Keine Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer bei Einbeziehung der innergemeinschaftlichen Anschlusslieferung in eine Steuerhinterziehung
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0060. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache A. GmbH, Adresse, vertreten durch RA, gegen die Bescheide des Zollamtes Feldkirch Wolfurt
vom , Zl. x,
vom , Zl. x,
vom , Zl. x und
vom , Zl. x, soweit sie die Vorschreibung zu den Anmeldungen CRN1, CRN2, CRN3, CRN4, CRN5 betreffen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Bescheiden vom , Zl. x,
vom , Zl. x, vom , Zl. x und vom , Zl. x wurden der A. GmbH, Adresse (in weiterer Folge als Beschwerdeführerin -Bf.- bezeichnet), zu in den Bescheiden näher bezeichneten Zollanmeldungen im Zeitraum Dezember 2008 bis April 2004 gem. Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 3 ZK iVm. § 2 Abs. 1 ZollR-DG, Einfuhrumsatzsteuer sowie eine Abgabenerhöhung gem. § 108 Abs. 1 ZollR-DG, vorgeschrieben.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die an die Steuerfreiheit gem. Art. 6 (3) iVm. Art. 7 (1) Z 2 a) und Z 3 UStG geknüpften Voraussetzungen(Nachweis der tatsächlichen Empfänger der innergemeinschaftlichen Lieferungen) seien nicht nachgewiesen worden bzw. handle es sich bei den Warenempfängern um zum Zwecke des Umsatzsteuerbetruges eingerichtete Scheinunternehmen.
In den gegen diese Entscheidungen eingebrachten, nunmehr als Beschwerden zu erledigenden Berufungen, brachte die Bf. im Wesentlichen vor, die Vorschreibungen gründen sich lediglich auf Vermutungen des Zollamtes, dass es sich bei den Abnehmern um Missing Trader und Scheinfirmen gehandelt habe. Im Zeitpunkt der Abfertigungen habe die Bf. jeweils Level 2 Abfragen gemacht und dabei die Gültigkeit der UID-Nr. der Empfänger überprüft. Sie sei daher ihrer in der vom BMF in der ZK-4200 angeführten Prüfpflichten nachgekommen. Sowohl B. als auch C. verfügen nach wie vor über gültige UID Nummern.
Dass der jetzige Geschäftsführer der Fa. D. SrL. keine Dokumentationen zu den Transaktionen vorlegen könne, lasse nicht den Schluss zu, dass dieses Unternehmen als "Missing Trader" anzusehen sei. Die Waren seien an den Empfänger geliefert worden; die CMR Frachtbriefe enthalten die jeweiligen Empfangsvermerke, sämtliche anderen Dokumente, wie Rechnungen liegen vor. Die UID Nr. sei auf Stufe 2 überprüft und für gültig befunden worden.
Mit Schreiben vom wurden umfangreiche Unterlagen zu den betroffenen Empfängerfirmen vorgelegt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom , Zl. Zahl*,wurden die Berufungen mit der Begründung abgewiesen, aus den bisherigen Ermittlungen sei vom Vorliegen eines Umsatzsteuer-Karussellbetruges auszugehen. Die in Italien ansässige Fa. D. habe laut Ermittlungen der italienischen Finanzbehörde keine Umsatzsteuer entrichtet. Da für die Erwerbe im Bestimmungsmitgliedsstaat keine Mehrwertsteuer entrichtet worden sei, sei - unter Hinweis auf das - von der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung auszugehen.
Dagegen richtet sich nun die als Vorlageantrag zu wertende Beschwerde vom , in der im Wesentlichen folgendes vorgebracht wurde:
Zum angeblichen "Umsatzsteuer-Karussellbetrug":
Das Zollamt sei ohne Offenlegung der angeblichen Beweismittel vom Vorliegen eines Umsatzsteuerbetrugs ausgegangen. Es wurde lediglich behauptet, dass im Zuge anderer Ermittlungen bekannt geworden sei, das der Geschäftsführer der B. zuvor als Geschäftsführer einer österreichischen Firma in einen Steuerbetrug verwickelt gewesen sei. Derartige Rückschlüsse seien unzulässig. Aus welchen Überlegungen die italienischen Behörden davon ausgehen, dass die D. ein Missing Trader sei, sei für den Bf. nicht nachvollziehbar.
