Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2020, RV/7100014/2020

Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung mangels Nachweises der Gründung eines Hausstandes sowie einer beruflichen Veranlassung waren nicht erfüllt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache BF, Ri, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) erzielte im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2017 machte er unter anderem Kosten für Familienheimfahrten i.H.v. 3.672,00 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung i.H.v. 2.100 € geltend.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der Bf. seit dem Mai 2014 seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat. Im Mai 2017 ließ er sich von seiner Ehegattin, mit der er seit dem Jahre 1991 verheiratet war, scheiden und übersiedelte danach nach xx.

Der Bf. gab an, im Streitjahr einmal im Monat in eine 630 Kilometer von seinem Wohnsitz in Wien entfernt gelegene Ortschaft nach Bosnien-Herzegowina zu seiner Freundin gefahren zu sein. Dort hätte er im Haus ihrer Eltern gewohnt. Seine Freundin habe im Jahr 2017 in Bosnien-Herzegowina eine medizinische Schule besucht und überdies aus einer Nebenbeschäftigung monatlich  umgerechnet 250,00 € erhalten.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den über Vorhalt des Finanzamtes am übermittelten meldebehördlichen Daten aus dem Zentralen Melderegister, dem Scheidungsurteil des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom sowie aus den über Vorhalt der belangten Behörde gemachten Angaben des Bf. 

Bis zum März 2017 sei der Bf. noch bei seiner Ex- Ehegattin gemeldet gewesen, gewohnt habe er jedoch bereits schon seit Anfang des Streitjahres in adresse. Nach einer schriftlichen Bestätigung des Vermieters habe der Bf. im Streitjahr monatlich 175,00 € Miete bezahlt. Zahlungsbelege wurden nicht vorgelegt. Von seinem Dienstgeber habe er keine Kostenersätze erhalten. Als Meldebestätigung legte der Bf. eine "Familienstandsbescheinigung" vom der ausländischen Behörde für "die Gewährung von Familienbeihilfe an jugoslawische Arbeitnehmer" vor. In dieser wurde bescheinigt, dass der Bf. und seine "Ehefrau" (gemeint war offensichtlich seine damalige Verlobte) in einer Gemeinde in Bosnien-Herzegowina gemeldet wären.

Über Vorhalt der belangten Behörde vom gab der Bf. auch bekannt, dass er "in einem Monat" seine Freundin heiraten werde, da sie zuvor noch ein Berufspraktikum für die Schule abschließen wolle;  in Wien wohne der Bf. in einer Arbeiterwohnung mit einer Wohnnutzfläche im Ausmaß von 30 m2.

Trotz Vorhaltes der belangten Behörde wurden keine Nachweise über Wohnungskosten in Bosnien-Herzegowina und über die tatsächlich gefahrenen Kilometer beigebracht und nicht bekanntgegeben, ob auch andere Personen mit befördert worden wären.

Einem aktuellen Auszug aus dem Melderegister ist zu entnehmen, dass der Bf. seine Verlobte im Jahre 2019 geheiratet hat.

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2017 vom berücksichtigte das Finanzamt die geltend gemachten Kosten der Familienheimfahrten und der doppelten Haushaltsführung nicht. Begründend führte es aus, dass der Bf. die über Vorhalt geforderten Unterlagen nicht beigebracht habe. Auch in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung stützte sich das Finanzamt allgemein auf den fehlenden Nachweis der Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Kosten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen fest und stützt sich auf die Aktenlage, insbesondere auf die meldebehördlichen Daten des Zentralen Melderegisters, die vom Bf. gemachten Angaben sowie die Meldedaten aus der Gemeinde in Bosnien-Herzegowina.

Der Bf. wohnte nach dem meldebehördlichen Daten im Streitjahr seit dem in adresse, und ist seit dem Mai 2017 von seiner damaligen Ehegattin, mit der er bis dahin einen gemeinsamen Wohnsitz in Wien hatte, geschieden.

