zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2020, RV/7100273/2019

Für die Verwirklichung des Säumniszuschlages ist es unbeachtlich, ob die maßgebliche Selbstberechnung der Stammabgabe richtig ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch die Ditachmair & Partner Wirtschaftstreuhand- und SteuerberatungsGmbH, Schönbrunner Schloßstraße 5/3/6, 1120 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23, vertreten durch M., vom , betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Umsatzsteuer 12/2017 in Höhe von € 3.536.252,79 einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 70.725,06 mit der Begründung fest, dass die Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet worden sei.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wurde vorgebracht, dass der Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 4 BAO in Verbindung mit § 230 Abs. 3 BAO zu Unrecht festgesetzt worden sei, da für die geschuldete Abgabe (U 12/2017) fristgerecht ein Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht worden sei. In der Folge sei die Zahlungserleichterung auch eingehalten worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus, dass die einbringungshemmende Wirkung (§ 230 Abs. 3 BAO) sowie die säumniszuschlagsverhindernde Wirkung zeitgerechter Ansuchen um Zahlungserleichterung nach Ablauf der Nachfrist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO (ein Monat ab Zustellung des dem Ansuchen nicht stattgebenden Bescheides) ende.

Da im gegenständlichen Fall das Ansuchen um Zahlungserleichterung betreffend Umsatzsteuer 12/2017 vom mit Bescheid vom abgewiesen und die Abgabenschuldigkeit nicht innerhalb der Nachfrist des § 212 Abs. 3 BAO () entrichtet worden sei, bestehe der mit Bescheid vom (gemeint wohl ) festgesetzte Säumniszuschlag zu Recht.

Dagegen beantragte die Bf. mit Eingabe vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Seitens der Bf. seien alle Fristen eingehalten worden.

Mit Eingabe vom führte der steuerliche Vertreter aus, dass am ein Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht worden sei.

Tatsächlich habe laut Steuerkonto die Bf. vom bis Überweisungen von € 5.000.000,00 getätigt, die auf den Rückstand anzurechnen seien.

In der mündlichen Verhandlung führte der steuerliche Vertreter aus, dass es zwar richtig sei, dass der Säumniszuschlag mit der Bemessungsgrundlage 3.536.252,79 berechnet worden sei, obwohl die Umsatzsteuer 12/2017 mit € 4.945.754,25 gemeldet worden sei, jedoch habe zwischenzeitlich eine USt-Nachschau und USt-Prüfung stattgefunden, in der festgestellt worden sei, dass die gesamten Umsatzsteuervoranmeldungen beginnend mit 6/2017 bis einschließlich 7/2019 zu berichtigen seien, was zur Folge habe, dass die von der Bf. mit 20% berechnete und gemeldete Umsatzsteuer mit 0% statt mit 20% zu berechnen wäre.

Der steuerliche Vertreter beantrage die Einvernahme des Betriebsprüfers zur Verifizierung der Vorbringens.

Der Vertreter der belangten Behörde entgegnete, dass am Abgabenkonto zwar eine Gutschrift in Höhe von ca € 80 Mio. erfolgt sei, diese jedoch aufgrund der UVA 9/2019 mit Wirksamkeitstag . Eine rückwirkende Verrechnung könne nicht erfolgen. Eine Änderung der UVA 12/2017 sei bis dato nicht erfolgt. Derzeit bestehe am Abgabenkonto ein Guthaben in Höhe von ca. € 60 Mio.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 217 Abs. 1 BAO : Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Abs. 2 Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Abs. 4 Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt, d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Soweit einem vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebrachten Ansuchen um Zahlungserleichterungen nicht stattgegeben wird, steht dem Abgabepflichtigen gemäß § 212 Abs. 3, 2. Satz BAO für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des das Ansuchen erledigenden Bescheides zu. Dies gilt - abgesehen von Fällen des Abs. 4 - nicht für innerhalb der Nachfristen des ersten oder zweiten Satzes eingebrachte Ansuchen um Zahlungser leichterungen.

Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1 BAO) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO eingebracht, so dürfen gemäß § 230 Abs. 3 BAO Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz BAO handelt.

Am wurde ein Zahlungserleichterungsansuchen mit dem Ersuchen, die U 12/2017 in Höhe von € 4.945.754,25, sowie die Kammerumlage  in die laufende Zahlungserleichterungsvereinbarung einzubeziehen, eingebracht. Mit Eingabe vom wurde ein weiteres Zahlungserleichterungansuchen betreffend Umsatzsteuer 01/2018 in Höhe von € 5.751.061,48 eingebracht.

Mit Bescheid vom wurden diese abgewiesen. Zahlungstermin auf Grund der gemäß § 212 Abs. 3 BAO für die Entrichtung zustehenden Nachfrist war gemäß Bescheid vom der .

Per haftete am Abgabenkonto ein Rückstand in Höhe von € 14.790.837,91 aus, der sich wie folgt zusammensetzte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
FT
ZF/NF
Betrag
Umsatzsteuer
10/17
3.830.799,04
SZA
2017
 
924,25
SZA
2017
 
116.851,91
ST
2017
 
709,51
Körperschaftst.
01-03/18
875,00
SZA
2018
 
76.615,98
ST
2018
 
39.530,83
U
11/17
2.020,64
KU
10-12/17
25.695,02
U
12/17
4.945.754,25
U
01/18
5.751.061,48

Bis wurden (unter Berücksichtigung der am 2. und mit Entrichtungstag 2. und verbuchten Zahlungen in Höhe von je € 500.000,00, die aufgrund der Bestimmung des § 211 Abs. 2 BAO - Respirofrist -als zeitgerecht entrichtet gelten) auf diesen Abgabenrückstand € 5.503.523,64 entrichtet.

Gemäß § 214 Abs. 1 BAO sind in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen; an Stelle des Fälligkeitstages hat der davon abweichende maßgebliche gesetzlich zustehende oder durch Bescheid zuerkannte Zahlungstermin zu treten.

Per haftete demgemäß die Umsatzsteuer 12/2017 mit € 3.536.252,79 am Abgabenkonto unberichtigt aus, der Gesamtrückstand mit € 14.813.073,60.

Da einem nach Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens innerhalb der Nachfrist des § 212 Abs. 3 zweiter Satz BAO gestellten wiederholten Ansuchen um Zahlungserleichterung gemäß § 230 Abs. 3 BAO keine die Einbringung hemmende Wirkung (mehr) zukommt () , war keine diesbezügliche Prüfung anzustellen. 

Entgegen der Behauptung der Bf. wurde somit die Umsatzsteuer 12/2017 bis zum Ende der Zahlungsfrist gemäß § 212 Abs. 3 BAO, dies war der , nicht vollständig entrichtet.

Für das Entstehen einer Säumniszuschlagspflicht ist allein maßgeblich, ob die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Diesfalls genügt der Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuld, und zwar unabhängig von deren sachlichen Richtigkeit der Abgabenfestsetzung oder des Ergebnisses einer Selbstberechnung (Formalcharakter der Säumniszuschlagsverpflichtung). Für die Verwirklichung des Säumniszuschlages ist es somit unbeachtlich, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig, rechtskräftig oder mit Beschwerde angefochten ist oder ob die maßgebliche Selbstberechnung der Stammabgabe richtig ist.

Im Falle der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat jedoch gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen zu erfolgen. Eine Herabsetzung der Abgabenschuld ist bis dato nicht erfolgt.

Der belangten Behörde ist dahingehend zuzustimmen, dass die aufgrund der UVA 9/2019 verbuchte Gutschrift in Höhe von € 84.017.979,03 auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes zurückwirkt, diese Gutschrift daher den am  verwirkten Säumniszuschlag nicht beseitigen konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung ergibt sich zwingend und eindeutig aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt und eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 211 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100273.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at