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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 22.01.2020, RV/3100839/2019

Zurückweisung einer Beschwerde als verspätet eingebracht

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerde­sache A, Anschrift1, X-Land, nunmehr vertreten durch Vertreter1, Anschrift2, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO beschlossen:

1. Die (als „Berufung“ bezeichnete) Beschwerde vom gegen den Bescheid vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom zu StNr. X wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 BAO zur Haftung für offene Abgabenverbindlichkeiten der X-Ltd., Anschrift3, in Höhe von insgesamt € 65.057,80 herangezogen. Der mit Rückscheinkuvert RSb an die damalige Hauptwohnsitzadresse des Beschwerdeführers Anschrift4 zuzustellende Bescheid wurde nach Vornahme eines Zustellversuches am beim Postamt Plz. hinterlegt und dort vom Beschwerdeführer nicht behoben.

Anlässlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers beim Finanzamt FA am wurde ihm eine Ausfertigung des Haftungsbescheides persönlich übergeben.

Mit Schriftsatz vom , beim Finanzamt FA eingelangt am durch seinen damaligen Vertreter Vertreter2, Rechtsanwalt in Anschrift5, hat der Beschwerdeführer beim Finanzamt FA „gegen den Haftungsbescheid zur Steuernummer X vom , zugestellt am , fristgerecht Berufung“ [nunmehr: Beschwerde] eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die ihn als Geschäftsführer treffenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht verletzt, da er sich zuverlässiger und erfahrener Personen zur Erfüllung dieser Pflichten bedient habe. Der Beschwerdeführer sei vom Ergebnis einer durchgeführten Betriebsprüfung nicht informiert worden. Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde hat sich der Beschwerdeführer in der Begründung der Berufungsschrift nicht geäußert.

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt FA den „Haftungsbescheid vom , zugestellt am “ zurückgewiesen, weil die Eingabe nicht fristgerecht eingebracht worden sei.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am eine Beschwerde ein und brachte begründend vor, der Zurückweisungsbescheid sei zu Unrecht ergangen, da die Frist am abgelaufen sei und die Berufung gemäß § 108 BAO rechtzeitig überreicht worden sei. Da im Zurückweisungsbescheid keine weitere Begründung angeführt sei, könnten keine weiteren Ausführungen gemacht werden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt FA diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt, der Haftungsbescheid sei am beim zuständigen Postamt (Zustellbasis) hinterlegt worden. Da der Beschwerdeführer in dieser Zeit aufrecht an der Zustelladresse gemeldet gewesen sei, würde der Bescheid laut § 17 Abs. 3 ZustG mit dem Tag der Hinterlegung als zugestellt gelten. Am habe der Beschwerdeführer in Begleitung seines Steuerberaters Vertreter3 im Amt vorgesprochen. Im Zuge dieser Vorsprache sei dem Beschwerdeführer der Haftungsbescheid nochmals persönlich übergeben worden. Diese Ausfolgung würde keine neue Rechtsmittelfrist auslösen.

Im Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht vom führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, der Zurückweisungsbescheid sei mangelhaft gewesen, da er als Zustelldatum nur den angeführt habe und die Berufung vom infolgedessen rechtzeitig gewesen sei. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass sich der Zurückweisungsbescheid auf die angebliche Zustellung vom bezogen habe. Diese Information hätte jedoch im Zurückweisungsbescheid dargelegt werden müssen, dies könne nun nicht mehr durch die Beschwerdevorentscheidung saniert werden.

„Nur informativ“ teilte der Beschwerdeführer mit, dass er sich von Mitte September 2008 bis Mitte Februar 2009 aus geschäftlichen Gründen in Y-Land aufgehalten habe und sich von Mitte Oktober 2008 bis Weihnachten 2008 definitiv ununterbrochen im Ausland in Y-Land aufgehalten habe und es ihm daher unmöglich gewesen sei, die Hinterlegungsanzeige und das damit verbundene Dokument beim zuständigen Postamt abzuholen. Da der Beschwerdeführer sich mehrere Wochen nach Ablauf der Abholfrist erst wieder im Inland befunden habe, sei ihm die Abholung des hinterlegten Dokuments nicht möglich gewesen, da dieses nach 14 Tagen an die Abgabenbehörde zurückgestellt worden sei. Es würde daher als nicht zugestellt gelten. Die Zustellung sei erst am erfolgt und somit sei die Berufung rechtzeitig eingebracht worden.

