Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2020, RV/7103029/2019

Geschäftsführerhaftung mit teilweisem Nachweis der Gläubigergleichbehandlung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0042. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache Bf, Adr, vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 4/5/10 vom zur Steuernummer 04-1**/**** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Der Beschwerdeführer wird im Ausmaß von € 300.000,--zur Haftung herangezogen.
Eine Aufgliederung des Haftungsbetrages auf die einzelnen Abgaben findet sich am Ende der Entscheidung, die einen Bestandteil des Spruches bildet.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Mit Haftungsbescheid vom zog das Finanzamt Wien 4/5/10 (belangte Behörde) den Beschwerdeführer zur Haftung für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma Primärschuldnerin, Adr_Primärschuldnerin im Ausmaß von € 506.906,99 heran. Dabei handelt es sich um folgende Abgaben:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
laut Bescheid vom
Umsatzsteuer
2004
13.888,76
Umsatzsteuer
2005
89.576,15
Umsatzsteuer
2006
682,16
Umsatzsteuer
2006
9.793,95
Umsatzsteuer
2008
4.545,96
Körperschaftsteuer
2002
2.418,84
Körperschaftsteuer
2003
86.361,87
Körperschaftsteuer
2004
88.666,58
Körperschaftsteuer
2005
122.931,36
Werbeabgabe
2003
7.267,75
Werbeabgabe
2004
1.942,50
Anspruchszinsen
2002
313,66
Anspruchszinsen
2003
12.684,67
Anspruchszinsen
2004
14.098,88
Anspruchszinsen
2005
15.014,46
Erster Säumniszuschlag
2006
1.301,79
Erster Säumniszuschlag
2009
145,35
Erster Säumniszuschlag
2009
1.727,24
Erster Säumniszuschlag
2009
253,69
Erster Säumniszuschlag
2009
1.773,33
Erster Säumniszuschlag
2009
281,98
Erster Säumniszuschlag
2009
2.458,63
Erster Säumniszuschlag
2009
300,29
Umsatzsteuer
07/09
541,48
Laut Voranmeldung
Zweiter Säumniszuschlag
2005
336,20
Zweiter Säumniszuschlag
2006
895,76
Zweiter Säumniszuschlag
2009
72,68
Zweiter Säumniszuschlag
2009
863,62
Zweiter Säumniszuschlag
2009
126,85
Zweiter Säumniszuschlag
2009
886,67
Zweiter Säumniszuschlag
2009
140,99
Zweiter Säumniszuschlag
2009
1.229,31
Zweiter Säumniszuschlag
2009
150,14
Körperschaftsteuer
10-12/09
225,59
Dritter Säumniszuschlag
2005
336,20
Dritter Säumniszuschlag
2006
895,76
Dritter Säumniszuschlag
2009
72,68
Dritter Säumniszuschlag
2009
863,62
Dritter Säumniszuschlag
2009
126,85
Dritter Säumniszuschlag
2009
886,67
Dritter Säumniszuschlag
2009
140,99
Dritter Säumniszuschlag
2009
1.229,31
Dritter Säumniszuschlag
2009
150,14
Umsatzsteuer
2009
3.414,60
Körperschaftsteuer
01-03/11
437,00
Umsatzsteuer
2010
1.124,33
Körperschaftsteuer
2009
6.859,83
Anspruchszinsen
2009
77,14
Körperschaftsteuer
04-06/11
1.313,00
Erster Säumniszuschlag
2007
1.877,78
Erster Säumniszuschlag
2009
90,92
Erster Säumniszuschlag
2011
137,20
Erster Säumniszuschlag
2011
142,30
Zweiter Säumniszuschlag
2007
938,89
Zweiter Säumniszuschlag
2011
68,60
Erster Säumniszuschlag
2011
75,52
Zweiter Säumniszuschlag
2011
71,15
Dritter Säumniszuschlag
2011
68,60
Erster Säumniszuschlag
2011
75,58
Dritter Säumniszuschlag
2011
71,15
Körperschaftsteuer
01-03/12
1.311,00
Erster Säumniszuschlag
2012
75,52
Erster Säumniszuschlag
2012
75,52
Haftungsbetrag
506.906,99

Vermerkt wurde, dass die angeführten Bescheide dem Haftungsbescheid beigelegt wurden.

Die Bescheidbegründung lautet wie folgt:
"Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Laut Firmenbuch war Hr. Bf von Beginn bis Ende der Primärschuldnerin, Firmenbuchnummer FN_NR, deren alleiniger Geschäftsführer. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum1 wurde über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet, welcher mit Beschluss vom Datum2 mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Die Abgabenschulden der GmbH wurden somit uneinbringlich. Am Datum3 erfolgte letztendlich die amtswegige Löschung der GmbH im Firmenbuch.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären.

Aufgrund des Ergebnisses des Konkursverfahrens steht die Uneinbringlichkeit zweifelsfrei fest.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Berufungswerbers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn verursacht worden ist. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit kommt die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgabe zu. Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt daran, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben ist und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden kann. Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des Berufungswerbers zurückzuführen ist, ist den Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang einzuräumen."

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer folgende Beschwerde:
"I.
Der Beschwerdeführer gibt bekannt, dass er die *Berater_GmbH* mit seiner Vertretung beauftragt hat. Die Vertreterin beruft sich auf die ihr erteilte Vollmacht gemäß § 8 (1) RAO. Um Kenntnisnahme wird ersucht.

II.
Der an den Beschwerdeführer adressierte Haftungsbescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 Abgabenkontonummer: 04 - 1**/**** vom wurde dem Bescheidadressaten am durch Hinterlegung zugestellt.

Bf erhebt gegen diesen Bescheid

BESCHWERDE

gemäß § 243 ff BAO an das Bundesfinanzgericht.

Erklärung gemäß § 250 (1) lit. b) BAO
Der Spruch des Bescheides wird in seinem gesamten Inhalt angefochten.

Erklärung gemäß § 250 (1) lit. c) BAO
Beantragt wird, der Beschwerde stattzugeben und

den angefochtenen Bescheid gemäß § 279 (1) BAO dahingehend abzuändern, dass festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer keine Haftung gemäß § 9 BAO für die Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin, FN FN_NR, Adr_Primärschuldnerin trifft

oder

den angefochtenen Bescheid gemäß § 278 (1) BAO aufzuheben und an die Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuverweisen, da die Abgabenbehörde erster Instanz Ermittlungen im Sinn des § 115 (1) BAO unterlassen hat, bei deren Durchführung ein anderslautender Bescheid erlassen worden wäre oder eine Bescheiderteilung unterblieben wäre.

Begründung gemäß § 250 (1) lit. d) BAO
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der Primärschuldnerin gemäß § 9 iVm §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten dieser Gesellschaft im Ausmaß von EUR 506.906,99 in Anspruch genommen.

Die Behörde erster Instanz hat die Haftungsinanspruchnahme damit begründet, dass der Beschwerdeführer von Beginn bis Ende der Primärschuldnerin deren alleiniger Geschäftsführer war, mit Beschluss des Landesgerichtes Wien vom Datum1 über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet und dieser Konkurs mit Beschluss vom Datum2 mangels Kostendeckung aufgehoben wurde, womit die Abgabenschulden der GmbH uneinbringlich wurden. Für die angenommene Haftung des Beschwerdeführers für die Abgabenverbindlichkeiten der Gesellschaft sind im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen getroffen worden. Die Haftung des Beschwerdeführers wird offenbar darauf gestützt, dass dem Beschwerdeführer ein Verschulden am Abgabenausfall treffe.

Eine Haftung der in den §§80 ff BAO angeführten Vertreter, wozu auch ein Geschäftsführer einer GmbH gehört, für Abgabenverbindlichkeiten der Abgabenschuldnerin ist nur dann möglich, wenn die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Welche Pflichten der Beschwerdeführer im konkreten Fall verletzt hätte, dass die Abgabenschulden der Gesellschaft nicht einbringlich gemacht wurden, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Die Behörde erster Instanz hat, soweit für den Beschwerdeführer ersichtlich, überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und auch dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben, zur Vertreterhaftung eine Stellungnahme oder Rechtfertigung abzugeben. Das erstinstanzliche Verfahren ist daher mangelhaft.

Überdies wird geltend gemacht, dass die Geltendmachung von persönlichen Haftungen gemäß § 9 BAO durch die Erlassung von Haftungsbescheiden gemäß § 224 Abs 1 BAO nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig ist (vgl. Ritz, BAO6 § 224 TZ 4). Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist.

Im konkreten Fall handelt es sich um Abgaben, welche in den Jahren 2005 bis 2011 fällig geworden sind. Innerhalb der 5-Jahresfrist gemäß § 238 Abs 1 BAO wurden gegenüber dem Beschwerdeführer keine Amtshandlungen zur Geltendmachung der Vertreterhaftung vorgenommen, sodass eine allfällige Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 9 BAO für Abgabenverbindlichkeiten der Gesellschaft jedenfalls verjährt ist und aus diesem Grund auch vom Bundesfinanzgericht über die Beschwerde sofort abgesprochen werden kann.

Der Beschwerdeführer beruft sich zum Beweis für sein Vorbringen auf die Aktenlage und auf seine Einvernahme.

III.

