Im Falle der Einstellung des Betriebes bzw. dessen Liquidation kann sich die Frage der Existenzgefährdung nicht (mehr) stellen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse1, damals vertreten durch Fidas Liezen Steuerberatung GmbH, Gesäusestraße 21, 8940 Liezen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Nachsicht gemäß § 236 BAO in Höhe von € 124.902,53, die sich wie folgt zusammensetzt:
Gebühren aus dem Glücksspiel € 109.682,50
Säumniszuschlag 2009 € 2.193,65
Aussetzungszinsen € 13.026,38
Mit Schreiben (gemeint wohl Erkenntnis) des Bundesfinanzgerichtes (BFG) vom , sei der Beschwerde der Bf. vom über die Festsetzung der Gebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG 1957 teilweise Folge gegeben worden.
Dieser Beschwerde sei eine abgebrochene Hausverlosung zugrunde gelegen. Hierbei seien ab 21.099 Lose zu je € 199.00 aufgelegt worden. Der gesamte Betrieb (Gebäude inkl. Grundstück) sei zum damaligen Zeitpunkt () mit € 3,2 Mio. geschätzt worden.
Die Anschaffungskosten laut Anlagenverzeichnis hätten bis zum € 3.196.596,99 betragen. Der Buchwert zum habe € 2.773.370,33 betragen. Aufgrund des zu geringen Losverkaufes sei mit die Verlosung abgesagt worden.
Mit Bescheid vom sei vom damaligen Finanzamt Graz-Umgebung die
Gebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG i957 mit € 503.844,12 festgesetzt worden. Diese habe sich sich wie folgt berechnet:
12% von der Summe der ursprünglich aufgelegten 21.099 Lose a € 199,00, ergebe eine
Bemessungsgrundlage von € 4.198.701,00, davon 12%, ergebe € 503.844,12.
Weiters sei mit Bescheid vom , eingegangen am , ein
Säumniszuschlag in Höhe von 2%, somit € 10.076,88 festgesetzt worden. Am sei gegen beide Bescheide, somit gegen eine Summe von € 513.921,00, Beschwerde beim damaligen Finanzamt Graz Umgebung erhoben worden.
Die Beschwerde sei vom Finanzamt ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung
der Abgabenbehörde 2. Instanz zur Entscheidung vorgelegt worden. Nach Aussetzung der
Entscheidung über die Berufung gemäß § 281 BAO idF vor BGBL 2013/14 durch den UFS
sei das Rechtsmittelverfahren nach Vorliegen des Erkenntnisses des
Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/16/0101 fortgesetzt worden.
In diesem Erkenntnis habe der VwGH ausgesprochen, dass es bei den
"Teilnahmebedingungen" die dem dort entschiedenen Beschwerdefall zu Grunde gelegen seien, bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz auszugehen gewesen sei.
Nach Meinung des VwGH stünden die beiden Rechtsgeschäfte in einem derart engen
inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen sei.
Dabei sei es nicht von Bedeutung, ob es bei der Veranstaltung mangels ausreichenden
Losverkaufes nicht zur Ziehung (Ermittlung des Gewinners) gekommen sei. Die Pflicht zur
Entrichtung der Grunderwerbsteuer knüpfe nämlich an das Verpflichtungsgeschäft an. Auf
das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft komme es
nicht an. Ob das Verpflichtungsgeschäft in der Folge erfüllt werde oder nicht, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die einmal erwirkte Gebührenfreiheit falle durch spätere Änderungen der Umstände nicht weg.
Aufgrund weiterer Ermittlungen durch des Finanzamt sei seitens der Bf. das Anlagenverzeichnis zum mit gekennzeichneten Positionen zur Betriebs- und
Geschäftsausstattung, die ohne Substanzverletzung und ohne erheblichen Werteinbußen
entfernt werden könnten, welche in Summe einen Verkehrswert von € 176.270,00 ergeben, übermittelt worden. Diese Beträge seien mit wesentlich unter dem Buchwert liegenden Werten angesetzt worden.
