Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2020, RV/5200047/2016

Tarifierung von Wasserhängematten; Bindung an eine vZTA nur bei gleicher Ware.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch V., über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Zollamt ZA vom , Zln.: 0001, 0002, 0003 und 0004, betreffend die Erstattung von Einfuhrabgaben gemäß Art. 236 Zollkodex (ZK) zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) dahingehend abgeändert, dass den Anträgen der beschwerdeführenden Partei vom 2 . Juli 2015 und teilweise Folge gegeben wird und mit Abgabenbescheiden des Zollamtes ZA vom , CRN ***1, vom , CRN ***2, vom , CRN ***3, und vom , CRN ***4, festgesetzte Einfuhrabgabenbeträge (Zoll; A00) in der Höhe von 228,16 Euro, 1.153,31 Euro, 864,47 Euro und 8.977,22 Euro (insgesamt somit 11.223,16 Euro) gemäß Art. 236 ZK erstattet werden.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind der den Entscheidungsgründen nachfolgenden Abgabenberechnung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Sachverhalt und Verfahrensgang

Mit Antrag vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) durch ihren Vertreter die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft für eine „ Wasserhängematte" unter Einreihung unter dem Code 9401 8000 000 der Kombinierten Nomenklatur .
In Feld 8 (Warenbeschreibung) des Antragsformulars „Za 275" heißt es:
Wasserhängematte:
Sitzmöbel - Liege wie eine Hängematte aufgebaut; seitliche Konstruktion kann als Armlehne dienen.
Maße: ca. 178 x 94 cm
Boden aus Kunststoffnetz sorgt für Abkühlung
- aufblasbarer Ring mit Stoffummantelung bietet Haltbarkeit und Komfort
- integriertes Luftkissen
"

Mit der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) „ AT****" vom (gültig bis ) reihte das Zollamt ZA*, Zentralstelle für Verbindliche Zolltarifauskünfte, diese Ware unter dem Code 6306 9000 90 ein.
Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.
Die Warenbeschreibung der genannten vZTA lautet:
„Campingausrüstung in Form einer Wasserhängematte - mit den Maßen von ca. 178cm x 94cm, - in der Mitte aus einem netzartig gestanzten Flächenerzeugnis aus Kunststoff bestehend (keine abgeknüpften Zellen, somit kein Erzeugnis der Position 5608), - um das Netz herum mit einem aufblasbaren Schlauch versehen, welcher mit einem Spinnstoff (Polyester, Nylon) überzogen und mit einem Kunststoffventil zum Aufblasen und Ablassen der Luft ausgestattet ist, - wird zum Liegen auf dem Wasser verwendet, stellt aufgrund der durchbrochenen Liegefläche keine Luftmatratze der Unterposition 6306 40 dar, - der mit Spinnstoff ummantelte, aufblasbare Schlauch wird im Hinblick auf die Verwendung (ermöglicht das Liegen auf dem Wasser) als wesensbestimmend angesehen. (sämtliche Angaben vom Antragsteller, Abbildung siehe Anlage)"

Die Bf. beantragte durch ihren direkten Vertreter mit den im Spruch angeführten Anmeldungen beim Zollamt ZA im Informatikverfahren u.a. die Überführung von „xxxx" (Wasserhängematten) in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Code 4000 zum Feld 37 des Einheitspapiers) und gab im Feld 33 des Einheitspapiers als Warennummer „6306 9000 90" an.

Die Waren wurden in den freien Verkehr überlassen und der Bf. die buchmäßige Erfassung der Eingangsabgaben mitgeteilt.

Mit Eingaben vom und vom wurde die Einreihung unter dem Code 9506 2900 00 und die Erstattung von Einfuhrabgaben nach Art. 236 ZK beantragt.

Das Zollamt wies die Anträge mit den angefochtenen Bescheiden vom ebenso ab, wie die dagegen erhobenen Beschwerden vom mit Beschwerdevorentscheidungen vom .

Mit Eingaben vom und beantragte die Bf. die Entscheidungen über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageanträge).

