Vergütung der Normverbrauchsabgabe
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Koll & Partner Stb Wthdgesmbh & Co KG, Sparkassaplatz 1, 2000 Stockerau, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Abweisung eines Antrags auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der Vergütungsbetrag wird mit EUR 3.346,45,-- festgesetzt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden "Bf.") war im Handel mit Kraftfahrzeugen tätig.
Am beantragte sie für das Kraftfahrzeug mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN) 123456789 nach dessen Lieferung nach A am TTMMJJJJ eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe iHv EUR 3.346,45,--.
Die belangte Behörde wies den Antrag mit dem angefochtenen Bescheid ab. In ihrer Begründung führte sie aus, dass das Fahrzeug bis dato nicht in der Genehmigungsdatenbank gesperrt sei und der Nachweis fehle, dass hinsichtlich des Fahrzeugs vorab ein steuerpflichtiger NoVA-Tatbestand verwirklicht worden sei. Eine wesentliche Voraussetzung für die Vergütung sei die bis zur Lieferung ins Ausland erfolgte Sperre in der Genehmigungsdatenbank. Dieser Vorgang sei unterblieben und könne auch nicht nachgeholt werden.
Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Die Abweisung des Antrags sei zu Unrecht erfolgt, es hätte ein Verbesserungsauftrag ergehen müssen. Das Formular betreffend die Sperre des Fahrzeugs werde nunmehr beigebracht. Als Nachweis der Verwirklichung eines vorab erfolgten steuerpflichtigen NoVA-Tatbestands werde ein Auszug aus der Genehmigungsdatenbank beigelegt. Aus dem Fehlen einer Finanzsperre sei ersichtlich, dass von der Verwirklichung eines NoVA-Tatbestands auszugehen sei. In § 12a NoVAG 1991 werde angeführt, dass eine Sperre des Fahrzeugs in der Genehmigungsdatenbank nach § 30a KFG 1967 zwar Voraussetzung für die Vergütung sei, aber nicht, dass diese Sperre vor der Lieferung ins Ausland zu erfolgen habe und nicht mehr nachgeholt werden könne. Diese Rechtsansicht leite sich offenbar von der VO 401/96 ab. Ihr könne jedoch nicht gefolgt werden, da bereits der EuGH in seiner Entscheidung vom , C-146/05, zur Auffassung gekommen sei, dass eine Steuerbegünstigung nicht allein mit der Begründung des nicht zeitnah erbachten Buchnachweises versagt werden könne. Mache ein Mitgliedstaat die Steuerfreiheit von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig, ohne das zweifelsfreie Vorliegen der materiellen Anforderungen zu berücksichtigen, überschreite er den gemeinschaftsrechtlichen Ermessensrahmen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der formelle Verstoß auch Nachweislücken zum materiellen Umstand zur Folge hätte. Dies sei im gegenständlichen Sachverhalt jedoch nicht gegeben, das Fahrzeug sei nachweislich ins Ausland verbracht worden, weshalb die Voraussetzung für die NoVA-Vergütung vorliege. In diesem Fall sei keine Gefährdung des Steueraufkommens entstanden. Eine zwischenzeitlich beantragte Sperre der FIN in der Genehmigungsdatenbank mache auch einen etwaigen Entfall des Steueraufkommens, doch eventuellen Reimport, unmöglich, weshalb auch nach gefestigter EuGH-Rechtsprechung nach Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens eine Erstattung möglich sein müsse.
