Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.01.2020, RV/7104168/2019

Doppelte Haushaltsführung, wenn Ehefrau kleine Landwirtschaft betreibt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Bf.Adr., vertreten durch Ing. Iwona Beata Gattringer, Böckhgasse 6/7/R1, 1120 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2017 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 machte der Beschwerdeführer (Bf.) folgende Werbungskosten geltend: Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe von € 189,07, Familienheimfahrten in Höhe von € 3.534,72 und doppelte Haushaltsführung in Höhe von € 3.723,40.

Mit Ergänzungsschreiben vom ersuchte das Finanzamt um Vorlage diverser Unterlagen, um eine detaillierte Aufstellung der Aufwendungen und eine Begründung der doppelten Haushaltsführung.

In Beantwortung dieses Vorhaltes übermittelte der Bf. seine Heiratsurkunde, den Einkommensnachweis seiner Gattin, einen Dienstvertrag vom , eine Arbeitgeberbestätigung, den Meldezettel aller am Familienwohnsitz gemeldeter Personen, den Mietvertrag der Wohnung in Wien, die ca. 50 m 2 groß sei, die Versicherung seines Eigentumshauses in Polen, den notariellen Akt vom betreffend die Personenbetreuung, eine Bestätigung über das Mieten eines Mietwagens, Bankbelege über Miet- und Energiezahlungen und eine Kilometerberechnung zwischen Polen und Österreich durch Google-Maps.

Die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich sei derzeit unzumutbar, da die Gattin des Bf. notariell verpflichtet sei, eine kranke und bedürftige Person zu pflegen und zu betreuen. Als Nachweis legte der Bf. den notariellen Akt vom vor.

Die Familienheimfahrten seien die Fahrten zwischen seinem Wohnsitz in XXXX Wien und seinem Wohnsitz in Polen, welche hin- und zurück 526 km betragen würden.

Im streitgegenständlichen Jahr sei der Bf. 16 mal (hin- und zurück) zwischen Wien und Polen gefahren und für diese Fahrten habe er einen Mietwagen von der Fa. K. gemietet. Die Bestätigung dafür habe er beigelegt.

Im streitgegenständlichen Jahr würden die Kosten der Mietwohnung € 270,71 pro Monat und für Strom € 484,20, in Summe somit € 3.723,40 (gemeint: € 3.725,40) betragen.

Das Finanzamt anerkannte lediglich die Aufwendungen für die Mietwohnung in Wien und für das Arbeitsmittel, insgesamt € 3.912,47, als Werbungskosten an und führte hierzu aus, dass die geforderten Unterlagen (Tankbelege oder Fahrtenbuch) nicht erbracht worden seien.

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde legte der Bf. diverse Tankbelege vor, da er das Auto immer vollgetankt von der Mietwagenfirma übernommen habe. Desweiteren wurde eine Bestätigung der Mietwagenfirma und einen diesbezüglichen Mietvertrag beigebracht.

In der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigte das Finanzamt lediglich die Aufwendungen für Arbeitsmittel in Höhe von € 189,07 und führte begründend aus, dass der Grund für die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung die Betreuung des pflegebedürftigen Herrn C. sei. Diese Pflegeleistung beruhe auf einen Schenkungsvertrag, in dem als Gegenleistung die Übergabe eines Grundstückes vereinbart worden sei. Diese Verpflichtung sei freiwillig übernommen worden.

Andere Einkünfte der Ehefrau des Bf. lägen nicht vor.

Zudem liege keine doppelte Haushaltsführung vor, da der Bf. lt. beigebrachter polnischen Meldebestätigung am Wohnsitz in Polen gar nicht gemeldet sei. Die Bestätigung liste nur seine Ehefrau und seine vier Kinder auf.

Nachdem der Bf. nur in Österreich über einen Wohnsitz verfüge, könnten weder die Wohnungskosten noch die Besuchsfahrten zu seiner Familie unter diesem Titel geltend gemacht werden.

Im rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag verwies der Bf. auf das Ermittlungsverfahren zur Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2016. In diesem Verfahren seien sowohl die doppelte Haushaltsführung als auch die Familienheimfahrten anerkannt worden und widerspreche die Nichtanerkennung der Werbungskosten für das Jahr 2017 dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Hinsichtlich des Jahres 2017 habe es keine Veränderung gegeben, sodass im Ergebnis gleiches ungleich behandelt worden sei.

