Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2020, RV/7104008/2019

Ablauf der Aussetzung der Einhebung; Ist § 212a Abs. 5 lit. b BAO verfassungskonform?

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 568/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache A.B., Wohnadresse , vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Steuerberater, Stadtlauer Straße 39/1/12, 1220 Wien, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt vom und , betreffend Ablauf der Aussetzung der Einhebung § 212a BAO zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung betreffend Umsatzsteuer 2007, 2008, 2010, 2011, 2012 und 2013 und der Einkommensteuer 2007, 2009, 2010, 2011 und 2012.

Dagegen brachte der steuerliche Vertreter mit Eingabe vom eine Bescheidbeschwerde mit folgendem Inhalt ein:

Diese Beschwerde richte sich gegen die als "Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung" bezeichnete Erledigung des FA Neunkirchen Wr. Neustadt vom .

Die Begründung des angefochtenen Bescheides sei kurz und bündig. Sie laute:

"Die für die nachstehend angeführten Abgaben bewilligte Aussetzung der Einhebung

(AE) läuft infolge Beschwerdeerledigung ab."

II.

Einwendungen

Damit sei die Behörde im Recht und nicht im Recht zugleich. Im Recht deshalb, weil § 212a Abs. 5 lit b BAO ihr keine andere Wahl gelassen habe, als den Ablauf der AE zu verfügen. Nicht im Recht deshalb, weil diese Bestimmung mit der Leitentscheidung des VfGH zum rechtsstaatlichen Prinzip in unlösbarem Widerspruch stehe (VfSlg 11.196/1986). Dazu im Einzelnen:

1. Die Ausgangslage sei rasch geschildert:

"Durch die Einbringung einer Bescheidbeschwerde wird die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere wird die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten" (§ 254 BAO).

Der VfGH habe diese Bestimmung mit Erkenntnis vom , G 119/86, VfSlg 11.196, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Kernaussage laute (die optische Hervorhebung durch Fettdruck erfolge durch den Verfasser dieser Eingabe):

"2. Der VfGH hegt das Bedenken, dass § 254 BAO mit dem der österreichischen Bundesverfassung innewohnenden rechtsstaatlichen Prinzip nicht vereinbar ist.

Wie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung betont hat (VfSlg. 8279/1978 mit Bezugnahme auf VfSlg. 2929/1955; S. auch VfSlg. 2455/1952), gipfelt der Sinn, des rechtsstaatlichen Prinzips darin, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür bietet, dass nur solche Akte in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden. Der VfGH neigt zur Meinung, dass die hier unabdingbar geforderten Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen müssen. Von dieser Annahme her scheint es nicht anzugehen, den Rechtsschutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung solange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist. Widerspricht es aber anscheinend dem Rechtsstaatsprinzip, unter Berufung auf eine behördliche Entscheidung vor Eintritt ihrer Rechtskraft, also trotz Inanspruchnahme von Rechtsschutzeinrichtungen, vollendete und irreversible Tatsachen ohne sachliche Notwendigkeit zu schaffen, so müsste es zumindest möglich sein, die Notwendigkeit der sofortigen Wirksamkeit und Vollziehbarkeit selbst in einem gehörigen Verfahren überprüfen zu lassen. Dem rechtsstaatlichen Prinzip dürfte die vom Gesetzgeber angeordnete sofortige Wirksamkeit und Vollziehbarkeit einer behördlichen Entscheidung vor Eintritt ihrer Rechtskraft sohin dann widersprechen, wenn nicht zusätzlich zum Hauptverfahren, in dem es um die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung geht, ein zweites Verfahren vorgesehen wird, in dem geprüft wird, ob ohne besondere, im öffentlichen Interesse oder im Interesse dritter Personen gelegene Notwendigkeit der sofortigen Vollstreckung der behördlichen Entscheidung diese einen unwiederbringlichen Rechtsnachteil für ihren Adressaten bedeutet.

Der Gerichtshof nimmt in diesem Zusammenhang auch an, dass der Gesetzgeber in besonderen Fällen die sofortige Wirksamkeit und 'Vollziehbarkeit behördlicher Entscheidungen (s. derartige gesetzliche Bestimmungen in Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, S. 354) im Hinblick auf Zweck und Inhalt der Regelung vorsehen darf.

