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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 16.01.2020, RV/3101031/2017

Antrag auf Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden R1, den bei­sitzen­den Richter R2 und die fachkundigen Laienrichter R3 und R4, im Beisein der Schriftführerin S., in den Beschwerde­sachen Bf., Adr, über die Beschwerden vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom und vom 1. Sep­tem­ber 2017 gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , betreffend Abweisung von Anträgen auf Nicht­fest­setzung eines Säumnis­zu­schla­ges nach § 217 Abs. 7 BAO, in der Sitzung am , nach Durchführung einer mündlichen Ver­hand­lung,

zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden jeweils als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 500,00 fest, weil die Einkommensteuervorauszahlung 04-06/2017 nicht bis zum entrichtet worden war.

Mit Bescheid vom wurde die Höhe des Säumniszuschlages auf € 200,00 herabgesetzt, weil sich die Bemessungsgrundlage geändert hatte.

Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO. Die nicht zeitgerechte Entrichtung sei darauf zurück­zu­führen, dass entgegen der jahrelangen Verwaltungspraxis plötzlich und ohne Vor­an­kündi­gung Steuerbescheide sowie Buchungsmitteilungen und Vorschreibungen nicht mehr per Post zugestellt, sondern in einem elektronischen Postfach hinterlegt wor­den seien. Der Be­schwer­deführer sei seinen Zahlungsverpflichtungen stets pflicht­bewusst und frist­gerecht nach­ge­kommen. Das Versäumnis sei aus­schließlich auf die für ihn über­raschend geänderte Zu­stel­lung von Schriftstücken zurückzuführen.

Das Finanzamt wies den Antrag auf Herabsetzung bzw. Nichtfest­setzung des Säum­nis­zu­schlages mit Bescheid vom ab. Der Argumentation des Beschwerdeführers kön­ne nicht gefolgt werden, weil die automatisiert umgestellte Verwaltungspraxis der Zu­stellung in die elektronische Databox tatsächlich bereits im April 2016 stattgefunden ha­be. Auch die Be­haup­tung, es hand­le sich um die erste Säumigkeit müsse ent­gegen­ge­hal­ten wer­den, dass bereits im Juni 2016 ein Säumniszuschlag festgesetzt wer­den muss­te.

Mit Eingabe vom wurde dagegen Bescheidbeschwerde erhoben. In der Be­gründung führte der Beschwerdeführer aus, dass die Bescheidbegründung an der Kernfrage vorbeigehe. Er habe vor dem keine Zustimmung zur elek­tro­ni­schen Zustellung im Sinne des § 5b FinanzOnline-Verordnung erteilt. Bis 2017 seien sämtliche Be­scheide und Benachrichtigungen postalisch zugestellt worden. Der Be­schwer­de­führer habe FinanzOnline zwar eingerichtet, aber nie verwendet. Die automatisierte Umstellung der Ver­waltungspraxis, die eine automatische Zustellung in die elektronische Databox vorsehe, sei ihm daher mangels Einstieg in FinanzOnline nicht zur Kenntnis gelangt. Die Vor­gangsweise un­an­gekündigt die Zustellung abzuändern und davon auszugehen, dass der Be­troffene zu­stim­me, falls er nicht aktiv einen Verzicht erkläre, sei verfassungs­widrig, da dies völlig überraschend und willkürlich sei und ausschließlich der Behörde zum Vorteil gereiche, in­dem sie sich Portokosten etc. erspare. Allein die Formulierung "Verzicht auf elek­tronische Zu­stellung" setze grundsätzlich voraus, dass man ein Recht, das einem Steuer­pflichtigen zu­nächst eingeräumt worden ist, aufgebe. Das wohlerworbenes Recht sei bislang die posta­lische Zustellung gewesen. Darauf habe der Beschwerdeführer nie verzichtet. Die Ein­räu­mung eines Rechts auf elektronische Zustellung sei nie beantragt worden und könne dem Beschwerdeführer auch nicht aufgezwungen werden. Die Vorgangsweise der Behörde sei voll­kom­men "symme­trie­ver­kehrt". Es sei vielmehr beim Steuerpflichtigen anzufragen ge­we­sen, ob dieser in Hinkunft auf die postalische Zustellung verzichten möchte. Nur wenn dies be­jaht worden wäre, wäre die Zustellung in die elektronische Databox zulässig ge­we­sen.

