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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2020, RV/1200009/2018

Abweisung eines Antrages auf Erlass der Eingangsabgaben nach Art. 120 UZK

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache A., vertreten durch St., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Feldkirch Wolfurt vom , Zl. **, betreffend Abweisung eines Erstattungsantrages zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) unter Berufung auf Art. 120 UZK den Erlass der mit Bescheid vom , GZ: Zahl**, vorgeschriebenen Eingangsabgaben und Zinsen iHv. € 5.999,20 wegen Unbilligkeit nach Lage der Sache.

Begründend führte er aus, seine wirtschaftliche Situation sei äußerst knapp. Er müsse für die von ihm getrennt lebenden unehelichen Kinder Unterhalt leisten. Als ungelernter Leasingarbeiter verdiene er durchschnittlich CHF 2.200, wobei seine monatlichen Fixkosten € 1.668,00 betragen. Die Einhebung der Abgaben gefährde seine Existenz und die seiner Kinder.

Mit Bescheid vom , Zahl: **, wies das Zollamt Feldkirch Wolfurt den Antrag als unbegründet ab. Es legen keine besonderen Umstände im Sinne des Art. 120 UZK vor.
Hinsichtlich der sonstigen Eingangsabgaben liegen die Voraussetzungen ebenfalls nicht vor. Es wäre dem Bf. möglich, die Abgaben in Raten zu entrichten. Im übrigen bilde die Leasingraten iHv. € 677,00 monatlich den großen Teil der Fixkosten. Die Veräußerung dieses PKWs wäre dem Bf. zumutbar, zumal dieses Fahrzeug über den Winter in Deutschland gelagert werde.

In der gegen den Bescheid eingebrachten Beschwerde brachte er vor, dass der Vorschlag des Zollamtes, den PKW zu veräußern, zynisch sei. Der Bf. habe den Leasingvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, indem er wesentlich mehr verdient habe. Sein Einkommen sei leider stetig zurückgegangen. Er könne nicht vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen, ohne mit empfindlichen Mehrkosten rechnen zu müssen, da er die jährliche Kilometerlaufleistung beträchtlich überschritten habe. Die Überwinterung des Fahrzeugs in Deutschland sei auf seine finanzielle Lage zurückzuführen. Er habe sich die Winterreifen nicht mehr leisten können und Versicherungsprämien einsparen wollen. Mittlerweile sei sein Einkommen auf € 0,00 zurückgegangen, eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage sei derzeit nicht erkennbar.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: Zahl***, wies das Zollamt die Beschwerde als unbegründet ab. Auch am Ende der Vertragslaufzeit für das Leasingauto sei ein Mehrkilometerzuschlag zu bezahlen, weshalb die Begründung nicht überzeuge.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.

Auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Bf. am verzichtet.

Rechtslage und Erwägungen:

Mit Bescheid vom , Zahl Zahl**, wurden dem Bf. für den PKW der Marke Subaru WRX STI 2.5 AWD Eingangsabgaben und Verzugszinsen iHv. € 5.989,18 zur Zahlung vorgeschrieben. Das in der Schweiz zum Verkehr zugelassene Fahrzeug war vom Bf. im November 2016 in das Zollgebiet eingebracht worden, um es vorerst in der Nähe des Bodensees und später in Sachsen über den Winter (bis April 2017) zu lagern.

Die gegen den Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl Zahl/*, als unbegründet abgewiesen.

Gem. Art. 120 UZK können Einfuhrabgaben aus Billigkeitsgründen erstattet oder erlassen werden, wenn die Zollschuld unter besonderen Umständen entstanden ist, die nicht auf Täuschung oder offensichtlicher Fahrlässigkeit des Zollschuldners zurückzuführen sind.

Nach Abs. 2 leg. cit liegen besondere Umstände dann vor, wenn die Umstände des Falls klar erkennen lassen, dass sich der Zollschuldner im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbeteiligten im gleichen Geschäftsfeld in einer besonderen Lange befinde und dass ihm, wenn diese besonderen Umstände nicht vorliegen würden, keine Nachteile aus der Erhebung des Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrages entstanden wären.