Der Beschwerdeführer stellt den

ANTRAG,

die Einhebung der mit dem angefochtenen Haftungsbescheid festgesetzten Abgabe von EUR 506.906,99 gemäß § 212 a BAO zur Gänze auszusetzen, da die Höhe der Abgabe unmittelbar von der Erledigung der im Punkt I. erhobenen Beschwerde abhängt."

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"Grundsätzlich wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen.

Hinsichtlich der Vorbringen in der Bescheidbeschwerde ist folgendes hinzuzufügen:
Im gegenständlichen Beschwerdefall hat das Finanzamt den angefochtenen Bescheid ohne vorhergehendes Vorhalteverfahren erlassen, wodurch dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen wurde, darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei. Dadurch ist der Einwand der Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf § 115 Abs. 2 BAO berechtigt. Jedoch können Mängel des abgabenbehördlichen Haftungsverfahrens nachträglich behoben werden, wobei dem Haftungsbescheid - und auch der Beschwerdevorentscheidung die Wirkung eines Vorhaltes zukommt.

Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört es unter anderem, mit dem der Gesellschaft vorhandenen Mitteln für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführer darzutun, weshalb er den auferlegten Verpflichtungen nicht entsprochen habe, insbesondere nicht habe Sorge tragen können, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschuldigkeiten im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe, als bei anteiliger Verwendungen der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf den Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Dem Vertreter obliegt dabei der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre.

Die pauschale Behauptung einer Gleichbehandlung aller Gläubiger reicht nicht aus.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben bzw. zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist und wird gemäß § 238 Abs. 2 BAO durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach Außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen.

Die dem Fälligkeitstag älteste, im Haftungsbescheid enthaltene Abgabenschuld ist die am fällige Umsatzsteuer 2004.

Hinsichtlich der Einhebungsverjährung traten folgende Unterbrechungen ein bzw. wurden Unterbrechungshandlungen gesetzt:

: Zahlungsaufforderung
: Zahlungsaufforderung
: Begehung durch Vollstrecker
: Begehung durch Vollstrecker
: Konkursantrag durch Finanzprokuratur
: Konkursantrag durch Finanzprokuratur
Datum****: Konkurseröffnung, Unterbrechung nach § 9 IO bis zur Rechtskraft der Konkursaufhebung vom Datum2
01. u. : Zentralmelderegister-, Sozialversicherungs-, Firmenbuch-,Gewerberegister- und Grundbuchsabfragen betreffend den damals potentiell Haftungspflichtigen Hrn. Bf.
: Gegenständlicher Haftungsbescheid

Unterbrechungshandlungen gegenüber dem primären Abgabenschuldner wirken auch gegenüber dem potenziell Haftungspflichtigen ().

Die Begründung der vorliegenden Beschwerde reichte nicht aus, ein schuldhaftes Verhalten des Geschäftsführers in der Abgabenentrichtung zu widerlegen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

Im Zustellnachweis ist angegeben, dass die Beschwerdevorentscheidung am dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt wurde.

Vorlageantrag

Mit Vorlageantrag vom (datiert: ; Postaufgabe: ) beantragte der Beschwerdeführer wie folgt:
"I. VORLAGEANTRAG

Das Finanzamt Wien 4/5/10 hat über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom Abgabenkontonummer: 04 2**/**** und 04 1**/**** die Beschwerdevorentscheidung vom erlassen. Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt. Der Beschwerdeführer stellt fristgerecht den

ANTRAG,

auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht gemäß § 264 (1)BAO.

II. Antrag um Aussetzung gemäß § 212 a BAO

Der vom Beschwerdeführer mit der Bescheidbeschwerde verbundene Antrag um Aussetzung gemäß § 212 a BAO wurde mit Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom mit der Begründung abgewiesen, da die dem Antrag zugrundeliegende Beschwerde bereits erledigt wurde. Da die Erledigung mit der in Punkt I. angeführten Beschwerdevorentscheidung erfolgt ist, stellt der Beschwerdeführer gemäß § 212 a (5) letzter Satz BAO neuerlich den

ANTRAG,

die Einhebung der mit dem angefochtenen Haftungsbescheid festgesetzten Abgabe von EUR 506.906,99 gemäß § 212 a BAO zur Gänze auszusetzen, da die Höhe der Abgabe unmittelbar von der Erledigung der im Punkt I. erhobenen Beschwerde abhängt.

Linz, am "

Wiedereinsetzungsantrag und Vorlageantrag

Mit Faxnachricht vom langte bei der belangten Behörde nachfolgender Antrag auf Wiedereinsetzung ein:
"I. WIEDEREINSETZUNGSANTRAG

Der vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom gestellte Vorlageantrag gemäß §264 BAO hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Wien 4/5/10 betreffend die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom Abgabenkontonummer: 04 - 2**/**** und 04 - 1**/**** und Antrag um Aussetzung gemäß § 212 a BAO wurde am zur Post gegeben. Diese Anträge erfolgten außerhalb der Monatsfrist des § 264 BAO, da die Beschwerdevorentscheidung vom am zugestellt wurde.

Der Beschwerdeführer stellt den
ANTRAG,

gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung des Vorlageantrages und des Antrages um Aussetzung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, da der Beschwerdeführer durch ein unvorhergesehenes Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Durch die versäumte Frist ist dem Beschwerdeführer insoweit ein Rechtsnachteil erwachsen, als die Beschwerdevorentscheidung vom in Rechtskraft erwachsen ist und dadurch der Beschwerdeführer zur Haftung für Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin, FN FN_NR im Betrag von EUR 506.906,99 herangezogen wird, für die der Beschwerdeführer tatsächlich nach der Sach- und Rechtslage nicht bzw. nicht im festgestellten Ausmaß haftet.

Die Frist für die Einbringung des Vorlageantrages und des Antrages um Aussetzung wurde von Rechtsanwalt Dr. RA mit (Vorfrist) und mit (letzter Tag der offenen Frist) und zusätzlich von der Leiterin der *Berater_GmbH* AB vorgemerkt. Der Schriftsatz "Vorlageantrag und Antrag" um Aussetzung wurde am fertig gestellt, von Rechtsanwalt Dr. RA unterfertigt und von der Kanzleileiterin AB der Mitarbeiterin CD mit dem Auftrag übergeben, das Schriftstück zu kuvertieren und sofort beim nächsten Postamt in Linz mit Einschreibebrief aufzugeben, da es sich um eine Fristensache handelt und der der letzte Tag der Frist ist.

Die Mitarbeiterin CD hat nach Übernahme des Schriftstückes die Kuvertierung vorgenommen und daraufhin sofort die Kanzlei mit dem Schriftstück verlassen. Da am der Beleg über die Postaufgabe des Schriftstückes von der Mitarbeiterin CD nicht an die Kanzleileiterin AB übergeben wurde, hat AB diesen Beleg von Frau CD angefordert, worauf Frau CD mitgeteilt hat, dass sie den Beleg im PKW habe und den Beleg am übergeben wird. Am wurde von Frau CD an Frau AB der Beleg übergeben. Dabei hat sich herausgestellt, dass Frau CD das Schriftstück nicht am , sondern erst am im Postamt 4060 Leonding aufgegeben hat. Dazu zur Rede gestellt, hat Frau CD mitgeteilt, dass sie das Schriftstück nicht, wie mit Frau AB abgesprochen, am Postamt in Linz Bahnhof aufgegeben hat, sondern angeblich am Postamt in 4470 Enns aufgeben wollte und aufgrund eines Verkehrsstaus bei Erreichen des Postamtes in Enns dieses schon geschlossen war und Frau CD das Schriftstück daher am am Vormittag beim Postamt Leonding aufgegeben hat.

Weitere Erhebungen im Rahmen einer Sendungsverfolgung haben ergeben, dass diese Angaben der Frau CD insoweit unrichtig sind, da durch die Sendungsverfolgung festgestellt wurde, dass das Schriftstück erst am um 14.49 Uhr beim Postamt Leonding aufgeben wurde. Da Frau CD am um 14.49 Uhr in der Kanzlei des Beschwerdeführers anwesend war, ist der Schluss zu ziehen, dass die Angaben der Frau CD zum Zeitpunkt der Aufgabe des Schriftstückes beim Postamt Leonding unrichtig sind und das Schriftstück durch eine dritte Person im Auftrag von Frau CD aufgegeben wurde.

Da Frau CD den ausdrücklichen Auftrag, das Schriftstück als Fristsache am eingeschrieben beim Postamt Linz aufzugeben, nicht entsprochen hat, hat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers das Dienstverhältnis zwischenzeitig vorzeitig beendet.

Im konkreten Fall wurde von der Kanzleileiterin die Kuvertierung des Schriftstückes kontrolliert und die Postaufgabe des Schriftstückes ausdrücklich als Fristensache in Auftrag gegeben. Die ausdrücklich angeordnete Postaufgabe ist nicht auf ihr tatsächliches Stattfinden zu kontrollieren. Es liegt im konkreten Fall keine Verletzung der zumutbaren Überwachungspflicht des Vertreters des Beschwerdeführers vor, da der Vertreter und seine Kanzleileiterin die zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungsmaßahmen gegenüber der Kanzleiangestellten CD nachgekommen sind. Es liegt jedenfalls wenn überhaupt nur ein minderer Grad des Versehens vor. Das grobe Verschulden der Kanzleiangestellten CD ist nicht schädlich (vgl. Ritz, BAO6 § 308 Tz 17 ff)

Bescheinigungsmittel: eidesstättige Erklärung der CD, eidesstättige Erklärung der AB, welche auch als Auskunftspersonen geführt werden.

