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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2020, RV/7104556/2015

Die Höhe der Abgabenfestsetzung im Abgabenfestsetzungsverfahren wird von einem Schuldenregulierungsverfahren nicht beeinflusst

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache

  • Bf (Beschwerdeführer, Bf.), AdresseBf, bei Rechtsmittelerhebung vertreten durch Rechtsanwalt,

  • über die Beschwerde (ursprünglich: Berufung) des Bf. vom gegen die Bescheide des Finanzamtes y (belangte Behörde) zu St.Nr. Steuernummer betreffend Einkommensteuer 2008, betreffend die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2008 sowie betreffend Umsatzsteuer 2008, alle vom

zu Recht erkannt: 

1.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

2.) Gegen dieses Erkenntnis ist g emäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) bezog im Streitjahr 2008 Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Mit Eingabe vom 3.  September 2009 reichte der Bf. die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 samt der Beilage E1a für Einzelunternehmer sowie die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2008 ein.

Mit Schreiben vom wurde der Bf. von der belangten Behörde (Finanzamt Y) ersucht, die in der Umsatzsteuererklärung 2008 geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von Euro 20.157,27 belegmäßig (durch betragsmäßig höhere Rechnungen, ab Euro 1.000,00) nachzuweisen.

Am versandte die belangte Behörde ein Erinnerungsschreiben an den Bf., in dem er aufgefordert wurde, die unterlassene Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom bis längstens nachzuholen. Dieses Schriftstück wurde nach erfolglosem Zustellversuch beim Postamt hinterlegt, jedoch vom Bf. nicht behoben.

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2008 festgesetzt mit Euro 22.163,26. Ebenfalls am wurde ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2008 erlassen, woraus sich eine Abgabenschuld von Euro 167,11 ergibt.

Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 mit Euro 24.827,40 festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Vorsteuern nicht anerkannt werden konnten, da der Bf. auf den Vorhalt nicht reagiert habe und die Vorsteuer weder ganz noch teilweise nachgewiesen habe.

Mit Schreiben vom erhob der Bf. Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom , den Einkommensteuerbescheid 2008 vom , den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen vom sowie den Vorauszahlungsbescheid vom . Im Berufungsschreiben wird ausgeführt, dass ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden sei, das Finanzamt Abgabenforderungen angemeldet habe, die vom Bf. anerkannt wurden, und das Finanzamt dem Zahlungsplan zugestimmt habe. Eine darüber hinausgehende, nachträgliche bescheidmäßige Festsetzung von Abgaben durch die belangte Behörde sei unzulässig. Die Konkursordnung gehe insoweit der BAO vor. Außerdem sei die Vorschreibung der Einkommensteuervorauszahlung mit Bescheid vom in Höhe von Euro 24.057,95 zu Unrecht erfolgt, da die selbständige Tätigkeit ausweislich des Antrages auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens eingestellt wurde.

Der Berufung vom gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom wurde mit Berufungsvorentscheidung vom stattgegeben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung vom gegen den Umsatz-, Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheid für das Jahr 2008, jeweils vom , als unbegründet abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, dass es nach der Bundesabgabenordnung, dem Einkommen- und dem Umsatzsteuergesetz nicht unzulässig sei, im Falle eines Schuldenregulierungsverfahrens nach der Annahme des Zahlungsplanes Bescheide zu erlassen. Dem Veranlagungsbescheid seien die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde zu legen. Auf die Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruches sei nicht abzustellen.

Mit Schreiben vom hat der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. Ergänzend zum Berufungsvorbringen wird darauf hingewiesen, dass auf die Ergebnisse des Insolvenzverfahrens und den Zahlungsplan bei der Abgabenfestsetzung Rücksicht zu nehmen sei. Eine Abgabenfestsetzung ohne Berücksichtigung des Zahlungsplanes würde eine gesetzwidrige Begünstigung der belangten Behörde bedeuten.