Mit Schreiben vom , zugestellt dem damaligen Vertreter Rechtsanwalt Vertreter2, ersuchte das Finanzamt FA den Beschwerdeführer um „Ergänzung betreffend den Vorlageantrag vom “ dahingehend, dass die im Vorlageantrag behauptete durchgehende Abwesenheit von der Abgabestelle, insbesondere im maßgeblichen Hinterlegungszeitraum 6.11. bis , durch geeignete Beweismittel zu belegen seien.

Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt Vertreter2 Folgendes mit:
„Es ist dem Beschuldigten nicht mehr möglich nach sechs Jahren so etwas zu belegen, insbesondere, da er sich leider zwischenzeitlich infolge Gültigkeitsablaufs einen neuen Reisepass ausstellen lassen musste. Dabei wurde der alte Reisepass eingezogen.
Weiters hat er damals für eine Firma gearbeitet, die es nicht mehr gibt und ist es ihm daher nicht möglich, von dieser Firma allfällige Reiseunterlagen herauszubekommen.
Der Beschuldigte wiederholt, dass er sich in den Jahren 2008 und 2009 jeweils mehr als sechs Monate im Ausland, in diesem Fall in Y-Land, aufgehalten hat, sich aber definitiv von Mitte Oktober bis Weihnachten 2008 durchgehend in Y-Land aufgehalten hat.
Diese Erklärung erstattet der Beschuldigte auch an Eides statt. Es wird um entsprechende Berücksichtigung ersucht.“

Mit Schreiben vom , zugestellt dem damaligen Vertreter Rechtsanwalt Vertreter2, ersuchte das Finanzamt FA um (weitere) Ergänzung des Vorlageantrages dahingehend, dass die bloße Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne konkrete datumsmäßige Zeitangabe und Vorlage entsprechender Beweismittel nicht ausreichen würde, um die Unwirksamkeit einer durch Hinterlegung erfolgten Zustellung darzutun, weshalb der Beschwerdeführer ersucht wurde, konkrete Nachweise über den behaupteten Aufenthalt in Y-Land (Adresse der Unterkunft) und dessen Dauer (datumsmäßig abgegrenzt) durch Nachreichung geeigneter Unterlagen (Bestätigung der dortigen Gemeinde und des Unterkunftgebers etc.) zu erbringen und die genaue Bezeichnung (Firmenwortlaut) sowie Lageadresse der ehemaligen Firma in Y-Land, für die der Beschwerdeführer offenbar tätig gewesen sei, und welche Funktion er dort ausgeübt habe, bekanntzugeben und dies ebenfalls ausreichend zu belegen.

Mit Schreiben vom teilte Rechtsanwalt Vertreter2 dem Finanzamt mit, da sich der Beschwerdeführer schon seit mehreren Jahren nicht mehr in Österreich, sondern in X-Land in X-Ort aufhalte, wurde das Vollmachtsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

Nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht hat dieses mit Schreiben vom zu GZ. RV/3100307/2015 unter Anschluss der Schreiben des Finanzamtes FA vom und sowie der Schreiben des Vertreter2 vom und die Möglichkeit einer inhaltlichen Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht im Sinne dieser Schreiben eröffnet sowie den Beschwerdeführer zur Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten im Sinne des § 10 Abs. 1 ZustG aufgefordert.

Der Beschwerdeführer hat dieses Schreiben nicht beantwortet.

Mit Erkenntnis vom , RV/3100307/2015, hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge gegeben und den Bescheid vom ersatzlos aufgehoben, weil gemäß der seit geltenden Rechtslage über die verspätete Einbringung des Rechtsmittels gegen den Haftungsbescheid nicht mit einem Zurückweisungsbescheid, sondern mittels Beschwerdevorentscheidung abzusprechen gewesen wäre.

