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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2020, RV/7103427/2016

Steuerfreiheit von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerde­sache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Laut Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung war der Beschwerdeführer (Bf.) im Jahr 2013 bei der Fa. O als Aufzugsmonteur beschäftigt.

Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurden die Einkünfte aus diesem Dienstverhältnis sowie vom Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) an den Bf. ausbezahlte Bezüge gemäß den von der Fa. O und vom IEF der Abgabenbehörde übermittelten Lohnzetteln bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt.

Die der Abgabenbehörde von der Fa. O und vom IEF übermittelten Lohnzettel weisen folgende Beträge aus:


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Fa. O
Euro
Bruttobezüge (210)
32.562,61
Steuerfreie Bezüge (215)
1.677,27
Sonstige Bezüge vor Abzug der SV-Beiträge (220)
2.502,88
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
5.285,06
Steuerpflichtige Bezüge (245)
23.097,40
Einbehaltene Lohnsteuer
4.333,26
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
4.333,26
SV-Beiträge für sonstige Bezüge (225)
419,51


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Insolvenz-Entgelt-Fonds
Euro
Bruttobezüge (210)
5.260,85
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
693,65
Mit festen Sätzen versteuerte Bezüge
1.052,17
Übrige Abzüge (243)
1.052,17
Steuerpflichtige Bezüge (245)
3.515,03
Einbehaltene Lohnsteuer
527,25
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
527,25
SV-Beiträge für mit festem Satz verst. Bezüge (226)
173,41

Der Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 Beschwerde, in welcher er ausführte, der IEF habe ihm Urlaubs- und Weihnachtsgeld ausbezahlt. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei aber auch im Lohnzettel der Fa. O bei der Kennzahl 220 erfasst. Er ersuche um Überprüfung der Veranlagung 2013.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der vom Bf. von der Fa. O bezogenen Einkünfte folgendermaßen ab: Die im Lohnzettel der Fa. O ausgewiesenen Bruttobezüge iHv 32.562,61 € wurden um die im Lohnzettel des IEF ausgewiesenen Bruttobezüge iHv 5.260,85 € auf 27.910,80 € vermindert. Die im Lohnzettel der Fa. O ausgewiesenen gemäß § 68 EStG 1988 steuerfreien Bezüge (Kennzahl 215) iHv 1.677,27 € und die sonstigen Bezüge (Kennzahl 220) iHv 2.502,88 € wurden außer Ansatz gelassen. Die SV-Beiträge für die laufenden Bezüge wurden iHv 5.079,72 € und die anrechenbare Lohnsteuer iHv 3.903,24 € geschätzt. In der Begründung ist Folgendes ausgeführt:

„Der Lohnzettel der Fa. O wurde im Zuge der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass die sonstigen Bezüge (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) und auch die auf diese Bezugsteile entfallende anrechenbare Lohnsteuer ausgeschieden worden sind. Im Zuge einer umfassenden Überprüfung dieses Lohnzettels wurde der Lohnzettel auch dahingehend abgeändert, dass die steuerfreien Bezugsteile gem. § 68 EStG (Schmutz-, Erschwernis und Gefahrenzulagen) mangels vorhandener Lohnunterlagen des Dienstgebers den steuerpflichtigen Arbeitslöhnen zuzuordnen waren. Das hat wiederum zu einer Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage geführt, weil dieser Bezugsteil im Zuge dieser Beschwerdevorentscheidung nun mehr versteuert wird. Das ist der Grund, weshalb diese Beschwerdevorentscheidung gegenüber dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu einer Nachforderung führt.“

Der Bf. stellte gegen die Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag, in welchem er Folgendes ausführte:

„In der Begründung wird behauptet, dass die von mir erhaltenen Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen nicht steuerfrei wären, weil keine Lohnunterlagen des Dienstgebers vorhanden wären.

Richtig ist, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit gemäß § 68 EStG iVm dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Metallgewerbe sehr wohl für die gesamte Zeit vorgelegen sind.

Im Übrigen ist es nicht meine Schuld, wenn der insolvente Arbeitgeber die notwendigen Unterlagen nicht zur Verfügung stellt.“

Im Vorlageantrag wird weiters auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen.

