Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.01.2020, RV/7105087/2014

Aufwendungen für Fortbildung einer Sozialpädagogin als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache BF_Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt 1 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erklärung vom erklärte die Beschwerdeführerin, eine Sozialpädagogin, die als Horterzieherin in einer Schule beschäftigt war, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 ua. im beschwerdegegenständlichen Verfahren strittige Fortbildungskosten iHv. EUR 3.338,90.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt um Beantwortung der folgenden Frage bzw. zur Vorlage der folgenden Unterlagen: "Sie haben in ihrer Steuererklärung unter anderem Werbungskosten geltend gemacht. Reichen Sie bitte die Unterlagen zu den erklärten Aufwendungen nach. Bei mehreren Belegen ist eine Kostenaufstellung (je Aufwandsgruppe) beizulegen. Diese hat neben Datum und Höhe des Aufwandes zusätzlich die Warenbezeichnung bzw. den Verwendungszweck zu enthalten. Um den beruflichen Zusammenhang der Aufwendungen erkennen zu können, ersuchen wir Sie außerdem um Bekanntgabe Ihres Tätigkeitsbereiches lt. Arbeitsvertrag. Vergütungen vom Arbeitgeber oder von Einrichtungen wie z.B. Arbeiterkammer, Land (Bildungskonto) sind anzuführen. Bezüglich der beantragten Aufwendungen zur Fortbildung/Ausbildung/Umschulung wird um Nachreichung der Unterlagen (Kursbesuchsbestätigung, Zahlungsnachweise, usw.) mit entsprechender Kostenaufstellung ersucht. Um beurteilen zu können, ob abzugsfähige Werbungskosten gegeben sind, ist die Beantwortung nachstehender Fragen erforderlich:
- Welche Tätigkeit wurde im Veranlagungsjahr ausgeübt (kurze Arbeitsplatzbeschreibung)?
- Dienten die absolvierten Kurse der Verbesserung der Kenntnisse im ausgeübten Beruf?
- Stehen die Bildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf.
mit dem Ziel einen verwandten Beruf auszuüben (wie z.B. Friseurin - Fußpflegerin) bzw. eine bessere Position in ihrem ausgeübten Beruf erlangen zu können (bitte beschreiben)?
- Sollten Sie eine umfassende Umschulung in einen anderen Berufszweig tätigen, so ist diese nur abzugsfähig, wenn sie dazu führt, dass die bisherige Tätigkeit aufgegeben wird bzw. die neue Tätigkeit in absehbarer Zeit zur Haupttätigkeit wird. Bitte erläutern Sie ihre Beweggründe für den Wechsel und reichen Sie Unterlagen nach, aus denen die konkrete Absicht eventuell bereits erkennbar ist (z.B. Herabsetzung der Arbeitszeit, Bewerbungen). Sollten Sie für ihre Bildungsmaßnahme Förderungsmittel erhalten haben, so sind diese in der Aufstellung anzuführen."

Mit Schreiben vom beantwortete die Beschwerdeführerin das Ergänzungsersuchen insofern, als dass sie angab, dass ihre Berufsbezeichnung Sozialpädagogin und ihre derzeitige Verwendung Horterzieherin sei. Die Beschwerdeführerin führte dazu aus: "Die Tätigkeiten laut Dienstvertrag: Neben der Erziehertätigkeit bilden die von der TI-Leitung aufgelisteten zusätzlichen Aufgaben einen integrierenden Bestandteil dieses Dienstvertrages. Im Jahr 2012 arbeitete ich im Dienstgeber. Meine Tätigkeit setzte sich aus der Lernbetreuung und Freizeitgestaltung mit Kindern im Vorschul- und Volksschulalter zusammen. Die Freizeitgestaltung besteht neben sportlichen, musikalischen und vielen anderen Bereichen auch aus dem Bereich Kreatives Gestalten mit Kindern. Daher bietet mir die Ausbildung zur Kreativtrainerin viele Möglichkeiten um mich in meiner Arbeit mit Kindern zu entfalten. Die besonderen Angebote, die ich durch meine Ausbildung setzen kann, bieten einen wertvollen Beitrag in der pädagogischen Arbeit. Durch den erfolgreichen Abschluss und der Erhaltung des Zertifikats "Kreativtrainer" ist es möglich das Freifach "Kreatives Gestalten" zusätzlich zu meiner bisherigen Tätigkeit anzubieten."