Zum Einwand des Finanzamtes, der Bf. verfüge nur über einen Wohnsitz in Österreich, sei dies nicht entscheidend, da das Steuerrecht von Tatsachen ausgehe. Der Bf. besuche seine Familie regelmäßig, diese Besuche seien als Familienheimfahrten zu qualifizieren und die diesbezüglichen Aufwendungen als doppelte Haushaltsführung anzuerkennen. Der Umstand der Nichtmeldung in Polen sei für die Qualifikation der Aufwendungen nicht maßgeblich.

Betreffend die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nach Österreich zitierte der Bf. die Lohnsteuerrichtlinien, wonach eine Beibehaltung des Familienwohnsitzes dann gerechtfertigt sei, wenn die Ehegattin steuerlich relevante Einkünfte habe, wobei eine Grenze in Höhe von € 6.000,00 pro Jahr gegeben sei bzw. die Ehegattin des Bf. mehr als ein Zehntel der Einkünfte des Ehepartners beitrage.

Die Ehefrau habe zwar keine derartigen Einkünfte, es könnten aber auch andere Einkommensteile herangezogen werden. Herr C. sei 80 Jahre und betrage bei 75 bis 80 jährigen Personen der Nutzungswert lt. Bewertungsgesetz 1955 den dreifachen, bei über 80 jährigen den einfachen Jahreswert.

Die Erwartung eines entsprechenden Gegenwertes von mehr als ein Zehntel der Einkünfte des Bf. sei durchaus steuerlich relevant. Der Wert der Liegenschaft liege etwa bei € 10.000,00 und steige.

Der Einwand der freiwilligen Verpflichtungsübernahme sei überhaupt irrelevant, da bei Erzielung von Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes doch ohne Zweifel zu unterstellen sei, dass diese aufgrund eines freiwilligen Verhaltens erzielt worden seien.

Abgesehen von der materiellen Überlegung sei auch die menschliche Komponente nicht außer Acht zu lassen. Ein 80 jähriger Mann, der gepflegt werden müsse, sei keine Sache, die man einfach wieder zur Seite legen könne.

Anzumerken sei, dass es auch zwei minderjährige Kinder (beide geboren am XX.XX.1999) in ihren letzten Schulphasen gäbe und eine Übersiedlung in dieser kritischen Zeit auch für die Kinder und die Mutter als Betreuungsperson unzumutbar sei.

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt und gab das Finanzamt im Vorlagebericht folgende Stellungnahme ab:

Zum Vorbringen des Bf., die Beschwerdevorentscheidung sei rechtswidrig, da sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße, erwiderte die belangte Behörde, dass sie verpflichtet sei, von einer gesetzwidrige erkannten Verwaltungsübung abzugehen.

Hinsichtlich der Beurteilung eines Familienwohnsitzes komme es auf die tatsächlichen Gegebenheiten und nicht auf die Meldung nach dem Meldegesetz an.

Aus Sicht des Finanzamtes würden keine wirtschaftlichen Gründe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in Polen vorliegen, da die Ehefrau des Bf. keine Einkünfte erzielt habe.

Die Formulierung in der Beschwerdevorentscheidung, es liege eine freiwilligen Pflichtübernahme sei schlecht gewählt worden. Betreffend Herrn C. liege vielmehr eine unentgeltliche Pflichtübernahme vor.

Für die belangte Behörde sei es unverständlich, dass der Bf. in einem Ort (X.), der nicht auf der Route zwischen Heimatort und Arbeitsort liege, einmal im Monat ein Kfz miete und dann dieses Kfz für die Fahrten zwischen Polen und Wien verwende.

Im Ermittlungsverfahren durch das BFG teilte der Bf. mit, dass er hinsichtlich seiner ehemaligen Dienstgeberin S.GmbH keinen Dienstvertrag erhalten und nunmehr auch keine Möglichkeit habe, diesen zu bekommen, da sich der Bf. und seine ehemalige Dienstgeberin in einem strittigen Verfahren befänden.

