Gebührenbefreiung gemäß § 14 TP 6 Abs.5 Z 20 GebG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache Bf., Adresse über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. betreffend 1. Eingabegebühr und 2. Gebührenerhöhung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensablauf
1. Verfahren vor dem Finanzamt
1.1. Amtlicher Befund
Mit amtlichem Befund vom teilte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (in der Folge kurz: belangte Behörde), dass für die Beschwerde von 27 Beschwerdeführerin vom , welche durch die Bf. (die nunmehrige Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht, kurz Bf.) rechtsfreundlich vertreten wurde, nur die Entrichtung von insgesamt € 30,00 nachgewiesen wurde.
1.2. Gebührenbescheid und Bescheid über die Gebührenerhöhung
Die belangte Behörde erließ daraufhin am unter der ErfNr. gegenüber der Bf. einen Gebührenbescheid sowie einen Bescheid über die Gebührenerhöhung und setzt für die oben angeführte Beschwerde
eine Gebühr gemäß § 2 BuLVwG-EGebV für 27 Eingaben in Höhe von € 780,00 und
eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs.1 GebG in Höhe von € 390,00 (50% der nicht entrichteten Gebühr) fest.
Gesamtbetrag: € 1.170,00
Begründend wurde zum Gebührenbescheid ausgeführt:
„Die Festsetzung erfolgt, weil die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde.
Nach § 13 Abs.3. GebG ist zur Entrichtung der festen Gebühr zur ungeteilten Hand mit den im § 13 Abs. 1 GebG genannten Personen verpflichtet, wer im Namen eines anderen Eingaben oder Beilagen überreicht oder gebührenpflichtige amtliche Ausfertigungen oder Protokolle oder Amtshandlungen veranlasst.“
Zum Bescheid über die Gebührenerhöhung wurde begründend ausgeführt:
„Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben“.
1.3. Beschwerde
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom wurde u.a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als rechtsfreundliche Vertreterin von 27 Personen am gegen den Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom , GZ, Bescheidbeschwerde erhoben habe. Mit Einbringung der Beschwerde sei eine Pauschalgebühr iHv € 30,00 fristgerecht am entrichtet worden.
Die Beschwerdeführer würden im vorliegenden Fall ihren Anspruch aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten und seien daher als eine Person iSd § 7 GebG anzusehen, für welche die Gebühr im einfachen Betrage zu entrichten sei. Es seien in der Bescheidbeschwerde zwar 62 (gemeint wohl 27) Beschwerdeführer angeführt, aber seien die Punkte der Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit der Beschwerde, der Sachverhalt, die Beschwerdepunkte und –gründe, als auch die begehrten Anträge ein und dieselben. Der rechtserzeugende Sachverhalt sei bei jedem Beschwerdeführer ident, weshalb auch die Beschwerde und die darin angeführten Beschwerdegründe aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableitbar seien. Die Beschwerdeführer würden bemängeln, dass kein UVP-Verfahren durchgeführt worden sei, obwohl das Projekt UVP-pflichtig sei.
Aus den gestellten Anträgen sei eindeutig ersichtlich, dass sie in einem inneren Zusammenhang stünden. Von allen Beschwerdeführern seien gemeinsam ein und dieselben Anträge gestellt worden.
Zum Beweis wurden die Beschwerde gegen den Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom und die Überweisungsbestätigung (jeweils in Kopie) an das Finanzamt übermittelt.
