Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.01.2020, RV/5101153/2019

Versteuerung einer Nachzahlung von Rehabilitationsgeld nach dem Zuflussprinzip

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 513/2020 anhängig. Mit Erk. v. wegen verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5100895/2021 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Ri.in in der Beschwerdesache Bf., AdresseBf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt XY vom betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom wurde die Einkommensteuer mit 5.620,70 € errechnet.
Unter den acht berücksichtigten Lohnzetteln der Gebietskrankenkasse befindet sich auch ein Lohnzettel für den Zeitraum bis . Es handelt sich dabei um Krankengelder in Höhe von 16.368,39 €, sonstige Bezüge in Höhe von 2.338,34 €, einbehaltenen Lohnsteuer in Höhe von 1.593,87 €, somit steuerpflichtige Bezüge in Höhe von 14.030,05 €.

Mit Schreiben vom wurde Beschwerde erhoben gegen obigen Bescheid wie folgt:
"Wurde die abzuführende Lohnsteuer von der Auszahlstelle abgeführt? Da ich selber nie ein einziges Schriftstück über die zu zahlenden und anzuführenden Leistungen erhalten habe. Laut Ihrem Schreiben sollten sie von der GKK abgeführt worden sein.
Weiters beanstande ich, dass Beträge rückwirkend nach einem Rechtsverfahren nicht in das Jahr 2017 entfallen können. Sondern in das Jahr 2016.
Damit ist festzustellen, "Steuerberechnung kann nur falsch sein!"."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die obige Beschwerde als unbegründet abgewiesen und wie folgt begründet:
Ein Zufluss von Einnahmen iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 erfolge in jenem Jahr, in dem der Steuerpflichtige rechtlich und wirtschaftlich die Verfügungsmacht über die Einnahmen erhalte (). Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen seien unter anderem Bezüge aus einem laufenden Dienstverhältnis, das Krankengeld gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 sowie das Wochengeld gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988. Würden laufende oder sonstige Bezüge für das Vorjahr bis zum 15.2. ausbezahlt werden, würden diese als im Vorjahr zugeflossen gelten.
Nach dem Erkenntnis des , sei das Rehabilitationsgeld iSd § 143a ASVG unter § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 zu subsumieren und somit im Jahr des Zuflusses zu versteuern. Somit sei im Jahr 2017 das gesamte zuerkannte Rehabilitationsgeld gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 steuerpflichtig zu behandeln.
Der Gesetzgeber hätte im Sozialrechtsänderungsgesetz für das Reha-Geld einen Anspruch im Bereich der Krankenversicherung formuliert. Beim Rehabilitationsgeld handle es sich demnach um eine Leistung aus der Krankenversicherung, die ihrer Zweckrichtung nach nur vorübergehend gebühren solle, bis die Minderung der Arbeitsfähigkeit durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation wieder beseitigt sei.
Im Gegensatz zu Leistungen aus der Pensionsversicherung, die an das Ende der Erwerbstätigkeit anschließen würden, stelle das Rehabilitationsgeld eine Überbrückung bei Arbeitsunfähigkeit bei gleichzeitiger Maßnahmensetzung zur Herstellung der Erwerbsfähigkeit dar und verfolge daher den Zweck, das Ende der Erwerbstätigkeit zu einem späteren Zeitpunkt eintreten zu lassen. Insbesondere der Zweck, die Minderung der Arbeitsfähigkeit durch Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation zu beseitigen, entspreche dem Charakter einer Krankenversicherungsleistung (iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988).
Nachdem der Grundsatz des Zu- und Abflussprinzips nur für die Nachzahlung von Pensionen durchbrochen werde, würden sowohl für die Auszahlung als auch für die Rückzahlung des Rehabilitationsgeldes die "normalen" Zu- und Abflussbestimmungen des § 19 EStG 1988 gelten. Die Berücksichtigung der Nachzahlung des Rehageldes hätte daher nach den Bestimmungen des § 19 Abs. 1 EStG 1988 im Zuflussjahr zu erfolgen.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht gestellt und wie folgt ausgeführt:
"Ich erhalte Rehageld, da ich Schaden erlitten habe, der sich als irreversibel herausstellte. Mir wurde mündlich versichert, dass alle Leistungen einbezahlt wurden, dieses hat sich im Nachhinein als nicht richtig herausgestellt (war von 2015-2017 besachwaltert, da ich krankheitsbedingt selber nicht vollständig rechts-/geschäftsfähig war).
Die Forderung Ihrerseits beruht auf offenkundig falschen Annahmen, die alle in das Jahr 2017 berechnet wurden.
Obwohl hier eindeutig die Jahre 2016 und 2017 steuerrechtlich zu berücksichtigen sind und mir wie jedem anderen Steuerfreibeträge zustehen, alles andere ist eine Form von Doppelsteuer."