Mit Stellungnahme vom habe das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass nach § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören würden, nicht zum Grundstück gerechnet werden würden, sodass im vorliegenden Fall der Teil der Bemessungsgrundlage, der sich nicht auf ein inländisches Grundstück beziehe - also nicht grunderwerbsteuerbar sei - der Gebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG unterliege. Die Betriebsvorrichtungen seien mit dem Teilwert nach § 12 Bewertungsgesetz zu bewerten, der hier mit den Buchwerten lt. Anlagenverzeichnis zum geschätzt werden könne. Für die Berechnung sei eine Proportionsrechnung anzustellen, indem der Verkehrswert der Gesamtliegenschaft (€ 3,2 Mio.) im Verhältnis zum Teilwert der nicht grunderwerbsteuerbaren Betriebsvorrichtungen (€ 696.612,29) gleichgestellt werde mit der gesamten Bemessungsgrundlage (€ 4.198.701,00) im Verhältnis zur Bemessungsgrundlage für die Betriebsvorrichtungen. Somit werde eine Bemessungsgrundlage für die Betriebsvorrichtungen von € 914.020,85 berechnet, davon 12% Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG ergebe € 109.682,50.
Unter Wahrung des Parteiengehörs sei seitens der Bf. mit Schreiben vom
mitgeteilt worden, dass dem Grunde nach die Rechtsansicht des
2010/16/0101, sowie der Behörde (Stellungnahme des Finanzamtes vom ) geteilt werde, dass nur der Teil des Rechtsgeschäftes, der unter das GrEStG falle, von der
Gebührenpflicht ausgenommen sei. Im Gegensatz zur Abgabenbehörde werde aber die
Ansicht vertreten, dass die Aufteilung der Bemessungsgrundlage anhand der Verkehrswerte (€ 176.270,00 lt. Vorhaltsbeantwortung) und nicht anhand der Teilwerte der Betriebs- und Geschäftsausstattung vorzunehmen sei, da im gegenständlichem Fall von keiner Betriebsfortführung durch den Erwerber wegen langjähriger anhaltender Verlustträchtigkeit des Betriebes auszugehen gewesen sei.
Mit Bescheid vom , eingegangen am , sei die Bf. über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung in Kenntnis gesetzt worden, sodass die Gebühren aus dem Glückspielmonopol in Höhe von € 109.682,50, sowie der davon abgeleitete Säumniszuschlag in Höhe von 2%, das seien € 2.193,65, sowie die dadurch entstandenen
Aussetzungszinsen in Höhe von € 13.026,38 am Abgabenkonto der GmbH beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel insgesamt mit € 124.902,53 festgesetzt worden seien. (zahlbar am )
Persönliche bzw. sachliche Unbilligkeit
Nach § 236 BAO könnten fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Die Einhebung der Gebühren aus dem Glücksspielmonopol samt den daraus resultierenden Säumniszuschlag und Aussetzungszinsen im Gesamtbetrag von € 124.902,53 werde als unbillig betrachtet.
Die steuerliche Vertretung der Bf. erkenne durch diese besonderen Umstände des Einzelfalles eine persönliche Unbilligkeit und zwar dergestalt, dass durch diese Einhebung die wirtschaftliche Existenz des Abgabenschuldners gefährdet bzw. beeinträchtigt werde. Die steuerliche Vertretung vertrete die Ansicht, dass die Anwendung des Gesetzes zu einer vom Gesetzgeber offenbar nicht gewollten Härte führen würde.
Die Begleichung der Abgabenschuld wäre nur durch Veräußerung von Vermögensgegenständen möglich, diese sind jedoch alle hypothekarisch durch die
-Sparkasse sichergestellt. Durch die Anlaufverluste der ersten Jahre bzw. auch durch die sehr hohen Investitionen durch Um- bzw. Zubauten, habe die 99%ige Gesellschafterin, nämlich die X GmbH, zusätzliches Stammkapital
nachgeschossen, sodass das Stammkapital der GmbH mittlerweile € 837.500,00 betrage. Die weiteren Zahlungen der X GmbH für die Um- und Zubauten seien ebenfalls zum größten Teil von der X GmbH geleistet worden.
Diese seien in Form einer Kapitalrücklage erbracht worden.
Zum habe sich nun das Eigenkapital der Bf. folgendermaßen dargestellt:
Stammkapital € 837.500,00
+ Kapitalrücklagen € 1.792.929,68
- Verlustvortrag € 1.683.476,34
+ Jahresgewinn 2013 € 145.741,85
Ergebe ein positives Eigenkapital von € 1.092.695,19
Wie aus der oben angeführten Aufstellung ersichtlich sei, sei dieses positive Eigenkapital
jedoch nur durch Kapitalrücklagen des Hauptgesellschafters, welcher in der Holzbranche
(Holzverkäufe und Holzhandel) tätig sei, zustande gekommen.
Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) für die vergangenen Jahre
stelle sich wie folgt dar:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | |
€-588.532,65 | €-275.485,90 | €-248.976,98 | €-288.683,60 | €-244.274,99 | |
davon Rückstellung für Dotierung, Rechtsgeschäfts- Gebühr gem § 33 TP 17 GebG € 513.921,00 sowie Anlagenabschreibung € 191.974,09 | davon Anlagen- Abschreibung 187.495,94 | davon Anlagen- Abschreibung €181.032,49 | davon Anlagen- Abschreibung € 179.071,96 | davon Anlagen- abschreibung € 164.553,19 |
Für das Jahr 2014 liege eine vorläufige Saldenliste auf, welche ohne Anlagenabschreibung einen vorläufigen Jahresgewinn von € 13.721,58 ausweise.
Da auch die eigenen Ergebnisse der Hauptgesellschafterin, nämlich der X GmbH, in den letzten Jahren stagnieren würden, seien in der Zukunft keine Kapitalrücklagen im Ausmaß der vorangegangenen Jahre aus heutiger Sicht möglich.
Sämtliche Familienmitglieder, nämlich das EhepaarH.undA.X, sowie deren Söhne BundC.X mit der Schwiegertochter GEund deren Kind DE, seien in der XGmbH bzw. in der Bf- GmbHbeschäftigt.
Die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit in Höhe von € 124.902,53 sei bei der Bf. mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden, die persönliche Unbilligkeit liege deshalb in der Existenzgefährdung der einzelnen Familien.
Ein weiterer wesentlicher Grund für den Antrag auf Abschreibung des Abgabenrückstandes stelle die sachliche Unbilligkeit dar. Bei Anwendung des Gesetzes komme es bei der Bf. zu einer anormalen Belastungswirkung. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen, habe seine Wurzeln in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf, der auf eine vom Abgabepflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst habe, die zu dem ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt sei. Dies zeige sich deutlich, da bei der Berechnung der Gebührenschuld jeweils von einem Schätzwert (erzielbarer Verkaufspreis) von € 3,2 Mio. ausgegangen ist. Dass dieser Wert weit überzogen gewesen sei und am derzeitigen Markt niemals erzielt werden könne, zeige schon deutlich, wie bereits im Beschwerdeverfahren angegeben, dass die Hausbank der Bf., die - Bank X, seit 05/2012 bereits eine unterfertigte Verkaufsvollmacht besitze, dass die -Bank X jederzeit ab einen Liegenschaftsverkauf mit € 800.000,00 durchführen könne.
Dies habe auch zum Anlass geführt, dass Familie X nun selbst probiert habe, ihre Liegenschaft zu einem höheren Preis zu verkaufen. Auf mehreren Seiten sei nun
versucht worden, einen geeigneten Käufer für das Objekt zu finden --.
Es hätten mehrere Verkaufsgespräche bzw. Besichtigungstermine stattgefunden. Der letzte aktuelle Verkaufstermin sei am in Ort2 gewesen. Nunmehr betrage der aktuelle Verkaufspreis, den die Familie X erzielen möchte, € 1.050.000,00. Jedoch habe auch am das Objekt zu diesem Preis nicht verkauft werden können.
Das Bundesfinanzgericht teile in seinem Schreiben vom mit, dass es nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens entspreche, dass eine Liegenschaft mit Betriebs- und Geschäftsausstattung im Schätzwert von € 3,2 Mio. ohne Übernahme von Verbindlichkeiten um € 800.000,00 verkauft werde.
Aus den aktuellen Verkaufsverhandlungen sei jedoch ersichtlich, dass trotz Buchwert zum
in Höhe von € 1.903.814,63, es nicht möglich sei, aktuell im Jahr 2015 diese
Liegenschaft zu einem Wert von € 1.050.000,00 zu verkaufen!
Aus diesen Ausführungen sei ersichtlich, dass die Höhe der Abgabenschuld unproportional zum auslösenden Sachverhalt sei, zumal die Berechnung der Gebühr immer von einem Schätzwert von € 3,2 Mio. ausgegangen sei.