Von der dargelegten Ausgangsposition her erscheint es auch nicht als zweifelhaft, dass dem Gesetzgeber gewiss ein breiter Gestaltungsbereich zwischen dem Grundsatz, dass einem Rechtsmittel im allgemeinen oder sogar ausnahmslos aufschiebende Wirkung zukommt, und dem Prinzip zusteht, dass ein Rechtsmittel nur auf besonderes Verlangen und unter bestimmten mehr oder weniger einschränkenden Voraussetzungen diese Wirkung haben soll.

Sieht man § 254 BAO, der seinem normativen Gehalt nach die Zuerkennung aufschiebender Rechtsmittelwirkung ausschließt, unter diesem Blickwinkel, so genügt er den rechtsstaatlichen Anforderungen anscheinend nicht, weil er den Berufungswerber völlig einseitig mit im Einzelfall sogar sehr schwerwiegenden Rechtsfolgen nicht endgültiger behördlicher Entscheidungen belastet. Diese Belastung wird - wie der Gerichtshof weiters vorläufig annimmt. - auch nicht durch § 212 Abs 1 BAO zureichend ausgeglichen, demzufolge auf Ansuchen bestimmte Zahlungserieichterungen, insbesondere eine Stundung, bewilligt werden können, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Wie nämlich der VwGH in ständiger Rechtsprechung (zB /0067 mit Bezugnahme auf Z 739, 740/76 und die dort enthaltenen Judikaturhinweise) zum Ausdruck gebracht hat, kann die zwangsweise Einbringung einer noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Abgabenschuld unter dem Gesichtspunkt eines unerledigten Rechtsmittels nur dann eine erhebliche Härte bedeuten, wenn der erstinstanzliche Bescheid offenkundig (Hervorhebung in der zitierten Entscheidung) klare Fehler enthält, deren Beseitigung im Berufungsverfahren zu gewärtigen ist. Im Hinblick auf diese Auslegung des § 212 Abs. 1 BAO (von welcher der VfGH vorläufig ausgeht) treffen den Rechtsmittelwerber die Nachteile einer rechtswidrigen Entscheidung wohl regelmäßig voll, weil selbstredend anzunehmen ist, dass die vom VwGH beschriebenen qualifizierten Fehler Ausnahmefälle bilden. Wollte man hingegen annehmen, dass das in § 212 Abs 1 BAO festgelegte Tatbestandsmerkmal der erheblichen Harte - etwa zufolge des Gebotes verfassungskonformer Gesetzesauslegung - bei anhängigen Berufungen in einer für den Zahlungserleichterungen suchenden Rechtsmittdwerber günstigeren Weise zu handhaben wäre, so stünde einer solchen Gesetzesanwendung - und zwar gerade in besonderen Härtefällen - das Erfordernis entgegen, die Einbringlichkeit der Abgabe durch die Gewährung einer Zahlungserleichterung nicht zu gefährden."

Der VfGH habe diese Meinung aus dem Einleitungsbeschluss beibehalten. Dazu heiße es in dieser Entscheidung an späterer Stelle wortwörtlich:

"2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichtshofs erweisen sich im Ergebnis ebenfalls als gerechtfertigt.

Der VfGH kann von seiner im Prüfungsbeschluss bezogenen ständigen Judikatur zum rechtsstaatlichen Prinzip ausgehen, die nicht bestritten wurde. Ihr zufolge gipfelt der Sinn des rechtsstaatlichen Prinzips darin, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür bietet, dass nur solche Akte in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erfassen wurden. Der Gerichtshof bleibt auch bei der im Einleitungsbeschluss an diese Umschreibung geknüpften Annahme, dass die hier unabdingbar geforderten Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber aufweisen müssen. Zunächst ist hiezu die Klarstellung geboten, dass von faktischer Effizienz deshalb die Rede ist, weil unter Effizienz allein unter Umständen bloß das letzten Endes bewirkte Erreichen einer Entscheidung rechtsrichtigen Inhalts durch das Ergreifen von Rechtsbehelfen verstanden werden könnte, nicht aber auch die mitgemeinte Umsetzung einer solchen Entscheidung in den Tatsachenbereich. "Schutz" als Teilaspekt des Ausdrucks "Rechtsschutz" ist auf den Rechtsunterworfenen bezogen und meint nicht zuletzt die -rechtzeitige - Wahrung und Gewährleistung einer faktischen Position, weshalb Rechtsschutzeinrichtungen diesen Zweck notwendig in sich schließen. Der VfGH hält im Hinblick auf diesen Inhalt des Begriffes Rechtsschutzeinrichtung, mithin insbesondere des Begriffes Rechtsbehelf, auch an der Ansicht fest, dass es nicht angeht, den Rechtschutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung solange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang allerdings nicht nur seine Position, sondern auch - Zweck und Inhalt der Regelung, ferner die Interessen Dritter sowie schließlich das öffentliche Interesse. Der Gesetzgeber hat unter diesen Gegebenheiten einen Ausgleich zu schaffen, wobei aber dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukommt und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig ist. Auf welche Weise dieser Ausgleich vom Gesetzgeber vorgenommen wird, lässt sich - wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt - nicht allgemein sagen."