Mit Schreiben vom wurde durch den Beschwerdeführer wie folgt ergänzt:
Er würde nochmals darauf hinweisen, dass sich in den Berechnungsgrundlagen für 2017 ein Betrag von 16.368,39 € Krankengeld und ein Betrag von 2.338,34 € sonstigen Bezügen mit dem Buchungsdatum bis aus dem Berechnungsjahr 2016 befinden würden.
Diese Beträge seien auch steuerrechtlich berücksichtigt worden, aber nicht vom Finanzamt, sondern vom Sozialversicherungsträger.

Mit Vorlagebericht vom wurde obige Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und unter anderem wie folgt ausgeführt:
Sachverhalt:
Der Steuerpflichtige hätte im Jahr 2017 Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversorgung bzw. Rehabilitationsgeld erhalten. Da dies ein Grund für eine Pflichtveranlagung iSd § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sei, sei der Pflichtige ersucht worden, die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung einzureichen. Innerhalb der gesetzten Nachfrist (Erinnerung zur Abgabe vom mit Frist ) sei am die Erklärung abgegeben worden.

Im Kalenderjahr 2017 hätte der Steuerpflichtige ausschließlich Bezüge iSd § 69 Abs. 2 EStG 1988 (Rehageld) samt einer Nachzahlung für vergangenen Jahre (gekennzeichnet als Lohnzettel für den Zeitraum 1.1.-1.1.) in Höhe von 14.030,05 € erhalten. Mit Einkommensteuerbescheid vom hätte die Berechnung eine Abgabenschuld von 2.184,00 € ergeben.

Gegen den Bescheid sei innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde erhoben worden, mit der Begründung, dass die zu leistende Steuer bereits durch die GKK abgeführt worden sei und die zugeflossenen Beträge nicht dem Jahr 2017, sondern dem Jahre 2016 zuzurechnen seien.

Dem Erkenntnis zugrunde liegender Sachverhalt

Unstrittig bezog der Beschwerdeführer im Jahr 2017 ausschließlich Rehabilitationsgeld iSd § 69 Abs. 2 EStG 1988. Unter den vorhandenen, von der Gebietskrankenkasse übermittelten Lohnzetteln befindet sich ein solcher für den Zeitraum 1.1. - 1.1..
Dabei handelt es sich um eine Nachzahlung an Rehabilitationsgeld im Jahr 2017 für das Jahr 2016.

Rechtliche Begründung

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Abweichend davon gelten Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug mit Bescheid abgesprochen wird, in dem Jahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.