Mit ihrer Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Bezüglich des Zeitpunkts der Sperre müsse auf die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zurückgegriffen werden. Danach solle durch die Sperre in der Genehmigungsdatenbank als Voraussetzung für die Geltendmachung einer Befreiung oder Vergütung sichergestellt werden, dass ein Fahrzeug nach Gewährung der Befreiung oder Vergütung ohne Entrichtung der Normverbrauchsabgabe nicht zugelassen bzw. erneut zugelassen werden könne (Erl RV 113 BlgNR XXIV. GP, 79). Vor diesem Hintergrund könne eine Sperre in der Genehmigungsdatenbank nur zum Zeitpunkt vor der Lieferung ins Ausland erfolgen. Würde der Zeitpunkt der Sperre nach Lieferung ins Ausland ausreichen, müsste jeder Vergütungsantrag gewährt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen vorlägen, auch wenn das fragliche Kfz mittlerweile ohne erneute NoVA-Belastung wieder ins Inland verbracht und zugelassen werden würde. Die recht- und frühzeitige Sperre bzw. beantragte Sperre reiche über den Buchnachweis iSd VO zu Art. 7 UStG 1994 (BGBl. Nr. 401/1996) hinaus.
In ihrem Vorlageantrag wiederholte die Bf., dass statt einer Abweisung ein Verbesserungsauftrag hätte ergehen müssen.
Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und verwies im Wesentlichen auf ihre Beschwerdevorentscheidung.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Festgestellter Sachverhalt
Die Bf. war im Handel mit Kraftfahrzeugen tätig. Sie lieferte das Kraftfahrzeug mit der FIN 123456789 am TTMMJJJJ nach A und beantragte am in Bezug auf dieses Fahrzeug unter Bekanntgabe der FIN die Vergütung der Normverbrauchsabgabe iHv EUR 3.346,45,--. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war das Fahrzeug in der Genehmigungsdatenbank nicht gesperrt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt 1: Stattgabe
§ 12a Abs. 1 NoVAG 1991 idF BGBl. I Nr. 52/2009, welcher durch das BGBl. I Nr. 112/2012 nicht verändert wurde und auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, besagt Folgendes:
"§ 12a. (1) Wird ein Fahrzeug
– durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweisbar ins Ausland verbracht
– nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweisbar ins Ausland verbracht oder geliefert
– durch einen befugten Fahrzeughändler nachweisbar ins Ausland verbracht oder geliefert
– durch einen Unternehmer, der das Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt hat, nachweisbar ins Ausland verbracht oder geliefert,
dann wird auf Antrag die Abgabe vom gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet.
Voraussetzung für die Vergütung ist die Bekanntgabe der Fahrgestellnummer (der Fahrzeugidentifizierungsnummer) und die Sperre des Fahrzeuges in der Genehmigungsdatenbank nach § 30a KFG 1967."
Nach § 30a Abs. 9a KFG 1967 gilt Folgendes:
"§ 30a […]
(9a) Zum Zwecke der steuerlichen Erfassung der Fahrzeuge und Sicherstellung der Einhebung der allenfalls durch die Zulassung anfallenden Steuern und Abgaben können der Bundesminister für Finanzen und die Finanzbehörden verfügen, dass die Genehmigungsdaten oder Typendaten bestimmter Fahrzeuge oder Fahrzeugkategorien in der Genehmigungsdatenbank mit einer diesbezüglichen Zulassungssperre zu versehen sind. Diese Zulassungssperren können für einzelne Fahrzeuge oder bestimmte Fahrzeugkategorien vom Bundesminister für Finanzen oder den Finanzbehörden wieder aufgehoben werden."
In seinem Erkenntnis vom , Ro 2016/16/0001, setzte sich der Verwaltungsgerichtshof ausführlich mit der Frage auseinander, ob Voraussetzung für eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe nach § 12a NoVAG 1991 eine bereits im Zeitpunkt der Antragstellung erfolgte Sperre in der Genehmigungsdatenbank ist.
Nach dessen Erwägungen können auf Grund von § 30a Abs. 9a KFG 1967 lediglich der Bundesminister für Finanzen und die Finanzbehörden eine Sperre des Fahrzeugs in der Genehmigungsdatenbank, welche nach § 12a Abs. 1 zweiter Satz NoVAG 1991 Voraussetzung für die Vergütung ist, veranlassen. Einen ausdrücklichen Antrag an die Finanzbehörde, diese Sperre zu veranlassen, sehen weder das KFG noch das NoVAG vor.
