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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2020, RV/7104818/2018

Haftung für entrichtete Abgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Perlogis Mag. Franz Harrand Wirtschaftstreuhand GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Bahnstraße 7, 2345 Brunn am Gebirge, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom nahm die Abgabenbehörde den Beschwerdeführer (Bf) als Vorstand der OP, Adr1, FN 1b, als Haftungspflichtigen gemäß § 9 i.V.m. § 80 BAO für die nachstehenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der OPim Ausmaß von € 6.891,05 in Anspruch.


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag in Euro
Körperschaftsteuer
2007
6.246,08
Anspruchszinsen
2007
397,49
Vollstreckungsgebühren
2011
246,93
Barauslagenersatz
2011
0,55
Summe
 
 
6.891,05

Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Die Geltendmachung der Haftung (§§ 224 i.V.m. § 9 Bundesabgabenordnung) gründet sich auf folgende Umstände:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Auf Grund von bisher erfolglosen Einbringungsversuchen und der Tatsache, dass die Privatstiftung derzeit nicht vertreten ist, steht fest, dass der Abgabenrückstand beim Primärschuldner als uneinbringlich anzusehen ist.

Die im Rückstand ausgewiesenen Abgabenschuldigkeiten sind nach Abgabenarten und Zeiträumen aufgeschlüsselt. Die Bescheide der im Rückstand angeführten, festgesetzten Abgaben wurden Ihnen bereits im Haftungsvorverfahren zur Kenntnis gebracht. Der oben angeführte Rückstand besteht infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben. Sie waren laut Firmenbuch im Zeitraum von bis zum Vorstand der abgabenschuldnerischen Stiftung bestellt und daher gemäß stellt § 17 Abs. 1 PSG zur Vertretung der Gesellschaft berufen.

Die Privatstiftung ist juristische Person ohne Eigentümer.

Um den damit verbundenen Problemen der internen Organisation und Kontrolle einerseits und Gefahren der Gläubigerschädigung andererseits vorzubeugen, hat der Gesetzgeber für die Privatstiftung zwingend zwei Organe vorgesehen, nämlich den Vorstand als zentrales Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan, das die Privatstiftung verwaltet und vertritt, für die Erfüllung des Stiftungszwecks zu sorgen und hiebei die Bestimmungen der Stiftungserklärungen einzuhalten hat (§ 17 Abs. 1 PSG), sowie den Stiftungsprüfer als Kontrollstelle, die den Jahresabschluss einschließlich der Buchführung und den Lagebericht zu prüfen hat (§ 21 PSG); hinzu kommen noch recht umfassende Kontrollbefugnisse des Firmenbuchgerichts (§ 17 Abs. 5, § 27, § 3133 und § 34 PSG).

Ungeachtet der erkennbar zentralen Position, die der Gesetzgeber dem Stiftungsvorstand zuteilt, enthält das Privatstiftungsgesetz (PSG) selbst nur rudimentäre Bestimmungen zur Haftung des Stiftungsvorstandes. So stellt § 17 Abs. 1 PSG klar, dass der Stiftungsvorstand die Privatstiftung verwaltet und vertritt und für die Erfüllung des Stiftungszwecks sorgt; er ist hierbei verpflichtet, die Bestimmungen der Stiftungserklärung einzuhalten.

Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass natürlich auch die sondergesetzlichen Haftungstatbestände auf einen Vorstand einer Privatstiftung anwendbar sind: Unter den jeweils darin genannten Voraussetzungen kann daher ein Stiftungsvorstand auch nach § 9 BAO, § 67 ASVG etc. haftbar werden.

Persönliche Haftungen erstrecken sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BAO. Zu diesen Nebenansprüchen gehören gemäß § 3 Abs. 2 lit. d BAO insbesondere die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungs- und Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag und die Kosten des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Körperschaftsteuer ist folgendes festzuhalten:

Der Abgabenanspruch entsteht bei der Körperschaftssteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Die veranlagte Körperschaftssteuer wird gemäß § 210 Abs. 1BAO einen Monat ab Zustellungdes Abgabenbescheides fällig.

