Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2019, RV/7105704/2019

Steuerpflicht des Ablebensversicherungsanspruches gem. § 38 Abs.1 lit b Satzung WFF beim Rechtsnachfolger

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105704/2019-RS1
Die von der Ärztekammer an die Rechtsnachfolgerin ausbezahlte Hinterbliebenenunterstützung setzt sich aus der direkt vom Wohlfahrtsfonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in Höhe von 5.516,51 Euro und aus dem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in Höhe von 28.549,52 Euro zusammen. Diese Beträge beruhen auf Pflichtbeiträgen (§ 4 Abs. 4 Z 1 lit b EStG 1988) des Rechtsvorgängers und sind gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 bei der Rechtsnachfolgerin steuerpflichtig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, vertreten durch LBG Niederösterreich, Amtsgasse 21, 2020 Hollabrunn, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt ***** vom , betreffend Einkommensteuer 2017 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:

Die Bf, die Witwe des am Datum 2017 verstorbenen Dr. X, erhielt im Streitjahr folgende Beträge vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer:


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Hinterbliebenenunterstützung gem. § 38 Abs. 7 Satzung WFF
34.066,03 €
Bestattungsbeihilfe gem. § 37 Abs. 1 und 2 Satzung WFF
4.000,00 €
Summe
38.066,03 €

Diese Beträge wurden vom Finanzamt nach Abzug des Gewinnfreibetrages als Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Ansatz gebracht und die Einkommensteuer festgesetzt.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, nur der Betrag von 5.516,51 Euro (vor Abzug des Grundfreibetrages) sei gemäß § 22 Z 4 EStG iVm § 32 Z 2 EStG bei der Rechtsnachfolgerin der tariflichen Einkommensteuer zu unterziehen, nicht jedoch der persönliche Ablebensversicherungsanpruch in Höhe von 28.549,52 Euro.

Der verstorbene Gatte habe nie eine eigene Praxis geführt, er sei zuletzt im Krankenhaus KH als Oberarzt für Anästhesie beschäftigt gewesen und bereits mit in den Ruhestand eingetreten.

Aus den Pensionslohnkonten der Jahre 2006 bis 2017 gehe hervor, dass die Beiträge zur genannten Versicherung nicht steuerwirksam berücksichtigt, sondern vom Nettogehalt einbehalten worden seien und nur den Auszahlungsbetrag gekürzt hätten. Die Lohnart 383 sei zwar unter den Abzügen angeführt, in der Lohnsteuerbemessungsgrundlage jedoch nicht abgerechnet. Die nachträgliche Besteuerung von Zuflüssen aus Nettogehältern gehe an den Grundsätzen des österreichischen Steuerrechts vorbei.

Es werde daher beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den Ablebensversicherungsanspruch nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, aktive Mitglieder des Wohlfahrtsfonds bzw. Bezieher einer Pensionsleistung nach § 12 der Beitragsordnung hätten verpflichtend Beiträge für die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung zu entrichten. Nach § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung sei vom Betrag zur Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ein Teil von 2/3 der Ablebensleistung gewidmet und im Rahmen der Betriebsausgaben absetzbar. Ein Drittel des Beitrages sei der Erlebensleistung gewidmet und gemäß § 18 EStG im Rahmen der Sonderausgaben geltend zu machen.

Laut Lohnkonto seien für die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung für den Monat Jänner 2017 insgesamt 58,40 Euro einbehalten worden. 2/3 des insgesamt einbehaltenen Betrages, das sind 38,93 Euro, seien unter Nr. 381 "Bestatt/Hinterbl" ausgewiesen und bei der Berechnung des lohnsteuerpflichtigen Monatsbezuges berücksichtigt worden. Der als Anteil für die Ablebensversicherung gekennzeichnete Betrag in Höhe von 19,47 Euro sei ein Drittel des Gesamtbetrages und sei laut Beitragsordnung für die Erlebensleistung gewidmet und könne als Sonderausgabe geltend gemacht werden. Dieser Betrag sei daher korrekt bei der Ermittlung des lohnsteuerpflichtigen Monatsbezuges nicht berücksichtigt worden.

Die Beiträge für die Ablebensleistung seien bei der Ermittlung des lohnsteuerpflichtigen Einkommens als Werbungskosten berücksichtigt worden, daher sei die Auszahlung der Hinterbliebenenunterstützung als Einkünfte gemäß § 22 Z 4 EStG zu erfassen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag verwies der steuerliche Vertreter auf eine Rücksprache mit dem Verantwortlichen des Rechnungswesens der Ärztekammer für Niederösterreich. Es sei festzustellen, dass die von der Finanzverwaltung getroffene Zuordnung nicht richtig sei. Der steuerlich als Werbungskosten behandelte Teil von 2/3 sei zweifelsohne für die Hinterbliebenenunterstützung im Ausmaß von 5.516,51 Euro sowie für die Bestattungsbeihilfe in Höhe von 4.000,00 Euro zu verwenden und somit bei der Bf voll steuerpflichtig.

Der verbleibende und nur als Sonderausgabe zu berücksichtigende Teil sei für einen persönlichen Versicherungsanspruch zu verwenden. Herr Dr. X habe nach Erreichen des 65. Lebensjahres zwischen einer Erlebens- und einer Ablebensleistung entscheiden können. Er habe das Wahlrecht zugunsten einer Ablebensvariante wahrgenommen, um seiner Gattin im Todesfall eine gewisse Zusatzunterstützung hinterlassen zu können. Der somit nicht zur Auszahlung gelangte persönliche Versicherungsanspruch im Ausmaß von 28.549,22 Euro könne daher nicht unter die steuerpflichtigen Einkünfte gemäß § 22 Z 4 EStG eingereiht werden.