1.4. Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
„Besteht zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder leiten sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ab, so ist die Gebühr nur im einfachen Betrag zu entrichten (§7 GebG). Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass bei Unanwendbarkeit dieser Bestimmung die Gebühr bei Personenmehrheit so oft zu entrichten ist, als Personen an der Verwirklichung des Tatbestandes beteiligt sind (Fellner, Stempel-und Rechtsgebühren, § 7 Tz3 mit Verweis auf VwGH). Die Rechtsgemeinschaft unterscheidet sich von der Interessensgemeinschaft dadurch, dass letzere nur gleichartige oder gleichgerichtete Interessen verfolgt, ohne dabei bis zu einer gemeinschaftlichen Rechtsausübung zu gehe. Bei einer Gleichheit von Interessen besteht noch keine Rechtsgemeinschaft ( Slg 1147/11). Ein gemeinschaftlicher Rechtsgrund im Sinne des § 7 GebG liegt dann vor, wenn mehrere Personen gemeinsam berechtigt oder gemeinsam verpflichtet werden (vgl. , 0002). Die willkürliche Zusammenfassung mehrerer Anträge in einem Gesuch, ohne dass ein Begehren von einem anderen derart abhängig ist, das es an das Bestehen eines anderen gebunden ist, führt zur mehrfachen Gebührenpflicht ( 9/16/0082). Bloße Gleichheit des Rechtsgrundes reicht für die Anwendbarkeit des § 7 GebG nicht aus.“
1.5. Vorlageantrag
Mit Anbringen vom wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung gestellt.
2.Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht
2.1. Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht
Mit Vorlagebericht vom – eine Ausfertigung davon wurde auch der Bf. übermittelt – legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Gebührenbescheid und den Bescheid über die Gebührenerhöhung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
2.2. Übergang der Zuständigkeit auf die Gerichtsabteilung 1073
Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Rechtssache wegen Verhinderung gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der (unbesetzten) Gerichtsabteilung 1078 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1073 zur Bearbeitung zugeteilt.
2.3. Beweisaufnahme durch das Bundesfinanzgericht
Vom Bundesfinanzgericht wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr..
II. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Am brachten 27 Personen, vertreten durch die Bf., in einem gemeinsamen Schriftsatz Beschwerde gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , GZ, adressiert an Adressat, betreffend **“, Ansuchen um elektrizitätsrechtliche Genehmigung und starkstromrechtliche Bewilligung, Bescheid, ein.
Der Bescheid enthält in der Rechtsmittelbelehrung folgenden Hinweis:
„Die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden, Wiedereinsetzunganträge und Wiederaufnahmeanträge (samt Beilagen) beträgt € 30,00“
Sämtliche diesen Bescheid bekämpfende Beschwerdeführer (27 Personen) haben innerhalb offener Frist zulässige Einwendungen gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 und 3 NÖ ElWG 2005 erhoben, weshalb ihnen gemäß §§ 9 und 10 NÖ ElWG 2005 Parteistellung zukommt.
Am wurde durch die Bf. die Gebührenentrichtung durchgeführt, indem ein Betrag iHv € 30,00 auf ein Konto der belangten Behörde überwiesen wurde. Als Verwendungszweck wurde angeführt:
„Beschwerdegebühr; Beschwerde an das LVwG NÖ; Bescheid vom ; GZ“
III. Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Unterlagen im elektronisch vorgelegten Bemessungsakt ErfNr. sowie das damit im Einklang befindliche Vorbringen der Bf. in ihren Schriftsätzen.
IV. Rechtslage und Erwägungen
Gemäß § 14 Tarifpost 6 (TP 6) des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen der Eingabengebühr nicht die Eingaben an die Gerichte, wobei gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 lit b leg. cit. die Eingaben an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht von der Befreiung ausgenommen sind und der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, für Eingaben einschließlich Beilagen u.a. an das Bundesverwaltungsgericht durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-EGebV), BGBl. II Nr. 387/2014, sind Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder ein Verwaltungsgericht eines Landes (u.a. Beschwerden) gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist. Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe, und mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung beträgt die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden 30 EUR.
Gemäß § 7 GebG ist die Gebühr nur im einfachen Betrage zu entrichten, wenn zwischen zwei oder mehreren Personen eine solche Rechtsgemeinschaft besteht, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Gebühr als eine Person anzusehen sind oder wenn sie ihren Anspruch oder ihre Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund ableiten.
