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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2020, RV/7105344/2015

Keine Befreiung von motorbezogener Versicherungssteuer vor Überreichung der Abgabenerklärung Kr 21

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (FAGVG) vom , Erf.Nr. xy/2015 betreffend Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer für 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schriftsatz vom  übermittelte die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) an das Finanzamt 3/6/7/11/15 Schwechat und Gerasdorf den am durch das Bundessozialamt ausgestellten Behindertenpass, welcher den amtlichen Vermerk "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und ausgewiesenem Grad der Behinderung von 80 vH enthält. In der ebenfalls beigelegten Begutachtung wurde die rückwirkende Bestätigung des Behinderungsgrades von 80 vH ab 2013 als für möglich erachtet. Die Bf. ersuchte, dies beim Jahresausgleich 2013 zu berücksichtigen.
Weiters legte die Bf. Unterlagen für die von ihr bezahlte motorbezogene Versicherungssteuer für das Jahr 2013 mit dem Hinweis bei, dass sie auf Grund der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel davon befreit wäre.

Am langte das laut Bf irrtümlich statt mit  mit datierte Schreiben der Bf beim Finanzamt 3/6/7/11/15 Schwechat und Gerasdorf ein, worin sie unter Bezugnahme auf die mitübersandten Unterlagen die Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer in Höhe von EUR 467,20 für das Jahr 2014 auf Grund ihrer Behinderung beantragte.

Mit an das Finanzamt 3/6/7/11/15 Schwechat und Gerasdorf gerichtetem Schreiben vom ersuchte die Bf wiederum um Rückzahlung der motorbezogenen Versicherungssteuer für das Jahr 2014. Am wurde das Schreiben vom samt Beilagen vom Finanzamt Wien 3/6/4/11/15 Schwechat, Gerasdorf dem FAGVG weitergeleitet. Mit Vorhaltsbeantwortung der Versicherung vom  wurde dem FAGVG mitgeteilt, dass keine Abgabenerklärung Kr 21 an die Versicherung übermittelt und folglich auch keine Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer gewährt worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des FAGVG vom wurde der Antrag auf Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer für das Jahr 2014 mit der Begründung, dass keine Abgabenerklärung Kr 21 vorgelegt worden sei, abgewiesen.

In der innerhalb offener Rechtsmittelfrist am beim FAGVG eingebrachten Beschwerde wendet die Bf ein, dass sie laut Behindertenpass seit als behindert gelte und daher um Vergütung der motorbezogenen Versicherungssteuer ab 03/2014 ersuche. Bezüglich der ebenfalls beigelegten Abgabenerklärung Kr 21, datiert mit , in welcher irrtümlicherweise nicht das Kästchen "Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer" sondern jenes betreffend "Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer" angekreuzt wurde, führt die Bf aus, dass sie nicht gewusst habe, dass das FAGVG für die Rückvergütung zuständig sei und überdies die Übermittlung der Abgabenerklärung Kr 21 notwendig gewesen wäre.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf § 4 Abs. 3 Z 9 VersStG (Versicherungssteuergesetz) abgewiesen. Fristgerecht wurde der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht erhoben. Darin teilte die Bf. mit, dass mit Schreiben vom die Abgabenerklärung Kr 21 an die Versicherung mit dem Ersuchen um Weiterleitung an das FAGVG übermittelt worden sei.

Mit Bericht vom legte das FAGVG die Beschwerde samt den Teilen des Verwaltungsaktes laut Aktenverzeichnis an das Bundesfinanzgericht vor.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Ausstellungsdatum vom bestätigte das Bundessozialamt im Rahmen des auf die Bf lautenden Behindertenausweises einen Behinderungsgrad von 80 vH und die Unzumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Am langte beim FAGVG der beschwerdegegenständliche, mit datierte Antrag der Bf. betreffend Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer von EUR 467,20 für das Kalenderjahr 2014 ein. Die mit datierte Abgabenerklärung Kr 21 wurde der Beschwerdeschrift beigelegt. Aus dem an die Versicherung gerichteten Schriftsatz der Bf. vom  geht hervor, dass die Bf. die Abgabenerklärung an ihre Versicherung mit dem Ersuchen um Übersendung an das FAGVG übermittelt hat.

2. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt und dem damit im Einklang stehenden Vorbringen beider Verfahrensparteien. Aus dem Vorbringen geht - entgegen der irrtümlicherweise in der Abgabenerklärung Kr 21 falsch angekreuzten Befreiung - hervor, dass die Bf. die Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer für 2014 beantragte.

3. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 1 Abs. 1 VersStG 1953, idF BGBl. I Nr. 52/2009, unterliegt der Steuer die Zahlung des Versicherungsentgeltes auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.

Gemäß § 4 Abs. 3 VersStG 1953, idF BGBl. I Nr. 13/2014, sind von der Steuer gemäß § 6 Abs. 3 ausgenommen:

" ........

Z 9: Kraftfahrzeuge, die für Körperbehinderte zugelassen sind und von diesen infolge körperlicher Schädigung zur persönlichen Fortbewegung verwendet werden müssen, unter folgenden Voraussetzungen:

a) Überreichung einer Abgabenerklärung an das Finanzamt im Wege des Versicherers. Bei Erfüllung aller Voraussetzungen entsteht der Anspruch auf Steuerfreiheit mit der Überreichung der Abgabenerklärung; wird der Nachweis der Körperbehinderung erst nachträglich beigebracht, ist die Berechnung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf den Zeitpunkt der Überreichung der Abgabenerklärung zu berichtigen;

b) Nachweis der Körperbehinderung durch

- einen Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder

- einen Eintrag der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Behindertenpass gemäß § 42 Abs. 1 des Bundesbehindertengesetzes 1990.

c) vorwiegende Verwendung des Kraftfahrzeuges zur persönlichen Fortbewegung des Körperbehinderten und für Fahrten, die Zwecken des Körperbehinderten und seiner Haushaltsführung dienen;

d) die Steuerbefreiung steht – von zeitlichen Überschneidungen bis zu einer Dauer von einem Monat abgesehen – nur für ein Kraftfahrzeug zu. Unter einem Wechselkennzeichen zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge werden von der Steuerbefreiung miterfasst;


.......... "

Nach § 240 Abs. 1 BAO ist der Abfuhrpflichtige bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

Gemäß § 240 Abs. 3 leg. cit. hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist, b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist, c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Falle eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte. Der Antrag kann bis zum Ablauf des 5. Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt.