Kein Sorgfaltsverstoß der Bf.:
Sie sei jeweils schriftlich mit der Verzollung beauftragt worden und habe qualifizierte Bestätigungen (Level 2) der UID-Nummer der Empfänger eingeholt. Der Warentransport sei durch Fremdfrächter erfolgt, aus Österreich ausgeführt und von den Empfängern übernommen worden, was sich aus den vorgelegten CMR Frachtbriefen ergebe. Sie habe daher alle Pflichten eingehalten, die ihr für die Durchführung der Zollanmeldungen gesetzlich vorgeschrieben waren. Dass es sich bei den Empfängern - wie vom Zollamt unsubstantiiert behauptet wurde, um Scheinunternehmen gehandelt habe, sei ihr nicht bekannt gewesen und habe sich auch durch die Level 2 Abfragen nicht bestätigt.
Sie habe sämtliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Verfahrens 4200 erfüllt, die Umsatzsteuer sei nicht in Österreich entstanden.
Sollte möglicher Weise im Empfangsstaat keine Umsatzsteuer abgeführt worden sein - was der Bf. nicht bekannt sei - seien ausschließlich die Behörden in den jeweiligen Empfangsländern für die Umsatzsteuereinhebung zuständig.
Der Bf. komme daher der Gutglaubensschutz nach Art. 7 Abs. 4 UStG (Binnenmarktregelung) zu Gute.
Die Waren seien - im Anschluss an die unter einem T1 erfolgte Beförderung von der Schweiz nach Österreich - innergemeinschaftlich weiter in eine anderes EU Mitgliedsland verbracht worden.
Die Abnehmer seien laut UID Abfragen Unternehmer gewesen.
Auf den Versendungsbelegen (CMR Frachtbriefen) sei die Warenübernahme durch die Empfänger bestätigt worden.
Für die Bf. als Speditionsunternehmen bestehe darüber hinaus keine weitere Überprüfungspflicht aber auch keine Möglichkeit die Kunden darauf hin zu überprüfen, ob sie tatsächlich Unternehmer oder lediglich Scheinunternehmer seien. Der buchmäßige Nachweis sei von der Bf. erbracht worden.
Weiters komme der Bf. der Gutglaubensschutz nach Art. 7 Abs. 4 UStG (BMG) zu.
In der mündlichen Verhandlung wurden die bisherigen Vorbringen aufrechterhalten und ergänzend auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des EuGH, insbesondere zur Rechtssache C-631/17, "Vetsch Int. Transporte GmbH" vom , Rechtssache C-108/17 "Enteco Baltic UAB" und Rechtssache und C-528/17 "Bozicevic Jezovnik" verwiesen, welche die Rechtsansicht, dass in Österreich keine Abgabenschuld entstanden sei bzw. die Beschwerdeführerin als Vertreterin nicht zur Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer herangezogen werden könne, stützen würden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin, ein Speditionsunternehmen, beantragte im Zeitraum Dezember 2008 bis April 2009 unter Verwendung ihrer Sonder-UID im Rahmen des Zollverfahrens Verfahrenscode 42, Mobiltelefone aus der Schweiz zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit unmittelbar anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung nach Italien.
Als Warenempfänger waren in Feld 8 der Anmeldungen jeweils in Italien ansässige Firmen angeführt. Die Gültigkeit der UID-Nr. der Empfängerfirmen wurden von der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Abgabe der Anmeldungen jeweils auf Stufe 2 überprüft.
Die Beschwerdeführerin trat als indirekte Vertreterin der Warenempfänger auf.
Im Einzelnen handelte es sich um folgende Warenempfänger und Anmeldungen:
B.. Srl., Adr1, 16100 Genua
CRN6
E. Srl. Adr2, 00192 Rom
CRN7
CRN8
CRN9
CRN10
CRN11
CRN12
CRN13
CRN14
CRN15
CRN16
CRN17
B.. Srl., Adr1, 16100 Genua;
CRN18
CRN19
C. Srl., Adr3, 00187 Rom, Italien
CRN20
D. Srl. Adr4, 00146 Rom,
CRN1
CRN2
CRN3
CRN4
CRN5
Das Zollamt nahm die Zollanmeldungen wie beantragt an.