Darüber hinaus sei dem Beschwerdeführer nicht erinnerlich, jemals bewusst der elek­tro­nischen Zustellung in die Databox zugestimmt zu haben. Dem Beschwerdeführer sei nur ein einziger Ein­stieg in FinanzOnline in den letzten Monaten erinnerlich, als er das Konten­re­gister ab­ge­fragt habe. Der Beschwerdeführer be­streite, dass ihm dabei aktiv die Verzichts­mög­lichkeit im Sinne des § 5b Abs. 3 FOnV angeboten wor­den sei. Selbst wenn dies so wä­re, wäre es im Zusammenhang mit einer Konten­re­gi­ster­abfrage vollkommen überraschend, da ein Steuerpflichtiger in diesem Zusammenhang nicht damit rechnet, zumal er Rahmen der Kontenabfrage ja keine Bescheid­erstellung oder dergleichen er­wartet. Die Vor­gangs­weise der Behörde könne im Ergebnis nur alles "über­rum­pelnd" be­zeich­net werden und es sei davon auszugehen, dass viele Steuerpflichtige völlig zu Unrecht aus diesem Grund der Ge­fahr eines Säumniszuschlages ausgesetzt worden seien.

Ein grobes Verschulden im Sinne einer auffallenden und ungewöhnlichen Ver­nach­lässi­gung der Sorg­faltspflichten liege daher im gegenständlichen Fall unter den ge­ge­be­nen Um­stän­den jedenfalls nicht vor. Noch einmal müsse darauf hingewiesen werden, dass er über Jahr­zehnte nicht unbeträchtliche Steuerbeträge pünktlich abgeliefert ha­be, woraus eine Ge­wis­sen­haftigkeit und Sorgfalt und der grundsätzliche Wille zur pünkt­lichen Be­zah­lung der Steuer ableitbar sei. Erst durch den nunmehr verhängten und bekämpften Säum­nis­zuschlag sei er den Ursachen der fehlenden Zustellung der Bescheide und Be­nach­rich­tigungen nach­ge­gangen und sei erstmals auf den Grund der mangelnden posta­lischen Zustellung ge­stoßen. Eine korrekte Vorgangsweise der Behörde wäre gewesen, den Steuerpflichtigen bei der Um­stellung der Verwaltungspraxis auf die auto­ma­tische Zustellung in die elektronischen Databox zumindest postalisch über die Änderungen der Verwaltungspraxis zu informieren und ihn auf die Möglichkeit der weiteren postalischen Zustellung hinzuweisen. Es werde da­her beantragt der Beschwerde Folge zu geben und den Säumniszuschlag zu stornieren bzw. aufzuheben.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Unter Hinweis auf § 5b Abs. 2 und 3 FOnV 2006 führte das Finanzamt im Wesentlichen begründend aus, dass von der Abgabenbehörde festgestellt worden sei, dass die Akti­vie­rung der elektronischen Zustellung am um 09:30 Uhr und die De­akti­vie­rung am um 17:02 Uhr erfolgte sei. Der Beschwerdeführer habe wohl die Ver­zichts­möglichkeit bei der Kontenregisterabfrage insoweit übersehen, als er dies mög­licher­wie­se ungelesen bestätigt habe. Dass man bei einer Kontenregisterabfrage nicht mit einer Be­scheiderstellung oder dergleichen rechnen müsse, sei entgegenzuhalten, dass die Ver­zichts­möglichkeit beim Einstieg in FinanzOnline angeboten worden sei. Es sei weder die elektronische Zustellung aufgezwungen, noch sei man damit überrumpelt worden.