Rechtsanwalt Dr. RA erklärt hiemit an Eides statt, dass der vorstehende Sachverhalt bezüglich des Fristenvormerks und für den Vorlageantrag und den Antrag auf Aussetzung erfolgt ist und von der Leiterin der *Berater_GmbH* Frau AB gegenüber RA Dr. RA auch mündlich rückbestätigt wurde, dass das Schriftstück durch CD am beim Postamt in Linz aufgegeben wird und die Fristensache als erledigt abgestrichen wird.

II. VORLAGEANTRAG

Aufgrund der versäumten Frist wird die versäumte Verfahrenshandlung hiemit nachgeholt.

Der Beschwerdeführer stellt daher die
ANTRÄGE,

1. auf Entscheidung über die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom Abgabenkontonummer; 04 - 2**/**** und 04 - 1**/**** durch das Verwaltungsgericht gemäß § 264 (1) BAO und

2. die Einhebung der mit dem angefochtenen Haftungsbescheid festgesetzten Abgabe von EUR 506.906,99 gemäß § 212 a BAO zur Gänze auszusetzen, da die Höhe der Abgabe unmittelbar von der Erledigung der im Punkt I. erhobenen Beschwerde abhängt (da der vom Beschwerdeführer mit der Bescheidbeschwerde verbundene Antrag um Aussetzung gemäß § 212 a BAO mit Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom mit der Begründung abgewiesen wurde, da die dem Antrag zugrundeliegende Beschwerde bereits erledigt und die Erledigung mit der Beschwerdevorentscheidung vom erfolgt ist.)

Linz, am "

Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/7102211/2019 betreffend Vorlageantrag vom

Die belangte Behörde legte dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom die Beschwerde vor. Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführer auf die mögliche Verspätung seines Vorlageantrages vom aufmerksam gemacht, um Stellungnahme gebeten und auf die mögliche Rechtsfolge der Zurückweisung hingewiesen.
Nach Vorlage der Beschwerde übermittelte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am den Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung des Vorlageantrages.

Mit Beschluss vom hat das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag vom als verspätet zurückgewiesen.

Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.

Vorlagebericht

Im Anschluss an die stattgebende Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass auf die Begründungen des angefochtenen Bescheides und der BVE verwiesen wird und die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Beschluss vom

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, bis die Höhe von (Differenz)Quoten bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitsstichtage der Abgaben bekannt zu geben. Auf die Rechtsprechung zum Vorhaltscharakter von Haftungsbescheiden und Beschwerdevorentscheidungen wurde hingewiesen.

Am langte beim Bundesfinanzgericht nachfolgender Schriftsatz ein:
"Dem Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom die Möglichkeit eingeräumt, die Frage zu beantworten "Wie hoch ist die (Differenz) Quote bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitsstichtage der Abgaben?". Für die Beantwortung dieser Frage wurde dem Beschwerdeführer (aufgrund der bewilligten Fristerstreckung) eine Frist bis eingeräumt. Der Beschwerdeführer kommt hiemit der Beantwortung dieser Frage wie folgt nach.

Die verfahrensgegenständlichen Abgaben wurden auf der Grundlage einer Betriebsprüfung der Primärschuldnerin im Wesentlichen mit Bescheiden vom und festgesetzt, wobei die Fälligkeit der Abgaben auf die Jahre 2002 bis 2006 und 2008 zurückreicht.

Da bei der Beurteilung der Vertreterhaftung nach § 9 (1) BAO nicht fällige Verbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen sind ( 2007/ 15/0039), wird im folgenden als erster Fälligkeitsstichtag das Datum der Bescheide herangezogen.

Abweichend von der Rechtssprechung des VwGH (Gleichbehandlung bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und auf das Vorhandensein liquider Mittel andererseits) hat der UFS bereits wiederholt (2B 810.207, RV/2322-W/05; , RV/1907-W/07; , RV/1409-L/07) eine Zeitraumbetrachtung zugelassen, "da eine auf einzelne Fälligkeitstage abgestellte Betrachtung in der Praxis oft nur schwer möglich ist und auch zu Verzerrungen führen könnte (etwa bei Zahlungsverzügen). So würde etwa bei einer isolierten Betrachtung der Zahlungen nur an einem bestimmten Tag eines Monats (Fälligkeitstag; bei den Selbstbemessungsabgaben in der Regel der 15. des Monats) eine massive Bevorzugung anderer Gläubiger im Zeitraum vor oder nach diesem Stichtag außer Betracht bleiben, sodass die vom Berufungswerber angestellte Zeitraumbetrachtung nicht nur praktikabler ist, sondern auch zu sachgerechteren Ergebnissen führt." (Zitat aus Ritz, BAO 6 § 9 RN 27)

Diese Überlegungen einer Zeitraumbetrachtung, nämlich bezogen auf eine monatliche Betrachtung werden auch vom Beschwerdeführer den nachfolgenden Ausführungen zugrunde gelegt.

Der Beschwerdeführer legt in diesem Zusammenhang eine Zusammenstellung der monatlichen Auszahlungen von den Bankkonten der Primärschuldnerin bei der Raiffeisenbank X Kontonummer Nr.1* ("Nr.1*"), bei der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich IBAN Nr.2* ("Nr.2*"), bei der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich IBAN Nr.3* ("Nr.3*") und bei der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich IBAN Nr.4* ("Nr.4*") für den Zeitraum März 2009 bis Juli 2012 (Beilage ./1) vor.

Aus dieser Aufstellung ist ersichtlich, dass die Primärschuldnerin sukzessive die Ausgaben reduziert hat und im Jahr 2012 die Zahlungen eingestellt hat. Weiters wird vom Beschwerdeführer abgeleitet aus dem angefochtenen Haftungsbescheid eine Aufstellung der Primärabgaben und Anspruchszinsen und der dem Abgabenkonto angelasteten ersten bis dritten Säumniszuschlag (Beilage ./2) vorgelegt.

Aufgrund der im Jahr 2012 erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehen dem Beschwerdeführer nur teilweise Unterlagen der Gesellschaft zur Verfügung. Dem Beschwerdeführer ist jedoch mit Sicherheit in Erinnerung, dass über die Bankkonten der Gesellschaft zumindest weitgehend alle Verbindlichkeiten bezahlt wurden, welche auch in der Aufstellung Beilage ./1 erfasst sind und weitere fällige Verbindlichkeiten in relevanter Höhe zusätzlich zu den monatlich vorgenommenen Zahlungen mit Ausnahme der Forderung des Finanzamtes nicht bestanden haben.

Nach , kann unter Umständen auch eine überschlägige Ermittlung der Quote erforderlich sein, weil Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten nicht über das Maß des Möglichen und Zumutbaren hinaus überspannt werden dürfen (Zitat aus Ritz, BAO6 § 9 RN 27").

Im Einzelnen ergibt sich:

Für das Jahr 2009:
Ausgehend von der Aufstellung Beilage ./1 haben die Ausgaben März 2009 bis Dezember 2009 auf dem Konto bei der Raiffeisenbank "Nr.2*" EUR 322.427,52 betragen. An den Geldmitteln der Gesellschaft, welche in den Monaten März 2009 bis Dezember 2009 ausgegeben wurden, nehmen die mit diesen Geldmitteln von EUR 322.427,52 bezahlten Gläubiger und das Finanzamt mit der primären Abgabenforderung von EUR 455.165,48, dem ersten Säumniszuschlag von EUR 8.242,30, der Umsatzsteuer 7/2019 EUR 541,48, dem zweiten Säumniszuschlag von EUR 4.702,23, der Körperschaftssteuer 4. Quartal 2009 von EUR 225,59 und dem dritten Säumniszuschlag von EUR 4.702,23, das ist in Summe eine Abgabenforderung von EUR 473.579,31 teil. Die Gesamtverbindlichkeiten ergeben sich aus der Summe der bezahlten Gläubiger von EUR 322.427,52 und die Abgabenverbindlichkeiten von EUR 796.006,83. Die Quote ergibt sich aus den vorhandenen Mitteln von EUR 322.427,52 dividiert durch die Summe der Verbindlichkeiten EUR 796.006,83, somit mit 40,50 %.

Bezogen auf die Forderung des Finanzamtes von EUR 473.579,31 beträgt die Quote von 40,50 % EUR 191.799,62. Vom Betrag von EUR 191.799,62 sind die in der Aufstellung Beilage ./1 angeführten Zahlungen an das Finanzamt im Jahr 2010 (siehe Spalte Zhlg. an FA im Betrag von EUR 2.956,61) abzuziehen, woraus sich ein Haftungsbetrag (Haftungsbetrag 1) von EUR 188.843,01 errechnet. Dadurch wird die Forderung des Finanzamtes von EUR 473.579,31 auf EUR 284.736,30 reduziert (Restforderung des Finanzamtes per ).