Es sei zwar richtig, dass die doppelte Haushaltsführung jedes Jahr neu zu beurteilen sei, doch die Voraussetzungen der doppelten Haushaltsführung im Jahr 2016 und die Umstände der doppelten Haushaltsführung im streitgegenständlichen Jahr hätten keine Veränderungen gebracht und habe der Bf. nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darauf vertraut, dass das Finanzamt im streitgegenständlichen Jahr den gleichen Sachverhalt nicht anders beurteile.

In weiteren Schriftsätzen führte der Bf. aus, dass es sich bei der im Akt einliegende Polizze PZU, Pol.Nr. ** um eine Pflichtversicherung für Gebäude (Haus und Stall) inklusive einer zivilrechtlichen Haftung als Landwirt handle.

Hinsichtlich der Aufwendungen für eine tatsächliche doppelten Haushaltsführung in Polen legte der Bf. Rechnungen über den Wasserverbrauch, die Kommunalabgaben, die Müllbeseitigung, die Agrar- und Grundsteuer und Energieverbrauch jeweils für Z. vor. Die Belege lauteten auf den Namen der Ehefrau des Bf. und vereinzelt auf den Namen des Bf.

Betreffend das Mieten eines Kfz in X. ergänzte der Bf., dass er bei der Autovermietungsfirma Stammkunde sei und immer günstige Angebote bekäme. Die Autovermietung durch den Bf. finde über längere Perioden statt, damit der Bf. nicht bei jeder Fahrt nach Polen das Auto abgeben müsse. Seine Frau bringe den Bf. zum Ort der Autovermietung und hole ihn von dort ab (Führerschein der Ehefrau des Bf. und Zulassungsschein des auf die Ehefrau des Bf. angemeldeten Autos wurden in Fotokopie beigelegt). Der Bf. nehme somit aus normalen wirtschaftlichen Überlegungen diesen Umweg in Kauf, um Kosten zu sparen.

Als Nachweis, dass sich der Familienwohnsitz des Bf. in Polen befinde, legte der Bf. eine Bescheinigung des Gemeindeamtes in Z. vom vor, in der bescheinigt worden sei, dass er in der Zeit vom bis in Z. angemeldet gewesen sei. Außerdem legte der Bf. eine Kopie seines Personalausweises (Vorder- und Rückseite) vor, der eine Gültigkeit vom bis zum Jahr 2021 bestätige. Auf der Rückseite dieses Personalausweises sei auch seine Wohnadresse in X-XX Z. angegeben.

Vom Anfang seiner Reise nach Österreich sei geplant gewesen, dass der Lebensmittelpunkt des Bf. in Österreich sei und seine Familie zu ihm ziehe, sobald er einen stabilen Arbeitsplatz und für seine Familie komfortable Lebens- und Wohnbedingungen geschaffen habe. Inzwischen hätten sich der Bf. und seine Ehefrau dafür entschieden, den Nachbarn Herr C. zu pflegen.

Der Bf. habe nur Anspruch auf Kranken-, Arbeitslosenversicherung und Pensionszahlungen, wenn er in Österreich gemeldet bleibe.

Als weiteres Beweismittel legte der Bf. eine beglaubigte Übersetzung aus dem Polnischen über eine Bescheinigung der Gemeindestelle für Sozialhilfe in Z. vor. Darin wurde bestätigt, dass der Bf. und seine Ehefrau an den Wochenenden Herrn C. betreuen würden. Diese Bestätigung sei von der Gemeindestelle nach persönlicher Befragung des Herrn C. ausgestellt worden. Der Bf. ergänzte noch, dass Herr C. immer an den Wochenenden zu baden sei und nur der Bf. diese Tätigkeit ausüben könne.

Schließlich legte der Bf. noch eine Aufstellung des polnischen Telefonunternehmens mit seiner Telefonnummer und seinem Wohnsitz in Z., X-XX Z. vor.

Sämtliche Schriftsätze des Bf. wurden der belangten Behörde zur allfälligen Stellungnahme übermittelt.

Im E-Mail vom vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Sachverhalt betreffend die Familienheimfahrten nicht stimmig sei, da er keine polnischen Tankrechnungen vorgelegt habe. Laut Auskunft des Bf. vom finde die Autovermietung über längere Perioden statt, damit er nicht bei jeder Fahrt nach Polen das Auto abgeben müsse. Wenn dies zutreffen würde, dann müsste der Bf. auch polnische Tankrechnungen haben, da es unwahrscheinlich sei, die Strecke Wien-Z.-Wien nur mit einer Tankfüllung zurückzulegen.