Aus der Entwicklung der vergangenen Jahren sei jedenfalls ersichtlich und nicht von der
Hand zu weisen, dass dieser Schätzwert niemals für die Berechnung der Gebühr
herangezogen werden könne, da das Objekt derzeit nicht einmal zu einem realistischen
Verkaufspreis von € 1.050.000,00 verkauft werden könne.
Aufgrund der Sachverhaltsdarstellung bzw. der Ausführungen zur persönlichen und sachlichen Unbiiligkeit, werde deshalb noch einmal höflich der Antrag gemäß § 236 BAO auf Abschreibung der gesamten Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 124.902,53 gestellt.
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Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen ab und führte begründend aus, dass gemäß § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten nachgesehen werden könnten, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe könne eine sachliche oder persönliche sein.
Unter sachlicher Unbilligkeit der Abgabeneinhebung sei zu verstehen, dass bei der Anwendung von Gesetzen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis bzw. ein völlig atypischer Vermögenseingriff zustande käme.
Eine Unbilligkeit des Einzelfalles sei nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der
allgemeinen Rechtslage vorliege, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst erfolge.
Persönliche Unbilligkeit ergebe sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers, sodass die Einhebung der Abgabe in einem wirtschaftlichen Missverhältnis zu den Nachteilen stehe, die dadurch für den Abgabepflichtigen entstünden.
Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen seien die Vermögens- und
Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend.
Allerdings bedürfe es zur Bewilligung einer Nachsicht aus persönlichen Gründen nicht unbedingt der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genüge, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich seien, so etwa, wenn die Abstattung nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und dieser Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme.
Die persönliche Unbilligkeit sei nicht gegeben wenn die, im offenen Verfahren verpflichtend zu bildende Rückstellung durch den Abgabenschuldner selbst vorzeitig aufgelöst werde und damit bewusst in Kauf genommen werde, dass die spätere Entrichtung der Abgabenschuld erschwert werde.
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In der dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass eine persönliche Unbilligkeit nach herrschender Leere vorliege, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährden würde oder mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleich käme.
In ihrer Bescheidbegründung vom vertrete die Abgabenbehörde die Rechtsansicht, dass eine persönliche Unbilligkeit nicht gegeben sei, wenn die, im offenen Verfahren zu verpflichtende zu bildende Rückstellung durch den Abgabenschuldner vorzeitig selbst aufgelöst werde und damit bewusst in Kauf genommen werde, dass die spätere Entrichtung der Abgabenschuld erschwert werde.
Diese Bescheidbegründung widerspreche jeglichen logischen Denkgesetzen, da eine teilweise Rückstellungsauflösung aufgrund teilweiser Beschwerdestattgabe durch das BFG gesetzlich verpflichtend sei und mit der Beurteilung, ob durch die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährdet sei oder mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden sei, absolut nichts zu tun habe, da die teilweise Rückstellungsauflösung keine Auswirkung auf Zahlungsmittel habe (außer bei Gewinnbetrieben höhere Körperschaftsteuer).
Tatsache sei, dass die Bf. nicht in der Lage sei, die Abgabenschuldigkeiten aus dem laufenden Betriebsergebnis zu bedienen und die zwangsweise Einbringung eine Existenzgefährdung darstellen würde.
Tatsache sei, dass das Vermögen der Bf., bestehend aus dem Grund und Boden, dem Hotelgebäude samt Einrichtung, verschleudert werden müsste, da wie bereits im Antrag auf Nachsicht mitgeteilt worden sei, dass nicht einmal ein Verkaufspreis von € 1,050.00,00 zu erzielen sei. Eine Einschätzung der finanzierenden Hausbank ergebe derzeit, dass nicht einmal um € 800.000,00 verkauft werden könne, da die Nachfrage in Betriebsort nicht gegeben sei. In Relation zu den Buchwerten könne man wohl klipp und klar von einer erforderlichen Vermögensverschleuderung sprechen.
Es werde daher beantragt, unserer Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Antrages um Nachsicht im angesuchten Betrag von € 124.902,53 vollinhaltlich stattzugeben.
*****
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO könnten fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des
Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Den Antragsteller treffe eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liege beim Nachsichtswerber (, 97/14/0091; , 2009/1510008). Seine Sache sei es, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden könne (; , 2013/15/0173). im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht seien nur die vom Nachsichtswerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (; , 2010/15/0077).