Der Bescheid über die Vorauszahlung der Einkommensteuer sei dem Beschwerdeführer bereits am postalisch zugestellt worden. Darin seien die Zahlungstermine angeführt gewesen und seien damit bekannt gewesen. Der Vollständigkeit halber sei noch anzuführen, dass die bloße Verständigung über die quartalsmäßige Ein­kommen­steuer­vor­aus­zah­lung im Rahmen einer Benachrichtigung/Buchungsmitteilung lediglich ein Service der Finanzverwaltung darstellt habe, dem kein normativer bzw. rechtlich bindender Charakter zukomme, zumal die Fälligkeiten gesetzlich geregelt seien.

Die Exkulpation des Beschwerdeführers über den Verweis auf die "über Jahrzehnte nicht unbeträchtlichen und pünktlich abgelieferten Steuerbeträge, woraus eine Ge­wis­sen­haftig­keit , Sorgfalt und der grundsätzliche Wille zur pünktlichen Bezahlung der Steuern abzuleiten sei, könne insofern nicht zum Erfolg verhelfen, als diese Umstände bei der Beurteilung des groben Verschuldens im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO außer Ansatz zu bleiben habe. Vorangegangene Säumnisse bzw. Nicht-Säumnisse seien für die Herab­set­zung bzw. Unterlassung der Festsetzung des Säumniszuschlages nicht entscheidend. Relevant sei lediglich, ob grobes Verschulden zur Versäumung der Frist geführt habe. Eine erweiternde Interpretation dieser Bestimmung um die Komponente des bisherigen Abgabenentrichtungsverhaltens bleibe aufgrund der Eindeutigkeit und der Klarstellung durch die Rechtsprechung verwehrt.

Wie bereits im Bescheid vom vorgebracht, handle es sich bereits um ein grobes Verschulden im Sinne des Gesetzes, wenn im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen werde. Da im gegenständlichen Fall der ent­sprechen­de Einkommensteuervorauszahlungsbescheid wirksam zugestellt worden sei und dort auch die Fälligkeiten der Einkommensteuervorauszahlung angeführt seien, sei das postalische oder elektronische Zukommen einer Benachrichtigung über die Fälligkeit einer Einkommensteuervorauszahlung irrelevant. Da der Beschwerdeführer sein Ter­min­system einzig auf die Benachrichtigung der Abgabenbehörde gestützt habe, habe er somit billigend in Kauf genommen, dass die Frist für die Fälligkeit der Ein­kom­men­steuer­vor­aus­zahlung im Alltag untergehe. Das Vorhandensein eines Fristen­vor­merk­systems sei nicht behauptet worden. Grobes Verschulden im Sinne der ab­gaben­ver­fahrens­recht­lichen Be­stim­mun­gen des § 217 Abs. 7 BAO liege sohin vor.

Dagegen richtet sich der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht vom .

Der Beschwerdeführer führte ergänzend aus, dass es ihm ob der relativen Geringfügigkeit der in Rede stehenden Beträge um Grundsätzliches gehe, nämlich auf welche Art und Wiese der Bürger im Interesse der Finanz in Bezug auf die elektronische Zustellung missgeleitet werde. Auf die Verfassungs- und Gesetzwidrigkeit der diesbezüglichen Regelungen sei bereits in der Beschwerde hingewiesen worden.

