Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2020, RV/5100309/2018

Stereotype Wiederholungen des Beschwerdevorbringens und mehrmaliges Vorlegen desselben Vertrags sind keine erschöpfende Vorhaltsbeantwortung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin A in der Beschwerdesache B vertreten durch Mag. Erich Halbartschlager, Steuerberatung GmbH, Wirtschaftstreuhänder, Stelzhamerstr. 1A, 4400 Steyr , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Linz vom , betreffend Einkommensteuer 2010 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig .

Entscheidungsgründe

Der nunmehrige Bf erklärte im beschwerdegegenständlichen Jahr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 3.227,37 € (unter Annahme von nachträglichen Betriebsausgaben iHv 5.301,59 €). Das Finanzamt reduzierte diese nachträglichen Betriebsausgaben und veranlagte negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 2.167,05 € (unter Annahme von nachträglichen Betriebsausgaben / gekürzt um 20%.iHv 4.241,27 € ).Die Begründung lautete, dass Zinsen, die für vormalige Betriebsschulden anfallen, nur dann nachträgliche Betriebsausgaben seien, wenn der Steuerpflichtige alle ihm zumutbaren Schritte zur Tilgung der Verbindlichkeiten setzt. Man habe die Ausgaben der Lebensführung mit dem Bf besprochen und mit 45.000,- € angenommen. 2006-2008 wäre "daher eine Teiltilgung iHv 56.101,24 € möglich gewesen." (Festzuhalten ist, dass bei einer persönlichen Vorsprache des Bf beim Finanzamt am zu diesem Thema mit Erörterung der laufenden monatlichen Kosten mit ihm eine Kürzung der nachträglichen Betriebsausgaben besprochen wurde).

In einer rechtzeitig dagegen eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass "sämtliche Erlöse aus der Betriebsaufgabe zur Schuldentilgung verwendet wurden". Vom derzeitigen Einkommen werde ein kleiner Teil für die Lebensführung verwendet. Der Rest diene zur Finanzierung des jetzt von ihm betriebenen Vermietungsobjekts und zur Schuldentilgung aus der ehemaligen gewerblichen Tätigkeit (Anm.: Solarium, Cafe). Außer der Bestreitung der Lebensführung dienen seine Einnahmen also der Schuldentilgung. In welcher Aufteilung sie erfolgt, obliege ihm: er könne wählen, ob er die höhere Kreditrückzahlung für das Vermietungsobjekt oder die frühere gewerbliche Tätigkeit bevorzuge. Es bestehe Dispositionsfreiheit, weshalb die Kürzung der Zinsaufwendungen zu Unrecht erfolgte.

Es erging eine abweisliche BVE, der Bf brachte rechtzeitig einen Vorlageantrag ein.

Aus dem Akteninhalt ist nicht ersichtlich, wie hoch der Schuldenstand hinsichtlich Gewerbebetrieb bei dessen Einstellung war.

Vorgelegt wurden Fragmente von 2 Kreditverträgen bei derselben Bank, eingeräumt betreffend den nun geschlossenen Gewerbebetrieb:

Kto.Nr.15.032.931: als Haftungskreditvertrag über 100.000.- S am errichtet, offenkundig als "Firmenkreditvertrag" am12.8.1998 verlängert bis iHv 200.000.- S, wieder verlängert (Datum nicht ersichtlich) bis iHv 400.000.- S, mit in einen Firmenkontokorrentkreditvertrag bis (wiederholt ausnutzbar über 29.000.- €) umgewandelt.

Kto.Nr.25.013.418: als Firmenkreditvertrag über 980.000.- S bis offenkundig 9.1998 errichtet, offenkundig aufgestockt (Zeitpunkt nicht ersichtlich) über 610.000.- S bis , mit aufgestockt über 140.000.- € bis , mit aufgestockt über 30.000.-€ bis , mit umgewandelt in einen Privatratenkreditvertrag über 229.798,41 bis .

Es ist aus dem Akteninhalt woa weder ersichtlich, wie hoch der aushaftende Betriebskreditstand bei Beendigung des Gewerbebetriebs war, noch wurde ein Tilgungsplan betreffend die Verbindlichkeiten aus dem oa. Gewerbebetrieb vorgelegt.

Aus den Berechnungen des Finanzamts ist ersichtlich, dass der Bf

2010 Beiträge für Lebens- und Unfallversicherung sowie "Finance Life Versicherung"(Versicherungsbeginn , Erlebensleistung wird fällig durch Kündigung, unbestimmte Laufzeit) leistete.