Die im Ermessen der Abgabenbehörde liegende Entscheidung, ob eine Nachsicht zu
bewilligen sei, habe zur Voraussetzung, dass die Einhebung der Abgabenschuldigkeit nach der Lage des Falles unbillig sei. Die Frage der Beurteilung der Unbilligkeit der Einhebung sei somit keine Ermessensentscheidung (). Erst die Feststellung des Vorliegens einer Unbilligkeit könne in weiterer Folge zur Ermessensentscheidung führen.
Verneine die Abgabenbehörde die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so sei für eine
Ermessensentscheidung kein Raum (; , 2009/15/0008; , 2009/16/0039).
Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO könne persönlicher oder sachlicher Natur sein (§ 1 VO BGBl. ll Nr. 435/2005 idF BGBl. II Nr. 449/2013).
Eine persönliche Unbilligkeit liege insbesondere vor, wenn die Einhebung die Existenz des
Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde oder mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme (§ 2 VO BGBl. ll Nr. 435/2005 idF BGBl. II Nr. 449/2013).
Eine persönliche Unbilligkeit liege dann vor, wenn gerade die Einhebung der Abgabe die
Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährde oder die Abstattung mit
außergewöhnlichen Schwierigkeiten (so insbesondere einer Vermögensverschleuderung)
verbunden wäre. Die deutlichste Form einer persönlichen Unbilligkeit liegt in der
Existenzgefährdung (; , 2010/1610219). Allerdings bedürfe es zur Bewilligung einer Nachsicht (aus persönlichen Gründen) nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genüge, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich seien, so etwa, wenn die Abstattung nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme (; , 2010/1610219). Die Notwendigkeit, Vermögenswerte zur Steuerzahlung heranzuziehen, lasse für sich allein die Abgabeneinhebung nicht unbillig erscheinen ().
Eine sachliche Unbilligkeit sei anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht
beabsichtigtes Ergebnis eintrete, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung komme (; , 2013/1510173). Jedenfalls müsse es, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einer atypischen Belastungswirkung kommen (; , 2010/17/0243). Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen müsse seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Abgabepflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst habe, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt sei (; , 2009/1610039; , 2010/17/0243).
Eine Unbilligkeit des Einzelfalles sei nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der
allgemeinen Rechtslage vorliege, also die vermeintliche Unbilligkeit für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst erfolge (; , 2004/16/0151).
Eine Änderung der Rechtsprechung führe nicht zu einer Unbilligkeit, weil solche Änderungen Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage sind und nicht Unbilligkeiten der Einziehung des Einzelfalles (; , 91/15/0008). Dasselbe gelte bei einer Änderung der Verwaltungspraxis, sei es auf Grund einer geänderten Anschauung einzelner Behörden oder der Abgabenverwaltung insgesamt, sei es auf Grund entsprechender Weisungen oder Erlässe. Die gleichgültig aus welcher Veranlassung geänderte Verwaltungspraxis betreffe ab dem Zeitpunkt der Änderung alle in Betracht kommenden Abgabepflichtigen, bei denen das neue Gesetzesverständnis zum Tragen komme in gleicher Weise und stelle sich solcherart lediglich als Auswirkung der allgemeinen (wenn auch in einem geänderten Licht gesehenen) Rechtslage dar ().
Die Nachsicht diene nicht dazu, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen und
unterlassene Rechtsbehelfe, insbesondere Bescheidbeschwerden nachzuholen (VwGH
, 2002/14/0138). Der Unbilligkeitstatbestand des § 236 BAO stelle nicht auf die
Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe ab.
lm Nachsichtsansuchen werde zur persönlichen Unbilligkeit im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die Einhebung die wirtschaftliche Existenz des Abgabenschuldners gefährdet bzw. beeinträchtigt werde; die Begleichung der Abgabenschuld nur durch Veräußerung von Vermögensgegenständen möglich wäre, die jedoch alle hypothekarisch durch die
- BankX sichergestellt seien; wegen der Anlaufverluste der ersten Jahre bzw. hohen Investitionen durch Zu- und Umbauten wäre Stammkapital nachgeschossen worden sowie wären Zahlungen der Gesellschafterin in die Kapitalrücklage eingestellt worden; die vorläufige Saldenliste für das Jahr 2014 weise einen vorläufigen Jahresgewinn von € 13.721,58 aus; die Abgabenentrichtung sei mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden, die persönliche Unbilligkeit wurde in der Existenzgefährdung der einzelnen Familien (sie wären bei der Antragstellerin beschäftigt) liegen.