Für das Jahr 2010:
Die Ausgaben 2010 betragen EUR 32.326,93. Im Jahr 2010 wurde zusätzlich die Umsatzsteuer 2009, fällig per , mit EUR 3.414,60 vorgeschrieben. Dieser Betrag erhöht die Finanzamtsverbindlichkeiten per von EUR 284.736.30 auf den Betrag von EUR 288.150,90. Im Jahr 2010 stehen Gesamtverbindlichkeiten von EUR 32.326,93 (entsprechend der Auszahlungen an div. Gläubiger) und die Forderung des Finanzamtes von EUR 288.150,90, d.s. EUR 320.477,83 den Ausgaben von EUR 32.326,93 gegenüber. Das Verhältnis der Ausgaben zu den Verbindlichkeiten beträgt 10,08 %. Das Finanzamt erhält aus den Ausgaben auf seine Forderung von EUR 288.150,90 die Quote von 10,08 % - EUR 29.045,61 , von dieser Quote sind abzuziehen die beiden Zahlungen an das Finanzamt im Jahr 2010 von zusammen EUR 7.230,04, die Differenzquote beträgt EUR 21.815,57 (Haftungsbetrag 2). Die Forderung des Finanzamtes per beträgt EUR 288.150,90 abzüglich Haftungsbetrag 2 EUR 21.815,57, d.s. EUR 266.335,33.

Für das Jahr 2011:
Die Ausgaben 2011 betragen EUR 13.123,18. Die Finanzamtverbindlichkeiten per von EUR 266.335,33 haben sich um die Abgabenfestsetzungen 2011 von EUR 13.213,66 auf den Betrag von EUR 279.548,99 erhöht. Unter der Annahme, dass im Jahr 2011 neben den Ausgaben und der Finanzamtverbindlichkeit keine weiteren Verbindlichkeiten bestanden haben, betragen die Gesamtverbindlichkeiten EUR 13.123,18 zuzüglich Forderung des Finanzamtes von EUR 279.548,99, ds. EUR 292.672,17. Die Quote anhand der Ausgaben von EUR 13.123,18 beträgt 0,04 % auf die Forderung des Finanzamtes von EUR 279.584,99 x 0,04 % entfällt ein Betrag von EUR 111,81 (Haftungsbetrag 3). Zu berücksichtigen ist die Zahlung an das Finanzamt im Jahr 2011 von EUR 520,20. Der Betrag aus der Differenzquote von EUR -408,39 reduziert die Haftungsbeträge.

Zur berücksichtigen ist, dass das Finanzamt am im Rahmen des Vergleiches eines Anfechtungsprozesses von der Familie des Beschwerdeführers eine Sondertilgung von EUR 110.000,00 erhalten hat, welche auf die Haftung des Beschwerdeführers anzurechnen ist.

Zusammenfassen ergibt sich, folgendes Potential für die Geschäftsführerhaftung des Beschwerdeführers:

Haftungsbetrag 1 EUR 188.843,01
Haftungsbetrag 2 EUR 21.815,57
Haftungsbetrag 3 EUR 111,81
Zwischensumme EUR 210.770,39
abzüglich "Überzahlung 2011" EUR 408,39
abzüglich Sondertilgung EUR 110.000,00
Summe EUR 100.362,00

Im Rahmen der Ermessensausübung ist nach der Ansicht des Beschwerdeführers die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen und weiters zu berücksichtigen, dass die volle Festsetzung des errechneten Betrages angesichts der bereits verstrichenen Zeit von rund 10 Jahren unbillig wäre. Der Beschwerdeführer wird mit gesonderter Eingabe bezüglich seiner Einkommens-/Vermögensverhältnisse ein von ihm unterfertigtes Vermögensverzeichnis übermitteln."

Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde die Stellungnahme des Beschwerdeführers der belangten Behörde übermittelt und ihr die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Diese Stellungnahme vom lautet (auszugsweise):
"Die älteste Abgabenschuld im gegenständlichen Haftungsbescheid ist die Umsatzsteuer 2004, fällig am . Der Beschwerdeführer irrt in der Annahme, bei der Berechnung der Zahlungsquote das Datum von Bescheiden heranziehen zu können. Es werden nur Zahlen ab Anfang 2009 geliefert. Somit ist die Aufstellung des Bf. zeitraummäßig nicht komplett. Daher konnte das Finanzamt für den Zeitraum von Anfang 2005 bis zur Insolvenzeröffnung am Datum1 nur die Zahlungsquote auf dem Abgabenkonto der GmbH errechnen. Diese beträgt 46,31 % (s. Tabellenreiter "Konto ab 2005 bis Insolvenz). Berechnet man die Zahlungsquote auf dem Abgabenkonto ab 2009, ergibt sich diese mit 19,92 % (s. Tabellenreiter Konto ab 2009 bis Insolvenz).

In der Beilage 1 der Stellungnahme des Bf. werden einerseits Monatszeiträume, größtenteils jedoch Nummern von Kontoauszügen angeführt. Das Finanzamt geht davon aus, dass es sich hierbei um Zahlungen bzw. Summierungen von Zahlungen handelt. Diese Beilage wurde in die Tabellenreiter "Banken Jahr" übertragen. Die Gesamtsummen ab 2009 der Banken und die Entrichtungen des Finanzamtes sind in dem Tabellenreiter "Gesamt" dargestellt. Ebenfalls wurden in diesem Tabellenreiter die vom Bf. als Text angegebene Darstellung zur besseren Lesbarkeit in Tabellenform übertragen.
Unter Berücksichtigung eines Rechenfehlers des Bf. ergäbe sich ein von ihm errechneter Haftungsbetrag von € 222.662,17. Eine "Sondertilgung von € 110.000,00 gab es nicht (s. hierzu die Ausführungen unten).

In der Berechnung des Bf. werden die Zahlungen von den Bankkonten behandelt, als wären damit sämtliche sonstige Verbindlichkeiten beglichen worden. Z.b. das Jahr 2009:
Laut Berechnung wird die Summe der Ausgaben auf dem Konto bei der Raiffeisenbank mit € 322.427,52 beziffert und auf die Beilage 1 hingewiesen. Laut dieser ergeben sich jedoch nur 248.770,23. Zählt man die Beträge bei allen Banken zusammen, kommt man auf € 351.456,10. Hier findet bereits die erste Diskrepanz statt (hier wird von einem Rechenfehler des Bf. ausgegangen, da diese Ungereimtheit in den folgenden Jahren nicht mehr auftritt). Nun wird die Summe der sich im Jahr 2009 aus der Betriebsprüfung ergebenden Nachforderung zu diesen Ausgaben hinzugerechnet Sodann wird der Prozentsatz der übrigen Verbindlichkeiten zu den "Gesamtverbindlichkeiten" errechnet. Dieser Rechnung kann von der Abgabenbehörde nicht zugestimmt werden, da die Ausgaben mit den gesamten sonstigen Verbindlichkeiten gleichgestellt wurden. Dies wäre nur anwendbar, wenn alle sonstigen Verbindlichkeiten bezahlt worden wären. Dies würde eine Zahlungsquote bei den sonstigen Verbindlichkeiten von 100 % ergeben. Das ergibt sich auch aus dem Schriftsatz des Bf. Zitat: "Dem Beschwerdeführer ist jedoch mit Sicherheit in Erinnerung, dass über die Bankkonten der Gesellschaft zumindest weitgehend alle Verbindlichkeiten bezahlt wurden, welche auch in der Aufstellung Beilage./1 erfasst sind und weitere fällige Verbindlichkeiten in relevanter Höhe zusätzlich zu den monatlich vorgenommenen Zahlungen mit Ausnahme der Forderung des Finanzamtes nicht bestanden haben".

Geht man bei Berechnungen vom Zeitraum des Bf. aus, so wären die sonstigen Verbindlichkeiten mit 100 %, die Abgabenschulden jedoch nur mit 19,92 % bedient worden. Die Stellungnahme des Bf. v. weist zusammengefasst folgende Mängel auf:
Der Berechnungszeitraum ist nicht vollständig.
Es werden lediglich Zahlungen von Bankkonten angeführt. Es ist unbekannt, ob Zessionen, Zug um Zug-Zahlungen bzw. Barzahlungen stattfanden.
Kontoauszüge, welche der Abgabenbehörde die Möglichkeit gegeben hätten, zumindest stichprobenweise Prüfungen vorzunehmen, wurden nicht beigelegt.
Keine Aufstellung zumindest der sonstigen Hauptgläubiger
Keine Aufstellung der sonstigen Verbindlichkeiten + Zuwächse - Tilgungen
Im Anhang befindet sich eine Musterdatei eines Bf., der die Anforderungen einer Zahlungsquotenberechnung vorbildlich erfüllt hat. Hiervon ist die vorliegende Aufstellung weit entfernt.

Die Abgabenbehörde vertritt daher die Meinung, dass die vorgelegten Zahlen zu mangelhaft sind, um als Unterlagen für eine Quotenschadensberechnung herangezogen zu werden. Die qualifizierte Mitwirkungspflicht wurde somit nicht ausreichend erfüllt.

Sollte das BFG jedoch die Aufstellungen des Bf. akzeptieren, so könnte der Quotenschaden nur im Schätzungswege ermittelt werden. Auf Basis der Daten des Bf. wurde im Tabellenreiter "Quotenschaden It. FA" der Quotenschaden mit € 194.001,66 errechnet. Auf Grund der Unschärfe des gelieferten Zahlenmaterials sollte ein Sicherheitszuschlag von 50 % angemessen sein, so dass eine geschätzte Haftungssumme von gerundete 291.000,00 anzusetzen wäre.