Nach Aufhebung des beschwerdegegenständlichen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 278 Abs. 1 BAO durch Beschluss des BFG brachte das Finanzamt eine Revision ein, die der VwGH als zulässig und begründet erachtete und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufhob.

Nach Erörterung des Sachverhalts und der Rechtslage mit dem Steuerberater des Bf und Ersuchen, dem BFG fundierte Unterlagen zur Untermauerung des Beschwerdevorbringens vorzulegen, wurde ein Privatratenkreditvertrag zwischen dem Bf als Kreditnehmer und seiner Bank vom (mit den Eltern des Bf als Bürgen) über ein Finanzierungsvolumen von 234.235,80 €, rückzahlbar in 360 Pauschalmonatsraten ab , vorgelegt. In einem ergänzenden Schreiben führte der Steuerberater des Bf im Wesentlichen aus, dass der oa. Gewerbebetrieb 2003 aufgelöst wurde und nach Verwertung sämtlicher Wirtschaftsgüter beim Bf als Komplementärgesellschafter Bankverbindlichkeiten iHv 296.704,70 € verblieben: diesbezüglich sei mit der Bank eine Rückzahlung in Form eines endfälligen Kredits vereinbart worden, "der in Form der Ansparung einer Lebensversicherung" geschehen solle. Das Finanzamt habe die Ansparung einer Lebensversicherung jedoch als nicht taugliches Mittel zur möglichst effizienten Kreditrückzahlung bewertet. Es sei aber festzuhalten, dass die Banken in den Jahren 2000 - 2009 diese Modelle forcierten und auch dem Bf zu dieser Finanzierungsform geraten wurde. Im Nachhinein habe sich diese Finanzierungsform tatsächlich nicht als ideal herausgestellt, weshalb neue Kreditverträge abgeschlossen wurden. Der letzte Stand des Kreditvertrags sei der nun vorgelegte (woa vom ). der Bf habe "soweit wie möglich seine freien Mittel zur Kredittilgung" verwendet, weshalb es unerklärlich sei, weshalb das Finanzamt den nachträglichen Zinsaufwand nicht als nachträgliche Betriebsausgabe anerkenne. Wenn das Finanzamt meine, dass die Einnahmen aus VuV zur Tilgung des Betriebsmittelkredits verwendet hätten werden sollen, so ist zu entgegnen, dass es aus steuerlicher Sicht keine Auswirkung habe, ob die Zinsen bei Vuv oder beim Gewerbebetrieb abgesetzt werden. Einnahmen und Ausgaben sollten dem Bereich zugeordnet werden, zu dem sie gehören. Der Bf habe also "seine Kreditrückführung entsprechend den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zwecks Anerkennung der Zinsen als Betriebsausgabe erfüllt".

Das Finanzamt führte in einer Stellungnahme dazu im Wesentlichen aus, dass der oa vorgelegte Privatratenkreditvertrag bereits zumindest 2x übersendet wurde, weshalb er den Sachverhalt nicht ergänzend aufklären könne. Ein am abgeschlossenes Tilgungsträgermodell sei zum Zweck des privaten Vermögensaufbaus und Absicherung abgeschlossen, der oa Kreditvertrag am abgeschlossen (Betriebsaufgabe 2003, beschwerdehängiges Jahr 2010). Eine genaue Aufstellung bzw ein Tilgungsplan bzw die im Aufhebungsbeschluss des BFG geforderten Unterlagen, wie auch Unterscheidung Tilgung/Betrieb und Tilgung/VuV seien nicht vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gem. § 32 Z 2 TS 1 EStG 1988 gehören zu den Einkünften iSd § 2 Abs.3 auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichenTätigkeit iSd § 2 Abs.3 Z 1-3. …

Lt.Doralt, EStG, § 32 TZ 76 muss der Steuerpflichtige "alle ihm zumutbaren Schritte zur Tilgung der Verbindlichkeiten" setzen (), dies offenbar auch unter Einsatz privater Vermögenswerte, insbesondere Kapitalvermögen; dies ist aus der Judikatur insoweit abzuleiten, als auch eine Lebensversicherung heranzuziehen ist, soweit dies "rechtlich möglich und zumutbar" ist ().

Aus dem Akteninhalt und dem Beschwerdevorbringen konnte nicht festgestellt werden, ob der Bf alle ihm zumutbaren Schritte zur Kredittilgung gesetzt hat. Eine Untermauerung des Beschwerdevorbringens durch Vorlage geeigneter Beweise und eines Tilgungsplans seitens des Bf erfolgte nicht.

