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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2020, RV/7106246/2019

Besteuerung deutscher Pensionseinkünfte, keine Anrechnung der in Deutschland entrichteten Einkommensteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Baden Mödling vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2014 bis 2018 zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Steuer sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches des Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin (Bf) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Dem gleichzeitig elektronisch übermittelten Beschwerdeakt der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:

Die Bf bezog in den Streitjahren von der Deutschen Rentenversicherung Bund Pensionszahlungen in folgender Höhe:


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2014
2015
2016
2017
2018
4.026,24 €
4.102,14 €
4.232,70 €
4.361,82 €
4.473,90 €

Im Zuge der Durchführung der Veranlagungen wurden diese Beträge, hinsichtlich derer Deutschland das Besteuerungsrecht zukommt, zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde rügte die Bf die Nichtberücksichtigung der Krankenversicherungsbeiträge und der im Ausland entrichteten Steuer.

Mit Beschwerdevorentscheidungen wurden die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Krankenversicherungsbeiträge in folgender Höhe als Werbungskosten berücksichtigt:


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2014
2015
2016
2017
2018
205,32 €
209,22 €
215,86 €
222,45 €
228,18 €

Fristgerecht stellte die Bf einen Vorlageantrag und führte aus, die Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 73a ASVG für ausländische Leistungen seien noch nicht berücksichtigt worden. Ebenso seien die im Ausland zu leistenden Steuerzahlungen nicht angerechnet worden.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde der Bf gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2018 dem Bundesfinanzgericht vor und wies darauf hin, dass die Pflichtbeiträge zur ausländischen Krankenversicherung in den Beschwerdevorentscheidungen als Werbungskosten berücksichtigt worden seien. Die Bemessungsgrundlage für den Progressionsvorbehalt habe sich dementsprechend vermindert.

Zur Berücksichtigung der in Deutschland bezahlten Steuer wies die belangte Behörde darauf hin, dass aufgrund des Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA Deutschland eine Anrechnung nicht zulässig sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Bf hat ihren Wohnsitz im Inland, bezog in den Streitjahren ausländische Pensionseinkünfte und entrichtete dafür Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung:


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Pensionsbezüge
Pflichtversicherungs-
beiträge
Differenz
2014
4.026,24 €
205,32 €
3.820,92 €
2015
4.102,14 €
209,22 €
3.892,92 €
2016
4.232,70 €
215,86 €
4.016,84 €
2017
4.361,82 €
222,45 €
4.139,37 €
2018
4.473,90 €
228,18 €
4.245,72 €

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die aktenkundigen Unterlagen und ist insoweit unstrittig. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Würdigung :

§ 1 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 bestimmt, dass natürliche Personen, die im Inland über einen Wohnsitz verfügen, unbeschränkt steuerpflichtig sind und sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf alle in- und ausländischen Einkünfte bezieht.

Die unbeschränkte Steuerpflicht umfasst die in § 2 Abs. 3 EStG 1988 genannten Einkunftsarten ohne Rücksicht darauf, ob sie aus dem Ausland oder aus dem Inland stammen ("Welteinkommen"; ).

§ 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt Folgendes:

  • Für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend.

  • …..

  • ….."

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 gehören Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Die von der deutschen Rentenversicherung geleistete Altersrente entspricht einer von einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung (wie der PVA) geleisteten Pension. Die Altersrente beruht auf einer gesetzlichen Beitragspflicht. Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Rentenzahlung. Die Rente wird wiederkehrend (in Monatsbeträgen) ausbezahlt.

Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird (vgl. ; ). Dafür kommt im vorliegenden Fall mangels Anknüpfungspunkte an andere Staaten ausschließlich das Abkommen vom zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002, in Betracht (im Folgenden kurz: DBA Deutschland).

Dieses DBA Deutschland trifft folgende Regelungen:

Gemäß Art. 18 Abs. 1 DBA Deutschland dürfen Ruhebezüge und ähnliche Vergütungen oder Renten, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus dem anderen Vertragsstaat erhält, nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 18 Abs. 2 DBA Deutschland dürfen Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA Deutschland nimmt Österreich Einkünfte von der Besteuerung aus, die nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden dürfen. Diese Einkünfte dürfen aber gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA Deutschland in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einbezogen werden (sog. Progressionsvorbehalt). Das DBA Deutschland sieht also zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Befreiungsmethode vor. Diese Methode bedeutet, dass der Wohnsitzstaat für jene Einkünfte, die nach dem Abkommen im anderen Staat ("Quellenstaat") besteuert werden, eine Steuerbefreiung gewährt. Der Wohnsitzstaat hat aber das Recht, die Steuern von den ihm zur Besteuerung überlassenen Einkünften nach dem Steuersatz zu erhoben, der dem Welteinkommen entspricht, dh es ist bei der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes zwingend auf die ausländischen Einkünfte Bedacht zu nehmen (Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/ Wanke, EStG 28. EL § 2 Anm 62).

Bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes ist daher das (Gesamt)einkommen nach den Vorschriften des österreichischen EStG zu ermitteln (vgl. ; ; ). Besonderheiten des ausländischen Rechtes (wie zB nur im ausländischen Steuerrecht vorgesehene Steuerbefreiungen) sind dabei nicht zu berücksichtigen (vgl. Doralt, EStG18, § 2 Tz 193, mwN).

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind auch Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Versicherung Werbungskosten.

Die Bestimmung des § 73a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) in der Fassung des BGBl. I Nr. 102/2010 ordnet an, dass auch von ausländischen Renten ein Krankenversicherungsbeitrag nach § 73 Abs. 1 und 1a in Österreich zu entrichten ist, wenn ein Anspruch des Beziehers der ausländischen Rente auf Leistungen der  Krankenversicherung (im Inland) besteht.

Intention des Gesetzgebers bei Einführung dieser Bestimmung war, eine Gleichstellung von Auslands- und Inlandspensionen bzw. Renten herbeizuführen (vgl. RV 937 BlgNR 24. GP zum 2. SVÄG 2010).

Pflichtbeiträge liegen auch dann vor, wenn bei Bezug einer ausländischen Rente der für diese Rente nach § 73a ASVG zu entrichtende Krankenversicherungsbeitrag von der inländischen Pension einbehalten oder gesondert vorgeschrieben wird. Diese Werbungskosten gelten nach einhelliger Judikatur des Bundesfinanzgerichtes als durch die Auslandsrente veranlasst und sind demnach bei dieser (im Wege des Progressionsvorbehaltes zu erfassenden) in Abzug zu bringen (vgl. ; , und ). Aufwendungen, die mit Einkünften im Zusammenhang stehen, die auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung im Inland ausgenommen sind (Befreiungsmethode), sind daher von den ausländischen und nicht von den im Inland steuerpflichtigen Einnahmen abzuziehen (Zorn in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer – Kommentar, 48. Lfg., § 16 Tz 3). Demnach vermindern die laut Bestätigung der Pensionsversicherungsanstalt von der Bf entrichteten Beiträge zur Pflichtversicherung, die Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 darstellen, die ausländischen Progressionseinkünfte. Bereits im Zuge der Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen waren die von der Bf entrichteten Pflichtversicherungsbeiträge von der ausländischen Pension in Abzug gebracht worden und nur der Differenzbetrag zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen worden.

Die deutschen Pensionseinkünfte der Bf sind nach den obigen Ausführungen zwar in Österreich nicht zu besteuern, wohl aber bei der Ermittlung des Steuersatzes für das übrige inländische Einkommen zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt). Dabei wird das Einkommen (Gesamteinkommen) nach den Vorschriften des österreichischen EStG 1988 ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert, und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet.

Die Bf hat ihren Wohnsitz in Österreich. Demzufolge ist die Bf in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte, allerdings hat nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland das Besteuerungsrecht an den Pensionseinkünften, die die Bf aus Deutschland bezieht, der Quellenstaat Deutschland und Österreich hat das Recht, auf Grund der Anwendung des Progressionsvorbehaltes die steuerpflichtigen inländischen Einkünfte jenem Steuersatz zu unterziehen, der zum Tragen käme, wenn alle Einkünfte aus inländischen Quellen stammten. Dieser Progressionsvorbehalt ist bei Vorliegen entsprechender inländischer Einkünfte im Wege einer Steuerveranlagung durch das Wohnsitzfinanzamt zwingend vorzunehmen und liegt nicht im Ermessen der Behörde.

Zum Einwand der Bf, die belangte Behörde habe es unterlassen, die in Deutschland zu entrichtende Steuer auf die österreichische Einkommensteuer anzurechnen, ist anzumerken, dass im DBA Deutschland - wie bereits oben ausgeführt - die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt und nicht die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zur Anwendung zu kommen hat. Eine Anrechnung er vom ausländischen Fiskus auf die Auslandseinkünfte erhobenen Steuer hatte daher zu unterbleiben. Dem Beschwerdebegehren war daher insoweit kein Erfolg beschieden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und waren die angefochtenen Einkommensteuerbescheide im Sinne der Beschwerdevorentscheidungen abzuändern.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der Frage, wie in Deutschland bezogene Pensionseinkünfte bei der Berechnung der Progression heranzuziehen sind, hat sich der VwGH bereits in seinen Entscheidungen vom , 96/15/0234, und vom , 2005/14/0099, beschäftigt und hat festgestellt, dass das Gesetz nicht vorsieht, dass derartige Pensionseinkünfte nur mit einem bestimmten Anteil zu erfassen sind, wenn sie Einkünfte nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 darstellen. Damit ist davon auszugehen, dass die gegenständliche Rechtsfrage bereits hinreichend geklärt wurde, weshalb ihr keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 73a ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 18 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106246.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at