Im Erkenntnis vom , RV/7200064/2016, gelangte das Bundesfinanzgericht (BFG) in einem hier nicht gegenständlichen Fall zur Auffassung, dass die in Rede stehenden Wasserhängematten unter dem Code 3926 9092 90 in die Kombinierte Nomenklatur einzureihen sind. Das BFG verneinte eine Bindungswirkung der vZTA  „ AT****", weil in diesem konkreten Fall die Ware bereits am  zur Einfuhr angemeldet wurde und somit die Zollförmlichkeiten vor der Auskunftserteilung erfüllt wurden.

Das BFG stellte im genannten Erkenntnis in sachverhaltsmäßiger Hinsicht fest, dass es sich bei der von der Bf. in der mündlichen Verhandlung dargelegten Wasserhängematte in den Maßen von ca. 178cm x 94cm um einen aufblasbaren Schlauch mit einem Kopfteil, beide aus Kunststoff und beide mit einem Kunststoffventil zum Aufblasen und Ablassen der Luft versehen, handelt. Der aufblasbare Schlauch ist mit einem Spinnstoffgewebe ummantelt. Die an den Schlauch angenähte Liegefläche (der Boden) ist ein netzartiges Spinnstoffgewirke. Die xxxx wird zum Liegen und „ Abhängen" (daher auch Wasserhängematte) auf dem Wasser verwendet.

Ein Widerruf oder eine Zurücknahme der auch hier in Rede stehenden vZTA „ AT****" ist bislang nicht erfolgt.

II.) Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörden, abgesehen von offenkundigen Tatsachen und von solchen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Verfahrensgang sowie der dargestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den i m Erkenntnis des , dargestellten Sachverhaltsannahmen und Ermittlungsergebnissen sieht das BFG den maßgeblichen Sachverhalt auch in den hier vorliegenden Beschwerdefällen als ausreichend geklärt an.
In der dem Erkenntnis vorgelagerten mündlichen Verhandlung wurde die in der der Anmeldung zugrunde liegenden Handelsrechnung als „ xxxx" beschriebene Ware von der Bf. dargelegt, in der Folge von den Parteien des Verfahrens und von den Richtern des entscheidenden Senates des BFG beschaut sowie zur Ware eine Warenbeschreibung aufgenommen.
Das BFG sieht es in den vorliegenden Fällen als erwiesen an, dass die hier zu beurteilenden Wasserhängematten in ihrer Beschaffenheit jenen dem Erkenntnis vom , RV/7200064/2016, zugrundeliegenden Wasserhängematten entsprechen. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

III.) Rechtslage

Artikel 12 der im Beschwerdefall anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABL L 302 vom , (Zollkodex - ZK) lautete (auszugsweise):

„ Artikel 12

(1) Auf schriftlichen Antrag erteilen die Zollbehörden nach Modalitäten, die im Wege des Ausschussverfahrens festgelegt werden, verbindliche Zolltarifauskünfte oder verbindliche Ursprungsauskünfte.

(2) Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten nur hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung bzw. der Feststellung des Ursprungs der Waren.

Die verbindliche Zolltarifauskunft oder die verbindliche Ursprungsauskunft bindet die Zollbehörden nur hinsichtlich der Waren, für welche die Zollförmlichkeiten nach dem Zeitpunkt der Auskunftserteilung erfüllt werden.
...

(3) Der Berechtigte muss nachweisen können, dass

- bei zolltariflichen Fragen die angemeldete Ware der in der Auskunft beschriebenen in jeder Hinsicht entspricht;
- ...

(4) Eine verbindliche Auskunft ist vom Zeitpunkt ihrer Erteilung angerechnet bei zolltariflichen Fragen sechs Jahre und bei Ursprungsfragen drei Jahre lang gültig. Abweichend von Artikel 8 wird sie zurückgenommen, wenn sie auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Antragstellers beruht.

(5) Eine verbindliche Auskunft wird ungültig, wenn

a) bei zolltariflichen Fragen:

iii) sie nach Artikel 9 widerrufen oder geändert wird und unter der Voraussetzung, dass der Berechtigte davon in Kenntnis gesetzt worden ist.
...