Mit Schreiben vom bzw. Steuernummer: 0/6, wurden Sie aufgefordert, darzulegen, dass Sie ohne Ihr Verschulden gehindert waren, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen. Sie sind dieser Aufforderung - sohin Ihrer Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu Ihrer Entlastung darzutun - nicht ausreichend nachgekommen. Die höchstgerichtliche Judikatur geht davon aus, dass der Vertreter, der auf Grund gesetzlicher Bestimmungen abgabenrechtliche Pflichten zu erfüllen hat, diesen ihm obliegenden Pflichten aber nicht nachkommt, einer besonderen Darlegungspflicht unterliegt. Es trifft ihn die Beweislast, nämlich die besondere Verpflichtung, "darzutun", aus welchen Gründen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, er wäre seinen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen (vgl. und , 2002/16/0168). Nachweise einer erfolgten Gläubigergleichbehandlung (für das Fehlen einer diesbezüglichen Pflichtverletzung) haben sie im Zuge des Haftungsvorverfahrens nicht erbracht. Es steht somit fest, dass Sie der Verpflichtung, als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft, für die Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben zu sorgen, zumindest leicht fahrlässig und damit schuldhaft im Sinne des § 9 BAO nicht nachgekommen sind.

Zu Ihren Stellungnahmen vom und wird Ihnen Folgendes zur Kenntnis gebracht:

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären. Bei Selbstbemessungsabgaben ist der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit maßgebend, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden (vgl. ).

Einwendungen gegen die Richtigkeit von Abgabenvorschreibungen sind im Haftungsverfahren nicht zu erörtern. Gegenstand eines Haftungsverfahrens ist einzig und allein die Frage, ob der Vorstand zu Recht als Haftender für Abgaben der Gesellschaft herangezogen worden ist oder nicht. Gemäß § 248 erster Satz BAO steht es dem Haftungspflichtigen außerdem frei, innerhalb der Frist für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid auch gegen die an die Gesellschaft ergangenen und dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abgabenbescheide Beschwerde einzulegen (vgl. ).

Bestehende (verwertbare) Vermögenswerte des Primärschuldners konnten nicht glaubhaft dargelegt werden. Auch der Hinweis auf die 100%ige Beteiligung (und ein daraufhin verwertbares Vermögen) der Firma T-KG (FN 1w) geht auf Grund der Insolvenzabweisung (mangels Vermögens) vom ins Leere.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd. § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Die Geltendmachung der Haftung stellt im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden kann. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. E ). Letzteres steht hier fest.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

Mit Eingabe vom ergriff der Bf durch seinen Vertreter das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom .

Die Beschwerde richte sich gegen die Inanspruchnahme des Bf als Haftender für Abgaben der OP. Er beantrage die ersatzlose Aufhebung des gegenständlichen Bescheides.

Als Begründung führte der Bf durch seinen Vertreter wie folgt aus:

„Herrn MH war ab dem zum Vorstands-Vorsitzenden der OP bestellt, er hat am seinen Rücktritt aus dem Vorstand der Privatstiftung erklärt, die Eintragung im Firmenbuch ist am erfolgt. Somit kommt er gemäß § 9 iVm § 80 BAO grundsätzlich in Frage, für Abgaben der Stiftung zu haften, welche in diesem Zeitraum fällig geworden sind und aufgrund seiner schuldhaften Pflichtverletzung nicht bei der Primärschuldnerin einbringlich gemacht werden können.

Dazu halten wir fest, dass für Organe - hier einem Vorstandsmitglied- lediglich eine Ausfallshaftung für Abgaben der Primärschuldnerin schlagend werden kann, wenn aufgrund einer schuldhaften Verletzung von Pflichten des Vorstandes eine Uneinbringlichkeit dieser Abgaben bei der Primärschuldnerin zweifelsfrei feststeht. Diese Uneinbringlichkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH jedoch nur dann vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen in das gesamte Vermögen der Schuldnerin erfolglos waren (z.B. ; 2003/13/0153). In der Bescheidbegründung zum angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass bisherige Einbringungsversuche bei der Stiftung erfolglos gewesen seien, und dass die Privatstiftung derzeit nicht vertreten sei.

Welche Einbringungsschritte seitens des Finanzamtes bisher gesetzt worden sind, wird nicht näher ausgeführt, ob die von der Judikatur geforderten Vollstreckungsmaßnahmen in das gesamte Vermögen der Stiftung geführt wurden, wird unsererseits bezweifelt. Ein Insolvenzverfahren wurde bei der Primärschuldnerin weder eröffnet noch abgewiesen. Ein voraussichtlicher Abgabenausfall ist aber nicht Tatbestand der Haftung gemäß § 9 BAO, nur die objektive Uneinbringlichkeit der Abgaben zum Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme kann zu einer Haftung führen () .