In der Folge hat das Finanzamt FA mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde vom gemäß § 260 BAO zurückgewiesen und begründend nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und Zitierung von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, es würde feststehen, dass die Abgabenbehörde davon ausgehen konnte, dass sich der Beschwerdeführer an der 2008 jedenfalls noch aufrechten Meldeadresse regelmäßig aufgehalten habe. Gegenteiliges sei im Verfahrensverlauf nicht vorgebracht worden. Weiters habe der Beschwerdeführer niemals behauptet, die Benachrichtigung von der Hinterlegung des Haftungsbescheides nach seiner Rückkehr aus Y-Land Ende 2008 in seinem Briefkasten nicht vorgefunden zu haben. Es wäre dem Beschwerdeführer oblegen, den Gegenbeweis durch die Vorlage geeigneter Belege anzutreten. Dies sei nicht geschehen. Dem Beschwerdeführer sei drei Mal die Gelegenheit eingeräumt worden, die behauptete Unwirksamkeit des Zustellvorganges plausibel zu machen. Die Abgabenbehörde habe davon ausgehen können, dass sich der Beschwerdeführer regelmäßig an seiner Meldeadresse aufhält, weshalb die Zustellung dorthin vorzunehmen gewesen sei. Der aufgrund dieser Zustellung existierende Zustellnachweis sei eine öffentliche Urkunde und würde als solche Beweis über die Zustellung machen. Ein Gegenbeweis sei möglich. Die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne konkrete Angabe über Zeit und Grund würde nicht ausreichen. Wenn also der Beschwerdeführer behauptet, von Oktober 2008 bis Weihnachten 2008 ortsabwesend gewesen zu sein, so habe er diese Behauptung durch geeignete Belege nachzuweisen. Der Beschwerdeführer habe im Vorhalteverfahren vorgebracht, nach inzwischen sechs Jahren die vom Finanzamt geforderten Nachweise nicht mehr erbringen zu können. Dieser Einwand würde jedoch an der Tatsache scheitern, dass es ihm bereits Ende 2008 nach Beendigung der behaupteten Geschäftsreise zumutbar gewesen wäre, Kontakt mit dem Finanzamt aufzunehmen, zumal nicht anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer die Benachrichtigung über die Hinterlegung des Haftungsbescheides nicht erhalten habe. Zu dieser Zeit wäre es dem Beschwerdeführer zweifellos noch möglich gewesen, die Unwirksamkeit des Zustellvorganges glaubhaft zu machen und somit eine neuerliche Zustellung, welche auch einen neuen Beginn der Rechtsmittelfrist ausgelöst hätte, zu bewirken. Letztlich habe der Beschwerdeführer durch die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit den durch den Zustellnachweis erbrachten Beweis der Zustellung nicht entkräften können. Die Zustellung sei am erfolgt. Die Berufung sei daher als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen gewesen.

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen nunmehrigen steuerlichen Vertreter die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde vom betreffend Haftungsbescheid vom , erledigt mit Beschwerdevorentscheidung vom , sowie die Entscheidung durch den Senat des Bundesfinanzgerichts gemäß § 272 Abs. 2 BAO und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO.

Begründend wurde ergänzend vorgebracht, wie bereits mehrfach betont habe sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Bescheidausfertigung und des erstmaligen Zustellungsversuchs für längere Zeit im Ausland befunden. Eine Benachrichtigung habe er nie in seinem Postkasten vorgefunden, sodass er von einer Hinterlegung auch keine Kenntnis habe erlangen können. Wenn nun der Steuerpflichtige von der Zustelladresse abwesend sei und auch keinerlei Benachrichtigung nach seiner Abwesenheit vorhanden sei, könne eine rechtskräftige Zustellung nicht stattfinden. Ein Zustellnachweis für das Finanzamt sei, anders als in der Beschwerdevorentscheidung behauptet, auch nicht vorhanden. Das Finanzamt habe lediglich einen Rückschein, aus dem hervorgehen würde, dass der Bescheid nicht behoben worden sei. Selbiges sei schon nach Vorsprache durch den Steuerpflichtigen am am Finanzamt FA aufgezeigt worden. Die Wirkungen des Haftungsbescheides, der durch persönliche Übergabe am zugestellt worden sei, seien innerhalb der Rechtsmittelfrist durch Berufung bekämpft worden. Der Beschwerdeführer werde durch geeignete Belege versuchen, die Abwesenheit zu dokumentieren. Da mittlerweile über 10 Jahre vergangen seien, sei das ein entsprechend schwieriges Unterfangen. Die Belege würden daher nachgereicht werden.

Weiters wurde im Vorlageantrag Einwendungen gegen die Richtigkeit von Abgabenbescheiden vorgebracht, eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers bestritten und Verjährung eingewendet.

Am hat das Finanzamt FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom zu RV/3100839/2019 hat das Bundesfinanzgericht unter Hinweis auf das im Vorlageantrag vom erstattete Vorbringen hingewiesen, wonach Belege betreffend eine Abwesenheit des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Zustellung des gegenständlichen Bescheides nachgereicht werden würden. Nach den vorgelegten Akten sei eine Nachreichung bis dato nicht erfolgt, weshalb ersucht wurde, dem Bundesfinanzgericht allfällige Belege binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu übermitteln. Weiters ersuchte das Bundesfinanzgericht um Klärung der Frage, ob der Beschwerdeführer mittlerweile über eine inländische Abgabestelle verfügt bzw. ob eine aufrechte inländische Zustellungsvollmacht besteht. Allenfalls sei nach § 10 Abs. 1 ZustG vorzugehen.