Die Pflegeleistungen des Bf. und seiner Ehefrau würden keinen Grund für eine doppelte Haushaltsführung darstellen, denn die Pflegeleistungen seien die Gegenleistung für den Erhalt des Grundstückes und somit wirtschaftlich betrachtet der Kaufpreis (und keine aktive Erwerbstätigkeit). Der Kauf eines Grundstückes am Familienwohnsitz in Polen sei kein Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien.

In einem telefonischen Vorhalt vom teilte der Bf. mit, dass seine Frau eine kleine Landwirtschaft in Polen, Z., führe, die aus ca. 30 Hühnern und Äckern mit Getreide- und Gemüseanbau bestehe. Die diesbezüglichen landwirtschaftlichen Produkte wie z.B. Eier, Hühnerfleisch, Mehl dienten der Eigenversorgung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

Der Bf. ist polnischer Staatsbürger und stellte das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 vom  fest, dass er seit dem Jahr 1993 einen Nebenwohnsitz in Wien hat. Seit dem Jahr 2005 übte der Bf. eine gewerbliche Tätigkeit in Österreich aus und erzielte ab Jänner 2010 zusätzlich zu den Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit noch Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der S.GmbH (S.GmbH). Ab dem Jahr 2011 bis einschließlich dem streitgegenständlichen Jahr lagen ausschließlich nur mehr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der S.GmbH vor.

Seit Juli 1990 ist der Bf. verheiratet (Ehefrau Y.) und hat 4 Kinder; die Tochter A. (A.) ist im XX 1991, der Sohn B (B.) ist im XX 1995 und die Zwillinge E. und F. (E. und F.) sind im XX 1999 geboren.

In einer notariellen Urkunde vom zwischen Herrn C. (Geschenkgeber) und dem Bf. und seiner Ehefrau (beide sind Geschenknehmer) wurde u.a. Folgendes vereinbart: Herr C. schenkte seine ihm gehörige, in Polen befindliche und näher bezeichnete Liegenschaft dem Bf. und seiner Ehefrau. Der Bf. und seine Ehefrau nahmen die Schenkung an. In der gleichen Urkunde verpflichteten sich der Bf. und seine Ehefrau den Herrn C. im Falle seiner Krankheit und Gebrechlichkeit zu betreuen.

Laut der im Akt befindlichen Bescheinigung der polnischen Steuerbehörde vom wird bestätigt, dass die Ehefrau des Bf. im streitgegenständlichen Jahr keine Einkünfte erzielte. Allerdings betreibt sie in Polen, Z. eine kleine Landwirtschaft, die aus mehreren Äckern für Getreide- und Gemüseanbau und ca. 30 Hühnern besteht.

Im strittigen Jahr 2017 ist vorerst zu beurteilen, ob sich der Familienwohnsitz des Bf. in Polen befand und bejahendenfalls, ob Gründe vorliegen, die eine Verlegung des Familienwohnsitzes von Polen nach Österreich unzumutbar erscheinen lassen.

Rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Werbungskosten sind auch:

Z 6 Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten.

Erwägungen:

In der Beschwerdevorentscheidung brachte das Finanzamt vor, dass der Bf. nur über einen Wohnsitz in Österreich verfüge, da er in Polen nicht gemeldet sei; daher liege keine doppelte Haushaltsführung vor. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass zwar keine Meldebestätigung am Wohnsitz in Polen vorgelegt wurde, der Bf. aber einen polnischen Personalausweis vom  vorgelegt hat, auf dessen Rückseite eine polnische Adresse aufscheint, an welcher auch seine Ehefrau und seine vier Kinder laut Meldebestätigung wohnhaft sind. Desweiteren legte der Bf. eine Versicherungspolizze vor, wonach diese Versicherung eine Pflichtversicherung für Haus und Stall und eine zivilrechtliche Haftung des Landwirtes beinhaltet. Mehrere auf den Bf. lautende Rechnungen hinsichtlich der Kommunalabgabe, sowie auf den Namen der Ehefrau des Bf. lautende Rechnungen über Grund- und Agrarsteuer beinhalten die Adresse Z. Das Gericht gelangt somit ohne Zweifel zum Ergebnis, dass sich der Familienwohnsitz des Bf. in Polen, Z. befindet.

