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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2020, RV/7400201/2019

Einsatzgebühr Wiener Rettung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 70, Fachbereich Gebühren, vom , MA 70 123456, betreffend Einsatzgebühr Wiener Rettung zu Recht: 

1. Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als die Höhe des zu zahlenden Betrags mit EUR 694,00 festgesetzt wird.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am  wurde die Wiener Berufsrettung um 18:44 zur Adresse der Beschwerdeführerin (im Folgenden "Bf.") berufen. Laut Einsatzbeschreibung habe die Bf. ca. 500 ml Wodka getrunken und sei schläfrig und müde gewesen. Sie habe keine Notfallsymptomatik gezeigt, sei sofort erweckbar gewesen und habe keine suizidalen Absichten gezeigt. Die Messwerte seien unauffällig gewesen. Die Bf. habe eine Überwachung im Krankenhaus verweigert. Dem Lebensgefährten sei erklärt worden, dass die Bf. nicht gezwungen werden könne, ein Krankenhaus aufzusuchen. Es sei ihm empfohlen worden, regelmäßig nach der Bf. zu sehen und bei jeder Verschlechterung wieder den Rettungsdienst zu rufen.

In Folge wurde der Bf. mit dem angefochtenen Bescheid für den Einsatz der Wiener Rettung eine Gebühr iHv EUR 690,00 vorgeschrieben.

Dagegen erhob die Bf. mit der Begründung Beschwerde, dass das Vorbringen, sie habe den Transport in ein Krankenhaus verweigert, unzutreffend sei.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Gemäß § 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz (WRKG) sei für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges komme. § 29 WRKG normiere, dass derjenige Gebührenschuldner sei, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen worden sei, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieben sei. Gemäß § 30 WRKG könnten mit Zustimmung der Stadt Wien die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angebe, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung finde, sei die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 vorzuschreiben. In gegenständlicher Angelegenheit sei die Gebührenübernahme seitens der Wiener Gebietskrankenkasse mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Bf. alkoholisiert gewesen sei. Auf die Entscheidung der Wiener Gebietskrankenkasse, die Übernahme der Einsatzgebühren abzulehnen, habe die belangte Behörde keinen Einfluss. Für die Bf. bestehe allerdings die Möglichkeit, den Rettungseinsatz gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse zu begründen und eine nachträgliche Gebührenübernahme abzuklären. Im Falle einer positiven Beurteilung durch den Sozialversicherungsträger sei die Forderung als gegenstandslos zu erachten.

In ihrem Vorlageantrag wiederholte die Bf. ihr Vorbringen, es sei unzutreffend, dass sie den Krankentransport verweigert habe. Darüber hinaus sei sie vor und nach dem betreffenden Vorfall nicht auffällig gewesen und habe die Rettung nicht unnötig benutzt. Sie räume jedoch ein, dass sie zum Zeitpunkt des Einsatzes stark alkoholisiert gewesen sei.

Die belangte Behörde legte den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und bezog sich in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen auf die Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen den folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Am  wurde die Wiener Berufsrettung um 18:44 zur Adresse der Bf. berufen. Dort wurde die Bf. alkoholisiert vorgefunden. Für den Einsatz der Wiener Berufsrettung wurde der Bf. eine Gebühr iHv EUR 690,00 vorgeschrieben. Die Wiener Gebietskrankenkasse lehnte die Übernahme der Gebühr ab und stützte sich in ihrer Begründung auf die Alkoholisierung der Bf.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt 1: Abänderung

§ 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz (WRKG) lautet wie folgt:

"(1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.

(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.

(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen."

§ 29 Abs. 1 bis 3 WRKG besagen Folgendes:

"(1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs. 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.

(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht."

§ 30 Abs. 1 und 2 WRKG lauten wie folgt:

"(1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).

(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs. 1 vorzuschreiben."

§ 1 Abs. 1 der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG lautet wie folgt:

"Für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, ist eine Gebühr von 694 Euro zu entrichten."

Aus § 28 Abs. 1 WRKG geht hervor, dass maßgeblich für die Verpflichtung zur Entrichtung einer Gebühr für den Einsatz der Wiener Rettung die Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges ist. Es ist unstrittig, dass eine solche erfolgt ist. Gebührenschuldnerin nach § 29 WRKG ist die Bf., da für diese die Wiener Rettung in Anspruch genommen wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Hilfeleistung oder ein Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes der Bf. als Gebührenschuldnerin unterblieb. Ob die Bf. den Transport in ein Krankenhaus verweigerte oder nicht, ist daher nicht von Bedeutung. Daher vermag das Vorbringen der Bf., es sei unzutreffend, dass sie den Transport in ein Krankenhaus verweigert habe, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Zwar sieht § 30 Abs. 1 WRKG vor, dass der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten kann. Wenn dieser jedoch nach Abs. 2 angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner nach § 29 Abs. 1 WRKG - in diesem Fall der Bf. - vorzuschreiben.

Da die Wiener Gebietskrankenkasse die Übernahme der Gebühr unstrittig ablehnte, schrieb die belangte Behörde die Gebühr für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes zu Recht der Bf. vor.

Da die anzuwendende Fassung der Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz eine Gebühr iHv EUR 694,00 vorsieht und das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falls nach § 28 Abs. 2 WRKG weder geltend gemacht noch seitens des Bundesfinanzgerichts festgestellt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde.

Die Frage, wann eine Einsatzgebühr nach dem WRKG vorzuschreiben ist, wurde durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt (; ; ; ). Da das Erkenntnis dieser Rechtsprechung folgt, ist die Revision unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 28 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 29 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 30 Abs. 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 1 Abs. 1 Gebühren gemäß Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, ABl. Nr. 52/2013
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400201.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at