Zur vom Bf. angeführten Sondertilgung:
Die Überweisung vom von € 110.000,00 wurde nicht auf das Abgabenkonto der gegenständlichen GmbH, sondern auf das Abgabenkonto des Hrn. Bf beim Finanzamt Grieskirchen Wels 54 4**/**** geleistet. Der Grund war ein Vergleich im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens betreffend die Weitergabe eines Grundstücks, und betrafen Kapitalertrag- und Einkommensteuern, welche Hrn. Bf auf seinem Abgabenkonto vorgeschrieben wurden. Der Vergleich ist diesem Mail beigefügt.
Der Bf. versucht hier offensichtlich, die Haftung in den damaligen Vergleich nachträglich miteinzubeziehen."

Beschluss vom

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme sowie der Vorlage von Unterlagen hinsichtlich jener Punkte eingeräumt, auf welche die belangte Behörde in Ihrem Antwortschreiben hingewiesen hat. Der Beschluss lautete wie folgt:
"I. Vorgelegte ausgedruckte Excel-Tabelle
Im Schriftsatz vom ist angeführt, dass eine "Zusammenstellung der monatlichen Auszahlungen von den Bankkonten" der Primärschuldnerin bei verschiedenen Kreditinstituten für den Zeitraum März 2009 bis Juli 2012 als "Beilage ./1" vorlegt wird.

Bei dieser als Beilage ./1 bezeichneten Aufstellung fällt zunächst auf, dass nur für das Konto "Nr.2*" bei einer Raiffeisenkasse monatliche Eintragungen verzeichnet sind. Hingegen sind für ein Konto bei einer Sparkasse im Jahr 2009 27 Eintragungen angeführt. In Summe werden für diesen Zeitraum Zahlungen im Ausmaß von € 397.295,97 angeführt.

a) Im Schriftsatz vom (Seite 3) wird die Summe der Ausgaben auf dem Konto bei der Raiffeisenbank mit € 322.427,52 beziffert und auf die Beilage ./1 hingewiesen. Aus dieser Beilage ist jedoch für das Konto bei der Raiffeisenbank im Jahr 2009 nur ein Betrag von - zusammengerechnet - € 248.770,23 ersichtlich. Die Gesamtsumme für 2009 ist in der Beilage ./1 mit € 351.456,10 angegeben.
Behält man die im Schriftsatz vom angewendete Berechnungstechnik bei, ergibt sich eine Quote von zumindest 42,6 %, was eine - dieser Berechnungstechnik folgenden - Forderung von € 201.744,79 ergeben würde.

b) Für das Jahr 2011 wird die Quote mit 0,04 % angegeben. Dazu wird angeführt, dass im Jahr 2011 € 13.123,18 ausgegeben wurden und die Finanzamtsverbindlichkeiten € 279.548,99 betrugen, was zu Gesamtverbindlichkeiten von € 292.672,17 führt. Teilt man nun die vorhandenen Mittel durch die Verbindlichkeiten, ergibt dies zwar 0,0448, jedoch 4,48 %. Bezogen auf die Finanzamtsverbindlichkeiten wären dies € 12.525,41.

c) Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben.
Im Schriftsatz vom wird noch angeführt, dass dem Beschwerdeführer in Erinnerung wäre, ausgenommen der Finanzamtsforderungen alle Verbindlichkeiten bezahlt zu haben.

d) Der vom Beschwerdeführer vorgelegten Berechnung, bei der eine Zeitraumbetrachtung angestellt wurde, liegt offenbar die Annahme zu Grunde, dass sich die verfügbaren finanziellen Mittel aus den tatsächlichen Auszahlungen (Zahlungsabflüssen) von Bankkonten zusammensetzen.
Tatsächlich frei verfügbare Mittel - etwa am Ende der (jährlichen) Zeitraumbetrachtung - wären bei einer solchen Berechnung wohl ebenfalls zu berücksichtigen.

II. Sondertilgung
Im Schriftsatz vom wird vom selbst errechneten Haftungsbetrag sodann eine "Sondertilgung" in Höhe von € 110.000,00 abgezogen. In der Beilage ./1 findet sich dazu die Eintragung " Finanzprokuratur 110.000,00". Diese Eintragung findet sich beim Konto bei der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich.

Dazu wurde von der belangten Behörde unter anderem eine Fax-Nachricht vom von der Finanzprokuratur an den Vertreter des Beschwerdeführers mit dem Betreff "Bf St.Nr. 4**/****" vorgelegt, in dem die Finanzprokuratur mitteilt, dass mit der Zahlung von € 110.000,-- die im "bezughabenden Anfechtungsverfahren geltend gemachte Forderung der Republik Österreich (Finanzamt Grieskirchen Wels) gegenüber Herrn Bf aus dem Rückstandsausweis des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom zu St.Nr. 4**/**** im Betrage von € 174.942,63 bereinigt und verglichen" wäre. Bei der Steuernummer 4**/**** handelt es sich um die vom Finanzamt Grieskirchen Wels für den Beschwerdeführer vergebene Steuernummer. Mit dem beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheid wird der Beschwerdeführer jedoch für Abgaben der Primärschuldnerin, mit der Steuernummer 04 1**/**** bzw. vormals 54 3**/****, herangezogen.
Auch aus einer Fax-Nachricht vom , die vom Vertreter des Beschwerdeführers an die Finanzprokuratur gesendet wurde, geht hervor, dass mit der Bezahlung der € 110.000,-- die im Rückstandsausweis des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom zu St.Nr. 4**/**** angeführten Abgabenverbindlichkeiten bereinigt werden sollten (siehe Beilage). In einem Rückstandsausweis zur Steuernummer 4**/**** können jedoch nicht die beschwerdegegenständlichen Haftungsabgaben enthalten sein.

Sofern vom betrieblichen Konto der Primärschuldnerin bei der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich € 110.000,-- abgehhoben und auf ein Treuhandkonto beim Vertreter des Beschwerdeführers überwiesen wurden, um in weiterer Folge persönliche Abgabenrückstände des Beschwerdeführers beim Finanzamt Grieskirchen Wels zu entrichten, wäre dieser Betrag als liquide Mittel bei der Ermittlung einer Differenzquote zu berücksichtigen."

Am langte nachfolgende Stellungnahme vom beim Bundesfinanzgericht ein:
"Die Finanzamtverbindlichkeiten per von EUR 256.544,82 erhöhen sich um die Abgabenfestsetzungen 2011 im Betrag von EUR 13.213,66 auf EUR 269.758,48. Zu berücksichtigen sind die Verbindlichkeiten aus dem Jahr 2011 von EUR 13.123,18, woraus sich Gesamtverbindlichkeiten ergeben von EUR 282.881,66. Das Verhältnis der Ausgaben von EUR 13.123,18 zu den Gesamtverbindlichkeiten von EUR 282.881,66 entspricht einer Quote von 4,63%. Die auf die Forderung des Finanzamtes von EUR 269.758,48 entfallende Quote beträgt EUR 12.489,81 (Haftungsbetrag 2011).

II. Sondertilgung

Richtig ist, dass die Sondertilgung nicht aus den in der Aufstellung Beilage ./1 angeführten Zahlungen finanziert wurde und daher auf die Haftungsbeträge nicht anrechenbar ist.

III. Zusammenfassung

Aufgrund vorstehender Ausführungen ergibt sich folgendes Potential für eine Geschäftsführerhaftung des Beschwerdeführers:
Haftungsbetrag 2009 EUR 198.740,81
Haftungsbetrag 2010 EUR 21.708,28
Haftungsbetrag 2011 EUR 12.489,81
Summe Haftungsbeträge EUR 232.938,90

Der Beschwerdeführer legt bezüglich seiner Vermögensverhältnisse das am angefertigte Vermögensverzeichnis nach § 185 IO vor, demnach der Beschwerdeführer aus einem Angestelltenverhältnis und aus Mieteinnahmen monatlich über einen Betrag von rund EUR 900,00 brutto verfügt.

Im Rahmen der Ermessenausübung ist nach der Ansicht des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der bereits verstrichenen Zeit seit Abgabenfestsetzung von rund 10 Jahren die Haftung nach § 9 BAO mit einem Drittel des errechneten Betrages festzusetzen."

Beigelegt war ein Vermögensverzeichnis des Beschwerdeführers, in das ein Gehalt und Mieteinnahmen von monatlich ca. 900 Euro - wie im Schriftsatz vom angegeben, eingetragen wurde. Das am Vermögensverzeichnis angeführte Feld "Bankverbindung" wurde nicht ausgefüllt. Bei den Unterhaltsverpflichtungen wurde "1" angegeben, im Punkt B unter "Unterhaltsverpflichtungen in Geld für … Person(en)" wurde nichts angegeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war von bis zur Löschung am Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Die Abgabenforderungen der Primärschuldnerin, die am Haftungsbescheid vom angeführt sind, wurden nicht entrichtet.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum**** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss desselben Gerichts vom Datum2 wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben.
Die Uneinbringlichkeit der Haftungsschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin steht auf Grund der am erfolgten amtswegigen Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG fest.