Im Zuge der Abschaffung der befristeten Zuerkennung der Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit wurden mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 3/2013, für Versicherte, die am das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ein Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitation bei vorübergehender Invalidität/Berufsunfähigkeit sowie die neuen Leistungen des Rehabilitations- und des Umschulungsgeldes eingeführt. Im Vergleich zur bis dahin geltenden Rechtslage ist nunmehr für jüngere Versicherte eine differenzierte Behandlung von Fällen geminderter Arbeitsfähigkeit vorgesehen, je nachdem, ob diese geminderte Arbeitsfähigkeit dauerhaft oder nur vorübergehend vorliegt. Versicherte, deren Arbeitsfähigkeit nicht dauerhaft gemindert ist, erhalten keine Pensionsleistung mehr, sondern berufliche und/oder medizinische Maßnahmen der Rehabilitation einschließlich Geldleistungen (vgl. RV 2000 BlgNR 24. GP 2, 24; Födermayr in SV-Komm § 143a, Rz 1).
Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG wurde systematisch der Krankenversicherung zugeordnet und zwar als Leistung "aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der geminderten Arbeitsfähigkeit" (§ 117 Z 3 ASVG).
Der Steuergesetzgeber hat das Rehabilitationsgeld mit der Begründung, dass das anstelle einer befristeten Invaliditätspension oder Berufsunfähigkeitspension getretene Rehabilitationsgeld durch den Krankenversicherungsträger geleistet wird und es zudem funktional als eine Fortsetzung des Krankengeldbezuges anzusehen ist, in § 69 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 13/2014 dem Krankengeld gleichgestellt (vgl. AA 14 XXV. GP-Abänderungsantrag). Solcherart ist das Rehabilitationsgeld iSd § 143a ASVG dem § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 und nicht dem § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 zu subsumieren.

Nach § 69 Abs. 2 EStG 1988 ist bei der Auszahlung von Rehabilitationsgeld vorerst 25% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge täglich EUR 30,00 übersteigen. Die zusätzliche Auszahlung von 13. und 14. Bezügen hat zur Folge, dass ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Beträgen zu unterbleiben hat. Allerdings hat die Auszahlung von Rehabilitationsgeldern nach § 143a ASVG iVm § 69 Abs. 2 EStG 1988 zur Folge, dass nach § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 eine Pflichtveranlagung für das Jahr 2017 zu erfolgen hat.

Beim Abzug von 25% Lohnsteuer - soweit die ausbezahlten Beträge EUR 30,00/Tag überschreiten - handelt es sich nur um eine vorläufige Besteuerung der ausbezahlten Rehabilitationsgelder, was nach sich zieht, dass eine Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 vorzunehmen ist.

Bei dieser nach § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 durchzuführenden Pflichtveranlagung ist der Freibetrag von EUR 30,00 täglich nur eine vorläufige Maßnahme und bei der Veranlagung nicht zu berücksichtigen (vgl. Zl. 97/13/0096; GZ. RV/1600-W/09). Dies führt im Ergebnis zu einer neuen Abgabenberechnungmit dem Steuersätzen zum laufenden Tarif und zu 6% für sonstige Bezüge. Eine sich allenfalls ergebende Steuernachzahlung resultiert daher allenfalls aus dem Umstand, dass zuvor nur eine isolierte pauschale Besteuerung der Rehabilitationsgelder mit 25% unter Berücksichtigung täglicher Freibeträgevon EUR 30,00 pro Tag vorgenommen wurde.

Eine tatsächliche Doppelbesteuerung ausbezahlter Rehabilitationsgelder liegt daher nach Durchführung der Pflichtveranlagung nicht vor. Dies insbesondere, als die im Zuge des vorläufigen Lohnsteuerabzuges von 25% die vom Sozialversicherungsträger vorläufig einbehaltene Lohnsteuer - nach deren Neuberechnung im Wege der Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 - angerechnet wird.

Die gegenständliche Nachzahlung an Rehabilitationsgeld ist folglich nach dem Zuflussprinzip dem Jahr der Zahlung zuzurechnen (siehe ).
Im vorliegenden Fall war diese Nachzahlung im Beschwerdejahr zu versteuern und daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Versteuerung von Nachzahlungen von Rehabilitationsgeld im Jahr des Zuflusses entspricht sowohl der Judikatur des VwGH (, Ro 2017/15/0025), als auch der des Bundesfinanzgerichtes (; , RV/1100576/2018).
Die Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist nicht zu erwarten.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101153.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at