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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.01.2020, RV/7106262/2019

Keine Mehraufwendungen bei Vorliegen einer Histaminintoleranz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Waldviertel vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2016 erklärungsgemäß veranlagt und die Einkommensteuer mit 5.607,00 Euro festgesetzt. Am stellte die Bf einen Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2016 gemäß § 299 BAO, weil sie aus Unwissenheit verabsäumt habe, die tatsächlichen Kosten in Höhe von 4.636,30 Euro, die ihr aufgrund ihrer Behinderung entstanden seien, geltend zu machen.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen.

In weiterer Folge wurde das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2016 mit Bescheid vom wiederaufgenommen und wurden im neuen Sachbescheid ein Behinderungsgrad von 70% sowie tatsächliche Kosten der Behinderung in Höhe von 3.581,73 Euro ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Behinderungsgrad von 70% gründe sich auf eine Bestätigung des Sozialministeriumservices. Darin sei die Notwendigkeit einer Krankendiätverpflegung nicht festgestellt worden. Die beantragten Fahrtkosten zur Anschaffung von Medikamenten und Hilfsmitteln seien nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, da diese Anschaffungen nach der allgemeinen Lebenserfahrung mit Anschaffungen des täglichen Lebens (z.B. Lebensmitteln, etc. ) verbunden würden. Von den Fahrt- und Arztkosten seien die Ersätze der Krankenkasse abgezogen worden.

Im Schriftsatz vom , der von der  belangten Behörde als Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 gewertet worden ist, führte die Bf aus, die Notwendigkeit einer Krankendiätverpflegung werde über das Sozialministeriumservice geklärt und gegebenenfalls nachgereicht.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, aus dem übermittelten Gutachten des Sozialministeriumservice vom sei ersichtlich, dass eine Diätverpflegung wegen eines Colonkarzinoms notwendig sei. Vor dem habe eine Diätverpflegung bedingende Krankheit nicht vorgelegen. Auch im Schreiben des Sozialministeriumservices vom , in welchem die nachträgliche Feststellung einer Behinderung von 70% bescheinigt worden sei, sei keine Notwendigkeit einer Diätverpflegung angeführt.

Im fristgerecht eingebrachten, als Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung bezeichneten Vorlageantrag führte die Bf aus, die Beschwerde sei nicht im Hinblick auf das später aufgetretene Colonkarzinom erfolgt. Sie habe am den "Antrag für die Diätspesen" betreffend Salizylat-Allergie, Pollinose, Histamin-Intoleranz eingereicht, obwohl diese Diagnosen seit vielen Jahren in Entlassungbefunden und Arztbriefen vermerkt seien. Dieser Antrag sei leider noch nicht erledigt.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bf auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996" in den Behindertenpass vom Sozialministeriumservice abgewiesen, da nach einem im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten die Voraussetzungen für diese Zusatzeintragung nicht vorlägen, weil eine solche nur vorzunehmen sei, wenn Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% im Sinne der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorliege. Der Zöliakie seien ähnliche schwere Stoffwechselerkrankungen im Sinne des Abschnittes 09.03. der Anlage zur Einschätzungsverordnung gleichzuhalten.

Im Vorlagebericht vom führte die belangte Behörde aus, mit Vorhalt vom sei die Bf aufgefordert worden, einen Nachweis für die Notwendigkeit der Diätverpflegung zu erbringen. Am sei der abweisende Bescheid des Sozialministeriumservices überreicht worden; ein privates ärztliches Gutachten sei noch ausständig und werde allenfalls nachgereicht.

Datiert mit bestätigte das Floridsdorfer Allergiezentrum, dass auf Grund der am durchgeführten Testung bei der Bf eine Histamin-Intoleranz festgestellt worden sei und weiterhin eine histaminreduzierte Ernährung empfohlen werde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Bei der Bf wurde für das Streitjahr 2016 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70% festgestellt. Aus dieser Behinderung erwuchsen ihr Kosten in Höhe von 3.581,73 Euro.