Des Weiteren gehe es um die sachgerechte Auslegung des Begriffes eines groben Ver­schul­dens im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO. Nach Ansicht des Beschwerdeführers seien dabei alle Umstände zu berücksichtigen, die zur Versäumnis geführt hätten darunter auch das kausale Verhalten der Finanzbehörde ebenso wie das bisherige Abgabenverhalten des Steuer­pflich­tigen. Diesbezüglich werde nachgetragen dass sich der Beschwerdeführer sehr wohl eines Fristenvormerksystems bediene nachdem über Jahrzehnte die Steuer­vor­schrei­bun­gen je­weils postalisch erfolgten ebenso wie die Benachrichtigungen über die Fälligkeit der ent­sprechenden Zahlungen wurde zwar grundsätzlich die gesetzliche Fällig­keits­ter­mine zum 15. des jeweiligen maßgeblichen Monats vorgemerkt die effektive Zahlung sodann aber auf Basis der jeweiligen Buchungsmitteilung vorgemerkt zumal es aufgrund von Gutschriften oder Steuer­absetzungen oder dergleichen dazu kommen konnte dass ungeachtet des ge­setz­lichen Fälligkeitszeitpunktes im konkreten Fall, auf­grund derartiger Gutschriften eben keine Steuer zu maßgeblich gesetzlichen Zeitpunkt zu entrichten sei. Nachdem für den hier maßgeblichen Zeitraum eben keine Be­nach­rich­ti­gun­gen über fällige Zahlungen postalisch vorlagen, wurde die Zahlung nicht durchgeführt bzw. übersehen. Dies mag allenfalls als leich­tes Verschulden gewertet werden, ein grobes Verschulden liege unter Berücksichtigung der Ge­samtsach­ver­haltes jedoch nicht vor.

Gleichzeitig wurden mehrere Fragen vorgelegt, die das Bundesfinanzgericht zur Vor­be­rei­tung auf die mündliche Verhandlung beantworten möge. Mit Vorhalt vom wurde vom Bundesfinanzgericht auf die Fragen eingegangen. In Beantwortung des Schreibens brachte der Beschwerdeführer vor, dass er diese zur Kenntnis nehme, in­halt­lich aber nicht teile.

1. Die Information laut Muster sei ihm im Jahre 2017 definitiv nicht aufgepoppt. Es wer­de daher beantragt durch einen EDV Fachmann entsprechende Erhebungen durch­zu­füh­ren, welche Informationen konkret bei seinem Account übermittelt worden seien und ge­ge­be­nen­falls wann.

2. Die Frage, wie viele Säumnisfälle nach dem aufgetreten seien, sei sehr wohl für die Frage eines groben Verschuldens von Relevanz. Je mehr Säumnisfälle auf­ge­treten seien, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Informationen den Steuer­pflich­tigen nicht in dieser Form zugekommen sind bzw. zumindest irreführend waren.

3. Gleiches gelte für die Frage, wie oft und zu welchen Zeitpunkten der Beschwerdeführer in das FinanzOnline-System eingestiegen sei. Je weniger oft diese der Fall gewesen sei, desto plausibler sei es, dass er auf die postalische Zustellung vertrauen habe dürfen, was bei der Verschuldensabwägung zu berücksichtigen sei. Gleiches gelte auch für die Häufigkeit der Zugriffe auf die Databox, sowie die Anzahl der postalisch zugestellten Bescheide und Benachrichtigungen.

4. Auch die bisherige Steuerleistung in Bezug auf Höhe und prompte Leistung sei im Rahmen der Verschuldensabwägung zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen weiteren Säumniszuschlag betreffend die nicht fristgerechte Entrichtung der Einkommensteuer 2015 in Höhe von € 93,20 fest.

Mit Antrag vom beantragte der Beschwerdeführer im Wesentlichen unter Wiederholung der bereits im oben angeführten Verfahren vorgebrachten Argumente auch diesbezüglich die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages nach § 217 Abs. 7 BAO

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom gleichfalls ab. Die dagegen erhobene Beschwerde mit Eingabe vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Dagegen richtet sich der unter Wiederholung der Ausführungen im Vorlageantrag vom erhobene Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht vom .

Die jeweils beantragte mündliche Verhandlung zu beiden Beschwerdeverfahren fand am 12. De­zem­ber 2019 statt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht ent­rich­te­ten Abgabenbetrages zu entrichten.

Der Säumniszuschlag ist somit eine objektive Säumnisfolge. Die Gründe, die zum Zah­lungs­verzug geführt haben sind grundsätzlich unbeachtlich (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 2f).