Ermittlungen (Amtshilfeersuchen auf der Grundlage der VO 1798/2003 (Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer) betreffend der italienischen Warenempfänger ergaben, dass sämtliche Firmen in Steuerbetrug verwickelt waren.
B. führte 2008 und 2009 keine Buchhaltung, Rechnungen wurden nie aufgezeichnet. Es wurden keinerlei Steuern gezahlt.
E. SRL hatte keinen Betriebs- bzw. Geschäftssitz, es gab keine Buchhaltung. Das Unternehmen war direkt am Mehrwertsteuerbetrug beteiligt, hat die Erwerbe zwar bezahlt aber nicht verbucht.
C. C. Srl konnte nicht aufgefunden werden. Es handelt sich um einen, "Missing Trader".
D., hat laut Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Feldkirch an die Generalstaatsanwaltschaft beim Berufungsgericht Rom vom ergeben, dass im Jahr 2009 keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben worden sind, Buchhaltungsunterlagen unterschlagen und vernichtet sowie Rechnungen für Scheingeschäfte ausgestellt worden sind.
Rechtsgrundlagen:
Art. 6 Abs. 3 UStG (Fassung BGBl I 71/2003)
Steuerfrei ist die Einfuhr der Gegenstände, die vom Anmelder im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) verwendet werden; der Anmelder hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 buchmäßig nachzuweisen. Die Befreiung ist nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt.
Art. 7 UStG
(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber und
3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.
(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gelten auch
1. das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (Art. 3 Abs. 1 Z 1)
(3) Die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, daß der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist.
(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung dennoch als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten.
Die Steuerfreiheit nach Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 (BMR) beruht auf der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABlEU Nr. L 347 vom (MwSt-RL).
Die Art. 131 und 138 Abs. 1 der MwSt-RL entsprechen inhaltlich im Wesentlichen Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Art. 143 Buchst. d MwSt-RL dem Artikel 28c Teil D Absatz 1 der Sechsten Richtlinie.
Art. 131 MwStSyst-RL
Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewähreistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen."
Art. 138 (1) MwStSyst-RL
Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nicht steuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt."
Art. 143 MwStSyst-RL lautet auszugsweise:
Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
d) die Einfuhr von Gegenständen, die von einem Drittgebiet oder einem Drittland aus in einen anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung versandt oder befördert werden, sofern die Lieferung dieser Gegenstände durch den gemäß Art. 201 als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur bewirkt wird und gemäß Art. 138 befreit ist;"
Gemäß Art. 201 MwStSyst-RL wird bei der Einfuhr die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG in der anzuwendenden Fassung:
Das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex), gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist."
§ 26 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 bestimmt, dass für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß gelten, soweit im UStG nichts anderes bestimmt ist.
Art. 204 ZK
(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht, wenn in anderen als den in Artikel 203 genannten Fällen
a) eine der Pflichten nicht erfüllt wird, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des Zollverfahrens, in das sie übergeführt worden ist, ergeben, oder
b) eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird,
es sei denn, dass sich diese Verfehlungen nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.
(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Pflicht, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht mehr erfüllt wird, oder dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.
(3) Zollschuldner ist die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat.
Gemäß § 71a ZollR-DG schuldet in den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Artikel 6 Abs. 3 des UStG 1994 eine nach Artikel 204 Abs. 1 ZK entstehende Einfuhrumsatzsteuerschuld auch der Anmelder, wenn dieser nicht bereits nach Art. 204 Abs. 3 ZK als Schuldner in Betracht kommt.
Gemäß § 5 ZollR-DG hat derjenige, der im Verfahren der Zollbehörden eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen will, dies geltend zu machen und das Vorliegen der hierfür maßgeblichen Voraussetzungen der Zollbehörde nachzuweisen. Wenn der Nachweis nach den Umständen nicht zumutbar ist, genügt die Glaubhaftmachung.
