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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2020, RV/7103448/2019

Höhe der Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt: 

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert.


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Bezüge laut Lohnzettel
38.017,21 €
Werbungskosten
-4113,60 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
33.903,61 €
Topf-Sonderausgaben
-175,00 €
Kinderfreibetrag
-880,00 €
Einkommen
32.848,61 €
Steuer lt. Tarif
7.076,42 €
Absetzbeträge
-1.069,00 €
Steuer für sonstige Bezüge
345,76 €
Anrechenbare Lohnsteuer
-9.112,35 €
Rundung
0,17 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-2.759,00 €

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) macht in seiner Steuererklärung u.a. Familienheimfahrten nach Polen 30 x jährlich 2 x 500 km mit einem Pauschalbetrag von 0,12 Euro pro km (in Summe 3.600 Euro) geltend sowie Kosten der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 2.673,60 Euro (bestehend aus der halben Miete von monatlich 390 und den halben Betriebskosten von quartalsweise 166,80 Euro).

Mit dem Einkommensteuerbescheid werden diese Werbungskosten zunächst anerkannt, jedoch der Kinderfreibetrag für nur eines von zwei Kindern und Alleinverdienerabsetzbetrag auch nur auf Basis eines Kindes.

Aufgrund der eingebrachten Beschwerde anerkennt die belangte Behörde Kinderfreibetrag und Alleinverdienerabsetzbetrag basierend auf zwei Kindern, doch versagt sie die Ausgaben für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten, weil keine Unzumutbarkeit vorliege, denn die Ehefrau sei nicht berufstätig.

Mit dem Vorlageantrag bringt der Bf die landwirtschaftliche Tätigkeit seiner Frau vor und legt entsprechende Bescheinigungen bei.

Im Vorlagebericht erkennt die belangte Behörde die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an. Heimfahrten könnten jedoch nur einmal monatlich anerkannt werden (Verweis auf ). Der Bf habe es aber verabsäumt, die Kosten der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten nachzuweisen, weshalb sie zwar laut belangter Behörde dem Grunde nach zustünden, aber mangels Nachweises nicht gewährt werden könnten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf arbeitet während des gesamten Jahres in Wien und hat seinen Familienwohnsitz in **** (Polen). Dort leben seine Kinder (15 und 19 Jahre) sowie seine Frau, die eine Landwirtschaft von rund 3 Hektar bewirtschaftet. Der Bf hat für doppelte Haushaltsführung jährliche Ausgaben von 2.673,60 Euro (somit monatlich Miete und Betriebskosten in Höhe von 222,80 Euro) und tätigt jährlich 30 Familienheimfahrten. Dabei beträgt die einfache Wegstrecke knapp 500 km, und die Wegkosten betragen 0,12 Euro pro km (somit hin und retour 120 Euro pro Heimfahrt).

Die Familiensituation und die Tätigkeit der Frau ergeben sich aus den im Akt befindlichen Dokumenten, die Ausgaben des Bf ergeben sich aus seinen Angaben in der Steuererklärung. Es erscheint plausibel, für gut 200 Euro monatlich eine angemessene Unterkunft in Wohngemeinschaft mit einer zweiten Person zu erhalten. Es erscheint auch plausibel, bei einer monatlichen Nettoauszahlung des Arbeitgebers von gut 2.400 Euro (berechnet basierend auf den Daten des Lohnzettels) alle ein bis zwei Wochen 120 Euro dafür auszugeben, den Familienwohnsitz aufzusuchen.

Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs 1 EStG) auch unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabenpflichtige dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (), somit die Kosten einer zweckentsprechenden Unterkunft ().

Der Bestand einer eigenen - wenn auch kleinen - Landwirtschaft stellt einen wirtschaftlichen Grund dafür dar, die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort als unzumutbar erscheinen zu lassen (vgl -G/04; , RV/0137-K/07).

Nach Maßgabe des § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG können auch Fahrten zwischen dem Wohnsitz am Arbeitsort und dem Familienwohnsitz als Werbungskosten geltend gemacht werden (nämlich beschränkt auf 3.672 Euro jährlich bzw auf eine monatliche Schranke von 306 Euro umgerechnet). Für einen verheirateten Dienstnehmer mit einem minderjährigen Kind sind grundsätzlich wöchentliche Familienheimfahrten zu berücksichtigen, es sei denn, sie wären aufgrund der Entfernung völlig unüblich (). Für eine mit einem Kraftfahrzeug zurückgelegte Wegstrecke von 500 km wurden in der Rechtsprechung einmal monatlich getätigte Familienheimfahrten für angemessen befunden () und in der Folgejudikatur bestätigt (vgl zuletzt ; , RV/7103474/2019).

Wenn die belangte Behörde meint, der Bf habe es verabsäumt, Nachweise für seine Kosten zu erbringen, so ist ihr entgegen zu halten, dass sie ihn nie aufgefordert hat, Belege für die geltend gemachten Werbungskosten vorzulegen. Auch im Vorlagebericht begehrt die belangte Behörde vom steuerlich unvertretenen Bf keine Belegvorlagen, sie stellt nur fest, sich nicht zur Höhe der beantragten Werbungskosten äußern zu können. Dass dies zur Versagung dieser Werbungskosten führen soll, ergibt sich nur indirekt aus dem Antrag der belangten Behörde, den angefochtenen Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

Gemäß § 265 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Beschwerde nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen dem Verwaltungsgericht vorzulegen. Da die belangte Behörde es bis zur Vorlage nicht für nötig befunden hat, Ermittlungen über die Höhe der begehrten Werbungskosten anzustellen, ist ihr Antrag, die strittigen Beträge mangels beleghafter Nachweise nicht anzuerkennen, unschlüssig. Nur auf Verlangen der Abgabenbehörde haben Abgabepflichtige ihre Anbringen zu konkretisieren und Unterlagen vorzulegen (§ 138 BAO). Den belegmäßigen Nachweis der begehrten Werbungskosten hat die belangte Behörde nie verlangt. Dem Verwaltungsgericht erscheinen die Angaben des Bf hinreichend plausibel, um keine weiteren Nachweise einzufordern.

Selbst dann, wenn die belangte Behörde vom Bf erfolglos Belege abverlangt hätte, änderte sich nichts an den vom Verwaltungsgericht angesetzten Bemessungsgrundlagen und Abgaben: Soweit sie von der Abgabenbehörde nicht ermittelt werden können, sind die Bemessungsgrundlagen ohnehin im Schätzungsweg zu ermitteln (§ 184 BAO). Unter Berücksichtigung aller bedeutenden Umstände käme man so aufgrund der plausiblen Angaben des Bf zum selben Ergebnis.

Aufgrund der obigen Ausführungen kann der Bf somit Kosten der doppelten Haushaltsführung im begehrten Ausmaß sowie Familienheimfahrten von 12 x jährlich 120 Euro (in Summe 1.440 Euro) geltend machen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103448.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at