Das Vorliegen eines Zahlungsverzuges in den hier zu beurteilenden zwei Säumnisfällen ist unbestritten.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge in­so­weit her­ab­zusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Ver­schul­den trifft, ins­be­son­dere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu be­rech­nenden Abgaben kein gro­bes Ver­schulden an der Unrichtigkeit der Selbst­be­rech­nung vorliegt.

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahr­lässig­keit vorliegt. Eine lediglich leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unter­läuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 44 mwN).

Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ).

Der Beschwerdeführer begehrt zusammengefasst die Nichtfestsetzung der verfahrens­ge­gen­ständlichen Säum­nis­zu­schläge, weil die Benachrichtigung über die Fälligkeit der Ein­kom­men­steuervorauszahlung 04-06/2017 im ersten Fall und der Einkommen­steuer­be­scheid 2015 mit einem Nachforderungsbetrag in Höhe von € 4.660,00 im zweiten Fall elektronisch in die Databox von FinanzOnline zugestellt worden sei, worüber er keine Kenntnis erlangt habe. Dies stelle kein grobes Verschulden dar.

§ 5b der FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) in der geltenden Fassung lautet:

"§ 5b. (1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

(2) Jeder Teilnehmer kann in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.

(3) Ein Teilnehmer kann in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter können den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären.

(4) Vor dem erteilte Zustimmungen zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 bleiben bis zu einem allfälligen Verzicht nach Abs. 3 wirksam, wobei Abs. 3 zweiter Satz nicht anzuwenden ist.

(5) Wurde vor dem keine Zustimmung zur elektronischen Zustellung im Sinn des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO in der Fassung vor BGBl. I Nr. 22/2012 erteilt, darf eine elektronische Zustellung nicht vor dem in Abs. 3 zweiter Satz genannten Zeitpunkt erfolgen."

Der Beschwerdeführer hat durch seinen Einstieg in FinanzOnline am , 09:30 Uhr, (erster Einstieg nach dem ) zum Zweck der Abfrage des Konten­re­gisters die automatische Umstellung auf die elektronische Zustellung im Sinne des § 5b FOnV bewirkt. Dabei wurde ihm folgende, der Einstiegseite vorgeschaltete Information an­gezeigt:


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Elektronische Zustellung
Nutzen Sie die elektronische Zustellung in FinanzOnline,
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Auf Grund neuer gesetzlicher Bestimmungen haben die Abgabenbehörden Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen. Daher wurde bei Ihnen die elektronische Zustellung automatisch aktiviert, somit werden ab sofort Steuerbescheide elektronisch an die Databox zugestellt. Hinweis bei Zustellvollmacht:
Wenn sie einem Bevollmächtigten (z.B. ihrem Steuerberater) Zustellvollmacht erteilt haben, sind ihre persönlichen Einstellungen betreffend die elektronische Zustellung nicht relevant, das heißt, an der erteilten Zustellvollmacht ändert sich dadurch nichts. Die Zustellungen erfolgen weiterhin an den Bevollmächtigten. Tipp:
Um elektronisch eine Verständigung über die elektronische Zustellung zu erhalten, geben Sie uns bitte Ihre Email-Adresse in der Funktion "Zustellung" bekannt. Falls Sie bereits eine Email-Adresse bekanntgegeben haben, wurde auch die Email-Verständigung automatisch aktiviert. Falls Sie keine Verständigung erhalten möchten, deaktivieren Sie die Email-Verständigung. Wollen Sie die Zustellung weiter in Papierform, haben Sie die Möglichkeit, auf die elektronische Zustellung zu verzichten. Dieser Verzicht kann jederzeit durchgeführt werden und ist in der Funktion "Zustellung" zu finden. Mit dem nachfolgenden Link können Sie sofort in die Funktion "Zustellung" wechseln. Weiter zur Funktion "Zustellung"
Zur Kenntnis genommen

Die angebotene Möglichkeit auf die elektronische Zustellung zu verzichten wurde nicht wahrgenommen.