Im Vorlagebericht verwies die belangte Behörde auf die Auskunft des bundesweiten Fachbereiches, nach welcher die zuerkannte Hinterbliebenenunterstützung zur Gänze auf dem 2/3-Anteil der geleisteten Beiträge beruhe, der auf die Ablebensleistung entfalle. Die Hinterbliebenenunterstützung sei daher zur Gänze steuerpflichtig.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf erhielt im Jahr 2017 nach ihrem verstorbenen Ehemann folgende Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich:


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Hinterbliebenenunterstützung gem. § 38 Abs. 1 lit a Satzung WFF
5.516,61 €
Ablebensversicherung § 38 Abs. 1 lit b Satzung WFF
28.549,52 €
Bestattungsbeihilfe gem. § 37 Abs. 1 und 2 Satzung WFF
4.000,00 €

Der Gatte der Bf war Mitglieder des WFF und bezog seit eine Pensionsleistung. Er entrichtete einen Monatsbeitrag in Höhe von 58,40 Euro.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen, das Vorbringen des steuerlichen Vertreters und ist unstrittig.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit b EStG 1988 sind Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen Betriebsausgaben, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen.

Gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 fallen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Entsprechend der Bestimmung des § 32 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 gehören auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG, und zwar jeweils auch beim Rechtsnachfolger.

§ 37 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet auszugsweise:

"(1) Beim Tode eines WWF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung gebührt über Antrag jener Person, welche die Kosten der Bestattung getragen hat, die Bestattungsbeihilfe.

(2) Die Bestattungsbeihilfe umfasst die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Bestattungskosten, wird jedoch höchstens im Ausmaß von € 4.000,00 einmalig ausbezahlt.

….."

§ 38 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet auszugsweise:

"(1) Im Fall des Ablebens eines WFF-Mitglieds ….. wird bei Erfüllung der Voraussetzungen über Antrag den in Abs. 7 genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge eine Hinterbliebenenunterstützung gewährt und insgesamt einmalig ausbezahlt. Die Hinterbliebenenunterstützung besteht aus

a) einer direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in der Höhe von € 5.516,51 sowie

b) einem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in der Höhe von € 28.549,52.….."

Dem § 12 Abs. 3 der Beitragsordnung der Ärztekammer für Niederösterreich ist zu entnehmen, dass Bezieher einer Pensionsleistung aus dem Wohlfahrtsfonds mit einem Leistungsanspruch gemäß § 38 Abs. 1 lit b oder Abs. 1a Satzung WFF einen Monatsbeitrag in Höhe von € 58,40 zu entrichten haben.

Gemäß § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung der Ärztekammer für Niederösterreich ist vom Beitrag zur Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ein Teil von zwei Dritteln gemäß § 4 Abs. 4 bzw. § 16 EStG der Ablebensleistung gewidmet und im Rahmen der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten steuerfrei unbegrenzt absetzbar. Ein Drittel des Beitrages ist der Erlebensleistung gewidmet und gemäß § 18 EStG im Rahmen der Sonderausgaben beim zuständigen Finanzamt geltend zu machen.

Den vom steuerlichen Vertreter mit der Beschwerde vorgelegten Lohnkonten ist zu entnehmen, dass der verstorbene Gatte der Bf in den Monaten Jänner und Februar 2017 insgesamt einen Betrag in Höhe von 58,40 Euro entsprechend der oben zitierten Bestimmung der Beitragsordnung entrichtete. Davon wurde gemäß § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung betimmungskonform ein Teil von zwei Drittel, das sind 38,93 Euro - anders als in der Beschwerde behauptet -  der Ablebensleistung gewidmet und als Werbungskosten berücksichtigt.

Zuzustimmen ist dem Beschwerdevorbringen lediglich dahingehend, dass ein Teil von einem Drittel, d.s. 19,47 Euro (Nr. 383) nicht bei der Ermittlung der Lohnsteuerbemessungsgrundlage berücksichtigt wurden. Dabei handelt es sich aber gemäß § 12 Abs. 6 der Beitragsordnung um jenen Teil, der der Erlebensleistung gewidmet und der gemäß § 18 EStG im Rahmen der Sonderausgaben geltend zu machen ist.

Die von der steuerlichen Vertretung vorgebrachte nachträgliche Besteuerung von Zuflüssen aus Beträgen, die von Nettogehältern einbehalten wurden, liegt daher nicht vor. Der steuerlich als  Werbungskosten behandelte 2/3-Wert in Höhe von 38,93 Euro wurde für die Hinterbliebenenunterstützung gemäß § 38 Abs. 1 Satzung Ärztekammer Niederösterreich in Höhe von 34.066,03 Euro geleistet, die aus der direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in Höhe von 5.516,51 Euro und aus dem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in Höhe von 28.549,52 Euro besteht.

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 lit b EStG 1988 sind Pflichtbeiträge zu Kammern der selbständig Erwerbstätigen als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit sie ua der Hinterbliebenenversorgung dienen. Die Bestimmung des § 22 Z 4 EStG 1988 korrespondiert mit der Abzugsfähigkeit der Beiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen als Betriebsausgaben. 

Da die von der Ärztekammer Niederösterreich ausbezahlten Beträge an Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung auf Pflichtbeiträgen des Rechtsvorgängers beruhen und der Hinterbliebenenversorgung dienen, sind diese Beträge gemäß § 22 Z 4 EStG iVm § 32 Z 2 EStG beim Rechtsnachfolger steuerpflichtig.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob auch der Ablebensversicherungsanspruch als Teil der Hinterbliebenenunterstützung beim Rechtsnachfolger gemäß § 22 Z 4  EStG 1988 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen ist, liegt nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die ordentliche Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105704.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at