In der Beilage übermittelte die Beschwerdeführerin sämtliche vom Finanzamt abverlangten Rechnungen und Belege, darüber hinaus eine Aufstellung, dass sich der erklärte Betrag iHv. EUR 3.338,90 wie folgt zusammensetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
X-Seminarinstitut
Kurskosten
3.000,-
X-Seminarinstitut
Blockwoche
   270,90
X-Seminarinstitut
Selbsterfahrung
1.200,-
 
X-Seminarinstitut
Fahrtkosten
   368,-
Y Bildungsförderung
abzüglich
 -1.500,-

Die Beschwerdeführerin führte zu den Ergänzungspunkten des Finanzamtes weiters aus:
"Derzeit betreue ich die Kinder des Schule Privathortes inklusive Hausübungsbetreuung. Durch den Kurs ist es mir möglich erweiterte Aufgaben durchzuführen. Die umfangreichen Aufgabengebiete der Sozialpädagogik erfordern es immer mehr Qualifikationen zu erlangen (Beispielsweise Outdoorpädagogik, Tiergestützte Pädagogik, Kreativtraining, Erlebnispädagogik etc.) und so einen hohen Grad der Spezialisierung zu erreichen. Sie sind als Horterzieherin beschäftigt. (…) Das Abschlussseminar findet am statt. (…) Aufgrund interner Bestimmungen ist es Hortpädagoginnen nicht erlaubt Freifächer anzubieten, dies ist den Lehrern vorbehalten. Durch die erworbene Zusatzqualifikation ist es jedoch möglich, diese auszuführen. (…) Durch das Anbieten des Freifaches wird meine Dienstzeit wöchentlich um zwei Stunden erhöht und ausbezahlt."

Mit Bescheid vom berücksichtigte das Finanzamt die Fortbildungskosten nicht als Werbungskosten und begründete wie folgt: "Werbungskosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Beruf veranlasst sind. Das ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen führen. Wurden Fortbildungskosten mangels Einnahmen nicht als Werbungskosten anerkannt, werden jedoch Einnahmen aus dieser Tätigkeit tatsächlich erzielt, so können diese nachträglich zu einer Bescheidänderung gem. § 295a BAO führen."

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Berufung (nunmehr Beschwerde) und begründete wie folgt: "Im Jahr 2012 arbeitete ich im Schule Privathort in Stadt. Meine Tätigkeit setzte sich aus der Lernbetreuung und Freizeitgestaltung mit den Kindern im Vor- und Volksschulalter zusammen. Die Freizeitgestaltung besteht neben sportlichen, musikalischen und vielen anderen Bereichen auch aus dem Bereich ,,Kreatives Gestalten“ mit Kindern. Daher bietet mir die Fortbildung zur Kreativtrainerin viele Möglichkeiten, um mich in meiner Arbeit mit Kindern zu entfalten. Die besonderen Angebote, die ich durch meine Fortbildung setzen kann, bieten einen wertvollen Beitrag in der pädagogischen Arbeit. Durch den erfolgreichen Abschluss und dem Erhalt des Zertifikats ,,Kreativtrainer“ ist es mir möglich, innerhalb meiner Arbeit als Hortpädagogin Kreativtraining anzubieten und dadurch zusätzliche Arbeitsstunden zu sichern. Durch den Fortbildungskurs ist es mir möglich, erweiterte Aufgaben durchzuführen. Die umfangreichen Aufgabengebiete der Sozialpädagogik erfordern es immer mehr Qualifikationen durch Fortbildungen zu erlangen (Beispielsweise Outdoorpädagogik, Tiergestützte Pädagogik, Kreativtraining, Erlebnispädagogik etc.) und so einerseits einen hohen Grad der Spezialisierung zu erreichen und andererseits ein breites Anwendungsgebiet abzudecken. Zum Beispiel ist es auf Grund interner Bestimmungen Hortpädagoginnen und Hortpädagogen nicht erlaubt Freifächer anzubieten, dies ist den Lehrerinnen und Lehrern vorbehalten. Durch die erworbene Zusatzqualifikation ist es jedoch möglich, ein Freifach im Rahmen meiner Tätigkeit als Hortpädagogin auszuüben. Da auch mein Dienstgeber von den Vorteilen dieser Fortbildung überzeugt ist, konnte ich die jährliche Pflichtfortbildung auch in diesem Rahmen absolvieren. Die daraus gewonnenen Kenntnisse konnte ich in meinem Grundberuf zum Einsatz bringen. Durch das Anbieten des Freifaches ,,Kreativtraining“ konnte ich meine wöchentliche Dienstzeit trotz wirtschaftlich notwendigen Einsparungen behalten, da für das zusätzliche Angebot mehr Arbeits- und Vorbereitungsstunden genehmigt wurden. Zitat Einkommenssteuerbescheid: Werbekosten eines Arbeitnehmers sind Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Beruf veranlasst sind. Das ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung Oder Erhaltung der Einnahmen führen. Da meine Fortbildung zur Kreativtrainerin ALLE der aufgezählten Punkte Erwerbung (zusätzliche Stunden), Sicherung (Zusatzqualifikation) und Erhaltung (Stundenbeibehaltung trotz Einsparungen) erfüllt, möchte ich die entstandenen Kosten als Werbungskosten (…) anerkennen lassen."