4. Hiezu wurde rechtlich erwogen

Strittig ist die Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer für das Kalenderjahr 2014.

Hinsichtlich des Eintrittes der Befreiung von der Versicherungssteuer müssen alle im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. ).

Nach dem Wortlaut des Gesetzes steht die Steuerfreiheit ab Überreichung der Abgabenerklärung zu (..."entsteht der Anspruch auf Steuerfreiheit mit der Überreichung der Abgabenerklärung"). Eine rückwirkende Berücksichtigung der Befreiung sieht das Gesetz für den Fall vor, dass der Nachweis der Körperbehinderung nachträglich beigebracht wird; aber auch in diesem Fall kann eine Berichtigung der Steuerberechnung (lediglich) auf den Zeitpunkt der Überreichung der Abgabenerklärung - und nicht auf einen allenfalls davor liegenden Zeitpunkt - durchgeführt werden (vgl. zB Unabhängiger Finanzsenat vom , RV/1459-W/10, und vom , RV/0848-W/12).

Die Bestimmung des § 6 Abs. 3 Z. 7 VersStG bietet die Möglichkeit, eine allfällige unrichtige Steuerberechnung zu berichtigen. Für vor Überreichung der entsprechenden Abgabenerklärung entrichtete Beträge bestand noch keine Steuerfreiheit und erfolgte somit auch keine unrichtige Berechnung der Versicherungssteuer für diesen Zeitraum (vgl. Unabhängiger Finanzsenat vom , RV/2928-W/10).

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates bestätigt und im Erkenntnis vom , 2012/17/0449, folgende Rechtsansicht vertreten (Rechtssatz):

" Regelungszweck der Befreiungsbestimmung des § 4 Abs. 3 Z. 9 VersStG ist es, körperbehinderte Menschen, die auf Grund ihrer Behinderung auf ein Fahrzeug angewiesen sind, nicht mit einer zusätzlichen Steuer zu belasten. Der Gesetzgeber hat als eine der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Steuer die Überreichung einer Abgabenerklärung an das Finanzamt im Wege des Versicherers vorgesehen; er hat damit - wie sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang eindeutig ergibt - eine materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung geschaffen. Diese wurde vom Abgabepflichtigen im hier maßgeblichen Zeitraum nicht erbracht. Ob der Abgabepflichtige die anderen vom Gesetz aufgestellten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat, ist dabei nicht von Belang, müssen doch hinsichtlich des Eintrittes der Befreiung von der Versicherungssteuer alle im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Liegt aber demnach - mangels Erfüllung aller für die Befreiung notwendigen Voraussetzungen - für den fraglichen Zeitraum keine zu Unrecht einbehaltene Abgabe vor, kann sich der Abgabepflichtige hinsichtlich des von ihm gestellten Antrages auf Rückzahlung auch nicht auf § 240 Abs. 3 BAO stützen. Wenn sich der Abgabepflichtige auf § 113 BAO und eine ihm unrichtig erteilte Auskunft beruft, so kann das Vorliegen einer solchen ebenso wie die daraus allenfalls abzuleitenden Rechtsfolgen dahin gestellt bleiben; auch eine im Sinne des Vorbringens des Abgabepflichtigen unrichtig erteilte Auskunft würde nicht dazu führen, dass das Fehlen einer materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung für die nach § 4 Abs. 3 Z. 9 VersStG geltend gemachte Befreiung nicht zu berücksichtigen wäre. "

Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (Erkenntnisse vom , RV/5100399/2013, vom , RV/7105108/2016, und vom , RV/7101288/2017).

Im gegenständlichen Fall liegt eine unrichtige Berechnung der Versicherungssteuer nicht vor und wurde die motorbezogene Versicherungssteuer für den Zeitraum 2014 auch nicht zu Unrecht entrichtet. Der Anspruch der Steuerfreiheit entsteht erst mit der Überreichung der Abgabenerklärung. Die rückgeforderten Beträge wurden unstrittig vor Überreichung der entsprechenden Abgabenerklärung entrichtet. Da für diese vor Überreichung der entsprechenden Abgabenerklärung entrichteten Beträge noch keine Steuerfreiheit bestand, wurde die motorbezogene Versicherungssteuer für diesen Zeitraum auch nicht zu Unrecht entrichtet.

Liegt aber demnach - mangels Erfüllung aller für die Befreiung notwendigen Voraussetzungen - für den fraglichen Zeitraum keine zu Unrecht einbehaltene Abgabe vor, kann dem Antrag der Bf. auf Rückzahlung der motorbezogenen Versicherungssteuer für 2014 kein Erfolg beschieden sein.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe oben das Erkenntnis vom ) ist die Vorlage der Abgabenerklärung eine materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung für die Befreiung und diese wurde von der Bf. im hier maßgeblichen Zeitraum 2014 nicht erbracht.

Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision ist gegenständlich nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. hiezu das Erkenntnis vom , 2012/17/0449). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105344.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at