Im Jahr 2008 wurde eine abgabenbehördliche Prüfung bei der Primärschuldnerinabgeschlossen und im Jahr 2009 das Ergebnis dieser Prüfung bescheidmäßig umgesetzt. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen. Im Herbst 2012 wurde eine weitere abgabenbehördliche Prüfung, nämlich für die Jahre 2006-2009 samt Nachschauzeitraum bis 6/2011 abgeschlossen und bescheidmäßig umgesetzt.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen zum Insolvenzverfahren beruhen einerseits auf Eintragungen im Firmenbuchauszug der Primärschuldnerinund andererseits auf dem vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Firmenbuchauszug geht hervor, dass für die Zeit des Konkursverfahrens ein Masseverwalter bestellt war.

Aus den vorgelegten Finanzamtsakten geht hervor, dass keine Insolvenzquote ausbezahlt wurde (vgl Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , in dem angemerkt wurde, dass die Insolvenzgläubiger keine Quote erhalten).

Die Feststellungen zur Außenprüfung für die Jahre 2003-2005 und dem daran anschließenden Rechtsmittelverfahren, das mit einem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts beendet wurde, ergeben sich insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101279/2009. Ein Großteil der haftungsgegenständlichen Abgaben resultiert aus dieser Außenprüfung.
Die Feststellung zur Außenprüfung für die Jahre 2006-2009 gründet sich auf den Bericht des Außenprüfers vom . Die im Anschluss an die Prüfung erlassenen Bescheide vom richten sich an den Masseverwalter im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin.

Seit dem weist das Abgabenkonto der Primärschuldnerineinen Rückstand in Höhe von € 541.749,26 aus. Dieser Betrag ist auch in einem Rückstandsausweis vom enthalten. Die im angefochtenen Haftungsbescheid enthaltenen Abgaben sind auch im Rückstandsausweis vom enthalten.

Rechtsgrundlagen

§ 9 BAO lautet:

§ 9. (1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur dann, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflichten enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflichten vorliegt, ist auf Anzeige der Abgabenbehörde im Disziplinarverfahren zu entscheiden.

§ 80 BAO lautet:

2. Vertreter.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

§ 224 BAO lautet:

2. Geltendmachung von Haftungen.

§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.

(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

§ 238 BAO lautet:

F. Verjährung fälliger Abgaben.

§ 238. (1) Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

§ 209a gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

(3) Die Verjährung ist gehemmt, solange
a) die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder
b) die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist, oder
c) einer Revision gemäß § 30 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, oder einer Beschwerde gemäß § 85 des Verfassungsgerichtshofgesetzes - VfGG, BGBl. Nr. 85/1953, aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.

(4) Wenn fällige Abgaben durch Handpfand gesichert sind, findet § 1483 ABGB. sinngemäß Anwendung. Sind sie durch bücherliche Eintragung gesichert, so kann innerhalb von dreißig Jahren nach erfolgter Eintragung gegen die Geltendmachung der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung die seither eingetretene Verjährung der Abgabe nicht eingewendet werden.

(5) Wird ein Bescheid, mit dem eine Abgabenschuldigkeit gelöscht (§ 235) oder nachgesehen (§ 236) wird, innerhalb von drei Jahren ab seiner Bekanntgabe (§ 97) abgeändert oder aufgehoben, so lebt dadurch der Abgabenanspruch wieder auf und beginnt die Verjährungsfrist mit der Bekanntgabe des Abänderungs- oder Aufhebungsbescheides neu zu laufen.

(6) Die Abs. 1 bis 5 gelten auch für die Einhebung und zwangsweise Einbringung der im § 207 Abs. 4 bezeichneten gegen Abgabepflichtige gerichteten Ansprüche.

§ 308 BAO lautet:

3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

§ 308. (1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 124/2003)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

(4) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung auch bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. Nr. 680/1994)

§ 310 BAO lautet:

§ 310. (1) Die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand obliegt der Behörde, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war.

(2) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, steht die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.

(3) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Soweit die versäumte Handlung erst die Einleitung eines Verfahrens zur Folge gehabt hätte, ist durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung die ursprünglich versäumte Handlung als rechtzeitig vorgenommen anzusehen.

§ 9 IO lautet:

Verjährung

§ 9. (1) Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluß über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

(2) Wird ein Anspruch bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt die Verjährung vom Tage der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt.

Rechtliche Erwägungen

Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages

Gemäß § 308 Abs 3 BAO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz BAO sinngemäß.

Gemäß § 249 Abs 1 dritter Satz BAO gilt es als rechtzeitige Einbringung, wenn eine Bescheidbeschwerde innerhalb der Frist gemäß § 245 BAO beim Verwaltungsgericht eingebracht wird; das Verwaltungsgericht hat die bei ihr eingebrachte Bescheidbeschwerde unverzüglich an die Abgabenbehörde weiterzuleiten.

Bei Versäumung von Vorlageantragsfristen obliegt der Abgabenbehörde die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag (Ritz, BAO6, § 310 Tz 1). Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde auch die versäumte Handlung, nämlich das Stellen eines Vorlageantrages, nachgeholt.

Verjährung:
Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, (grundsätzlich) binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist. Die Einhebungsverjährung befristet das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen. Einhebungsmaßnahmen sind nur auf Abgabenschuldigkeiten zulässig, die noch nicht "einhebungsverjährt" sind. Ergeht ein als Einhebungsmaßnahme zu qualifizierender Bescheid zu Unrecht nach Eintritt der Einhebungsverjährung, so ist er inhaltlich rechtswidrig (). Gemäß § 238 Abs 2 BAO wird die fünfjährige Einhebungsverjährung, die mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, durch jede zur Durchsetzung des Anspruchs unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Ist eine solche Unterbrechung eingetreten, beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, neu zu laufen.
Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 Abs 2 BAO wirken anspruchsbezogen und somit nicht nur gegenüber etwa dem Primärschuldner, sondern auch gegenüber einem allfällig Haftungspflichtigen (). Eine "absolute" - also unabhängig von allfälligen Unterbrechungshandlungen eintretende - Verjährung der Einhebung kennt die BAO nicht ().

Da § 224 Abs 3 BAO und § 238 Abs 1 BAO eine Abhängigkeit der Einhebungsverjährung vom Eintritt der Festsetzungsverjährung (§ 207 BAO) normieren, kommt der Festsetzungsverjährung auch in Bezug auf die Einhebungsverjährung Bedeutung zu. Normieren § 224 Abs 3 und § 238 Abs 1 BAO die Maßgeblichkeit des Ablaufes der Festsetzungsverjährung für das Einhebungsverfahren, ist im Einzelfall zu prüfen, ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist oder nicht.

Gemäß § 209 Abs 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist zur Festsetzung einer Abgabe um ein Jahr, wenn innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs unternommen wurden. Schriftliche Erledigungen (zB Abgabenbescheide) verlängern die Verjährungsfrist dann, wenn sie zugestellt wurden. Abgabenbescheide dienen der Geltendmachung eines Abgabenanspruchs. Gemäß § 207 Abs 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre. Gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Neben den im Gesetz selbst beispielsweise aufgezählten Maßnahmen (Mahnung, Vollstreckungsmaßnahmen, Bewilligung einer Zahlungserleichterung, Erlassung eines Haftungsbescheides) sind Unterbrechungshandlungen auch Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen (), Amtshilfeersuchen, Sicherstellungsaufträge, Vollstreckungsbescheide, Widerruf von Zahlungserleichterungen oder Zahlungsaufforderungen ().

Nachweislich dokumentierte Firmenbuchabfragen sind nach ständiger Rechtsprechung nach außen erkennbare Amtshandlungen, wenn sie erkennen lassen, dass sie auf die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches gerichtet sind (; ).

Ein Schreiben, mit welchem die Behörde dem zur Haftung für Abgabenschulden Herangezogenen detailliert die den einzelnen Jahren zugeordneten Beträge an aushaftender Steuer mit der Aufforderung mitteilt, im Falle des Anerkenntnisses den Rückstand zu begleichen, ist als Unterbrechungshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO zu werten ().

Selbst Meldeanfragen an die zuständige Meldebehörde stellen Unterbrechungshandlungen dar (), wobei auf solchen Meldeanfragen - soweit sie nicht automationsunterstützt erfolgen - schon aus Gründen der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht keine Aufstellung der aushaftenden Abgaben enthalten ist. Insofern bedarf es keiner solchen Angabe im Zuge der Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Haftungspflichtigen.

Bereits aus der Überschrift zu § 1 IO ist ersichtlich, dass sowohl ein Konkurs- als auch ein Sanierungsverfahren ein Insolvenzverfahren ist. Gemäß § 74 Abs 1 IO ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch ein Edikt öffentlich bekanntzumachen, wobei das Verfahren ausdrücklich entweder als Konkursverfahren oder als Sanierungsverfahren zu bezeichnen ist. Nach § 9 Abs 1 IO wird durch die Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist. Gegenüber § 238 BAO ist § 9 Abs 1 IO die speziellere Bestimmung ().

Die belangte Behörde hat in der Beschwerdevorentscheidung zahlreiche Unterbrechungshandlungen angeführt, wobei die erste angeführte Unterbrechungshandlung eine Zahlungsaufforderung vom Juli 2009 war. Einer Beschwerdevorentscheidung kommt Vorhaltscharakter zu (zB Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 262 E 17 mwN). Der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses mangels Kostendeckung war vom Datum2. Auf Grund der anspruchsbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen war zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides im Jahr 2018 die Einhebungsverjährung noch nicht eingetreten.