Werden in einer Eingabe mehrere Ansuchen gestellt, so ist gemäß § 12 Abs. 1 GebG für jedes Ansuchen die Eingabegebühr zu entrichten.
Zur Entrichtung von Stempelgebühren sind gemäß § 13 Abs.1 Z. 1 GebG verpflichtet:
bei Eingaben, deren Beilagen und die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird oder das Protokoll verfasst wird.
Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personen, so sind sie gemäß § 13 Abs. 2 GebG zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Gemäß § 13 Abs. 3 GebG ist mit den in Abs.1 genannten Personen zur Entrichtung der Stempelgebühr zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.
Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist gemäß § 9 Abs. 2 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.
Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass ein Bescheid der NÖ Landesregierung in einem gemeinsamen Schriftsatz durch 27 Beschwerdeführer (vertreten durch die Beschwerdeführerin) bekämpft wurde.
Die Bestimmung des § 7 GebG enthält zwei alternative Voraussetzungen für die Anwendung der hier normierten Begünstigung, nämlich den Bestand einer einheitlichen Rechtsgemeinschaft einerseits und die Ableitung eines Anspruchs oder einer Verpflichtung aus einem gemeinschaftlichen Rechtsgrund andererseits ( 12/70).
Im Wege des Umkehrschlusses ergibt sich aus § 7 GebG, dass bei Unanwendbarkeit dieser Gesetzesstelle die Gebühr bei einer Personenmehrheit, die einen gebührenpflichtigen Tatbestand setzt, die Gebühr grundsätzlich so oft zu entrichten ist, als Personen an der Verwirklichung des Tatbestandes beteiligt sind (vgl , , und 125/76; ).
Eine gemeinschaftliche Eingabe kann unter den Voraussetzungen des § 7 GebG zu der Begünstigung führen, jedoch stellt diese Bestimmung eine Ausnahme dar.
Unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 825ff, 888ff ABGB besteht aus bürgerlich- rechtlicher Sicht eine Rechtsgemeinschaft, wenn sich mehrere Personen zur gemeinsamen Ausübung oder zur gemeinschaftlichen Verfolgung von Rechten einerseits oder zur gemeinschaftlichen Abwicklung von Verpflichtungen andererseits derart verbinden, dass sie nur gemeinsam handeln können.
Eine Rechtsgemeinschaft besteht im Handeln im gegenseitigen Einvernehmen, also darin, dass alle Teilnehmer einer Rechtsgemeinschaft genau dasselbe wollen. Alle Teilnehmer einer Rechtsgemeinschaft haben ein rechtliches Interesse, dasselbe Recht geltend zu machen ()
Der Begriff einer solchen Rechtsgemeinschaft iS des § 7 GebG ist nicht auf Gemeinschaften an dinglichen Rechten beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Schuld- und Forderungsgemeinschaften.
Die Rechtsgemeinschaft unterscheidet sich von der Interessensgemeinschaft dadurch, dass letztere nur gleichartige oder gleichgerichtete Interessen verfolgt, ohne dabei bis zu einer gemeinschaftlichen Rechtsausübung zu gehen. Bei einer Gleichheit von Interessen besteht noch keine Rechtsgemeinschaft ( Slg 1147/11)
Ein gemeinschaftlicher Rechtsgrund iSd § 7 GebG liegt vor, wenn mehrere Personen gemeinsam berechtigt oder gemeinsam verpflichtet sind (vgl. ; und ).
Von einer Rechtsgemeinschaft in Bezug auf den Gebührengegenstand kann nur gesprochen werden, wenn jeder der verschiedenen Einschreiter dasselbe begehrt und jeder klaglosgestellt erscheint, sobald auch nur einer befriedigt wird. Davon kann ungeachtet des Umstandes, dass die 18 verschiedenen Bescheide ein und dieselbe Aktenzahl tragen, mit Rücksicht auf den jeweils verschiedenen Verfahrensgegenstand und die sich daraus ergebende Verschiedenheit der jeweiligen Sache des Berufungsverfahrens sowie der (abstrakt betrachtet) sowohl aus materiellrechtlichen als auch aus verfahrensrechtlichen Gründen durchaus gegebenen Möglichkeit eines jeweils unterschiedlichen Ausganges des Berufungsverfahrens von vornherein nicht gesprochen werden ().