In der Anlage zur Beschwerde, legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben ihres Arbeitgebers, eine Schule, vom bei. Darin wird ausgeführt: "Im Veranlagungsjahr bestand die Tätigkeit von Frau Bf laut Dienstvertrag neben der
Erziehertätigkeit aus von der Tl- Leitung aufgelisteten zusätzlichen Aufgaben.
Daher bietet die Fortbildung zur Kreativtrainerin viele Möglichkeiten um sich in der Arbeit
mit Kindern zu entfalten. Die besonderen Angebote, die durch die Fortbildung gesetzt
werden, bieten einen wertvollen Beitrag zur pädagogischen Arbeit. Durch den Fortbildungskurs war es ihr möglich erweiterte Aufgaben durchzuführen. Unsere Pädagogen sind zu 20 Fortbildungsstunden jährlich verpflichtet, diese dienen dem Erhalt der qualitativ hochwertigen Arbeit, auf die wir großen Wert legen. Der Fortbildungskurs zur Kreativtrainerin erfüllt alle Anforderungen und wurde daher als solcher genehmigt."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und begründete wie folgt: "Der Lehrgang zur Kreativtrainerin verfolgt ua folgende Ziele: mit kreativen Methoden und Techniken die persönlichen Fähigkeiten fördern, Kreativitätstechniken erlernen, die Bedeutung der Kreativität im pädagogischen Kontext kennen lernen, Selbsterfahrung - Kreativitätsentwicklung. Sind Bildungsmaßnahmen auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinem Interesse oder dienen sie grundsätzlich der privaten Lebensführung (Persönlichkeitsentwicklung ohne konkreten beruflichen Bezug), sind die dafür getätigten Aufwendungen nicht abzugsfähig, und zwar auch dann nicht, wenn derartige Kenntnisse für die ausgeübte Tätigkeit verwendet werden können oder von Nutzen sind. Die erworbenen Kenntnisse sind auch außerhalb ihres Berufes als Horterzieherin anwendbar und nützlich. Die Themeninhalte und vermittelten Kenntnisse sind von so allgemeiner Art, dass sie keine - auf Horterzieherinnen abgestellte - berufsspezifische Wissensvermittlung darstellen. Die beantragten Aufwendungen konnten daher nicht berücksichtigt werden."

Mit Vorlageantrag vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.

Mit Bericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Darin führte diese aus wie folgt: "Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin ist Erzieherin und beantragt die Anerkennung des Lehrgangs zur Kreativtrainerin als Werbungskosten (Fortbildung). Im Vorlageantrag fehlt die Unterschrift. Beweismittel: Lehrgangsbeschreibung, Vorbringen in Beschwerde Stellungnahme: Nach dem Kursprogramm verfolgt der Lehrgang zur Kreativtrainerin ua folgende Ziele: mit kreativen Methoden und Techniken die persönlichen Fähigkeiten fördern, Kreativitätstechniken erlernen, die Bedeutung der Kreativität im pädagogischen Kontext kennen lernen, Selbsterfahrung - Kreativitätsentwicklung. Die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmerinnen steht somit im Vordergrund. Die berufliche Notwendigkeit als Indiz für die berufliche Veranlassung liegt nicht vor (vgl )."