Der bei Einstellung des Gewerbebetriebs offene Darlehensstand war weder

aus dem Akteninhalt noch dem Beschwerdevorbringen und weiteren Ausführungen des Bf zu eruieren, um zu wissen, wie hoch die offenen Darlehen für den Gewerbebetrieb (bei Einstellung) waren und wie hoch die Darlehen für den Vermietungsbetrieb waren um eine Überschneidung der Darlehensstände für den (eingestellten) Gewerbebetrieb und den Vermietungsbetrieb zu verhindern.

Gemäß § 115 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind (Abs. 1).
Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Abs. 2).
Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zu Gunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen (Abs. 3).

Gemäß § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen (Abs. 1).
Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekannt geben (Abs. 2).

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Lt. bedeutet wahrheitsgemäß offenlegen, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen. Was dazu gehört, hat der Abgabepflichtige nach der äußersten, ihm nach seinen Verhältnissen zumutbaren Sorgfalt zu beurteilen. Die Vollständigkeit setzt objektiv die Offenlegung aller für eine ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhaltes notwendigen Tatsachen voraus (). Der Offenlegung dient auch die Beantwortung von Vorhalten ( - 0263):
Angewendet auf den beschwerdegegenständlichen Sachverhalt ist nun primär festzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt kein Hinweis ergibt, wonach die erschöpfende, wahrheitsgemäße Vorhaltsbeantwortung durch den Bf. bzw. generelle, eindeutige Anfragebeantwortungen durch ihn die nach seinen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt übersteigen würden. Zu sämtlichen von ihm in diesem Beschwerdeverfahren vorgebrachten Anträgen ist festzustellen, dass sie weder begründet, noch nachvollziehbar sind. - Aufgrund der nicht zur Aufklärung des Sachverhalts beitragenden, sondern stereotyp bereits vorgebrachtes wiederholend und den mehrmals vorgelegten Kreditvertrag abermals eingebrachten Kreditvertrag ist es (w.o.a.) dem Bf. auch nicht gelungen darzutun, dass er alle ihm zumutbaren Schritte zur vorrangigen Tilgung der betrieblichen Verbindlichkeiten setzte. Es ist aufgrund der Äußerungen und wiederholten Vorlage desselben Vertrages vielmehr davon auszugehen, dass ihm der Beweis für sein Beschwerdevorbringen fehlt, also sein Beschwerdevorbringen aufgrund fehlender Beweise als nicht begründet zu verwerfen ist.

Es wurde dem Bf. mit der Vorhaltserstellung an den Steuerberater durch Ersuchen, dem BFG fundierte Unterlagen zur Untermauerung des Beschwerdevorbringens vorzulegen, das Recht auf Parteiengehör ermöglicht, doch machte er durch die fehlende Beantwortung in Form der Wiederholung seiner bereits getätigten Ausführungen und Vorlage eines bereits bekannten Kreditvertrages davon nicht Gebrauch. Dadurch hat der Bf. seine Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht verletzt (). Im Ausmaß dieser Unterlassung tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (; , 94/13/0099).
Es ist in der Folge bei Durchführen der freien Beweiswürdigung der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen ausschlaggebend (). Dazu genügt es, von mehreren Möglichkeiten die als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (): Es ist in der Folge davon auszugehen, es dem Bf. (w.o.a.) nicht gelang darzutun, dass er alle ihm zumutbaren Schritte zur vorrangigen Tilgung der betrieblichen Verbindlichkeiten setzte. Die wiederholte Vorlage des Privatratenkreditvertrag aus 2013 ist nicht geeignet, die Ergebnisse der amtlichen Sachverhaltsaufnahme zu erschüttern. Der Bf. hat keine Beweise gebracht, aus denen glaubhaft zu entnehmen wäre, dass seine Angaben den Tatsachen entsprechen würden.
Da es ihm - w.o.a. - nicht gelungen ist, darzutun, dass er alle ihm zumutbaren Schritte zur vorrangigen Tilgung der betrieblichen Verbindlichkeiten setzte, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig. Gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG kann gegen den Beschluss eines Verwaltungsgerichtes Revision erhoben werden, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt

Eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor und ist sie durch Gesetz und Judikatur eindeutig geklärt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 32 Z 2 TS 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
selber Vertrag
keine erschöpfende Vorhaltsbeantwortung
mehrmaliges Vorlegen
stereotype Wiederholung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100309.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at