Beweiswürdigung und rechtliche Erwägungen:
Wenn einfuhrabgabenpflichtige Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden, ist Zollschuldner nach Art 201 Abs 3 ZK der Anmelder und im Falle der indirekten Vertretung auch die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.
Wird ein Gegenstand iSd § 1 Abs. 1 Z 3 UStG in Österreich eingeführt, dann ist grundsätzlich nach § 19 Abs. 5 iVm § 26 Abs. 1 UStG iVm Art. 201 Abs. 3 ZK die EuSt in Österreich zu entrichten.
Wird der Gegenstand jedoch in einen anderen Mitgliedsstaat weitergeliefert (oder verbracht), dann kommt es unter bestimmten Voraussetzungen zur EuSt-Befreiung des Art. 6 Abs. 3 UStG (Verfahren 4200). Die Besteuerung erfolgt im Bestimmungsmitgliedstaat als innergemeinschaftlicher Erwerb.
Art 6 Abs 3 UStG ist daher richtlinienkonform so auszulegen, dass sowohl der Anmelder selbst, aber auch der vom Anmelder indirekt Vertretene den Tatbestand des Art 6 Abs 3 UStG erfüllen und die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung ausführen kann.
Die Bf hat bei den in Rede stehenden Zollabfertigungen durch Eintragung des Verfahrenscodes 4200 im Feld 37 der Zollanmeldungen beantragt, die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art 6 Abs 3 UStG zu gewähren.
Die Steuerbefreiung nach der zitierten Norm findet bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch für den Fall Anwendung, dass die Waren im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar innergemeinschaftlich verbracht werden, da gemäß Art 7 Abs 2 Z 1 UStG auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (Art 3 Abs 1 Z 1) als innergemeinschaftliche Lieferung gilt.
Nach Art. 3 Abs. 1 Z 1 UStG handelt es sich dabei um ein Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer.
Aufgrund des gegebenen Sachverhaltes ist unstrittig davon auszugehen, dass in den gegenständlichen Einfuhrfällen ein der innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestelltes innergemeinschaftliches Verbringen zur eigenen Verfügung durch die von der Beschwerdeführerin vertretenen italienischen Warenempfänger vorliegt. Es herrscht daher Personenidentität zwischen den Verbringern und den Warenempfängern.
Die Ermittlungen in Italien brachten zu Tage, dass sämtliche Warenempfänger betrügerisch gehandelt bzw. an Steuerhinterziehungen beteiligt waren, entweder selbst sog. "Missing Trader" waren, keine Buchhaltung geführt und Mehrwertsteuer in beträchtlichem Umfang hinterzogen haben.
Für das Bundesfinanzgericht bestehen keinerlei Zweifel am betrügerischen Handeln der von der Beschwerdeführerin vertretenen Warenempfänger.
Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin von den beabsichtigten Hinterziehungshandlungen der von ihr Vertretenen wusste, sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen.
Anders verhält es sich jedoch bei den von der Bf. vertretenen Warenempfängern. Diese waren Teil eines auf Umsatzsteuerbetrug ausgelegten Systems.
Bereits im Zeitpunkt, in dem die Beschwerdeführerin mit der Abgabe der Zollanmeldungen betraut worden ist, war für die Vollmachtgeber klar, dass dieser Umsatz Teil einer Betrugshandlung werden sollte.
Es war von vornherein nie beabsichtigt, ordnungsgemäß Steuern zu entrichten.
Keiner der Warenempfänger hat redlich gehandelt und im Einfuhrzeitpunkt die Versteuerung der Waren im Bestimmungsland beabsichtigt.
Es war Teil ihres Gesamtplans, dass die Mobiltelefone ohne Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer nach Italien gebracht werden, von wo sie ebenfalls ohne jegliche Absicht diese in Italien zu versteuern entweder dort auf den Markt gebracht oder wieder ausgeführt werden sollten, um das "Mehrwertsteuerkarussell" erneut in Gang zu bringen.
Sämtliche Abnehmer hatten entweder gar keine Buchhaltung oder waren "Missing Trader" und ähnliches. Dabei kann von einem steuerredlichen Verhalten nicht ausgegangen werden. Auch der Bericht der italienischen Staatsanwaltschaft geht von Scheingeschäften und Umsatzsteuerhinterziehungen in großem Umfang im Zusammenhang mit bei Mobiltelefonen aus.