(6) Eine verbindliche Auskunft, die nach Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer ii) oder iii) oder Buchstabe b) Ziffer ii) oder iii) ungültig wird, kann von dem Berechtigten noch sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung oder Inkenntnissetzung verwendet werden, wenn er vor dem Zeitpunkt der Annahme der betreffenden Maßnahme aufgrund der verbindlichen Auskunft einen rechtsverbindlichen und endgültigen Vertrag zum Kauf oder Verkauf der betreffenden Waren geschlossen hat. Handelt es sich jedoch um Erzeugnisse, für die eine Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz oder eine Vorausfestsetzungsbescheinigung bei der Erfüllung der Zollförmlichkeiten vorgelegt wird, so tritt der Zeitraum, für den die betreffende Bescheinigung gültig bleibt, an die Stelle des Sechsmonatszeitraums. In dem in Absatz 5 Buchstabe a) Ziffer i) und Buchstabe b) Ziffer i) genannten Fall kann in der Verordnung oder dem Abkommen eine Frist für die Anwendung des Unterabsatzes 1 festgelegt werden.

(7) Die zolltarifliche Einreihung oder die Feststellung des Ursprungs nach der verbindlichen Auskunft gemäß Absatz 6 gilt nur für

die Festsetzung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben,
…"

Gemäß Art. 20 Abs. 3 Buchstabe a  ZK umfasst der gemeinsame Zolltarif, auf welchen sich gemäß Art. 20 Abs. 1 ZK die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen, u.a. die Kombinierte Nomenklatur nach der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87.

Gemäß Art. 67 ZK ist, wenn nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung durch die Zollbehörden in Bezug auf alle Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, zugrunde zu legen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABl. L 256 vom , in den im Beschwerdefall maßgeblichen Fassungen der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom , ABl. L 290 vom , und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 der Kommission vom , ABl. L 312 vom  (im Folgenden: KN-Verordnung) enthält in ihrem Anhang I (Kombinierte Nomenklatur), Teil II (Zolltarif) den Abschnitt VII (Kunststoffe und Waren daraus; Kautschuk und Waren daraus).

In Abschnitt VII enthält das Kapitel 39 („ Kunststoffe und Waren daraus") die Position 3926 („Andere Waren aus Kunststoffen und Waren aus anderen Stoffen der Positionen 3901 bis 3914 "), wobei für den KN-Code 3926 9092 90 ein Drittlandszollsatz von 6,5 % vorgesehen ist.

In Abschnitt XI (Spinnstoffe und Waren daraus) enthält das Kapitel 63 („Andere konfektionierte Spinnstoffwaren; Warenzusammenstellungen; Altwaren und Lumpen") die Position 6306 („Planen und Markisen; Zelte; Segel für Wasserfahrzeuge, für Surfbretter und für Landfahrzeuge; Campingausrüstungen"), wobei für den KN-Code 6306 9000 90 („andere") ein Drittlandszollsatz von 12 % vorgesehen ist.

Die KN-Verordnung enthält in ihrem Anhang I (Kombinierte Nomenklatur), Teil I (Einführende Vorschriften) Titel I (Allgemeine Vorschriften) Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV).

Demnach sind die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften (AV 1).

Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehende Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht (AV 2b).

Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird nach der AV 3 wie folgt verfahren:

a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c) Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln (AV 6).

Gemäß Art. 236 Abs. 1 ZK werden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.

IV.) Rechtliche Erwägungen

In den hier vorliegenden Fällen erfolgte die Annahme der Anmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr innerhalb der Geltungsdauer der vZTA „ AT****".

Wird eine von der Zollbehörde erteilte vZTA gemäß Art. 12 Abs. 4 ZK ( Art. 34 Abs. 4 UZK) zurückgenommen, so wirkt diese Zurücknahme mit Wirkung „ex tunc" bis zum Zeitpunkt der Erteilung zurück. Wird sie hingegen gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchstabe a) iii) ZK (Art. 34 Abs. 5 UZK) widerrufen, weil die erteilende Behörde später erkennt, dass sie die tarifarische Einreihung der Ware verfehlt beurteilt hat, so wirkt dieser Widerruf nur „ex nunc".