Mit Beschluss vom , zugestellt am erteilte das Bundesfinanzgericht einen Mängelbehebungsauftrag, in dem die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde, den Mangel der fehlenden Unterschrift am Vorlageantrag binnen einer Frist von 2 Wochen zu beheben. Mit Schreiben vom , eingelangt am Bundesfinanzgericht am , behob die Beschwerdeführerin den Mangel und legte die Lehrgangsbeschreibung des von ihr 2012 und 2013 besuchten Seminarinstitutes vor. Die Lehrgangsbeschreibung lautet wie folgt: "Grundstufe Kreativtraining: Kreativtraining ermöglicht einen schöpferischen Umgang mit sich selber und dem sozialen Umfeld. Der kreative Prozess: Das Kreativtraining fördert kreative Prozesse. Hierbei geht es zunächst um das Erlebnis, ohne Zwang und Vorschrift, malen und gestalten zu dürfen. Ein großes Methodenangebot – von der Malerei, über das Plastizieren, das Collagieren, das Rollenspiel, die Bildaufstellungsarbeit, Körperarbeit und der Einsatz von Musik bis hin zum biographischen Schreiben – bietet vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten. Die psychische Energie wird aktiviert, die Intuition und Phantasie werden angeregt. Der kreative Prozess kommt ins Fließen. Kreativität ist die schöpferische Kraft, etwas Neues entstehen zu lassen. Kreativität heißt aber auch, etwas zu aktivieren, was bereits als Potential in uns angelegt ist. Zumeist wurde dies jedoch, aufgrund einschränkender Erziehungsmaßnahmen und einseitig rationaler Einstellungen, ausgeblendet und vergessen. Kreativität hilft ungewohnte Situationen zu bewältigen, Veränderungen möglich zu machen und Ressourcen zu aktivieren. Dies ist der entscheidende Faktor für Wandel und Fortschritt und ermöglicht uns zu bewussten SchöpferInnen und GestalterInnen unseres Lebens zu werden. KreativtrainerInnen unterstützen Menschen bei der Förderung und Entfaltung ihres kreativen Potentials. Hierzu setzen sie Methoden und Materialien ein, die den kreativen Ausdruck anregen. Prozessbegleitende Reflexionsgespräche dienen zum Verständnis der Bilder und Symbole und helfen die Erkenntnisse aktiv umzusetzen. Die Bereitschaft zum Lernen wächst und die Menschen sind motiviert anstehende Entscheidungen und Herausforderungen aktiv und kreativ umzusetzen. Auch Visionen werden spielerisch realisiert. Inhalte:
• Gruppenselbsterfahrung mit kreativen Medien und Methoden
• Einführung in verschiedene Kreativitäts- und Ausdruckstechniken
• Auseinandersetzung mit Symbolen, Farben und Formen
• Bildbetrachtung und Bildgespräch
• Imaginationen und Phantasiereisen
• Outdoorarbeit mit Elementen und Naturobjekten
• Malen, Bewegung und Körper
• Malen und Schreiben
• Rollenspiel, Maskenbau und Gruppentheater
• Collagen, Frottagen, Zufallstechniken
• psychodynamische Märchenarbeit
• Studioarbeit
• Reflexionsprotokoll
• selbstorganisierte Peergruppenarbeit
Die TeilnehmerInnen der Grundstufe lernen, wie man mittels kreativer Medien und
Methoden Ressourcen aktivieren und kreative Potentiale fördern kann. Die Ausbildungsgruppe wird von der Gruppenleitung kontinuierlich begleitet. Die TeilnehmerInnen bringen durch den Mal- und Gestaltungsprozess innere Bilder
nach außen. Reflexionsgespräche verhelfen zur Bewusstwerdung unbewusster Wirklichkeiten. Neben dem regelmäßigen aktiven Seminarbesuch werden die erlebten Prozesse durch Auseinandersetzung mit kreativen Medien in häuslicher Studioarbeit vertieft. Die SeminaristInnen protokollieren ihre eigenen Selbsterfahrungsprozesse, um sich einen biographischen Zugang zu den eigenen Bildern und Symbolen zu erschließen. Einsatzgebiete: Kreativtraining kann im eigenen Malatelier, in Institutionen und Organisationen angewendet werden:
• im pädagogischen Bereich (Schule, Kindergarten, Jugendarbeit)
• im heilpädagogischen Bereich
• in der freien Erwachsenenbildung
• in Freizeitprojekten
• Elternarbeit
• Outdoorarbeit, Visionssuche, Freizeitpädagogik
• Museumspädagogik
• Kulturarbeit in der Gemeinde, Städtebau und Architekturplanung
Im wirtschaftlichen Bereich
• Firmengestaltungen, Ausstellungen
• Firmenkonzepte und Kaderschulung
• kulturelle Weiterbildungen, Kurse
Im eigenen Atelier
• Selbsterfahrungsseminare für gesunde Kinder, Jugendliche und Erwachsene
• Atelier für Ausdrucksmalen
Teilnahmevoraussetzung: Die Bereitschaft und psychische Stabilität sich anhand von kreativen Medien in Selbsterfahrungsprozesse zu begeben. Vollendung des 22. Lebensjahres. Dauer: 2 Jahre (4 Semester) 16 Seminare 2 Blockwochen. Nach erfolgreicher Absolvierung der Grundstufe Kreativtraining wird das Zertifikat
Kreativtrainerin X-Seminarinstitut verliehen. Dieses berechtigt auch zur Teilnahme  an einem der Aufbaustufenprogramme (Mal- und Gestaltungstherapie) unseres Instituts."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im konkreten Fall ist die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten von Fortbildungskosten für eine Ausbildung als Kreativtrainerin für eine Sozialpädagogin, die als Horterzieherin in einer Privatschule tätig ist, strittig.