Für das BFG steht zweifelsfrei fest, dass die Warenempfänger bereits im Einfuhrzeitpunkt wussten und wollten, dass die Telefone unversteuert in die Gemeinschaft gelangen. In Anbetracht der als erwiesen anzusehenden Einbeziehung der Warenempfänger in Umsatzsteuerbetrügereien und der Tatsache, dass diese die Erwerbe in Italien nicht erklärt haben, ist die Steuerbefreiung zu versagen.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung eines Gegenstands nur dann anwendbar, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über diesen Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist, wenn der Lieferer nachweist, dass der fragliche Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist, und wenn der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (vgl. , EU:C:2007:548 "Teleos u.a.", Rn. 42; , EU:C:2012:547, "Mecsek-Gabona", Rn. 31; , EU:C:2014:2267, "Traum",Rn. 24; , EU:C:2018:473, "Enteco Baltic", Rn 66).
Die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung ist aber dann zu versagen,
- wenn sich der Steuerpflichtige an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet hat, und in dem er somit nicht im guten Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sich zu vergewissern, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt oder
- wenn die Nichtbeachtung formeller Erfordernisse den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt worden sind (vgl. , EU:C:2017:106, "Euro Tyre", Rn 39f mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung; , EU:C:2018:473, "Enteco Baltic", Rn 59).
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom in den verbundenen Rechtssachen C-131/13, C-163/13 und C-164/13, Schoenimport "Italmoda" Mariano Previti vof und Turbu.com BV und Turbu.com Mobile Phone's BV, ECLI:EU:C:2014:2455, unter Hinweis auf seine Rechtsprechung ausgeführt, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel ist, das von der Sechsten Richtlinie anerkannt und gefördert wird (Rz 42), der Gerichtshof schon wiederholt entschieden habe, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Unionsrecht nicht erlaubt sei (Rz 43) und dass sich aus seiner Rechtsprechung ergebe, dass bei einem Missbrauch oder Betrug grundsätzlich auch für das Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung diese Folge habe (Rz 45). Dies gelte nach ständiger Rechtsprechung nicht nur dann, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begehe, sondern auch, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit dem betreffenden Umsatz an einem Umsatz beteilige, der in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorübergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangenen Steuerhinterziehung einbezogen war (Rz 50). Schließlich stellte der Gerichtshof auch klar, dass die Rechte ungeachtet der Tatsache versagt werden können, dass die Steuerhinterziehung in einem anderen Mitgliedstaat als dem begangen worden sind, indem diese Rechte beansprucht werden (Rz 69).
Die Beschwerdeführerin als Anmelderin wird neben den von ihr vertretenen Warenempfängern zur Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. b ZK iVm § 2 Abs. 1 und § 71a ZollR-DG (vgl. ). Auf ihren guten Glauben kommt es nach dem Wortlaut des § 71a ZollR-DG nicht an.
Der Spediteur, der als indirekter Vertreter der Warenempfänger auftritt, die sich die Waren zur eigenen Verfügung nach Italien verbringen ließen, wird weder zum Lieferer noch zum Verbringer. Die Zollabfertigungen durch die Beschwerdeführerin bewirken keine Wareneinfuhr für das Unternehmen der Beschwerdeführerin.
Art. 6 (3) UStG sieht die Befreiung von der Umsatzsteuer nur für Waren, die für das eigene Unternehmen bestimmt sind, vor. Die Wareneinfuhr erfolgt jedoch nicht für die Spedition sondern für die von ihr vertretenen Empfänger.
Zu den Einwendungen, wonach die Waren in Österreich nicht in den Wirtschaftskreislauf gelangt sind (Hinweis auf EuGH Judikatur C-226/14 und C-228/14 (Eurogate und DHL) sowie C-86/18 (Fedex), da sie nur durch Österreich transitiert und daher erst in Italien in den Wirtschaftskreislauf gelangt sind, so dass Österreich kein Recht auf Einhebung der Umsatzsteuer habe und die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer in Österreich gegen das mehrwertsteuerliche Neutralitätsgebot als auch gegen das Bestimmungslandprinzip verstoße:
In den Rechtssache Eurogate und DHl sind, anders als verfahrensgegenständlich, die Waren nicht dauerhaft in die Gemeinschaft eingeführt worden.
