Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2020, RV/7103012/2018

Familienheimfahrten; Zumutbarkeit der Velegung des Familienwohnsitzes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache Bf., Adr._Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer 2015 zu Recht: 

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer Bf. (in der Folge „Bf.“) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Streitjahr 2015 ist der Bf. unverheiratet und hat keine Kinder. Er ist jedoch mit Verlobte verlobt.

Im Streitjahr 2015 betragen die Einkünfte der Verlobten des Bf. in Polen 0 PLN.

Der Bf. hat seinen Wohnsitz in 47-143 Wohnsitz, Polen.

Im Streitzeitraum 2015 fährt der Bf. seinen Angaben nach insgesamt 48 mal von Wien nach Opole und zurück:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Von -> Nach
Datum
Von -> Nach
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole
Opole -> Wien
Wien -> Opole

Der Bf. fährt diese Strecke mit dem Bus. Eine Fahrt von Opole nach Wien und zurück kostet 400 PLN. Nachweise, dass die Fahrten tatsächlich durchgeführt werden, liegen nicht vor. Bustickets wurden vom Bf. nicht vorgelegt.

Gemäß amtlichem Umrechnungskurs für das Jahr 2015 sind 1 Euro 4,1841 Polnische Zloty. Die Fahrtkosten betragen sohin pro Fahrt von Wien nach Opole und zurück 95,60 Euro.

Der Bf. macht 3.672 Euro (Maximalbetrag gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e iVm § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988) als Kosten für Familienheimfahrten geltend.

2. Beweiswürdigung

Der Bezug von nichtselbständigen Einkünften des Bf. ist aktenkundig.

Dass der Bf. im Streitzeitraum 2015 unverheiratet ist und keine Kinder hat, ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde (Datum der Eheschließung: Datum****2016) und der Meldebestätigung in Polen, wonach der Sohn am Datum****2017 geboren wurde. Weitere Kinder sind im elektronischen Steuerakt des Bf. nicht ersichtlich.

Dass die Verlobte des Bf. im Streitzeitraum 2015 keine Einkünfte in Polen bezieht, ergibt sich aus der aktenkundigen Bescheinigung EU/EWR vom .

Der Wohnsitz in Polen ergibt sich aus der aktenkundigen Meldebestätigung, die vom Bf. im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Verfahrens beigebracht wurde.

Die Fahrten von Wien nach Opole und zurück ergeben sich aus der Aufstellung des Bf., die im Rahmen des Vorlageantrages beigebracht wurden. Die Kosten für die Fahrt ergeben sich aus der Bestätigung der Firma X vom . Ob diese Fahrten tatsächlich stattgefunden haben, ist unklar. Der Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom (nachweislich zugestellt am ), mit dem der Bf. aufgefordert wurde, Nachweise (Busfahrkarten, Zahlungsbestätigungen) zum tatsächlichen Antritt der Fahrten vorzulegen, blieb unbeantwortet.

Der amtliche Umrechnungskurs ergibt sich aus der Statistik der Österreichischen Nationalbank.

3. Würdigung

   3.1. Zu Spruchpunkt 1: Abweisung

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 normiert:

§ 20. (1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

[...]

e) Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Beibehaltung eines (Familien)Wohnsitzes aus der Sicht der Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkunftserzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann (vgl. ). Die Unzumutbarkeit der Verlegung des ständigen Wohnsitzes an den Ort der Beschäftigung kann die verschiedensten Ursachen haben und sich auch aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben (vgl. etwa ); die Unzumutbarkeit ist aus Sicht der jeweiligen Streitjahre zu beurteilen ().

Damit die Kosten für Familienheimfahrten steuerlich anerkannt werden können, muss dem Bf. im Streitjahr die Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar sein. Der Bf. bringt vor, dass ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Tätigkeitsort unzumutbar ist, weil er im Streitzeitraum minderjährige Kinder hat. Dies ist insofern nicht stichhaltig, als die Beweiswürdigung ergibt, dass der Sohn des Bf. erst im Jahr 2017 geboren wurde. Da die Unzumutbarkeit aus Sicht des Streitjahres zu beurteilen ist (vgl. ), liegt daher schon alleine aus diesem Grund keine Unzumutbarkeit für die Verlegung des Familienwohnsitzes vor.

Eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes könnte sich daraus ergeben, dass die Verlobte des Bf. am Ort des Familienwohnsitzes berufstätig ist (vgl. ; ). Voraussetzung ist jedoch, dass die Einkünfte des Ehepartners im Vergleich zum Bf. nicht vernachlässigbar sind (vgl. ). Da die Verlobte des Bf. im Streitzeitraum keine Einkünfte am Familienwohnsitz bezieht, liegt eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nicht vor.

Es ist Sache des Bf. diejenigen Gründe vorzubringen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl. mwN). Der Bf. ließ den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , der dem Bf. nachweislich am zugestellt wurde, zur Nennung weiterer Gründe der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes, unbeantwortet. Auf Basis der vorgebrachten Argumente ist davon auszugehen, dass dem Bf. die Verlegung des Familienwohnsitzes zum Tätigkeitsort im Streitzeitraum zumutbar ist. Es ist daher für den Streitzeitraum 2015 irrelevant, ob es sich nachweisen lässt, dass der Bf. tatsächlich die von ihm angegebenen Fahrten von Wien nach Opole angetreten ist. Die Kosten für Familienheimfahrten sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.

   3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsprechung des VwGH zur Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes (vgl. ; ; ). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103012.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at