2. Bezogen auf diesen Fall

2.1. Es bedürfe nicht vieler Worte, um zu erkennen, dass der verfügte Ablauf der AE mit diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang zu bringen sei. Im Ergebnis sei der Beschwerdeführer fortan erst recht wieder jener Situation ausgesetzt, die den VfGH seinerzeit veranlasst habe, den § 254 BAO als verfassungswidrig aufzuheben.

Darum sei der Rechtsschutz in diesem Fall nicht in der vom VfGH geforderten Weise "faktisch effizient". Das habe - dieser Hinweis ist ganz wichtig - rein gar nichts mit Kritik am Finanzamt zu tun, das - man müsse es so deutlich sagen - angesichts der klaren einfach-gesetzlichen Rechtslage gar nicht anders habe handeln können, als den Ablauf der AE zu verfügen. Solcherart richte sich meine Kritik einzig und allein gegen das Gesetz selbst.

2.2.

Der Zahlungsaufschub bestehe hier angesichts des vorbereiteten Gangs zum VfGH eben nicht bis zur abschließenden Sachentscheidung. Er ende vielmehr bereits mit der ersten Entscheidung des BFG, selbst wenn sie - wovon auszugehen ist - dem Prüfstand des VfGH nicht standhalte.

Der Zahlungsaufschub habe aber - so die Vorgabe des VfGH - aus Gründen faktischer Effizienz des Rechtsschutzes während des gesamten Verfahrens zu bestehen und nicht nur für einen bestimmten Teil davon. Der VfGH habe dazu in einer Folgeentscheidung zu § 212a BAO die passenden Worte gefunden (, VfSlg 14.548):

2.3.

"1.a) Nach § 212 a BAO ist die Einhebung einer Abgabe auf Antrag des AbgPfl u.a. dann auszusetzen, wenn ihre Höhe von der Erledigung einer Berufung gegen einen Bescheid abhängig ist, mit dem eine Nachforderung verbunden ist, insoweit der Bescheid vom Anbringen abweicht. Nach Abs 2 ist aber die Aussetzung u.a. nicht zu bewilligen, "insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint" (lit a).

b) Nach Ansicht der belangten Behörde ist dabei ausschließlich auf die Erfolgsaussichten des Abgabeverfahrens bis zur letztinstanzlichen Verwaltungsentscheidung abzustellen; ein allfälliger Erfolg eines Verfahrens vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts habe außer Betracht zu bleiben. Insbesondere könne eine Aussetzung nicht bewilligt werden, "wenn eine Berufung nur damit begründet wird, dass eine angewendete gesetzliche Bestimmung verfassungswidrig sei".

"c) Der belangten Finanzlandesdirektion ist zuzugestehen, dass ihre Rechtsauffassung der in einem - angesichts seiner Formulierung unverbindlichen (vgL VfSlg. 8858/1980) - Erlass des BMF festgehaltenen Rechtsansicht entspricht, mit dem dieser zu einigen Auslegungsfragen des § 212a BAO Stellung genommen hat (AÖF 53/1988); in diesem Erlass heißt es:

"Stützt ein AbgPfl ein Rechtsmittel nur auf die Behauptung, eine angewendete Bestimmung sei verfassungswidrig, so kommt eine AE nicht in Betracht, da eine Norm - ungeachtet einer allfälligen Verfassungswidrigkeit - anzuwenden ist, solange sie dem Rechtsbestand angehört."

Ungeachtet dessen ist diese Ansicht grundlegend verfehlt und unterstelle der Bestimmung des § 212 a Abs 2 lit a BAO einen Inhalt, der sie als verfassungswidrig erscheinen ließe. Hätte die Vorschrift tatsächlich den vom Bundesminister und der belangten Behörde angenommenen Inhalt, so wäre sie mit genau jener Verfassungswidrigkeit behaftet, mit der (seinerzeit) § 254 BAO in der Stammfassung im damaligen Kontext belastet war."