Nach der Aktenlage war der Bf. auch in den Vorjahren 2010 bis 2012 bei Firmen beschäftigt, deren Betriebsgegenstand die Aufzugserrichtung und -montage war (bei der A GmbH: von 1.1. - und 1.1. - ; bei der B OG: von 29.3. - und 1.1. - ). Er hat laut den der Abgabenbehörde übermittelten Lohnzetteln auch von diesen Firmen gemäß § 68 EStG 1988 steuerfreie Zulagen in vergleichbarer Höhe ausbezahlt erhalten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Steuerfreie Bezüge

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis 360 Euro monatlich steuerfrei.

Gemäß § 68 Abs. 5 EStG 1988 sind unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

- in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,

- im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder

- infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie

1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,

2. auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,

3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,

5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,

6. auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektiv­vertrags­fähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektiv­vertrags­fähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,

7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt werden.

Nach herrschender Lehre (siehe dazu Doralt, EStG14, § 68 Tz 10; Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 68 Rz 2 ff) ist die zitierte Bestimmung so auszulegen, dass für eine begünstigte Besteuerung der Zulagen im Wesentlichen folgende drei Bedingungen erfüllt sein müssen:

- Die Zahlung muss neben dem Grundlohn erfolgen (funktionelle Voraussetzung, siehe dazu z.B. ; ).

- Der Zahlung muss eine sogenannte lohngestaltende Vorschrift zugrunde liegen oder sie muss an alle bzw. bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern erfolgen (formelle Voraussetzung) und

- die im Gesetz umschriebene Arbeitserschwernis muss vorliegen (materielle Voraussetzung).

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, unterliegt der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO).

Der Bf. war im Beschwerdejahr 2013 bei der Fa. O als Aufzugsmonteur beschäftigt. Die gegenständlichen Zulagen iHv 1.677,27 € wurden ihm aufgrund des Kollektivvertrages für Arbeiter im Metallgewerbe ausbezahlt. Die Berechnung dieses Betrages ist mangels vorhandener Lohnunterlagen des insolventen Dienstgebers nicht mehr feststellbar. Der Bf. war jedoch auch in den Vorjahren 2010 bis 2012 bei Firmen beschäftigt, deren Betriebsgegenstand die Aufzugserrichtung und -montage war. Er hat laut den der Abgabenbehörde übermittelten Lohnzetteln auch von diesen Firmen gemäß § 68 EStG 1988 steuerfreie Zulagen in vergleichbarer Höhe ausbezahlt erhalten. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung wurde vom Finanzamt nie in Abrede gestellt. Aufgrund dieser Umstände und unter der Annahme, dass der Bf. im Jahr 2013 die gleiche Tätigkeit wie in den Vorjahren ausgeübt hat, wird in freier Beweiswürdigung davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung des § 68 EStG 1988 auch im Beschwerdejahr 2013 gegeben sind.

2. Lohnsteuer und SV-Beiträge

Gemäß § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 werden die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen, auf die Einkommensteuerschuld angerechnet.

Die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge sind auch dann anzurechnen, wenn sie vom Abzugspflichtigen nicht () oder verspätet an das Finanzamt abgeführt worden sind (). Die Anrechnung hat auch insoweit zu erfolgen, als die Abzugssteuer zu Unrecht bzw. zu hoch einbehalten wurde (). Dies gilt in gleicher Weise hinsichtlich der als Werbungskosten zu berücksichtigenden SV-Beiträge.

Die einbehaltene Lohnsteuer und die SV-Beiträge sind daher in der im Lohnzettel der Fa. O ausgewiesenen Höhe anzusetzen.

3. Sonstige Bezüge (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration)

Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration wurden dem Bf. zur Gänze vom IEF ausbezahlt, sind aber auch im Lohnzettel der Fa. O bei der Kennzahl 220 iHv 2.502,88 € erfasst.

Die im Lohnzettel der Fa. O ausgewiesenen Bruttobezüge iHv 32.562,61 € sind daher um 2.502,88 € auf 30.059,73 € zu vermindern.

Die Bezüge von der Fa. O sind wie folgt anzusetzen:


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Fa. O
Euro
Bruttobezüge (210)
30.059,73
Steuerfreie Bezüge (215)
1.677,27
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
5.285,06
Steuerpflichtige Bezüge (245)
23.097,40
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
4.333,26

Der angefochtene Bescheid wird dementsprechend abgeändert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da das Erkenntnis des Bundes­finanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt bzw. es um Fragen der Beweiswürdigung geht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103427.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at