In der Folge hat der Beschwerdeführer die ihm in Bezug auf die Ein­kommen­steuer­vor­aus­zahlung 04-06/2017 bzw. Einkommensteuerbescheid 2015 in die Databox zugestellten Do­ku­mente nicht abgerufen und auch keine Zahlungen vorgenommen.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der zuständigen Applikation zur Verfügung gestellten Protokolldaten über den Einstieg in das System durch den Beschwerdeführer am . Aufgrund der mit dem Status "ok" ausgewiesenen Protokolleintragung spricht nichts für die davon abweichende Beschwerdebehauptung, dass der oben wieder­ge­gebene Text dem Beschwerdeführer nicht angezeigt worden wäre.

Die vom Finanzamt im Abweisungsbescheid vom angeführte Umstellung bereits zum ist insofern unzutreffend als ab diesem Zeitpunkt lediglich automatisch der "Verzicht auf Zusendung von Zahlungsanweisungen" wirksam geworden ist. Hierüber wurden die Steuerpflichtigen zusammen mit der ersten Benachrichtigung 2016 informiert.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass nicht bewiesen sei, dass ihm genau der oben wie­der­gegebene Text angezeigt worden sei und hierzu die bei seiner Sekretärin am Ver­hand­lungstag ausgegebene anderslautende Meldung nach entsprechender De­akti­vie­rung der elektronischen Zustellung und danach folgenden neuerlichen Einstieg verweist, ist ent­ge­gen­zuhalten, dass der Text der Information dem Text entspricht, der vom Bun­des­mini­sterium für Finanzen im Intranet zur internen Information der Abgabenbehörden über die Um­setzung der Novelle der FinanzOnline-Verordnung zur Verfügung gestellt worden ist und außerdem durch den Vertreter des Finanzamtes ein privates Foto vorgelegt worden ist, welches zeigt, dass genau dieser Text bei einem Ersteinstieg - in jenem Fall am und somit in zeitlicher Nähe zum Einstieg im Beschwerdefall - ausgegeben worden ist.

Dass beim Einstieg in das System durch die Sekretärin des Beschwerdeführers am Ver­hand­lungstag eine andere Meldung ausgegeben worden ist, erklärt sich damit, dass es sich dabei nicht um einen Ersteinstieg nach dem gehandelt hat, sondern um einen Wiedereinstieg nach vorhergehender Deaktivierung der elektronischen Zustellung.

In den gegenständlichen Beschwerdefällen kann keine Rede davon sein, dass die Um­stel­lung ohne Information völlig über­raschend, will­kürlich und überrumpelnd vorgenommen worden sei. Der Beschwerdeführer wurde beim Ersteinstieg nach dem 31. De­zem­ber 2012 entsprechend informiert und auch darauf hingewiesen, wie er die automatische Akti­vierung der elektronischen Zustellung (sofort) wieder deaktivieren kann.

Als sorgfältig handelnder Steuerpflichtiger hätte der Beschwerdeführer die ausgegebene Information nur lesen und die erforderlichen Dispositionen (wie Deaktivierung der elektronischen Zustellung, Einrichten einer E-Mail-Verständigung, den regelmäßigen Abruf der Databox planen) treffen müssen. Der entscheidende Senat des Bundesfinanzgerichts vermag nicht zu erkennen, dass der Inhalt der ausgegebenen Seite schwer verständlich oder sogar missverständlich ist.

Die Nichtbeachtung der Meldung ist als auffallende Sorglosigkeit zu qualifizieren und geht über das Vorliegen einer lediglich leichten Fahrlässigkeit hinaus. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt, dem gerade die Beachtlichkeit einer mit Zustellung überschriebenen In­for­mation (fett gedruckt ausgegeben) bewusst sein hätte müssen.