Die Nichtunionswaren wurden aus einem Drittland in ein Zollager in der Union verbracht und blieben bis zur Ausfuhr im Zolllagerverfahren, d. h. diese Waren blieben Nichtunionswaren. Da sie dem genannten Verfahren zum Zeitpunkt ihrer Wiederausfuhr nach wie vor unterlagen, kann bei ihnen, obwohl sie sich physisch im Gebiet der Union befanden, nicht von einer "Einfuhr" im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Sechsten Richtlinie ausgegangen werden (EuGH Rs 226 und 228/14).
Verfahrensgegenständlich führt hier der Verstoß gegen das Zollrecht (Pflichtverletzung mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die steuerfreie Anschlusslieferung) dazu, dass die Mobiltelefone bereits mit der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr in den Wirtschaftskreislauf gelangten und nicht, wie von der Bf. vorgebracht, dieses Gelangen erst in Italien erfolgt, was zur Folge hat, dass die EuSt bereits in diesem Zeitpunkt entstanden ist. Die Waren befanden sich somit nicht mehr in einem Verfahren iSd Art. 61 Abs. 1 MwStSyst-RL.
Im Sachverhalt, der der Entscheidung Wallenborn (EuGH Rs-C-571/17) zu Grunde lag, befanden sich die Waren trotz Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung immer in einer Freizone und wurden dort weder verbraucht noch verwendet und wurden später wieder ausgeführt. Auch hier befanden sich die Waren - trotz des Verstoßes gegen Zollvorschriften - weiterhin in einer sonstigen Regelung nach Art. 61 Abs. 1 der MwSt-RL, aus der heraus sie ausgeführt wurden.
Mit der Abfertigung zum Verfahren 42 wird eine Drittlandsware zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen; der Einfuhrtatbestand iSd. Art. 30 Abs. 1 iVm. Art. 60 MwStSyst-RL im Eintrittsmitgliedsstaat wird verwirklicht. Daran kann sich eine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung bzw. ein Verbringen anschließen (Thomas Bieber, SWK 13/19, S. 645).
Zum Einwand, die Nacherhebung und Vorschreibung an den indirekten Vertreter verstoße gegen das Neutralitätsgebot, weil der Zollspediteur die nacherhobene EuSt nicht als Vorsteuer abziehen kann:
Wie der VwGH in der Entscheidung vom , 2013/15/0238, ausgeführt hat, ist entscheidend, dass die eingeführten Gegenstände in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen des Unternehmers oder zumindest mit der (gesamten) unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Es sei aber nicht ausreichend, dass der Spediteur an der Einfuhr beteiligt ist. Für eine Vorsteuerabzugsberechtigung hätten die betreffenden Waren für sein Unternehmen und für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze eingeführt werden und als Kostenfaktor in seine allgemeinen Aufwendungen eingehen müssen. Für Spediteure, die nur die Zollabfertigung vornehmen sowie für Spediteure, die die Waren nur befördern und die Zollabfertigung machen, bestehe keine Vorsteuerabzugsberechtigung.
Wie bereits oben ausgeführt, erfolgt die Vorschreibung an die Bf. deshalb, weil sie als direkte Vertreterin der Warenempfänger gehandelt hat. Diese traten sowohl als Lieferer als auch als Erwerber auf.
Bereits in der Entscheidung vom , 2012/16/0009, hat der VwGH ausgeführt, dass die Vertrauensschutzregelung dann nicht in Betracht komme, wenn es an einem Abnehmer mangelt, der unrichtige Angaben geliefert hat.
Die von der Bf. indirekt vertretenen Warenempfänger waren zugleich Lieferer und Erwerber, es herrschte daher Personenidentität und sie waren direkt am Umsatzsteuerbetrug beteiligt. Bei dieser Konstellation besteht laut VwGH kein schützenswertes Vertrauen des liefernden Unternehmers in die Richtigkeit der Angaben des erwerbenden Unternehmers, bei dem es sich, wie gegenständlich um denselben Unternehmer gehandelt hat.