Besondere Umstände liegen demnach u. a. dann vor, wenn sich der Zollschuldner in einer besonderer, außergewöhnliche Lage befindet, die eine Abgabenschuldentstehung bewirkt habe. Dementsprechend können gewöhnliche Vorkommnisse, die auch andere, vergleichbare Wirtschaftsteilnehmer treffen können, als Teil des normalen Geschäftsrisikos keine besonderen Umstände darstellen (Alexander in Witte, UZK, Art. 120 Rz. 11).

Nach Lage des Falles sind keine besonderen Umstände zu erkennen. Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, wäre es jedem anderen Beteiligten in der Situation des Bf. gleich ergangen. Die Inanspruchnahme des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung ist dann nicht zulässig, wenn das Fahrzeug nicht bestimmungsgemäß (zu vorübergehenden Fahrten) verwendet, sondern längerfristig im Zollgebiet gelagert werden soll.

Die Höhe des Abgabenbetrages dessen Erlass beantragt wird, stellt jedenfalls kein Kriterium dar, das bei der Beurteilung der Frage, ob besondere Umstände vorliegen, berücksichtigt werden kann (Deimel in Hübschmann Hepp Spittaler, AO FGO, Art. 120 Rz. 39).

Gem. § 73 ZollR-DG normiert, dass im Falle einer Erstattung oder eines Erlasses der sonstigen Eingangs- und Ausgangsabgaben in sinngemäßer Anwendung des Art 120 des Zollkodex und der dazu ergangenen Durchfuhrungsvorschriften ein besonderer Fall dann vorliegt, wenn sich die Abgabenbelastung als unbillig nach Lage der Sache erweist oder wenn die Existenz des Abgabenschuldners durch die Abgabenbelastung ernsthaft gefährdet ist.
Letzteren Falls stellt die betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten keinen Ausschließungsgrund für die Gewährung einer Erstattung oder eines Erlasses dar, sofern alle sonstigen Voraussetzungen vorliegen und eine Gesamtbetrachtung für eine Entscheidung zugunsten des Antragsstellers spricht.

Eine persönliche Unbilligkeit bzw. ernsthafte Existenzgefährdung ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragsstellers. Sie besteht bei einem wirtschaftlichen Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen ().

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, liegt persönliche Unbilligkeit dann vor, wenn gerade die Einhebung der Abgaben die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet oder die Abstattung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten(so insbesondere einer Vermögensverschleuderung) verbunden wäre. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt in der Existenzgefährdung. Diese müsste gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend (auch) mitverursacht sein.

Persönliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung ist nach der ständigen Rechtsprechung (jedenfalls) dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation eines Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht keinen Sanierungseffekt hätte (). Eine solche Unbilligkeit ist also dann nicht anzunehmen, wenn sich an der Existenzgefährdung des Abgabenschuldners nichts ändert, gleichgültig, ob die fraglichen Abgabenschuldigkeiten eingehoben würden oder nicht. Vielmehr muss die wirtschaftliche Existenz gerade durch die Einbringung der gegenständlichen Abgaben gefährdet sein ().

Nach den Angaben des Bf. hat er zB. im Dezember 2017 lediglich netto € 746,43 bezogen; im Jänner 2018 seien seine Einkünfte bereits auf € 0,00 gesunken. Eine Verbesserung der Wirtschaftslage sei für ihn nicht absehbar.

Bei dieser Ausgangslage kann von einer persönlichen Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht mehr gesprochen werden. Die finanzielle Situation des Bf. ist bereits so schlecht, dass auch die Nachsicht keinen Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts ändern würde.

Ein einseitiger Schuldenerlass würde lediglich die anderen Gläubiger des Bf. (Leasingunternehmen) bevorzugen. Verfügt der Bf. ohnehin über kein pfändbares Vermögen bzw. übersteigen die Verbindlichkeiten den unpfändbaren Freibetrag, liegt Uneinbringlichkeit des Rückstandes vor und keinesfalls eine Existenzgefährdung durch die Abgabeneinhebung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.  

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da sich die Entscheidung auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 120 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 73 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1200009.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at