue Lebensgefährtin VN_LG mit welcher
ich die gemeinsame Tochter VN_3 NN1 (Geb3) habe
- die Familienbeihilfe wurde bis Sept. 2010 auf ein Gemeinschaftskonto überwiesen von
welchem meine Ex-Frau das Geld bezog und danach ab Okt 2010 auf ein Konto meiner
Ex-Frau gesch_Ehegattin bei der Bk lBAN Ktonr.
- Beweis: Anlage und Parteieneinvernahme von Adr_Eheg

2011:
- Geburt der 2. Tochter VN4 im Dezember 2011 (Geb4)

2.) Rechtliche Würdigung des Sachverhaltes

Familienbeihilfe:
- Die Familienbeihilfe für die Söhne VN1 und Ben wurden ab Mai 2010 von meiner
Ex-Frau bezogen. Aus diesem Grund steht der Unterhaltsabsetzbetrag für beide Söhne zu.

Unterhaltsabsetzbetrag:
Wenn die Lebensgemeinschaft mit meiner Ex-Frau gesch_Ehegattin aufgelöst wurde und der
Unterhalt seit Mai 2010 für beide Söhne VN1 und VN2 NN bezahlt wird, dann muß auch der Unterhaltsabsetzbetrag zustehen.

Kinderfreibetrag:
- Der Kinderfreibetrag für VN1 und VN2 - nicht haushaltszugehörig seit Mai
2010 steht zu, daher ab Mai 2010 pro Kind 132 €/Jahr
- Für VN_3, haushaltszugehöriges Kind, geboren am Geb3, sind 7 Monate
Familienbeihilfe bezogen worden, daher steht der Kinderfreibetrag von 132 €/Jahr zu.

3.) Kinderbetreuung für 2011

Dass der Haushalt mit der neuen Lebensgefährtin VN_LG erst im August 2011
gegründet wurde, ist nur durch den Meldezettel belegt. Tatsächlich wurde der gemeinsame Haushalt in 2010 gegründet.

Beweis:
Parteieneinvernahme von VN_LG (gleiche Adresse)
und der Nachbarn, Familie NB

4.) Antrag: Hiermit beantrage ich die stattgebende Erledigung."

Der Beschwerdeführer übermittelte mit dem Vorlageantrag die amtliche Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom , mit welcher der Bezug von Familienbeihilfe des Beschwerdeführers für die ersten beiden Kinder bis April 2011 belegt ist.

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht begründete sie wie folgt: "Sachverhalt: Der Beschwerdeführer hat 4 Kinder: die Kinder VN1 und VN2 aus 1. Ehe und die Kinder AN (geb Geb4) und VN_3 (Geb3) mit der Lebensgefährtin. Er lebt von der mittlerweile geschiedenen Gattin seit Mai 2010 getrennt und im gemeinsamen Haushalt mit der Lebensgefährtin (laut zentralem Melderegister wurde ab der Nebenwohnsitz in Stadt gemeldet, Hauptwohnsitz ab in Stadt). Er leistet seit Mai 2010 Unterhaltszahlungen für die beiden Kinder aus 1. Ehe, für welche er bis April 2011 Familienbeihilfe bezogen hat. Hinsichtlich Auszahlung der Familienbeihilfe wurde eine Kontonummernänderung ab Oktober 2010 bekanntgegeben. Im Vorlageantrag wird dargestellt, dass die Familienbeihilfe ab Mai 2010 von der Ex-Frau bezogen wurde und wird der Unterhaltsabsetzbetrag ab Mai 2010 für die beiden Kinder aus 1. Ehe beantragt, weiters der Kinderfreibetrag für nicht haushaltszugehörige Kinder mit 132 € je Kind. Zusätzlich wird für das haushaltszugehörige Kind VN_3, für das von der Lebensgefährtin mehr als 6 Monate Familienbeihilfe bezogen wurde, der Kinderfreibetrag von 132 € begehrt. Im Jahr 2011 werden Kinderbetreuungskosten für das Kind VN_3 beantragt, welche aufgrund des dargestellten Sachverhaltes auch zustehen. Im Zuge Bearbeitung des Vorlageantrages wurde ein Vorhalteverfahren betreffend eines Grundstücksverkaufes innerhalb der Spekulationsfrist im Jahr 2011 und hinsichtlich ausländischer Kapitaleinkünfte durchgeführt. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen ergeben sich aus dem Grundstücksverkauf keine steuerlich relevanten Einkünfte. Aus der Erträgnisaufstellung der Volksbank D, welche auf beide Ehegatten lautet, ergeben sich 2010 554,52 € (1/2 = 277,26 €), aus der Bescheinigung Volksbank A 45 €. Insgesamt sind daher 322,26 € Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen.