Im § 3 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl. Nr.679/1993 idF BGBl. I Nr. 14/2014 (UVP-G 2000) wird der Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung festgelegt.
Gemäß § 5 Abs. 1 NÖ Elektrizitätswesengesetz 2005 (NÖ ElWG 2005) idF LGBl. 7800-5, bedarf die Errichtung, wesentliche Änderung und der Betrieb einer Erzeugungsanlage mit einer Engpassleistung von mehr als 50 Kilowatt (kW) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer elektrizitätsrechtlichen Genehmigung.
§ 8 NÖ ElWG 2005 lautet:
(1) Die Behörde hat, ausgenommen in den Fällen des § 7, auf Grund eines Antrages um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Erzeugungsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Erzeugungsanlage eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der mündlichen Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung der Nachbarn sind durch Anschlag an der Amtstafel in der Standortgemeinde und – falls eine Erzeugungsanlage mit einer Engpassleistung von mehr als 500 kW auch Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 2 und 3 auf im Bau- oder Grünland wohnende Personen unmittelbar angrenzender Gemeinden haben kann – auch durch Anschlag an der Amtstafel in diesen Gemeinden bekannt zu geben. Die Eigentümer der unmittelbar an den Standort der Erzeugungsanlage angrenzenden Grundstücke, die im Abstand von nicht mehr als 500 m von der Anlage liegen, und die im § 10 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5 und 6 genannten Personen sind persönlich zu laden. Wenn diese Eigentümer oder die Grundeigentümer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes 2002 sind, sind die im zweiten Satz angeführten Angaben dem Vertreter der Eigentümergemeinschaft (§ 18 WEG 2002) nachweislich schriftlich mit dem Auftrag zur Kenntnis zu bringen, diese Angaben den Wohnungseigentümern unverzüglich z. B. durch Anschlag im Hause bekannt zu geben. Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ist zusätzlich durch Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde kundzumachen.
(2) Ist die Gefahr der Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses (§ 40 AVG) gegeben, so ist den Nachbarn die Teilnahme am Augenschein nur mit Zustimmung des Genehmigungswerbers gestattet, doch ist ihr allfälliges Recht auf Parteiengehör zu wahren.
(3) Werden von Nachbarn privatrechtliche Einwendungen gegen die Erzeugungsanlage vorgebracht, so hat der Verhandlungsleiter auf eine Einigung hinzuwirken; die etwa herbeigeführte Einigung ist in der Niederschrift über die Verhandlung festzuhalten. Im Übrigen ist der Nachbar mit solchen Vorbringen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
(4) Soweit die Interessen der Netzbetreiber durch die Errichtung und den Betrieb einer Erzeugungsanlage berührt werden, sind sie zu hören.
(5) Die Standortgemeinde ist im Verfahren zur Erteilung der elektrizitätsrechtlichen Genehmigung zum Schutz der öffentlichen Interessen im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 2 und 3 im Rahmen ihres Wirkungsbereiches zu hören.
(6) Bedürfen genehmigungspflichtige Vorhaben einer Genehmigung, Bewilligung oder Anzeige nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften, so haben die zuständigen Behörden das Einvernehmen herzustellen und nach Möglichkeit die Verfahren gleichzeitig durchzuführen.
(7) Die Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen in Verfahren für Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 500 kW ist ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 und 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr.161/2013, zulässig. Es können auch fachlich einschlägige Anstalten, Institute oder Unternehmen als Sachverständige bestellt werden.