Die bloße Auflage von Formblättern für einen gesonderten Antrag auf Sperre in der Genehmigungsdatenbank vermag noch keine Verpflichtung des Vergütungswerbers zu begründen, einen Antrag auf Sperre in der Genehmigungsdatenbank gesondert einzubringen. § 133 Abs. 2 BAO erlegt eine Pflicht, amtlich aufgelegte Vordrucke zu verwenden, für Abgabenerklärungen auf. Weder ein Vergütungsantrag noch ein Antrag auf Sperre in der Genehmigungsdatenbank stellt eine Abgabenerklärung im Sinn des § 133 Abs. 2 BAO dar.
Der Vergütungswerber kann sohin die Sperre in der Genehmigungsdatenbank nicht unmittelbar veranlassen. § 12a NoVAG 1991 knüpft an die in § 30a Abs. 9a KFG 1967 vorgesehene Möglichkeit der Verfügung einer Zulassungssperre in der Genehmigungsdatenbank an. Diese Vorschriften bedeuten in ihrem systematischen Zusammenhalt, dass der Bundesminister für Finanzen oder die Finanzbehörde ermächtigt sind, die Zulassungssperre in der Genehmigungsdatenbank zu verfügen, wenn ein Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe gestellt wird. Die Vorschrift ist insofern als eine Ermächtigung zur Durchführung der Sperre als Voraussetzung der Erledigung des Vergütungsantrags zu verstehen.
Die Wirkung der Sperre soll die Hinterziehung der Normverbrauchsabgabe schlechthin verhindern, also jegliche künftige Zulassung (ohne Entrichtung der Abgabe) verhindern. Ihre Wirkung geht daher über die Rechtssphäre des Rückzahlungswerbers hinaus. Das Gesetz selbst sieht auch keinen individuellen Akt dem Rückzahlungswerber gegenüber vor (und regelt auch keine Zuständigkeit zur Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides). Es ist daher im vorliegenden Zusammenhang nicht davon auszugehen, dass über die Frage der Zulässigkeit oder Notwendigkeit der Verfügung der Sperre eine eigene Entscheidung ergehen müsste.
Im Vergütungsverfahren ist die Frage der Möglichkeit der Sperre vielmehr wie eine Vorfrage zu beurteilen (es liegt keine Vorfrage iSd § 116 BAO vor, weil es kein Hauptverfahren gibt, in dem eine Behörde über die Sperre zu entscheiden hätte). Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe den Anspruch eines Abgabepflichtigen auf Rückzahlung von der faktischen Gestion einer (Abgaben-)Behörde abhängig gemacht. Es scheidet aus Rechtsschutzgründen die Annahme aus, das Gesetz regle insofern eine Tatbestandswirkung der Durchführung der Zulassungssperre wie im Falle der sogenannten Tatbestandswirkung von Bescheiden, deren Erlassung zwingende Voraussetzung für einen Folgebescheid darstellt (in derartigen Fällen besteht ein entsprechender Rechtsschutz im Grundlagenverfahren, der im vorliegenden Zusammenhang vom Gesetzgeber mangels entsprechender Ausgestaltung eines eigenen "Zulassungssperreverfahrens" nicht eröffnet wurde).
Aus all dem ist zu schließen, dass nach der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Rechtslage eine bereits zum Zeitpunkt des Antrags auf Vergütung erfolgte Sperre des Fahrzeugs in der Genehmigungsdatenbank nicht erforderlich ist und auf Grund der Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen eine Vergütung der Normverbrauchsabgabe in der beantragten Höhe nach der Sperre des Fahrzeugs in der Genehmigungsdatenbank zu erfolgen hat.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision
Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da das Erkenntnis der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt (), ist keine Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12a Abs. 1 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991 § 30a Abs. 9a KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104509.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
WAAAC-23161