Tatbestand:

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach den §§ 9 und 80 BAO ist eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (). Die Haftung nach § 9BAO ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet ().

Die Haftung nach § 9 BAO stellt nicht die Haftung für einen Schaden dar, welcher dem Abgabengläubiger bei Gesamtbetrachtung der Abgabenschulden mehrerer Abgabenschuldner entstanden ist, sondern der Tatbestand des § 9 BAO stellt darauf ab, dass Abgabenschulden eines Abgabepflichtigen nicht eingebracht werden können. Als Geschäftsführer der Primärschuldnerin war der Beschwerdeführer ihr Vertreter.

Die Haftung nach § 9 Abs 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (). Es entspricht daher dem Gesetz, wenn die Behörde die Haftung erst dann geltend macht, wenn sie Kenntnis über das Ausmaß der Uneinbringlichkeit hat (). Dies war letztlich mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101279/2009, gegeben.
Aus der Konkurseröffnung allein ergibt sich noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit. Diese ist erst dann anzunehmen, wenn im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; schließlich würde selbst eine geringe Quote die Haftung betragsmäßig entsprechend vermindern (zB ). Mit Beschluss vom , mit dem das Insolvenzgericht eine Insolvenztagsatzung für den anberaumt hatte, wurde schon angemerkt, dass die Insolvenzgläubiger keine Quote erhalten. Damit steht die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin eigentlich schon fest, die mit der Löschung im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit noch bestätigt wurde.

Pflichtverletzung:
Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Ein bestellter Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen. Hat er dies nicht getan, dann muss er die haftungsrechtlichen Konsequenzen tragen (vgl. zB , und vom ; zur Haftung eines "willfährigen" Geschäftsführers vgl. weiters das Erkenntnis vom mwN).


Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-,Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.

Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer besteht darin, dass die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen unterlassen wurde.

Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; ; ). Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit aus (zB ; ).

Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung iSd § 9 Abs 1 BAO angenommen werden darf (zB ). Er hat das Fehlen ausreichender Mittel für die Abgabenentrichtung nachzuweisen. Mit dem bloßen Hinweis auf beim Masseverwalter befindliche Buchhaltungsunterlagen genügt der Beschwerdeführer den nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ihm obliegenden Nachweispflichten im Haftungsverfahren gegenüber der Behörde nicht ().

Eine Haftung kommt auch für aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen entstandene Abgabenschulden in Betracht (vgl. ). Der Geschäftsführer haftet für eine solche Abgabennachforderung bei der Gesellschaft, wenn ihm ein Verschulden an der Verletzung jener abgabenrechtlichen Pflichten, die die Schätzung begründet hat, zugerechnet werden kann (insbesondere Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit den Gründen des § 184 Abs 2 und 3 BAO). Das Unterlassen der Vorlage von Grundaufzeichnungen begründet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits die Schätzungsberechtigung (vgl. zB ). Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind - wenn der Haftungsinanspruchnahme ein Bindungswirkung auslösender Bescheid an die Gesellschaft vorangegangen ist - in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (vgl. ).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Abgabenbescheide haben im Spruch den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu enthalten (§ 198 Abs 2 BAO). Bezieht sich die Angabe der Fälligkeit nicht auf die gesamte festgesetzte Abgabe, sondern nur auf einen Teil (zB Nachforderung gegenüber einem Vorauszahlungsbescheid), so ist außer dem Zeitpunkt auch der Betrag zu nennen, auf den er sich bezieht; dieser Betrag (Höhe der Nachforderung) ist Spruchbestandteil (Ritz, BAO6, §198 Tz 12; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 198 Anm 20). Gemäß § 210 Abs 1 BAO werden Abgaben - unbeschadet besonderer Regelungen - mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig (zB für Einkommensteuerabschlusszahlungen nach § 46 EStG, wobei die Bestimmung auch für die Körperschaftsteuer gilt). Gemäß § 45 Abs 2 EStG sind die Vorauszahlungen zu je einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu leisten; die Fälligkeiten sind gesetzlich vorgegeben und können vom Finanzamt nicht bescheidmäßig abgeändert werden (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 45 Anm 15). Gemäß § 24 Abs 3 KStG sind die Vorschriften des EStG über die Entrichtung der Körperschaftsteuer sinngemäß anzuwenden. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit ().
Gemäß § 21 Abs 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung (Steuererklärung) einzureichen. Eine sich ergebende Vorauszahlung ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Somit wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung zur Umsatzsteuer (Jahresumsatzsteuerbescheid) keine von § 21 Abs. 1 und 3 UStG abweichende Fälligkeit begründet. Das bedeutet, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant ist, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besagt, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergibt.
Gemäß § 4 Abs 1 WAG hat der Abgabenschuldner die Abgabe selbst zu berechnen und bis zum 15. des zweitfolgenden Monats zu entrichten. Eine gemäß § 201 BAO festgesetzte Abgabe hat die im Abs 1 genannte Fälligkeit.

Gerade bei Selbstbemessungsabgaben richtet sich die Fälligkeit der Abgabe - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom - nicht nach dem Bescheiddatum, mit dem diese Abgabe - sei es mangels Selbstberechnung oder etwa als Jahresbescheid - festgesetzt wurde.

Im Schriftsatz vom findet sich auf Seite 2, dass die Fälligkeit der beschwerdegegenständlichen Abgaben auf die Jahre 2002 bis 2006 und 2008 zurückreiche. Für die Ermittlung einer Differenzquote hat der Beschwerdeführer sodann als ersten Fälligkeitstag das Datum jener Bescheide herangezogen, mit denen die Abgabenfestsetzung erfolgte. Für die Umsatzsteuer der Jahre 2004 bis 2006 sowie für die Werbeabgabe (Jahre 2003 bis 2004) wurde vom Beschwerdeführer keine Differenzquote bekannt gegeben.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Haftungsbetrag
Umsatzsteuer
2004
13.888,76
Umsatzsteuer
2005
89.576,15
Umsatzsteuer
2006
682,16
Umsatzsteuer
2006
9.793,95
Umsatzsteuer
2008
4.545,96
Werbeabgabe
2003
7.267,75
Werbeabgabe
2004
1.942,50
127.697,23
verbleibender Haftungsbetrag lt. angefochtenem Bescheid
379.209,76

Unabhängig von wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft ist die Verletzung der Verpflichtung zur Abfuhr von Umsatzsteuern, Lohnabgaben oder Kapitalertragsteuer jedenfalls schuldhaft, weil es sich dabei um solche Abgaben handelt, deren Entrichtung bzw Abfuhr bei korrekter Geschäftsführung durch diese Schwierigkeiten nicht gehindert war ().

Ausmaß der Haftung:
Die Haftung des § 9 BAO ist subsidiär und akzessorisch. Eine Person darf demnach nur dann als Haftende in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt und diese Verbindlichkeit beim Hauptschuldner uneinbringlich ist (Subsidiarität). Die Haftungsschuld ist weiters ihrem bloß sichernden Charakter zufolge in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig. Ist die Hauptschuld nicht (gültig) entstanden oder ist sie erloschen, ist auch eine Haftung für diese nicht denkbar (). Das Erlöschen der Abgabenschuld wird unter anderem durch die Entrichtung der Abgaben - etwa durch einen Gesamtschuldner - bewirkt (), durch Nachsicht oder Löschung (vgl Ritz, BAO6, § 4 Tz 9).

Bei der Umsatzsteuer entsteht der Abgabenanspruch gemäß § 19 Abs 2 bis 4 UStG 1994 jeweils mit Ablauf des Kalendermonats.
§ 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO normiert, dass der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer grundsätzlich "für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird", entsteht (vgl ).
Die Grundsatzregelung des § 4 Abs 1 BAO (wonach der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist) gilt etwa für Anspruchszinsen, Aussetzungszinsen, Stundungszinsen, Säumniszuschläge und Mahngebühren (vgl Ritz, BAO6, § 4 Tz 6 mwN). Der Abgabenanspruch entsteht grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und setzt - außer bei ESt/KÖSt-Vorauszahlungsbescheiden - keine Bescheiderlassung voraus. Vom Abgabenanspruch zu unterscheiden ist auch der Abgabenzahlungsanspruch, nämlich die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten.

Der Abgabenanspruch bei der Werbeabgabe entsteht gemäß § 3 Abs 2 WAG mit Ablauf des Monats, in dem die abgabepflichtige Leistung erbracht wird.

Dem Haftungspflichtigen muss von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist (). Der zur Haftung Herangezogene muss jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können. Vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte nach Abgabenarten und Zeiträumen sind die Abgabenansprüche aufgeschlüsselt auszuweisen. Erst auf der Basis einer entsprechenden Aufgliederung werden sie dem Haftungspflichtigen auf geeignete Weise zur Kenntnis gebracht (vgl. oder -G/05; ). Der Haftungsbescheid vom enthält eine derartige detaillierte Aufgliederung.