Zur Feststellung, dass die Stiftung „derzeit" nicht vertreten sei ist anzumerken, dass die Löschung des letzten Vorstandes im Firmenbuch bereits am erfolgt ist und daher im Falle eines oder mehrerer fehlender Stiftungsvorstände gemäß § 27 Abs. 1 PSG das Gericht auf Antrag oder amtswegig einen Stiftungsvorstand zu bestellen gehabt hätte! Somit hätte die Abgabenbehörde bereits seit mehr als 2 Jahren die Möglichkeit gehabt, bei Gericht die Bestellung eines Vorstandes zu beantragen bzw. die Wahrnehmung der amtswegigen Bestellungsverpflichtung bei Gericht zu urgieren. Das Fehlen eines Vorstandes einer Privatstiftung führt nicht automatisch zur Uneinbringlichkeit von Abgaben und kann somit auch nicht als Begründung für die Geltendmachung einer Haftung herangezogen werden!

Wir halten weiters fest, dass die OP nach wie vor über pfändbares Vermögen verfügen müsste, da sie lt. Aktuellem Firmenbuchauszug zumindest an zwei GmbHs aufrechte Beteiligungen hält (U-GmbH, FN 2t, und T-KG, FN 1w, welche beide nicht insolvent sind - entgegen der Behauptung der Abgabenbehörde!). Weiters liegen uns Unterlagen vor, nach welchen die Stiftung zumindest 20 % Anteile an der AT hält. Weiters müsste die OP nach wie vor im Besitz von einigen Gemälden sein, welche ebenfalls einen gewissen Vermögenswert darstellen.

Wie aus dem beigefügten Bewertungsgutachten zum Stichtag über die Liegenschaft Adr2, ersichtlich ist, betrug deren Verkehrswert zum Zeitpunkt des Ausscheidens von MH aus dem Vorstand der Stiftung gerundet € 880.000,00. Diese Liegenschaft stand zu diesem Zeitpunkt im Besitz der T-KG (FN 1w). Die Bewertung wurde aufgrund der Zwangsversteigerung erstellt, wobei die Forderung der betreibenden Partei gerundet € 456.200,00 betrug. Somit war zum damaligen Zeitpunkt ein Vermögensüberschuss von zumindest € 400.000,00 bei der T-KG vorhanden, welcher als Besitzposten der OP als deren 100 % Kommanditistin zuzurechnen ist. Die Gesellschaft verfügte daher zum Fälligkeitszeitpunkt der gegenständlichen Abgaben über Vermögenswerte, welche aber nicht kurzfristig verwertbar waren, jedoch über keine liquiden Mittel zur Bezahlung der fälligen Verbindlichkeiten. Die Stiftung verfügte ab der Schließung ihres Bankkontos bei der Oberbank am über kein Bankkonto mehr, hatte somit auch keinen Kreditrahmen. Bargeldbestände waren ebenfalls nicht vorhanden. Der Stiftungsvorstand hat über die gesamte Zeit danach getrachtet, die Ausgaben für die Stiftung so gering wie möglich zu halten, es wurden keinerlei Vorstandsbezüge an den Vorstand gewährt, es kam zu keinen Zuwendungen an Begünstigte, die laufenden Kosten waren denkbar gering (siehe Jahresabschlüsse bzw. WP-Berichte der Stiftung).

Bei den gegenständlichen Abgaben handelt es sich größtenteils um die Körperschaftsteuer für das Jahr 2007, welche mit gemäß § 295 (1) BAO geändertem Bescheid vom vorgeschrieben und am samt Anspruchszinsen fällig worden ist. Da die Privatstiftung zu diesem Zeitpunkt weder über ein Bankkonto, somit auch keinen Kreditrahmen, noch über Bargeld verfügte, hatte die Stiftung keine liquiden Mittel zur Bezahlung dieser Abgaben noch aller anderen zu dieser Zeit aushaftenden Verbindlichkeiten. Die Körperschaftsteuerbelastung 2007 resultierte aus einer Gewinnzuweisung der KG, es erfolgte jedoch keine Gewinnauszahlung an die Stiftung, da dies durch die Komplementärgesellschaft verhindert wurde. Somit konnten auch alle anderen Gläubiger mangels Liquidität nachweislich nicht bezahlt werden, wie z.B. eine Forderung der WZ über € 58,08 - siehe beigefügtes Schreiben des eintreibenden Rechtsanwalts vom . Weiters geht aus dem beigefügten Kontoblatt der H-GmbH aus dem Jahr 2010 hervor, dass die offenen Prüfungshonorare aus dem Dezember 2009 auch noch Ende 2010 zur Gänze aushaftend waren. Eine Gläubigerbevorzugung kann daher insofern nicht stattgefunden haben, als im betreffenden Zeitraum Ende August 2010 bis Ende Jänner 2011 keine Zahlungen von der Stiftung an Gläubiger erfolgt sind.

