Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2020, RV/5100064/2020

Inkrafttreten des § 4 Abs 7 EAVG idF BBG 2011

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch PPS, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes L vom , betreffend Energieabgabenvergütung 2011

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Energieabgabenvergütung für 2011 wird mit 2.908,82 € festgesetzt.

2. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

A . Im Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt:

1. Mit Antrag vom beantragte die Bf. (Wellnesshotel) die Vergütung von Energieabgaben für 2011 iHv 18.639,92 €.

2. Gegen die Abweisung des Antrages erhob die BF. zunächst Beschwerde beim VfGH (, B 494/12) und wandte sich anschließend an den VwGH, der mittlerweile das Bestehen eines Anspruches für 1/2011 judiziert hatte ( und , 2012/17/0469) und deshalb den Bescheid des UFS aufhob.

3. Das BFG beantragte mit Beschluss vom eine Vorabentscheidung beim EuGH mit der Maßgabe, das BBG 2011 verstoße gegen die AGVO 2008.

4. Mit Urteil vom , C-494/14 erkannte der EuGH, dass das Fehlen eines Verweises auf die AGVO 2008 im BBG 2011 der Annahme einer Freistellung entgegensteht.

5. Mit Erkenntnis vom , RV/5100360/2013 stellte das BFG fest,

- der Gesetzgeber des BGG 2011 habe auf ein Anmeldeverfahren und nicht auf ein Freistellungsverfahren nach der AGVO 2008 abgestellt und

- zudem seien die Voraussetzungen der AGVO 2008 nicht eingehalten worden. Die ENAV für das gesamte Jahr 2011 wurde antragsgemäß festgesetzt.

6. Gegen die Entscheidung des BFG wurde vom zuständigen Finanzamt Revision erhoben, nachdem im Rahmen „nachträglicher Ermittlungen“ die EU-Kommission angeschrieben wurde. Diese teilte zwar grundsätzlich nicht die Rechtsansicht der Finanzverwaltung, empfahl aber den EuGH anzurufen, mit der Frage, ob das BBG von der AGVO 2014 gedeckt sein könnte. Diese Auskunft wurde an den VwGH übermittelt.

7. Mit Beschluss vom legte der VwGH dem EuGH drei Vorabentscheidungsfragen vor, darunter auch die Frage der Bedeckung des BBG 2011 durch die AGVO 2014.

8. Der EuGH beschränkte sich auf die Beantwortung der dritten Frage im Urteil vom , C-585/17 und erkannte die Vereinbarkeit der im BBG 2011 geregelten Beihilfe mit der AGVO 2014.

9. Im Erkenntnis vom hob der VwGH die Entscheidung des wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. Im Ergebnis sei die „Genehmigung“ in § 4 Abs 7 EAVG durch die Mitteilung der Kommission iSd Art 4 Abs 2 der VO Nr. 659/1999 bewirkt. Dem Gesetzgeber sei auch – entgegen der Ansicht des BFG – die Möglichkeit der Freistellung nicht unbekannt gewesen.

10. Das BFG forderte von der Bf. eine Berechnung der ENAV für 1/2011 an. Am wurde der Vergütungsbetrag für Januar 2011 mit 2.908,82 € bekanntgegeben. Das Finanzamt teilte dazu mit, dass es den Vergütungsbetrag für plausibel halte.

B. Rechtslage:

Nach § 4 Abs 7 EAVG sind die §§ 2 und 3 idF des BBG 2011, BGBl I Nr. 111/2010, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen.

C. Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt

1. Strittig war im vorliegenden Fall, ob für den Dienstleister die Energieabgabenvergütung im Jahr 2011 noch zur Gänze (bei Nichtinkrafttreten des BBG 2011) oder nur für den Monat Januar 2011 zusteht.