Ein Widerruf oder eine Zurücknahme der hier in Rede stehenden vZTA ist bislang nicht erfolgt.

Für die Zeit der Gültigkeit der vZTA bindet diese gemäß Art. 12 Abs. 2 ZK (Art. 33 Abs. 2 UZK) die Zollbehörden gegenüber dem Berechtigten hinsichtlich der zolltarifarischen Einreihung. Die Bindungswirkung greift gegenüber dem Berechtigten, somit jenem, dem die vZTA erteilt wurde, (vgl. auch Schulmeister in Witte, Zollkodex6, Art. 12, Rz 19). Im Beschwerdefall ist dies die Bf.

Diese Bindungswirkung hätte zur Folge, dass trotz der im zitierten Erkenntnis des nachträglich erkannten Rechtswidrigkeit der vZTA „ AT****" die Abgabenberechnung im hier gegenständlichen Beschwerdefällen auf der Basis dieser in Rechtskraft erwachsenen vZTA durchgeführt werden müsste und sich eine Erstattung eines allfälligen zu hoch buchmäßig erfassten Abgabenbetrages nach Art. 236 ZK verbieten würde.

Allerdings muss nach Art. 12 Abs. 3 erster Anstrich ZK für eine Bindung der Zollbehörden an eine vZTA nachgewiesen werden, dass die angemeldete Ware der in der Auskunft beschriebenen in jeder Hinsicht entspricht.

Für die Reichweite der Bindungswirkung einer vZTA kann es auch nicht darauf ankommen, ob die darin beschriebenen Beschaffenheitsmerkmale einer Ware zolltariflich relevant sind oder nicht (vgl. BFH , VII B 205/03).

Anders als die in der vZTA „ AT****" beschriebene Wasserhängematte, die in der Mitte ein netzartig gestanztes Flächenerzeugnis aus Kunststoff aufweist, besteht die an den Schlauch angenähte Liegefläche (der Boden) der hier zu beurteilenden Wasserhängematten nach der vorliegenden Sach- und Beweislage aus einem netzartigen Spinnstoffgewirke.

In den Beschwerdefällen ist daher eine Bindung an die vZTA „ AT****" zu verneinen, weil die am , , und  angemeldeten Waren der in der Auskunft beschriebenen nicht im Sinne des Art. 12 Abs. 3 erster Anstrich ZK in jeder Hinsicht entsprechen.