Die zweite Abgabenforderung betrifft die Festsetzung einer Pfändungsgebühr sowie Auslagenersätze anlässlich der erfolgten Eintreibungsmaßnahmen, welche am in Höhe von insgesamt € 247,48 vorgeschrieben und fällig waren. Auch hier waren zu diesem Zeitpunkt keinerlei liquide Mittel zur Entrichtung vorhanden, andernfalls wären Sie dem Exekutor auch gleich ausgehändigt worden.

Eine Bezahlung für die Stiftung erfolgte am in Höhe von € 319,26 sowie später durch Überrechnung des Finanzamtsguthabens von der T-KG am in Höhe von € 5.120,00 zu Gunsten des Finanzamtskontos der Stiftung. Daher wurde das Finanzamt anteilsmäßig mehr befriedigt als die übrigen Gläubiger, wodurch es zu einer Begünstigung des Finanzamtes und nicht wie behauptet zu einer Benachteiligung und somit Schädigung der Abgabenbehörde gekommen ist.

Eine Gläubigerbevorzugung zum Schaden der Abgabenbehörde ist somit ausgeschlossen, da keinerlei Zahlungen an andere Gläubiger geleistet worden sind. Somit kann dem Vorstand keine Pflichtverletzung gegenüber der Abgabenbehörde vorgeworfen werden, dieser ist kein Schaden durch eine Verkürzung entstanden, und somit ist jegliche Grundlage für eine Geltendmachung einer Haftung gegenüber dem Vorstand entzogen. Der seitens der Abgabenbehörde behauptete aber unbewiesene Schaden ist daher nicht eingetreten.

Eine subsidiäre Haftung des ehemaligen Vorstandsmitgliedes einer Gemeinschuldnerin für deren Steuerverbindlichkeiten kann nur dann vorliegen, wenn der Vorstand schuldhaft ihn treffende Pflichten verletzt hat, und diese Pflichtverletzung ursächlich für die Nichtentrichtung von Abgaben geführt hat. Erst dann, wenn tatsächlich ein Schaden für die Finanzbehörde eingetreten ist, und dem ehemaligen Vorstand ein sorgfaltswidriges Verhalten vorzuwerfen ist, muss die Höhe des Betrages ermittelt werden, für den der Vorstand dann unter Umständen persönlich zu haften habe. Da dem Finanzamt weder ein Schaden entstanden ist noch ein schuldhaftes Verhalten des Stiftungsvorstandes vorliegt, ist eine Geltendmachung der Haftung bei ihm ausgeschlossen.

Desweiteren müsste die Geltendmachung einer Haftung beim Geschäftsführer bzw. Vorstand zeitnah geltend gemacht werden.

MH ist seit Ende Mai 2012 aus dem Vorstand der Stiftung ausgeschieden, erst am wurde die Haftung seitens der Behörde geltend gemacht. Falls entgegen unserer Ansicht nach die Haftung zu Recht geltend gemacht worden ist, ist dies aber jedenfalls zu spät erfolgt.

Wir wiederholen daher den Antrag, den gegenständlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

2. Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO

Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO wird hiermit beantragt."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

„Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insofern, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Über die in der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid geltend gemachten Gründe wird abgesprochen wie folgt:

Der Abgabenschuldner war zum Stiftungsvorstand der OP, Adr1, im Zeitraum von bis (s. FB-Auszug, FN 1b) bestellt und zu ihrer Vertretung berufen. Die Abgabenschuld besteht aufgrund der Nichtentrichtung der im Zeitraum von bis fällig gewordenen Abgaben.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der Privatstiftung liege nicht vor, weil unzureichende Vollstreckungsmaßnahmen in das gesamte Vermögen der Abgabenschuldnerin getroffen worden seien. Dem sind die erfolglosen Einbringungsversuche, nämlich eine erfolglose Zahlungsaufforderung vom , ein Haftungsvorhalt vom , eine schriftliche Anfrage an J-KG vom und eine Außendienstbegehung in der Adr1, vom entgegenzuhalten.