Weder die vom EuGH entschiedenen Rechtssachen Enteco Baltic bzw. Milan Bozizevic Jesovnik bestätigen die Ansicht der Bf., da diesen Entscheidungen andere Sachverhalte zu Grunde liegen, die mit den gegenständlichen nicht vergleichbar sind.Verfahrensgegenständlich haben sich die Lieferanten, die gleichzeitig Erwerber waren, an Steuerhinterziehungen beteiligt, so dass der Grundsatz, den gutgläubigen Lieferanten bei Täuschung durch den Erwerber zu schützen hier nicht zur Anwendung gelangen kann.
Bereits anlässlich der Einfuhr wurde vorgetäuscht, gesetzeskonforme innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Verbringungen zu tätigen, obwohl von vornherein nicht beabsichtigt war, die Waren im Bestimmungsland einer Erwerbsbesteuerung zu unterziehen.
Ein anderer Sachverhalt lag auch der Entscheidung in der Rechtssache Vetsch zu Grunde. Der EuGH hat geprüft, ob bei einem auf Steuerhinterziehung gerichteten späteren Umsatz des Warenempfängers (im Bestimmungsmitgliedsstaat), der mit dem innergemeinschaftlichen Verbringen nicht in Zusammenhang steht, zur Versagung der EuSt Befreiung beim Importeur führt. Der EuGH war vom Sachverhalt ausgegangen, dass die Steuerhinterziehung nicht die Verbringung betrifft, von der die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 143 Buchst. d der Mehrwertsteuerrichtlinie und Art. 143 Abs. 1 Buchst. d der geänderten Mehrwertsteuerrichtlinie abhängt, sondern erst bei einem weiteren Umsatz im Bestimmungsland erfolgt ist. Daher können die Ausführungen nicht auf den gegenständlichen anders gelegenen Sachverhalt übertragen werden.
Die behauptete Gutgläubigkeit der Beschwerdeführerin gegenüber den von ihr vertretenen italienischen Warenempfängern ist daher allenfalls in einem Verfahren auf Erlass oder Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 239 ZK in Verbindung mit § 83 ZollR-DG zu prüfen, welches zum Erlöschen der Zollschuld auch nur gegenüber einem Gesamtschuldner führen kann (vgl. ).
Die Befassung des EuGH ist im Beschwerdefall nicht erforderlich, da die angeregten Fragen entweder bereits beantwortet oder sich aus der zweifelsfreien Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergeben.
Wie bereits dargelegt haftet der Spediteur im Rahmen der nationalen Bestimmung des § 71a ZollR-DG.
Der anmeldende Spediteur schuldet die Einfuhrumsatzsteuer wenn festgestellt wird, dass der Importeur zu Unrecht von der Einfuhrumsatzsteuer befreit worden ist.
Gibt es für eine Zollschuld mehrere Zollschuldner, so sind diese gemäß Artikel 213 ZK gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet.
Hinsichtlich der Geltendmachung von Abgaben bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses ist grundsätzlich nationales Recht anzuwenden. Die Entscheidung über die Geltendmachung einer Abgabenschuld bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses stellt eine Ermessensentscheidung dar. Eine solche Entscheidung ist gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben beizumessen (vgl zB ).
Die Vorschreibung an einen der Gesamtschuldner ist jedenfalls dann begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist (vgl. ). Wenn die Abgabenforderung bei einem der Gesamtschuldner infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens uneinbringlich geworden ist, liegt darüber hinaus ein Ermessensspielraum für die Behörde gar nicht mehr vor (vgl. ; , 89/16/0050).
Im Beschwerdefall war die Heranziehung der Bf zur Abgabenleistung im Hinblick darauf, dass die Warenempfänger nicht mehr existieren, zwingend geboten (vgl. ).
Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
Der Spruch des vorliegenden Erkenntnisses beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, die die materiellen Voraussetzungen für ein steuerfreies innergemeinschaftliches Verbringen gem. Art. 3 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 als nicht erfüllt ansah.
Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei den Rechtsfragen auf die in den rechtlichen Erwägungen wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Gerichtshofs der Europäischen Union stützen.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 71a ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5200049.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at