(8) Gebühren oder Honorare für Sachverständige sind vom Antragsteller zu tragen. Die Behörde kann dem Antragsteller durch Bescheid auftragen, diese Kosten nach Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit direkt zu bezahlen.
§ 9 NÖ ElWG 2005 lautet:
(1) Nachbarn sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Erzeugungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Erzeugungsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Betreiber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigen Personen.
(2) Als Nachbarn sind auch die im Abs. 1 erster Satz genannten Personen zu behandeln, die auf grenznahen Grundstücken im Ausland wohnen, wenn in dem betreffenden Staat österreichische Nachbarn in den entsprechenden Verfahren rechtlich oder doch tatsächlich den gleichen Nachbarschutz genießen.
§ 10 NÖ ElWG 2005 lautet:
(1) In Verfahren gemäß den §§ 7 und 8 haben Parteistellung:
1. der Genehmigungswerber,
2. alle Grundeigentümer, deren Grundstücke samt ihrem darunter befindlichen Boden oder darüber befindlichen Luftraum von Maßnahmen zur Errichtung oder Änderung von Erzeugungsanlagen dauernd in Anspruch genommen werden sowie die an diesen Grundstücken dinglich Berechtigten – ausgenommen Hypothekargläubiger – und die Bergbauberechtigten,
3. die Nachbarn hinsichtlich des Schutzes der gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 und 3 wahrzunehmenden Interessen,
4. die NÖ Umweltanwaltschaft nach Maßgabe des § 5 des NÖ Umweltschutzgesetzes, LGBl. 8050,
5. die Standortgemeinde zur Wahrung der in den §§ 20 Abs. 1 Z 1 und 56 der NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, begründeten öffentlichen Interessen,
6. eine unmittelbar angrenzende Gemeinde, wenn durch eine Erzeugungsanlage mit einer Engpassleistung von mehr als 500 kW die im § 56 der NÖ Bauordnung 2014, LGBl. Nr. 1/2015 in der geltenden Fassung, begründeten öffentlichen Interessen dieser Gemeinde wesentlich beeinträchtigt werden können.
(2) Die in Abs. 1 Z 2 bis 6 genannten Personen verlieren ihre Parteistellung, wenn sie
1. nicht innerhalb der in der Kundmachung gemäß § 7 Abs. 1 oder der in der persönlichen Verständigung gemäß § 7 Abs. 2 festgelegten Frist oder
2. bei Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 8 Abs. 1 nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben.
§ 44 a AVG 1991 lautet:
(1) Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.
(2) Das Edikt hat zu enthalten:
1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;
2. eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;
3. den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;
4. den Hinweis, daß die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.
(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.
§ 44 b AVG 1991 lautet:
(1) Wurde ein Antrag durch Edikt kundgemacht, so hat dies zur Folge, daß Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. § 42 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Der Antrag, die Antragsunterlagen und die vorliegenden Gutachten der Sachverständigen sind, soweit sie nicht von der Akteneinsicht ausgenommen sind, während der Einwendungsfrist bei der Behörde und bei der Gemeinde zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Die Beteiligten können sich hievon Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann den Beteiligten auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden. Erforderlichenfalls hat die Behörde der Gemeinde eine ausreichende Anzahl von Kopien oder Ausdrucken zur Verfügung zu stellen.
Die durch die Beschwerdeführerin vertretenen 27 Personen haben von dem ihnen gemäß §§ 9 und 10 NÖ ElWG 2005 zustehenden Recht Gebrauch gemacht und innerhalb der offenen Frist Einwendungen gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 und 3 NÖ ElWG 2005 gegen die Genehmigung des Vorhabens **“ erhoben. Damit haben sie ihre Parteistellung gewahrt und waren daher auch (jeder für sich) legitimiert eine Beschwerde gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung zu erheben.