Aufgrund dieser erfolglosen Einbringungsversuche und der Tatsache, dass die Privatstiftung derzeit nicht vertreten ist, steht fest, dass der Abgabenrückstand beim Primärschuldner als uneinbringlich anzusehen ist.

In Bezug auf die Fälligkeit der Abgabenschuld ist auszuführen, dass die Tätigkeit als Stiftungsvorstand des Abgabenschuldners von bis dauerte und somit die Fälligkeit der Abgabenschuld in den Zeitraum der Vertretungsfunktion fällt. Bei der Körperschaftssteuer entsteht der Abgabenanspruch für die zu veranlagenden Abgaben mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Die veranlagte Körperschaftssteuer wird gem. § 210 Abs. 1 BAO einen Monat nach Zustellung des Abgabenbescheides fällig.

Zu den behaupteten vorhandenen Vermögenswerten der OP ist auszuführen, dass ihr Bestehen nicht glaubhaft dargelegt werden konnte. Die angeführte Beteiligung an der U-GmbH kann seit der Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch am keinen Vermögenswert darstellen (s. FB-Auszug, FN 2t). Ebenso wurde die T-KG am aus dem Firmenbuch gelöscht und ist daher nicht mehr greifbar (s. FB-Auszug, FN 1w).

Zur Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger und zur Beweislastpflicht ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun hat, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen ist, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf (vgl. etwa E ). Vom Vertreter des Abgabenschuldners wurden hierzu keine Nachweise erbracht. Daher ist dem Abgabenschuldner die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorzuschreiben (vgl. ).

Die Erlassung von Haftungsbescheiden iSd. § 224 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Ermessensentscheidung gem. § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei der Ermessensübung ist vor allem der Zweck der Haftungsbestimmung zu berücksichtigen. Haftungen sind Besicherungsinstitute, mit denen die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls vermieden werden soll. Im vorliegenden Fall stellt die Geltendmachung der Haftung die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruchs dar, besonders da der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden kann. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Abgabennorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Bf durch seinen Vertreter die Vorlage der Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Mit Bescherdevorentscheidung vom , eingelangt am , sei vom Finanzamt für den 1. und 23. Bezirk in Wien die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden.

Hinsichtlich der gestellten Anträge und die Begründung verweise er auf die Ausführungen in der Beschwerde.

2. Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO

Für den Fall der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantrage er die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Laut Mitteilung der Abgabenbehörde vom ist der dem Haftungsbescheid zu Grunde liegende Abgabenrückstand in voller Höhe in Abfall geraten. Offenbar habe das zuständige BV-Team die Beschwerde gemäß § 248 BAO (vorzeitig) stattgebend erledigt.

Bestätigt wird dies durch eine Kontoabfrage vom , wonach am durch Gutschrift der Beträge von € 7.585,03 und € 400,80 an Körperschaftsteuer 2007 und Anspruchszinsen 2007 ein Guthaben in Höhe von € 378,02 entstand. 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( 93/170049) hat die im vollen Prüfungsumfang an die Stelle der erstinstanzlichen Abgabenbehörde tretende Behörde zweiter Instanz auch Veränderungen des Sachverhaltes, welche erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten oder hervorgekommen sind - Identität des Verfahrensgegenstandes vorausgesetzt -, zu berücksichtigen. Die Aufrechterhaltung eines Haftungsbescheides durch die Berufungsbehörde erweist sich nach dem Grundsatz der Akzessorietät der Haftung etwa dann als rechtswidrig, wenn die Forderung, für die gehaftet werden soll, aus einem bestimmten Grund nicht mehr dem Rechtsbestand angehört; weiters ist im Haftungsbescheid inhaltlich auch die Feststellung enthalten, dass die Abgabenschuld jedenfalls mit dem Betrag, hinsichtlich dessen die Haftungsinanspruchnahme erfolgte, unberichtigt aushaftet. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat zufolge § 289 Abs. 2 BAO in der Sache selbst zu entscheiden und von sich aus jenen Ausfall an Abgaben festzustellen, für den der Haftungspflichtige letztlich einzustehen hat.

Der für Berufungsentscheidungen geltenden Bestimmung des § 289 Abs. 2 BAO entspricht inhaltlich  § 279 Abs. 1 BAO idF FVwGG 2012, wonach außer in den Fällen des § 278 das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden hat.

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden (vgl. §§ 24 Abs. 2 Z 1, 44 Abs. 2 VwGVG und § 274 Abs. 1 Z 3 BAO).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104818.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at