Am erfolgte die Vorlage der Berufung vom , die ab dem als Beschwerde zu behandeln ist, an das Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf. hat im Streitjahr 2008 Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezogen. Die Einkommensteuer für das Jahr 2008 wurde mit Bescheid vom erklärungsgemäß mit Euro 22.163,26 festgesetzt. Die entsprechende Festsetzung der Anspruchszinsen für das Jahr 2008 in Höhe von Euro 167,11 erfolgte mit Bescheid vom . Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2008 mit Euro 24.827,40 festgesetzt. Die in der eingereichten Erklärung vom geltend gemachte Vorsteuer in Höhe von Euro 20.157,27 wurde nicht anerkannt, da entsprechende Nachweise trotz Aufforderung nicht vorgelegt wurden. Die Nichtanerkennung dieser Vorsteuerbeträge wurde vom Bf. in der Berufung und im Vorlageantrag nicht beanstandet.

Mit Beschluss des BezirksgerichtX vom 6.  Juli 2009 wurde betreffend den Bf. das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Am wurde der Zahlungsplan angenommen, wonach die Quote 12,16% beträgt und in sieben Jahresraten zu Euro 5.551,00, beginnend mit Jänner 2011, jeweils zum 15. Jänner, zu zahlen ist. Mit Beschluss des BezirksgerichtX vom wurde das Schuldenregulierungsverfahren infolge rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplanes aufgehoben.

Strittig ist, ob die Festsetzung der Einkommen- und Umsatzsteuer sowie der Anspruchszinsen für das Jahr 2008 trotz Annahme eines Zahlungsplanes zu Recht erfolgt ist.

Da das verfahrensgegenständliche Insolvenzverfahren vor dem eröffnet wurde, sind gemäß §  273 Abs. 1 der Insolvenzordnung die Änderungen durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 (BGBl I 29/2010) im vorliegenden Fall nicht maßgeblich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird das Recht bzw. die Pflicht der Abgabenbehörde, Abgabenansprüche im Abgabenfestsetzungsverfahren bescheidmäßig geltend zu machen, durch einen Zwangsausgleich nicht berührt. Erst im Abgabeneinhebungsverfahren ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Gemeinschuldner gemäß § 156 Abs. 1 KO durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von der Verbindlichkeit befreit wird, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen, gleichviel, ob sie am Konkursverfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen oder gegen den Ausgleich gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist. Wie in den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/13/0085, ausgeführt wird, betrifft das im Abgabenfestsetzungsbescheid enthaltene Leistungsgebot stets den materiell-rechtlichen Abgabenanspruch, welcher Gegenstand der Abgabenfestsetzung ist. Die Prüfung der Frage, ob und in welcher Höhe der Abgabenanspruch zum Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung noch aushaftet bzw. inwieweit er bereits durch Zahlungen befriedigt wurde, erfolgt hingegen nicht im Abgabenfestsetzungsverfahren, in welchem die Abgabenverrechnung unberücksichtigt bleiben muss, sondern erst im Abgabeneinhebungsverfahren (siehe , , 2009/08/0011 sowie zur Insolvenzordnung ).

Gemäß §  193 Abs. 1 zweiter Satz der Konkursordnung gelten für einen Zahlungsplan die Bestimmungen über den Zwangsausgleich, soweit nichts anderes angeordnet ist.

Daraus folgt, dass auch die rechtskräftige Bestätigung des Zahlungsplanes der bescheidmäßigen Festsetzung der ungekürzten Abgabenansprüche nicht entgegensteht. Die Festsetzung der Einkommen- und Umsatzsteuer sowie der Anspruchszinsen für das Jahr 2008, jeweils mit Bescheid vom , ist demnach zu Recht ohne Bedachtnahme auf die im Zahlungsplan festgelegte Quote erfolgt.

Bei der Einhebung der vom Zahlungsplan erfassten, in voller Höhe festgesetzten Abgaben werden freilich entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung die Konsequenzen des rechtskräftig bestätigten Zahlungsplanes zu berücksichtigen sein (bzw. waren sie bereits zu berücksichtigen).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG iVm. § 25a Abs. 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist bei der vorliegenden Entscheidung der oben angeführten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 198 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104556.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at