Zu Eingaben im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen erging folgender , 11 0685/2-IV/11/81, AÖFV 1981/145:
„Eingaben, die im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom , Z 1028/62; vom , Z 755/63; vom , Z 133/71) gerichtet werden und die, wenn auch nur geringfügig, die Privatinteressen der Einschreiter (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 12. Feber 1952, Z 2134/61; vom , Z 4/63; vom , Z 288/289/75) betreffen, unterliegen, sofern nicht ein Fall einer ausdrücklichen Gebührenbefreiung gegeben ist, der Gebührenpflicht gem § 14 TP 6 GebG.
Das Gebührengesetz geht grundsätzlich davon aus, dass die Eingabengebühr so oft zu entrichten ist, als Personen die Eingabe unterzeichnen (Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 22. Feber 1960, Z 2110/59). Die Gebühr ist jedoch gem § 7 GebG unabhängig von der Anzahl der das Anliegen unterstützenden Unterschriften nur im einfachen Betrag zu entrichten, wenn die einschreitende Personenmehrheit in einem Eingabenexemplar nur ein einheitliches Begehren stellt, für das nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist.“
Aus dem Erlass geht nicht hervor, welche der beiden alternativen Voraussetzungen des § 7 GebG für gegeben erachtet wurden. Nach Frotz/Hügel/Popp (§ 7 GebG, B III) liegt dem Erlass offensichtlich der Gedanke zugrunde, dass die den Gegenstand der Bürgerinitiative bildende Angelegenheit für die Unterzeichner einen gemeinschaftlichen Rechtsgrund darstellt (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 15 zu § 7 GebG).
§ 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG sieht eine Befreiung von der Eingabengebühr für Einwendungen und Stellungnahmen zur Wahrung der rechtlichen Interessen zu Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art sowie im Verfahren zur Genehmigung solcher Vorhaben vor; dies gilt nicht für Eingaben des Bewilligungswerbers.
Diese Befreiung wurde 1995 mit BGBl. 172/1995 eingeführt und durch Art 38 des BudBG 2009, BGBl. I 52/2009 insofern ergänzt, als klargestellt wurde, dass nur Eingaben der „Antragsgegner“ eines Bewilligungswerbers von der Gebühr befreit sind, die Eingaben des Bewilligungswerbers (zB Bauwerbers) jedoch nicht von der Gebührenbefreiung erfasst und damit gebührenpflichtig sind (RV, 113 BlgNR 24. GP).
Nach dieser Bestimmung sind insbesondere Eingaben aller Art von Nachbarn in Bau- oder Gewerberechtsverfahren und dergleichen gebührenfrei. Voraussetzung für die Gebührenfreiheit ist das Vorliegen von rechtlichen Interessen (vgl. unter Hinweis auf Fellner, Kommentar zu Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 14 TP 6 Rz 141 ff und dort zitierter Rechtsprechung).
Die Bestimmung nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG stellt auf "Vorhaben der Errichtung oder Inbetriebnahme von Bauwerken und Anlagen aller Art" ab und befreit ausdrücklich Eingaben im Verfahren zur Genehmigung solcher Vorhaben. Das gegenständliche Vorhaben zur Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen ist unter den Begriff "Anlagen aller Art" zu subsumieren. Bei dem Verfahren nach dem NÖ ElWG geht es jedenfalls um die Genehmigung der Errichtung und Inbetriebnahme dieses Vorhabens. Bei den durch die Beschwerdeführerin vertretenen Personen handelt es sich auch nicht um die Bewilligungswerber.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist die Beschwerde der durch die Beschwerdeführerin vertretenen 27 Personen daher gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z. 20 GebG von der Eingabengebühr befreit.
Die Festsetzung der Beschwerdegebühr ebenso wie der Gebührenerhöhung erfolgte daher zu Unrecht.
Der Beschwerde ist daher Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.
V. Zur Zulassung der Revision
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall unzulässig, weil sich die maßgebliche Rechtslage unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und sich die getroffene Entscheidung auf die oben zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 § 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 13 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 14 TP 6 Abs. 5 Z 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104330.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at