Beweismittel: Beilagen zum Vorlageantrag Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe

Stellungnahme: Das Finanzamt beantragt, die ausländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 322,26 € mit dem besonderen Steuersatz von 25 % zu besteuern. Das Finanzamt geht davon aus, dass der gemeinsame Haushalt mit den beiden Kindern aus 1. Ehe bereits 2010 verlassen, jedoch die Familienbeihilfe weiterhin bezogen wurde, obwohl die Kinder nicht mehr dem Haushalt des Beschwerdeführers angehört haben. Anspruchsberechtigter auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder ist immer die Person, zu deren Haushalt die Kinder gehören. Die Gewährung der Beilhilfe an den Kindesvater widersprach daher den gesetzlichen Vorgaben. Zu diesem Sachverhalt liegt eine unterschiedliche Rechtsprechnung vor: GZ. RV/0314-G/11, GZ. RV/7102420/2014, sodass die Berücksichtigung von Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderfreibetrag für die beiden nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder VN1 und VN2 strittig ist. Für das Kind VN_3 wurde ab Juni 2010 von der Partnerin Familienbehilfe und mit dieser zusammen der Kinderabsetzbetrag bezogen, sodass die Kinderbetreuungskosten über 1.455,50 € im Jahr 2011 abzugsfähig sind und der Kinderfreibetrag in den Jahren 2010 und 2011 über jeweils 132 € zusteht."

Mit dem Schreiben an das Bundesfinanzgericht gerichteten Schreiben vom übermittelte der Beschwerdeführer ein ergänzendes Vorbringen mit folgendem Inhalt: "Ich habe die Familienbeihilfe für unsere gemeinsamen Söhne VN1 und VN2 nicht für mich behalten sondern gesch_Ehegattin für die Söhne weitergegeben. Ab Oktober 2010 wurde die Familienbeihilfe auf ein Konto meiner Ex-Frau gesch_Ehegattin bei der Bk IBAN Ktonr überwiesen. lm Falle einer Rückzahlung müsste ich die Summe von meiner Ex-Frau einfordern und meine Ex-Frau gesch_Ehegattin hätte den Anspruch die Familienbeihilfe rückwirkend, bei Einhaltung der 5 Jahresfrist wieder zu beantragen. Dies würde die Sache sehr verkomplizieren jedoch inhaltlich nicht wirklich verändern. Beigefügt finden Sie die schriftliche Bestätigung von gesch_Ehegattin über den Erhalt der Familienbeihilfe."

Über die Beschwerden wurde erwogen:

II. Einleitung:

Im beschwerdegegenständlichen Verfahren sind der Unterhaltsabsetzbetrag und der Kinderfreibetrag für die beiden nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer lebenden Kinder und der Kinderfreibetrag sowie die Kinderbetreuungskosten für das im gemeinsamen Haushalt lebende Kind strittig.

III. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer hat vier Kinder:

VN2 NN, geb. Geb2
VN1 NN, geb. Geb1
VN_3 NN1, Geb3
VN4, geb. Geb4

Laut Beschluss des Amtsgerichtes A vom wurde die Lebensgemeinschaft mit der geschiedenen Ehegattin gesch_Ehegattin mit aufgelöst. Mit ist der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin VN_LG an die Adresse PLZ, Adr_neu, übersiedelt.

Der Beschwerdeführer hat lt. Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom die Familienbeihilfe für die beiden ehelichen Kinder VN2 NN, geb. Geb2 und VN1 NN, geb. Geb1 bis April 2011 bezogen. Eine Rückzahlung der Familienbeihilfe hat, wie es sich aus dem Schreiben des Beschwerdeführers vom ergibt, nicht stattgefunden.

Für das dritte Kind VN_3 NN1, Geb3, wurde ab Juni 2010 Familienbeihilfe bezogen.

IV. Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (idF. FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. 

Gemäß § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuer­pflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhalts­absetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn (…) - für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Als Kinder iSd. § 33 EStG 1988 gelten gemäß § 106 Abs 1 EStG 1988 Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe-)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 lit. a EStG 1988 zusteht.

Gemäß § 106 Abs. 3 EStG 1988 ist (Ehe-)Partner eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mindestens mit einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. 

Gemäß § 106a Abs 2 EStG 1988 steht für ein Kind im Sinne des § 106 Abs 2 EStG 1988 ein Kinder­frei­betrag in Höhe von 132 Euro jährlich zu. Ein Kind im Sinne des § 106 Abs 2 EStG 1988 ist ein Kind, für das dem Steuer­pflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhalts­absetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 zusteht.

V. Rechtliche Beurteilung:

1. Unterhaltsabsetzbetrag:

Der Unterhalts­absetzbetrag soll gesetzliche Unterhalts­pflichten gegenüber nicht haushalts­zugehörigen Kindern steuerlich berücksichtigen. Die Inanspruchnahme des Unterhaltsabsetz­betrages setzt voraus, dass der Steuer­pflichtige für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet, das nicht seinem Haushalt zugehört und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird. Der Unterhalts­absetz­betrag ist an die tatsächliche Leistung des Unterhalts geknüpft. Er steht erstmals für den Kalender­monat zu, für den der Unterhalt zu leisten ist und auch tatsächlich geleistet wird (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, § 33 Rz 47f; ; ).

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die von der Finanzbehörde überwiesenen Beträge an Familienbeihilfe an die getrennt lebenden Ehepartnerin im Jahr 2010 zugeflossen sind. Er hat im Voraus über diese Beträge zu Gunsten der Kontoinhaberin, seiner geschiedenen Ehegattin, verfügt. Diese Verfügung stellt jedoch die Verwendung von bezogenen Beihilfenbeträgen dar. "Verfügt ein Abgabepflichtiger über noch nicht zugeflossene Beträge in der Form, dass der Abgabepflichtige den Zahler der erwarteten Beträge anweist, das Geld einem Dritten zu überweisen (Vorausverfügung), dann fließen mit der Erfüllung dieses Auftrages durch den Zahler die Beträge an den anweisenden Abgabepflichtigen zu" (Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG10, § 19 Tz 21; ; ).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ungeachtet der Überweisung der in Rede stehenden Beträge auf das Konto der getrennt lebenden Ex-Ehepartnerin als derjenige anzusehen ist, der die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für beiden ehelichen Kinder VN2 NN, geb. Geb2 und VN1 NN, geb. Geb1 bis April 2011 bezogen hat. Beim Anspruch auf Unterhaltsabsetzbetrag gem. § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 für das Jahr 2010 wird auf die Gewährung von Familienbeihilfe an den Beschwerdeführer abgestellt und nicht darauf, wem die Familienbeihilfe letztendlich überwiesen wird. Im konkreten Fall wurde die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für die beiden ehelichen Kinder dem Beschwerdeführer und nicht der geschiedenen Ex-Ehegattin bis zum gewährt. Dem ergänzenden Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eine Richtigstellung des Bezuges von Familienbeihilfe "die Sache sehr verkomplizieren jedoch inhaltlich nicht wirklich verändern" würde ist somit nicht zuzustimmen. Der Bezug von Familienbeihilfe schließt den Anspruch auf Unterhaltsabsetzbetrag gem. § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 aus, weshalb der Unterhaltsabsetzbetrag für das Jahr 2010 für die beiden ehelichen Kinder nicht zusteht.