Am ersuchte der steuerliche Vertreter telefonisch um Fristerstreckung von einer Woche, um erforderliche Erhebungen durchzuführen. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass mit einer Entscheidung jedenfalls bis Ablauf dieser Frist zugewartet werde.

Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter mit, trotz intensiver Suche nach Unterlagen bezüglich der Abwesenheit des Beschwerdeführers sei es aufgrund des sehr lange zurückliegenden Sachverhaltes bis dato leider nicht gelungen, entsprechende Unterlagen zu erlangen. Der Beschwerdeführer würde sich jedoch intensiv darum bemühen und es werde daher letztmalig um eine Fristerstreckung bis ersucht. Bis dahin sollte es möglich sein, die ausländischen Unterlagen zu erlangen. Es wird höflich um Verständnis für die erneute Verzögerung aufgrund des lange zurückliegenden Sachverhalts und der ausländischen Kontaktpersonen ersucht. Der Beschwerdeführer verfüge über keinen Wohnsitz im Inland und über keinen Zustellungsbevollmächtigten und keine inländische Abgabestelle. Die Anschrift laute Anschrift1, X-Land.

Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer dem Bundesfinanzgericht mit, dass trotz intensiver Suche nach Unterlagen bezüglich der Abwesenheit des Beschwerdeführers es aufgrund des sehr lange zurückliegenden Sachverhaltes leider endgültig nicht gelungen sei, Bestätigungen für den Zeitraum 2008 zu erlangen.

Rechtslage:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO idF BGBl. Nr. 681/1994 betrug die Berufungsfrist im hier gegenständlichen Fall einen Monat. Eine Verlängerung der Berufungsfrist (§ 245 Abs. 3 BAO idF BGBl. Nr. 681/1994) wurde nicht beantragt.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 109 BAO). Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.

Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen (§ 17 Abs. 1 ZustG).

Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Gemäß § 22 Abs. 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments keine Rechtswirkungen aus (§ 6 ZustG).

Gemäß § 10 Abs. 1 ZustG kann Parteien und Beteiligten, die über keine inländische Abgabestelle verfügen, von der Behörde aufgetragen werden, innerhalb einer Frist von mindestens zwei Wochen für bestimmte oder für alle bei dieser Behörde anhängigen oder anhängig zu machenden Verfahren einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Kommt die Partei bzw. der Beteiligte diesem Auftrag nicht fristgerecht nach, kann die Zustellung ohne Zustellnachweis durch Übersendung der Dokumente an eine der Behörde bekannte Zustelladresse erfolgen. Ein übersandtes Dokument gilt zwei Wochen nach Übergabe an den Zustelldienst als zugestellt. Auf diese Rechtsfolge ist im Auftrag hinzuweisen.

Gemäß § 10 Abs. 2 ZustG ist eine Zustellung gemäß Abs. 1 nicht mehr zulässig, sobald die Partei bzw. der Beteiligte
1. einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht hat oder
2. über eine inländische Abgabestelle verfügt und diese der Behörde bekannt gegeben hat.

Erwägungen:

Laut Zentralem Melderegister war der Beschwerdeführer vom bis an der Anschrift Anschrift4, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Nach Durchführung eines Zustellversuches an dieser Anschrift wurde der Haftungsbescheid vom beim Zustellpostamt Plz. hinterlegt; Beginn der Abholfrist war (vgl. Rückschein gemäß § 22 ZustG). Der Bescheid wurde nicht behoben.

Der Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 168 BAO. Ein die gehörige äußere Form aufweisender Zustellnachweis begründet die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorganges, doch ist der Einwand der Unechtheit oder der Unrichtigkeit zulässig. Wer behauptet, es lägen Zustellmängel vor, hat diese Behauptung im Sinne des § 292 Abs. 2 ZPO entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen (vgl. dazu ; siehe auch Ritz, BAO6, § 22 ZustG Tz. 2). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, die Unrichtigkeit des Zustellnachweises zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen. Die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne konkrete Angabe über Zeitraum und Grund der Abwesenheit reicht nicht (vgl. Ritz, aaO, § 17 ZustG Tz. 22f mwN).