Auf Basis der Angaben des Bf. und der von ihm vorgelegten Unterlagen ist unbestritten, dass er im Jahre 2017 von seinem Wohnsitz in Wien zu seiner damaligen Verlobten nach Bosnien-Herzegowina fuhr und dort bei ihren Eltern wohnte. Glaubhaft sind zudem die Angaben, einmal im Monat zur Freundin gefahren zu sein, die in Bosnien-Herzegowina eine Schulausbildung absolvierte und überdies aus einer nebenberuflichen Betätigung monatlich 250,00 € verdiente.

Nach einem aktuellen Melderegisterauszug ist erwiesen, dass der Bf. seine Verlobte im Jahre 2019 geheiratet hat. 

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gem. § 16 Abs. 1 EStG  1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gem. ​ § 20 Abs. 1 Z 1 EStG  1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Weiters dürfen nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und am Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Berufs(Tätigkeit) bezogenen höchstens in § 16 Abs. 6 lit d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

​Diese Bestimmung begrenzt die Abzugsfähigkeit von Familienheimfahrten bei betrieblichen und außerbetrieblichen Einkünften nach dem höchsten Pendlerpauschale in Höhe von 3.672,00 € im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 lit d EStG 1988.

Familienheimfahrten umfassen auch Heimfahrten eines Alleinstehenden mit eigenem Hausstand (; ).   

Von einer doppelten Haushaltsführung wird hingegen erst dann gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. ).

​Das Wesensmerkmal für die Berücksichtigung der hier streitgegenständlichen Aufwendungen ist also das Vorliegen von zwei Wohnsitzen. Liegen zwei Wohnsitze vor, so können unter gewissen Umständen die Kosten des Wohnsitzes am Arbeitsort als Werbungskosten beurteilt werden. Eine berufliche Veranlassung liegt grundsätzlich nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. , ).

Entscheidungsrelevant ist zudem, dass nicht bloß zwei Wohnsitze ausreichen, sondern es müssen zwei Haushalte vorliegen, die vom Steuerpflichtigen aufrechterhalten werden müssen.

Der Bf. gab an, dass er im Streitjahr von seinem Wohnsitz in Wien einmal im Monat zu seiner Freundin, die  in Bosnien-Herzegowina lebt, gefahren sei und dort bei ihren Eltern wohnte. Dazu kommt, dass der Bf. vor 2017 und im Streitjahr seinen Familienwohnsitz im Sinne eines Primärwohnsitzes am Beschäftigungsort in Wien hatte, sodass nach dem festgestellten Sachverhalt selbst unter der Annahme, er hätte in Bosnien Herzegowina einen weiteren Wohnsitz begründet, zweifelsfrei eine Wegverlegung des Primärwohnsitzes aus privaten Gründen angenommen werden musste.

Darüber hinaus legte der Bf. mit seinen Ausführungen, er lebte im Haus der Eltern seiner Freundin, dar, dort nur über eine "Wohnmöglichkeit" und über keinen eigenen Hausstand zu verfügen, über den er auch "mitbestimme"(vgl. , vgl. § 4 Abs. 1 und 2 Pendlerverordnung, BGBl II 2013/276, ). Nach § 4 Abs. 2 dieser Verordnung hat ein Steuerpflichtiger einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mit bewohnt. 

Im Ergebnis sind dem Bf. keine Kosten im Zusammenhang mit einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung entstanden, da er weder von Anfang an einen Familienwohnsitz in Bosnien Herzegowina führte und aus beruflichen Gründen einen Wohnsitz am Beschäftigungsort in Wien gründen musste, noch war von einer beruflich veranlassten Wegverlegung des Familienwohnsitzes zu seiner Verlobten nach Bosnien-Herzegowina auszugehen

Die vom Bf. geltend gemachten Kosten der doppelten Haushaltsführung und in weiterer Folge der Familienheimfahrten sind aus diesen Gründen Kosten der privaten Lebensführung und demnach nicht einkommensteuermindernd zu berücksichtigen. (vgl. , , -G/08, ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall ist eine Revision nicht zulässig, da das Bundesfinanzgericht die Voraussetzungen einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung im Sinne der im Erkenntnis dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verneint hat, und demnach keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag. 

Wien, am

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