Ein Bescheid kann auf Antrag oder von Amts wegen insoweit abgeändert werden, als ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat (§ 295a BAO). Die Familienbeihilfe wird nur auf Antrag gewährt. Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Gem. § 10 FLAG 1967 kann die Familienbeihilfe höchstens fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werden.

Für das Jahr 2011 steht der Unterhaltsabsetzbetrag gem. § 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 für die beiden ehelichen Kinder ab zu, da die Unterhaltszahlungen lt. Scheidungsvereinbarung nachweislich geleistet wurden, keine Familienbeihilfe bezogen wurde und keine gegenteiligen Ermittlungsergebnisse vorliegen.

2. Kinderfreibetrag:

Der Kinderfreibetrag steht für Kinder iSd. § 106 Abs 1 EStG 1988 zu, das sind jene, für die der Abgabepflichtige oder seine (Ehe-)Partnerin die Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und den Kinderabsetzbetrag gem. § 33 Abs 3 EStG 1988 erhält, und zwar für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr.

Da feststeht, dass der Beschwerdeführer die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für die beiden Kinder aus der ersten Ehe, VN2 NN, geb. Geb2 und VN1 NN, geb. Geb1, bis April 2011 bezogen hat und da der Unterhaltsabsetzbetrag für das Jahr 2011 zusteht, steht somit der Kinderfreibetrag für diese beiden ehelichen Kinder für das Jahr 2010 und 2011 zu. Für das haushaltszugehörige dritte Kind steht der Kinderfreibetrag ebenfalls für das Jahr 2010 und 2011 zu.

Das vierte Kind, VN4 ist im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2011 kein Kind iSd. § 106 Abs 1 EStG 1988, weshalb hier - unstrittig - kein Kinderfreibetrag zusteht.

3. Kinderbetreuungskosten:

Die beantragten Kinderbetreuungskosten iHv. 1.455,50 für das haushaltszugehörige dritte Kind für das Jahr 2011 stehen gem. § 34 Abs. 9 EStG - wie auch von der belangten Behörde im Vorlagebericht vom beantragt - zu.

4. Alleinverdienerabsetzbetrag:

Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht im Jahr 2010 für die ehelichen Kinder nicht zu, da - wie im Erstbescheid der belangten Behörde richtig begründet - keine Ehe bzw. Lebensgemeinschaft über den Zeitraum von sechs Monaten bestanden hat, da die häusliche Gemeinschaft mit der Ex-Ehegattin zum aufgelöst wurde. Da der Antrag auf Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages im Schreiben vom vom Beschwerdeführer zurückgezogen wurde, da dieser "irrtümlich geltend gemacht wurde", ist dieser Streitpunkt entfallen.

5. Einkünfte aus Kapitalvermögen:

Die belangte Behörde begehrt die Besteuerung von Kapitalerträgen lt. durchgeführten Vorhalteverfahren. Der Betrag iHv. EUR 322,26 ist - nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens durch die belangte Behörde und der Vorhaltsbeantwortung des Beschwerdeführers vom  - wie im Vorlagebericht der belangten Behörde angeführt, gem. § 27a EStG 1988 mit dem besonderen Steuersatz von 25% zu besteuern. Der Veranlagungsfreibetrag gem. § 41 Abs 3 EStG 1988 idF. BGBl. I 34/2010 ist für das Jahr 2010 anwendbar.

Aus den oben genannten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da im konkreten Fall keine Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen grundsätzliche Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. 

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104740.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at