Dem Beschwerdeführer wurde mehrfach Gelegenheit gegeben, entsprechende Nachweise für die behauptete Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung des gegenständlichen Bescheides vorzulegen (Schreiben des Finanzamtes FA vom und vom , Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/3100307/2015 und vom zu RV/3100839/2019). Das Vorbringen des Beschwerdeführers hat sich letztlich aber darauf beschränkt, er habe sich 2008 und 2009 jeweils mehr als sechs Monate bzw. von Mitte Oktober bis Weihnachten 2008 durchgehend in Y-Land aufgehalten und er habe damals für eine (nicht näher benannte) Firma gearbeitet, die es nicht mehr gäbe. Darüber hinausgehende datumsmäßige Zeitangaben sowie Angaben zum genauen Ort (Anschrift) und Zweck des Aufenthalts wurden trotz entsprechender Vorhalte (insbesondere jener des Finanzamtes FA vom ) nicht erstattet. Der Beschwerdeführer hat dem Finanzamt FA bzw. in der Folge dem Bundesfinanzgericht trotz entsprechender Vorhalte keine Nachweise für die behauptete Ortsabwesenheit vorgelegt und sein sehr allgemein gehaltenes Vorbringen nicht konkretisiert.

Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweist, der dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegende Sachverhalt würde sehr lange zurückliegen, so ist darauf zu verweisen, dass bereits bei Einbringung der Berufung am bzw. mit dem Zurückweisungsbescheid vom erkennbar war, dass die Rechtzeitigkeit der Einbringung des Rechtsmittels allenfalls eines Nachweises bedurfte, weshalb eine entsprechende Beweisvorsorge zu treffen gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer hat somit weder hinreichende Gründe dargelegt, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen lassen noch irgendwelche Belege vorgelegt. Ein Beweis der Unrichtigkeit (§ 292 Abs. 2 ZPO) des mit dem Zustellnachweis bezeugten Vorganges wurde nicht erbracht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zustellung des Haftungsbescheides vom durch Hinterlegung auch tatsächlich – entsprechend den Angaben auf dem Rückschein – mit Beginn der Abholfrist am ordnungsgemäß bewirkt wurde (§ 17 Abs. 3, 3. Satz ZustG). Die Rechtsmittelfrist endete demnach am (§ 108 Abs. 3 BAO).

Die gegen diesen Bescheid am eingebrachte Berufung erweist sich damit als verspätet und war somit gemäß § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.

Zum Vorbringen, der Bescheid sei (erst) anlässlich einer Vorsprache des Beschwerdeführers beim Finanzamt FA am zugestellt worden, ist darauf zu verweisen, dass die neuerliche Ausfolgung des gleichen Dokuments zu einem späteren Zeitpunkt keine Rechtswirkungen auslösen kann (§ 6 ZustG).

Zu den im Vorlageantrag gestellten Anträgen auf Entscheidung durch den gesamten Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist darauf zu verweisen, dass gemäß § 272 Abs. 4 BAO (unter anderem) Zurückweisungen (§ 260 BAO) zunächst dem Berichterstatter obliegen. Da die Beschwerde als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen war (§ 260 Abs. 1 lit. b BAO), konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z. 1 BAO ungeachtet des diesbezüglichen Antrages auch von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Mit Schreiben vom hat das Bundesfinanzgericht den Beschwerdeführer mit der Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten gemäß § 10 ZustG beauftragt. Der Beschwerdeführer verfügt derzeit weder über einen Zustellungsbevollmächtigten noch über eine inländische Abgabestelle (vgl. Schreiben des steuerlichen Vertreters vom ), weshalb die Zustellung dieses Beschlusses gemäß § 10 Abs. 1 ZustG ohne Zustellnachweis an die bekannte Zustelladresse zu erfolgen hat.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist die Revision gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen, da es sich im Wesentlichen um Fragen der Beweiswürdigung handelte und hinsichtlich der zugrundeliegenden Rechtsfragen ständige Rechtsprechung des VwGH vorliegt.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 17 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 10 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 272 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 168 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895
§ 292 Abs. 2 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 272 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 13 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 17 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 22 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 6 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 10 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 22 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 10 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Beweislast
verspätete Einbringung
Verweise

Ritz, BAO, 6. Aufl., § 22 ZustG Tz. 2
Ritz, BAO, 6. Aufl., § 17 ZustG Tz. 22
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100839.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at