Rechtslage:
§ 16 Abs. 1 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung,
Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb
oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten
abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der
durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der
Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:[...]
10. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der
vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit
und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche
Ausübung eines anderen Berufes abzielen."

Rechtliche Beurteilung:
Festgestellter Sachverhalt und Beweiswürdigung: Die Beschwerdeführerin war im Jahr 2012 als Horterzieherin in einer Privatschule tätig. Ihre Aufgaben waren die Hausübungsbetreuung und Freizeitgestaltung von Hortkindern. Die Ausbildung zur Kreativtrainerin der Beschwerdeführerin ermöglicht anhand der vorgelegten Lehrgangsbeschreibung die folgenden Einsatzgebiete: "Kreativtraining kann im eigenen Malatelier, in Institutionen und Organisationen angewendet werden: (…)
• im pädagogischen Bereich (Schule, Kindergarten, Jugendarbeit) (…)
• in Freizeitprojekten (…)
• Outdoorarbeit, Visionssuche, Freizeitpädagogik (…)"

Wie im Schreiben ihres Dienstgebers, der Privatschule, vom verzeichnet, war es der Beschwerdeführerin durch die Absolvierung des Fortbildungskurses möglich, erweiterte Aufgaben in der Schule durchzuführen. In der Vorhaltsbeantwortung vom gibt die Beschwerdeführerin an, dass durch den erfolgreichen Abschluss und der Erhaltung des Zertifikats "Kreativtrainer" es ihr möglich wäre, das Freifach "Kreatives Gestalten" zusätzlich anzubieten. Diese Feststellung stimmt mit dem glaubhaften Vorbringen in der Beschwerde überein, dass diese durch das Anbieten des Freifaches Kreativtraining die wöchentliche Dienstzeit trotz wirtschaftlich notwendigen Einsparungen behalten konnte, da für das zusätzliche Angebot mehr Arbeits- und Vorbereitungsstunden genehmigt wurden und dass die Fortbildung ihr die Abhaltung von zusätzlichen Stunden in der Privatschule aufgrund der erworbenen Zusatzqualifikation im pädagogischen Bereich ermöglichte. Anhand des Lehrprogrammes ist ersichtlich, dass betreffend Persönlichkeitsbildung der Beschwerdeführerin im Gesamtausmaß der Lerneinheiten eine untergeordnete Rolle spielen.

Beurteilung:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zählen Aufwendungen für Aus- und
Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten
oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende
Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes
abzielen, zu den Werbungskosten.