Argumentativ stützte sich das BFG dabei (1) einerseits auf die Missachtung verschiedener Voraussetzungen der AGVO 2008, das Faktum, der Nichterwähnung der AGVO 2008 im Gesetz und andererseits (2) auf den Begriff der „Genehmigung“ bzw der „Nichtgenehmigung“ in der Regierungsvorlage, der nach Ansicht des BFG auf ein Anmeldeverfahren hindeute.

2. Die Frage der Missachtung von Voraussetzungen der AGVO 2008 wurde vom zwar positiv beantwortet. Der EuGH hat aber in weiterer Folge in der vom VwGH betriebenen neuerlichen Vorabentscheidung zur selben Causa zugestanden, dass das BBG 2011 mit der drei Jahre später ergangenen AGVO 2014 (nachträglich) kompatibel wird, weil dort die Aufnahme des Wortlautes der AGVO nicht mehr dezidiert geregelt ist und auch Fälle der Vergangenheit unter diese VO fallen können. Punkt 1 der Argumentation des BF ist damit hinfällig.

3. a. Auf die Frage des Abstellens des BBG 2011 auf ein Anmeldeverfahren, wodurch die gesetzliche Regelung bis dato nicht in Kraft getreten wäre, wurde nicht vom BFG, sondern ursprünglich von der Europäischen Kommission selbst deutlich im ersten vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren verwiesen: So heißt es auf Seite 22 der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom , „die Regelung mag zwar nicht den Willen der österreichischen Regierung im Zeitpunkt der Mitteilung an die Kommission widerspiegeln“ ……... (mit Verweis auf Fn 17). In Fn 17 ist angeführt: Mit Blick auf die Regelung des § 4 Abs 7 EAVG im BBG 2011 erscheint denkbar, dass sich die gesetzgebenden Organe der Republik Österreich im parlamentarischen Verfahren der Möglichkeit der Anwendung der AGVO nicht bewusst waren.  Dies belegen auch die Erläuterungen zur EAVG-Novelle in der Regierungsvorlage, wo die „Genehmigung“ der Änderung „als erlaubte staatliche Beihilfe“ durch die Kommission als „Voraussetzung für die Anwendung der geänderten Bestimmungen“ beschrieben wird (siehe Auszug als Anlage 1). Dabei könnte eine Rolle gespielt haben, dass die vorangegangenen Novellen des EAVG (aus den Jahren 2002 und 2004) der Kommission notifiziert wurden und zur Entscheidung der Kommission vom führten. Die AGVO trat dagegen erst vier Jahre später, im Jahr 2008 in Kraft.

b. Der VwGH hat zu dieser Frage – ohne weitere Auseinandersetzung mit der Ansicht der Kommission (in der im Verfahren mitübersandten Unterlage) und der ausführlichen Begründung in der Entscheidung des lediglich festgehalten, „es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Freistellung habe ausschließen wollen bzw dem Gesetzgeber die Möglichkeit (der AGVO-Freistellung) unbekannt gewesen wäre.“ Letztlich begründet der VwGH dies mit der Volatilität des Begriffes „Genehmigung“, die eine Vielfalt möglicher Erledigungsarten zulasse und in § 4 Abs 7 EAVG nur eine typische Erledigungsart hervorgehoben habe, ohne andere Erledigungsarten auszuschließen.

4. Da die von der Europäischen Kommission und vom BFG vertretene Annahme eines Abstellens des BBG 2011 auf ein Anmeldeverfahren vom VwGH als nicht vorstellbar eingestuft wird, ist die Energieabgabenvergütung idF BBG 2011 in Kraft getreten. Damit ist dem Antrag der Bf für 2011 insoweit stattzugeben, als die Energieabgabenvergütung im Monat 1/2011 zusteht.

Die Beschwerde war daher abzuweisen, der Vergütungsbetrag war abweichend festzusetzen.

D. Zulassung zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung basiert auf der Rechtsprechung des VwGH. Eine Rechtsfrage mit besonderer Bedeutung liegt nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100064.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at