Als Grund der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes von Polen nach Wien gab der Bf. an, dass seine Ehefrau wegen eines Schenkungsvertrages mit einer kranken und bedürftigen Person (Herr C.) verpflichtet sei, diese zu pflegen und zu betreuen. Hierauf erwiderte die belangte Behörde, nachdem Herr C. eine ihm gehörige Liegenschaft dem Bf. und der Ehefrau des Bf. geschenkt hat, hätten der Bf. und seine Ehefrau diese Verpflichtung freiwillig übernommen. Diesem Einwand entgegnete der Bf., dass es irrelevant sei, ob die Pflegebetreuung freiwillig übernommen wurde. Diese Ansicht vertritt auch das Gericht. Wenn nämlich der Ehepartner, der am Familienwohnsitz verblieben ist, regelmäßige Einkünfte aus einer Beschäftigung erzielen würde, dann würde nicht nachgefragt, ob er freiwillig arbeiten geht bzw. aus welchen Gründen der am Familienwohnsitz verbliebene Ehepartner einer Beschäftigung nachgeht. Die Ehefrau des Bf. hat bereits seit dem Jahr 2014 die Pflege- und Betreuungsleistungen für Herrn C. durchgeführt und ist aus diesen Umständen eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien für den Bf. nicht zumutbar.

Das Gericht sieht jedoch noch einen weiteren Grund, der für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung des Bf. spricht. Der Bf. hat nämlich dargetan, dass er nicht nur am Wochenende Herrn C. bei der seiner persönlichen Körperpflege unterstützt, sondern dass seine Frau am Familienwohnsitz in Polen eine kleine Landwirtschaft betreibt, die in erster Linie der Eigenversorgung der Familie mit landwirtschaftlichen Produkten dient. Bei dieser Sachlage erweist sich die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Meinung des Finanzamtes, die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort des Bf. nach Wien sei zumutbar gewesen, als unzutreffend (vgl. ).

Soweit die belangte Behörde in ihrem Mail vom vorbringt, die Fahrten des Bf. nach Polen seien nicht ganz stimmig, da keine polnischen Tankrechnungen vorgelegt worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass der Bf. im Ermittlungsverfahren durch das BFG angegeben hat, dass er mit dem Auto seiner Frau nach X. gebracht wird. Dieser Ort ist ca. 15 Kilometer von der slowakischen Grenze entfernt; dort mietet der Bf. als Stammkunde ein Auto, welches bei der Anmietung voll getankt ist. Dann fahre er in Österreich mit diesem Auto und bevor er es wieder zurückgibt, wird das Auto in Österreich wieder betankt. Dass bei dieser Vorgehensweise keine polnischen Tankrechnungen vorliegen ist somit nachvollziehbar.

Wenn das Finanzamt schließlich vermeint, der Kauf eines Grundstückes am Familienwohnsitz in Polen sei kein Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien, dann trifft dies grundsätzlich zu, doch dem Bf. und seiner Ehefrau wurde nicht nur ein Grundstück geschenkt, sondern beide Eheleute haben sich auch verpflichtet, Pflege- und Betreuungsleistungen für den Geschenkgeber zu erbringen. Diese Leistungen sind nach Ansicht des Gerichts keineswegs vernachlässigbar und stellen einen gewichtigen, objektiven Grund dar, der eine Wohnsitzverlegung von Polen nach Wien unzumutbar erscheinen lässt. Die Aufwendungen für die Familienheimfahrten Polen-Wien-Polen und doppelte Haushaltsführung in Wien gelten daher als durch die Erwerbstätigkeit des Bf. veranlasst. Der Beschwerde ist somit stattzugeben.

Ermittlung der Werbungskosten für das Jahr 2017


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Familienheimfahrten
3.534,72
Mietwohnung in Wien
3.241,20
Energie
484,20
Arbeitsmittel
189,07
Werbungskosten neu
7.449,19

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Gericht hat im Rahmen der freien Beweiswürdigung eine Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes von Polen nach Österreich auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes verneint, sodass keine Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzlich Bedeutung zukommen. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Demnach war spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104168.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at