Im bereits erwähnten Erkenntnis vom , RV/7200064/2016, gelangte das BFG zur Auffassung, dass die in Rede stehenden Wasserhängematten unter dem Code 3926 9092 90 in die Kombinierte Nomenklatur einzureihen sind.
Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass es sich bei Campingausrüstungen um Erzeugnisse zum Campieren, zum Urlauben und Übernachten im Freien oder in Zelten handle, sodass Wassersportartikel oder Artikel, die ausschließlich im Wasser genutzt werden könnten und sollten und als Schwimmhilfe konstruiert seien, vom Begriff „ Camping" nicht umfasst seien. Wasserhängematten würden vor allem im Sommer im See oder im Pool eingesetzt. Dadurch, dass man auf einer xxxx immer leicht im Wasser hänge (daher auch der Name Wasserhängematte), werde der Körper immer angenehm kühl gehalten.
Im Vergleich zu einer klassischen Luftmatratze hänge der Körper dauerhaft leicht im Wasser; eine klassische Luftmatratze hingegen müsse komplett mit Luft gefüllt werden, bei einer Hängematte fürs Wasser jedoch nur der äußeren Ring und das Kissen.
Da in die Position 6306 Planen und Markisen; Zelte; Segel für Wasserfahrzeuge, für Surfbretter und für Landfahrzeuge; Campingausrüstungen einzureihen seien, müsse eine diesbezügliche Einreihung einer xxxx bereits am Wortlaut der Position 6306 HS scheitern, weil die xxxx ihrem Zweck nach „ zum Liegen und Abhängen auf dem Wasser" verwendet werden solle, daher nicht vorrangig ein Erzeugnisse zum Campieren, zum Urlauben und zum Übernachten im Freien oder in Zelten sei.
Das vor dem BFG durchgeführte Beweisverfahren habe gezeigt, dass die xxxx nach der stofflichen Beschaffenheit und dabei vor allem nach ihrer Bedeutung in Bezug auf die Verwendung der Ware einzureihen sei. Eine xxxx solle nur zum Liegen auf dem Wasser verwendet werden. Der Kunststoffanteil sei charakterbestimmend, weil er sowohl vom Gewicht her (die Komponenten aus Kunststofffolie würden ein Gewicht von 378 Gramm, die Spinnstoffummantelung und das Gewirke hingegen ein Gewicht von 118 Gramm haben) als auch funktionsmäßig als Schutz des Schwimmers vor dem Ertrinken den Spinnstoffanteil unzweifelhaft überlagere. Würde die Luftdichte des schlauchförmigen Kunststoffreifens versagen, wäre ein Überwasserhalten des Nutzers nicht möglich.
Der Kunststoffanteil könne ermittelt werden und verleihe der xxxx auch ihren wesentlichen Charakter. Er überwiege gegenüber der Spinnstoffummantelung und gegenüber dem Gewirke sowohl im Hinblick auf die Funktion, das Gewicht und den Wert, weshalb die ... vorgenommene Tarifierung der Wasserhängematten ... als Waren der Position 6306 zu Unrecht erfolgt sei.
Da in die Position 9506 Geräte und Ausrüstungsgegenstände für die allgemeine körperliche Ertüchtigung einzureihen seien, müsse eine diesbezügliche Einreihung einer xxxx bereits am Wortlaut der Position 9506 scheitern, weil die xxxx ihrem Zweck nach zum Liegen und „ Abhängen" auf dem Wasser verwendet werden solle. Die xxxx sei kein Gerät oder Ausrüstungsgegenstand für Gymnastik, Leicht- und Schwerathletik, für anderer Sportarten und Freiluftspiele und auch kein Schwimmbecken und kein Planschbecken.

Das BFG schließt sich diesen Ausführungen im Erkenntnis vom auch in den vorliegenden Beschwerdefällen an, sodass daher spruchgemäß zu entscheiden war.

V.) Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
In der vorliegenden Entscheidung werden keine grundsätzliche Rechtsfragen angesprochen, sodass der Revisionsausschluss zum Tragen kommen musste.

Abgabenberechnung zu CRN ***1:


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Pos.Nr.
Warennummer
Abg.Art
Bemessungs-
grundlage
Abgabensatz
Betrag
bisher
6
6306900090
A00
4.148,29
12 %
497,80
neu
6
3926909290
A00
4.148,29
6,5%
269,64

Erstattungsbetrag: 228,16

Abgabenberechnung zu CRN ***2:


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Pos.Nr.
Warennummer
Abg.Art
Bemessungs-
grundlage
Abgabensatz
Betrag
bisher
8
6306900090
A00
20.969,23
12 %
2.516,31
neu
8
3926909290
A00
20.969,23
6,5%
1.363,00

Erstattungsbetrag: 1.153,31

Abgabenberechnung zu CRN ***3:


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Pos.Nr.
Warennummer
Abg.Art
Bemessungs-
grundlage
Abgabensatz
Betrag
bisher
7
6306900090
A00
15.717,70
12 %
1.886,12
neu
7
3926909290
A00
15.717,70
6,5%
1.021,65

Erstattungsbetrag: 864,47

Abgabenberechnung zu CRN ***4:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
Pos.Nr.
Warennummer
Abg.Art
Bemessungs-
grundlage
Abgabensatz
Betrag
bisher
1
6306900090
A00
163.222,24
12 %
19.586,67
neu
1
3926909290
A00
163.222,24
6,5%
10.609,45

Erstattungsbetrag: 8.977,22

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 12 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 20 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 236 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5200047.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at