Mit der Einfügung der Z 10 in die Bestimmung des § 16 Abs. 1 EStG 1988 durch das
StRefG 2000 sollte die früher bestandene strenge Differenzierung von steuerlich nicht
abzugsfähigen Aufwendungen für die Ausbildung einerseits und steuerlich abzugsfähigen
Aufwendungen für die Fortbildung andererseits gelockert werden. Wie sich aus den
Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergibt, sollen im Gegensatz zur Rechtslage vor
dem StRefG 2000 auch solche Bildungsmaßnahmen als abzugsfähige (Fort)Bildung
angesehen werden, die nicht spezifisch für eine bestimmte betriebliche oder berufliche
Tätigkeit sind, sondern zugleich für verschiedene berufliche Bereiche dienlich sind,
die aber jedenfalls im ausgeübten Beruf von Nutzen sind und somit einen objektiven
Zusammenhang mit dem ausgeübten Beruf aufweisen; sie fallen unter die vom
Gesetz angesprochenen, im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehenden
Bildungsmaßnahmen (). Um eine berufliche Fortbildung handelt es sich, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Auch für Ausbildungsmaßnahmen ist ein Veranlassungszusammenhang zur konkret ausgeübten oder einer damit verwandten Tätigkeit für die Anerkennung als Werbungskosten erforderlich.

Aus dem vorgelegten Lehrgangsprogramm ist - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht zu entnehmen, dass die Persönlichkeitsentwicklung der Beschwerdeführerin im Vordergrund steht. Im Gegenteil, es liegt im konkreten Fall eine fachspezifische Fortbildung vor, die auf TeilnehmerInnen aus künstlerischen, pädagogischen oder sozialen Berufen abgestellt ist. Die persönlichkeitsbildende Komponente dieser Ausbildung ist einerseits untergeordnet, andererseits sind psychologische Kenntnisse bei Sozialpädagoginnen unzweifelhaft sinnvoll ().

Im konkreten Fall geht es bei der Ausbildung zur Kreativtrainerin nicht in erster Linie um die eigene Persönlichkeitsbildung der Beschwerdeführerin sondern zum Beitrag der Beschwerdeführerin zur Persönlichkeitsbildung Dritter. Somit steht im Unterschied zu nicht abzugsfähigen Aufwendungen bei der von der Beschwerdeführerin absolvierten Fortbildung nicht die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit im Vordergrund, sondern die Persönlichkeitsbildung der Kinder. Das Kreativtraining soll nicht die eigene Kreativität des Kursteilnehmers trainieren, sondern den Kursteilnehmer in die Lage versetzen, die Kreativität anderer (…) weiterzuentwickeln (UFS - Wien, RV/2158-W/09).

Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, dass in Rahmen der
streitgegenständlichen Ausbildung erworbenen Kenntnisse der Beschwerdeführerin in ihrer beruflichen Tätigkeit von Nutzen sind und auch tatsächlich Anwendung fanden. Ein Zusammenhang der Bildungsmaßnahme mit der beruflichen Tätigkeit als Horterzieherin in einer Privatschule ist somit gegeben (). 

Fest steht, dass die Beschwerdeführerin die streitgegenständlichen Aufwendungen iZm. der absolvierten Ausbildung getragen hat. Die Beschwerdeführerin hat somit eine Bildungsmaßnahme gesetzt, die sie in ihrem Beruf unmittelbar anwenden konnte. Da die Beschwerdeführerin als Sozialpädagogin im Bereich Jugendarbeit und Freizeitpädagogik als Horterzieherin tätig war, erfüllt diese fachspezifische Ausbildung - wie vom Dienstgeber und vom Land Bundesland unterstützt und gefördert - die geforderten beruflichen Anforderungen.

Neben Kursgebühren, Kosten für Kursunterlagen, Skripten und Fachliteratur sind auch
Fahrtkosten sowie Tagesgelder potentiell abzugsfähig (Lenneis, Jakom EStG11, § 16, Rz
53). Es ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Fahrtkosten nicht den tatsächlichen Werten entsprechen würden ().

Da ein eindeutiger Zusammenhang der von der Beschwerdeführerin absolvierten Ausbildung mit ihrer nichtselbständigen Tätigkeit festzustellen war, sind die mit der
Ausbildung als Kreativtrainerin angefallen Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen.

Die erhaltene Bildungsförderung des Landes Bundesland kürzt insoweit die Werbungskosten, da gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen oder Ausgaben, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, nicht abgezogen werden dürfen, weshalb von der Summe der Werbungskosten der Betrag iHv. EUR 1.500,- nicht zu berücksichtigen ist.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich auf die zitierte Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher
nicht vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105087.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at