Dem sei mit Blick auf diesen Fall rein gar nichts mehr hinzuzufügen, § 212a Abs 5 lit. b BAO erfülle die Vorgaben des VfGH ganz eindeutig nicht.

Demzufolge würden nachstehende Anträge gesteht:

1. Das Finanzamt möge die Beschwerde ohne Erlassung einer BVE dem BFG direkt vorlegen (§ 262 Abs 3 BAO).

2. Das BFG möge die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 212a Abs 5 lit. b BAO an den VfGH herantragen (Art 89 Abs 2 B-VG).

Das BFG möge der Beschwerde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung vor dem/der EinzelrichterIn vollinhaltlich stattgeben.

*****

Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Umsatzsteuer 01/12, Umsatzsteuer 2-12/2012, Einkommensteuer 1-3/2013, Einkommensteuer 4-6/2013,Umsatzsteuer 1-6/2013,Einkommensteuer 7-9/2013, Anspruchszinsen 2007, Anspruchszinsen 2008, Anspruchszinsen 2009, Anspruchszinsen 2010, Anspruchszinsen 2011, Einkommensteuer 10-12/2013, Anspruchszinsen 2012.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom verweist der Bf. auf die Beschwerde vom .

****

Mit Eingabe vom zog der steuerliche Vertreter den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

§ 212a Abs. 1 BAO lautet:

"Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird."

§ 212a Abs. 3 BAO lautet:

"Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gestellt werden. (...)"

§ 212a Abs. 5 BAO lautet:

"Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. (...)"

Der Bf. gesteht im Beschwerdeverfahren selbst zu, dass der Ablaufbescheid im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erlassen wurde.

Der Bf. vertritt die Ansicht, dass § 212a Abs. 5 lit. b BAO verfassungswidrig sei, da "der Zahlungsaufschub angesichts des vorbereiteten Ganges zum VfGH nicht bis zur abschließenden Sachentscheidung bestehe und begehrt, das Bundesfinanzgericht möge die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 212a Abs. 5 lit. b BAO an den VfGH herantragen.

Dazu ist festzustellen:

Es trifft zwar zu, dass § 212a Abs. 5 BAO keine Möglichkeit einer Aussetzung der Einhebung für den Fall der Einbringung einer Beschwerde bzw. Revision an den VfGH/VwGH vorsieht, jedoch scheint der Bf. bei seiner Argumentation zu übersehen, dass die Bundesabgabenordnung nur den Verfahrensablauf bis zum Ergehen des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes und nicht darüber hinaus auch das höchstgerichtliche Verfahren regelt, weshalb bereits aus diesem Grunde § 212a Abs. 5 BAO nicht verfassungswidrig sein kann. Die diesbezüglichen Bestimmungen für das Verfahren vor den Höchstgerichten sind ausschließlich im VfGG bzw. VwGG normiert, die einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (§ 30 Abs. 2 VwGG bzw. § 85 Abs. 2 VfGG) als Äquivalent zur Aussetzung der Einhebung im Bereich der BAO vorsehen, weshalb auch aus diesem Grunde selbst eine Ausdehnung des § 212a Abs. 5 lit. b BAO für das Verfahren vor den Höchstgerichten nicht erforderlich ist.

Zudem wäre eine Ausdehnung des § 212a Abs. 5 lit b BAO auf das Verfahren vor den Höchstgerichten im Hinblick auf lit a und c leg. cit systemwidrig:

Gemäß § 212a Abs. 5 lit a und c wäre der Ablauf anlässlich des Ergehens der Beschwerdevorentscheidung bzw. abschließenden Erledigung zu erlassen, im Falle des Ergehens eines Erkenntnisses nicht anlässlich dessen Erlassung (wie in lit a und c) sondern erst nach Ablauf der Frist zur Einbringung einer Revision bzw. Beschwerde an des VfGH.

Daraus folgt, dass § 212a Abs. 5 lit b BAO nicht verfassungswidrig sein kann. Der vorliegende Fall wird daher nicht an den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorgelegt.

Weitere Einwendungen gegen die Bescheide über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung wurden nicht erstattet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Aus dem Gesetzeswortlaut des § 212a Abs. 5 lit b BAO ergibt sich zwingend, dass anlässlich des Ergehens eines Erkenntnisses der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu verfügen ist.

Da sich diese Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Damit liegt kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 254 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104008.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at