Kausalität:
Der Vertreter haftet aber nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Der Vertreter hat bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter zu behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz; ). Reichten die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden aus und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und den Abgabengläubiger somit benachteiligt hat, dann erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf den Betrag, um den der Abgabengläubiger bei gleichmäßiger Befriedigung aller Forderungen mehr erlangt hätte, als er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich erhalten hat (). Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung des Vertreters in der Höhe des Quotenschadens setzt den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Diesen Nachweis hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (; ).
Der Unabhängige Finanzsenat hat hingegen vereinzelt eine Zeitraumbetrachtung zugelassen, da eine auf einzelne Fälligkeitstage abgestellte Betrachtung in der Praxis oft nur schwer möglich ist und auch zu Verzerrungen führen könnte (etwa bei Zahlungsverzügen), sodass eine Zeitraumbetrachtung nicht nur praktikabler ist, sondern auch zu sachgerechteren Ergebnissen führt ( mit Hinweis auf ​RV/1907-W/07 und ​RV/2322-W/05; siehe auch Ritz, BAO6 , § 9 Tz 27). Es ist auch zu berücksichtigen, dass Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten nicht über das Maß des Möglichen und Zumutbaren hinaus überspannt werden dürfen, was sowohl für die laufende Neuberechnung der Quote im Rahmen der Vertretungstätigkeit als auch für die Mitwirkung an ihrer nachträglichen Feststellung von Bedeutung sein und unter Umständen auch eine überschlägige Ermittlung der Quote erfordern kann (). Der Verwaltungsgerichtshof ließ einmal im Zusammenhang mit einer Haftung für Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz eine zeitraumbezogene Betrachtungsweise zu (​), wobei allerdings fraglich ist, ob diese Grundsätze auch auf Haftungsfälle nach ​§ 9 iVm ​§ 80 BAO übertragen werden können (Hirschler/Stückler, ÖStZ 2014/793). In der Entscheidung vom , Ra 2015/16/0078 hielt der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls an der Bezugnahme auf die einzelnen Fälligkeitstage fest.

Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (). Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Kommt der Geschäftsführer der Aufforderung zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens nicht nach und erbringt er nicht den ihm obliegenden Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, haftet er dann für die in Rede stehenden Abgabenschulden zur Gänze (vgl. ).

Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann sich nicht nur bei der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, sondern auch bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften ergeben.

Für die Frage, ob andere andrängende Gläubiger gegenüber dem Bund als Abgabengläubiger begünstigt worden sind, ist es nicht relevant, ob geleistete Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung rechtsunwirksam oder anfechtbar gewesen wären ().

Der Beschwerdeführer hat zwar keine Berechnung, die sich auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte bezieht, vorgelegt; dennoch hat er Differenzquoten ermittelt.
Im Schriftsatz vom gibt der Beschwerdeführer an, dass er eine "Zusammenstellung der monatlichen Auszahlungen von den Bankkonten" der Primärschuldnerin bei verschiedenen Kreditinstituten für den Zeitraum März 2009 bis Juli 2012 als "Beilage ./1" vorlege. Bei dieser als Beilage ./1 bezeichneten Aufstellung fällt zunächst auf, dass nur für das Konto "Nr.2*" bei einer Raiffeisenkasse monatliche Eintragungen verzeichnet sind. Hingegen sind für ein Konto bei einer Sparkasse im Jahr 2009 27 Eintragungen angeführt. In Summe werden für diesen Zeitraum Zahlungen im Ausmaß von € 397.295,97 angeführt, wobei insgesamt € 120.706,85 an Zahlungen an ein Finanzamt verzeichnet sind. Von diesen € 120.706,85 entfallen € 110.000 auf eine Zahlung vom mit dem Zusatztext "Finanzprokuratur". Dazu wurde von der belangten Behörde unter anderem eine Fax-Nachricht vom von der Finanzprokuratur an den Vertreter des Beschwerdeführers mit dem Betreff "Bf St.Nr. 4**/****" vorgelegt, in dem die Finanzprokuratur mitteilt, dass mit der Zahlung von € 110.000,-- die im "bezughabenden Anfechtungsverfahren geltend gemachte Forderung der Republik Österreich (Finanzamt Grieskirchen Wels) gegenüber Herrn Bf aus dem Rückstandsausweis des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom zu St.Nr. 4**/**** im Betrage von € 174.942,63 bereinigt und verglichen" wäre. Bei der Steuernummer 4**/**** handelt es sich um die vom Finanzamt Grieskirchen Wels für den Beschwerdeführer vergebene Steuernummer. Mit dem beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheid wird der Beschwerdeführer jedoch für Abgaben der Primärschuldnerin, mit der Steuernummer 04 1**/**** bzw. vormals 54 3**/****, herangezogen.

Legt man die vom Beschwerdeführer angewendete Berechnungstechnik der Ermittlung der Differenzquoten zu Grunde, ist zunächst zu berücksichtigen, dass vom haftungsgegenständlichen Betrag in Höhe von € 506.906,99 jene Haftungsbeträge abzuziehen sind, für die keine Differenzquote bekannt gegeben wurde, nämlich € 127.697,23 (Umsatzsteuer und Werbeabgabe 2003-2008). Es verbleiben somit € 379.209,76 als Ausgangsbetrag für Abgabenforderungen für das Jahr 2009.

Damit hat der Beschwerdeführer einen Nachweis erbracht, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Bei einer solchen Nachweisführung haftet der Vertreter nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag (; ). Somit ist der Beschwerde in diesem Beschwerdepunkt in folgendem Ausmaß (Einschränkung der Haftung) Folge zu geben:


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Jahr
"liquide Mittel"
Abgaben(rest)-
foderung
"Gesamt-
verbindlichkeit"
Quote in %
Quote in €
tatsächlich
entrichtet
Haftungsbetrag
2009
351.456,10
379.209,76
730.665,86
48,10%
182.402,92
2.956,61
179.446,31
2010
32.326,93
199.763,45
232.090,38
13,93%
27.824,24
7.230,04
20.594,20
2011
13.123,18
179.169,25
192.292,43
6,82%
12.227,58
520,20
11.707,38
211.747,88

Nebenansprüche:
Die persönliche Haftung des Geschäftsführers erstreckt sich gemäß § 7 Abs 2 BAO auch auf Nebenansprüche iSd § 3 Abs 1 und 2 BAO. Stundungszinsen, Aussetzungszinsen und Säumniszuschläge zählen gemäß § 3 Abs 2 lit d BAO zu den Nebengebühren und sind somit Teil der Nebenansprüche (; zu Säumniszuschläge wegen Nichtentrichtung haftungsgegenständlicher Beträge an Umsatzsteuer und Lohnsteuer).

Ermessen:

Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen (§ 20 BAO). Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin steht als Folge des Insolvenzverfahrens fest. Bei der Ermessensübung ist zudem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin und war für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich.
Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf (). Das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin wurde bereits im November 2014 aufgehoben. Die Rechtsmittel gegen die Bescheide, die als Folge der Außenprüfung erlassen wurden, wurden im Jahr 2015 entschieden. Somit stand Ende 2015 sowohl die Uneinbringlichkeit als auch das Ausmaß der Abgabenforderungen fest. Der Haftungsbescheid wurde erst im November 2018, somit drei Jahre später erlassen. Obwohl der Haftungsbescheid erst im November 2018 erlassen wurde und insofern zweifellos eine längere Zeit verstrichen ist, war die belangte Behörde in dieser Zeit nicht gänzlich untätig. Aus dem elektronisch geführten Akt der Abgabenbehörde ist ersichtlich, dass bereits im Jahr 2016 Sachverhaltserhebungen (ZMR Abfrage, Sozialversicherungsabfrage, Grundbuchsabfragen) durchgeführt wurden. Teilweise lag die Fälligkeit der Abgaben im Jahr 2002, die Geltendmachung war im Jahr 2009. Insofern ist von einem langen Zeitraum auszugehen. Aus diesem Grund erfolgt eine Reduktion des Haftungsbetrages um ca 12 %.
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Haftenden wie etwa dessen Vermögenslosigkeit und/oder Arbeitsunfähigkeit stehen nach der Rechtsprechung in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung und können somit die Ermessensübung nicht beeinflussen (). Eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten beim Haftungspflichtigen schließt nämlich nicht aus, dass künftig neu hervor gekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen könnten (). Die Inanspruchnahme der Haftung in Ausübung des Ermessens ist mit dem derzeitigen, im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides vorhandenen Vermögen nicht begrenzt (). Soweit auf eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung der Abgaben aufzeigt werden soll, ist darauf zu verweisen, dass ein solcher Umstand im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht zu berücksichtigen ist ().

Ergebnis:
Im Ergebnis besteht die Haftung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer in folgendem Ausmaß zu Recht:


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Haftung für Selbstbemessungsabgaben/keine Quote bekannt gegeben
127.697,23
Haftung für die übrigen Abgaben im Ausmaß einer Quote
211.747,88
339.445,11
minus ca. 12%
- 39.445,11
300.000,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an den zitierten gesetzlichen Bestimmungen sowie der dazu angeführten Literatur. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme zur Haftung sind durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt. Es liegt hier keine zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Zulässigkeit einer Revision zu verneinen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 310 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




§ 4 Abs. 1 WAG, Wertpapieraufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 753/1996
§ 3 Abs. 2 WAG, Wertpapieraufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 753/1996
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103029.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at