Daran vermag auch das Vorbringen, dass er FinanzOnline zwar eingerichtet, aber nie ver­wen­det habe, nichts zu ändern. Im Hinblick auf die elektronische Information im Zuge der automatischen Umstellung war es auch nicht erforderlich, die Bestimmungen der Fi­nanz­On­line-Verordnung im Einzelnen zu kennen. Das Vorbringen, dass die Umstellung un­an­ge­kündigt vorgenommen worden wäre, ist unzutreffend, weil der Beschwerdeführer im Zuge der automatischen Umstellung (zeitgleich mit dem Ersteinstieg am ) darüber in­for­miert wurde.

Im Falle der Säumnis hinsichtlich der Einkommensteuervorauszahlung kommt hinzu, dass der diesbezügliche Bescheid bereits am postalisch zugestellt worden ist und dieser die zu entrichtenden Vierteljahresbeträge samt den gesetzlichen Fälligkeiten enthielt.

Soweit der Beschwerdeführer weiters vorbringt, dass diese Termine zwar vorgemerkt gewesen seien, die effektiven Zahlungen sodann aber auf Basis der jeweiligen Buchungsmitteilung vorgenommen werden, zumal es aufgrund von Gutschriften oder Steuerherabsetzungen oder dergleichen dazu kommen kann, dass ungeachtet der gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkte im konkreten Fall aufgrund derartiger Gutschriften eben keine Steuer zu entrichten sei, vermag den Beschwerdeführer nicht zu exkulpieren. Der Beschwerdeführer hätte das Nichteinlangen einer Buchungsmitteilung zum Anlass nehmen müssen, nachzuprüfen, ob tatsächlich keine Zahlung zu leisten ist. Auch eine im Postwege zugestellte Buchungsmitteilung kann einmal verloren gehen. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer keine konkrete Gutschrift oder Steuerherabsetzung genannt, die ihn zur Annahme berechtigt hätte, dass zum konkreten Fälligkeitstermin keine Zahlung zu leisten sein wird.

Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines solchen kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Der Hinweis des Be­schwer­de­führers, dass er über Jahrzehnte nicht unbeträchtliche Steuerbeträge pünktlich ab­ge­liefert habe, woraus seine Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt und der grund­sätz­liche Wille zur pünkt­lichen Zahlung von Steuern ableitbar sei, kommt beim vorliegenden Sachverhalt keine entscheidende Be­deu­tung zu. Entscheidend ist nach der zitierten Gesetzesstelle, ob ihn an der jeweils konkreten Säumnis ein gro­bes Ver­schul­den trifft (vgl. ).

Die Anzahl der gleichartigen Säumnisfälle hätte, selbst wenn von der Finanzverwaltung diese Daten erhoben worden wären, was nach der Aussage des Finanz­amts­vertreters in der mündlichen Verhandlung nicht der Fall ist, bei der gegebenen Sachlage (Missachtung der Information über die automatische Umstellung der Zustellung) keinen ent­scheiden­den Einfluss auf die Verschuldensbeurteilung. Das gleiche gilt hinsichtlich der Anzahl der Jahre, in denen Dokumente postalisch zugestellt worden sind, der Anzahl der Einstiege in FinanzOnline bzw. hinsichtlich der erbrachte Steuerleistung.

Der Beschwerdeführer vermag sich auch nicht mit dem Hinweis darauf zu exkulpieren, dass bei einer Kontenregisterabfrage nicht mit einer Umstellung der Zustellung zu rechnen gewesen wäre, da es nur darauf angekommen wäre, die der Einstiegseite vorgeschalteten Informationen unabhängig davon, was in FinanzOnline abgerufen werden sollte, mit der erforderlichen und auch zumutbaren Sorgfalt zu lesen.

Unter Berücksichtigung der angeführten Umstände ist festzustellen, dass ein über eine nur leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden vorliegt und deshalb eine Herab­setzung der fest­ge­setzten Säumniszuschläge abzuweisen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, ins­be­sondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision war als unzulässig zu erklären, da keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Tatsachenfeststellungen sind im Allgemeinen einer Revision ohnehin nicht zugänglich.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3101031.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
DAAAC-23176