Die Bf leidet darüber hinaus an einer Histaminintoleranz, einer Salizylatallergie und einer Pollinose.

Am stellte die Bf einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich (VO BGBl. 303/1996) im Behindertenpass. Hinsichtlich dieses Antrags sprach das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen am aus, dass "eine Histaminintoleranz und eine Salizylallergie mit Kreuzallergien zu Lebensmittel und Konservierungsmittel im Lebensmittelbereich, sowie eine Pollinose (Bäume und Gräser) mit entsprechenden Kreuzallergien zu Lebensmittel" keinen Diätzuschuss rechtfertigen würden. In weiterer Folge wurde der am gestellte Antrag der Bf mit Bescheid vom abgewiesen.

Mit  Schreiben vom teilte das Floridsdorfer Allergiezentrum der Bf mit, die am durchgeführte Testung habe eine Histamin-Abbaustörung ergeben, es werde weiterhin eine histaminreduzierte Diät und die tägliche Einnahme eines Antihistaminikums empfohlen.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde, die Bescheide des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen und die diesen zugrundeliegenden Sachverständigengutachten. Er war daher gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen anzunehmen und der Entscheidung zu Grunde zu legen.

Rechtliche Würdigung:

§ 34 EStG 1988 lautet in der für die Streitjahre geltenden Fassung auszugsweise:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(...)

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(...)

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

(...)

- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

(...)

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."

Aufgrund der §§ 34 und 35 EStG 1988 erließ der Bundesminister für Finanzen die VO BGBl. Nr. 303/1996, die idF BGBl. II Nr. 91/1998 und BGBl. II Nr. 416/2001 auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

(...)

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

(...)

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei

- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids...………….70 Euro

- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit ……………………………….. 51 Euro

- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit ….. 42 Euro

pro Kalendermonat zu berücksichtigen.

(...)

§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 153 Euro zu berücksichtigen. (...)

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

(...)"

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 der oben zitierten Verordnung enthält einen Katalog von Krankheiten, die einen Anspruch auf einen Pauschbetrag für Krankendiätverpflegung vermitteln.

Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Tuberkulose, Zuckerkrankheit (Diabetes), Zöliakie (chronische Verdauungsinsuffizienz infolge Unverträglichkeit von Kleberproteinen von Weizen, Hafer, Roggen) oder Aids, Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit, Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit bestimmte, in der Verordnung festgelegte Beträge zu berücksichtigen. Die bei der Bf diagnostizierte Histaminintoleranz, die Salizylatallergie und die Pollinose können nicht unter die in dieser Bestimmung erwähnten Krankheiten subsumiert werden, wie dies dem Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom zu entnehmen ist. Darin wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Erkrankungen keinen Diätzuschuss rechtfertigen würden.

Darüber hinaus ist auf das vorgelegte Beiblatt zu verweisen. Diesem ist zu entnehmen, dass histaminempfindliche Personen den Verzehr von histaminhältigen Nahrungsmitteln vermeiden sollen. In weiterer Folge enthält dieses Beiblatt sowohl eine Auswahl der wichtigsten histaminhältigen als auch eine Aufzählung histaminfreier Nahrungsmittel. Wenn der Bf angeraten wird, histaminhältige Lebensmittel zu meiden und sich auf eine Ernährung mit histaminfreien Lebensmitteln zu beschränken, entstehen ihr keine Mehraufwendungen. Durch das Weglassen der angeführten histaminhältigen Lebensmittel und durch eine Ernährung mit histaminfreien Nahrungsmitteln fallen keine Kosten für die Ersatzbeschaffung von vergleichbaren, eventuell teureren Lebensmitteln an. Es war daher auch das Vorliegen von Mehraufwendungen für eine Diätverpflegung auf Grund der Histaminintoleranz zu verneinen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war die Frage, ob für die Bf im Jahr 2016 die Notwendigkeit der Einhaltung einer Krankendiät bestand, strittig. Dabei handelt es sich um eine Sachverhaltsfrage, die im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu entscheiden war. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher zu verneinen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106262.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAC-23275