In der Beschwerde werde zur persönlichen Unbilligkeit im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Bescheid enthaltenen Ausführungen zur Auflösung der Rückstellung für Gebühren
Glücksspielmonopol jeglichen logischen Denkgesetzen widersprechen würde und mit der
Beurteilung der Existenzgefährdung nichts zu tun habe; die Beschwerdeführerin (Bf.) sei nicht in der Lage die Abgabenschuldigkeiten aus dem laufenden Betriebsergebnis zu bedienen und die zwangsweise Einbringung würde eine Existenzgefährdung darstellen; das Vermögen der Bf. müsste verschleudert werden; es könnte nicht einmal um € 800.000,00 verkauft werden.
Diese Ausführungen zur persönlichen Unbilligkeit würden zeigen, dass die Bf. hohe finanzielle Kreditbelastungen habe. Vereinbarungen mit den anderen Gläubigern über die Abstattung getroffen zu haben, würden nicht genannt. Eine Nachsicht würde an der derzeitigen finanziellen Lage keinerlei Änderung bewirken und nur den anderen Gläubigern zu Gute kommen. Vorsorge für die Abgabenentrichtung getroffen zu haben (zumutbare Sorgfalt), werde nicht einmal behauptet.
Im Nachsichtsansuchen werde zur sachlichen Unbilligkeit im Wesentlichen ausgeführt, dass es zu einer anormalen Belastungswirkung käme; es würde ein außergewöhnlicher
Geschehensablauf vorliegen, der nicht vom Abgabepflichtigen beeinflussbar wäre, da bei der Gebührenberechnung von einem Schätzwert von € 3,2 Mio. ausgegangen worden sei; dieser weit überzogene Wert könne am derzeitigen Markt niemals erzielt werden; die
-Bank X habe eine Verkaufsvollmacht zu einem Verkauf für € 800.000,00; die Familie X hätte auch selbst zu einem höheren Preis zu verkaufen probiert; die Liegenschaft könne nicht um € 1,050.000,00 verkauft werden.
Das Vorbringen im Nachsichtsansuchen, vermöge eine sachliche Unbilligkeit nicht
aufzuzeigen.
Den Schätzwert des Verlosungsgegenstandes habe die Bf. mit € 3,2 Mio. (Schätzgutachten Februar 2009) angegeben (siehe , Seite 2 und 14) und die Bemessungsgrundlage für die nicht grunderwerbsteuerbare Betriebs- und Geschäftsausstattung habe das BFG mit € 914.020,85 errechnet. Wenn eine wirtschaftliche Hoffnung, welche mit einem abgabenauslösenden Geschäft oder Verhalten verbunden worden sei, fehlschlage, liegt eine Unbilligkeit nicht vor (). Eine Steuerbelastung, die infolge unvorsichtigen Eingehens gewagter Geschäfte eintrete, sei nicht unbillig ().
Die Festsetzung der Nebenansprüche sei eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage,
sodass eine sachliche Unbilligkeit nicht vorliege. Dazu enthalte die Beschwerde keinerlei
Vorbringen.
Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.
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Mit Eingabe vom brachte die steuerliche Vertretung im Auftrag der Bf. einen Vorlageantrag ein.
Die seinerzeitige Beschwerde habe sich gegen die Beurteilung der Unbilligkeit im Sinne
des § 286 BAO bzw. gegen die Nichtstattgabe unseres Antrages auf Nachsicht von
Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO vom im Betrag von € 124.902,53 gerichtet.
Neben der Begründung zum Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO vom werde ergänzend folgendes vorgebracht:
Eine persönliche Unbiliigkeit liege nach herrschender Lehre vor, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährden würde oder mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleich käme.
In ihrer Bescheidbegründung vom vertrete die Abgabenbehörde die Rechtsansicht, dass eine persönliche Unbilligkeit nicht gegeben sei, wenn die, im offenen
Verfahren zu verpflichtende zu bildende Rückstellung durch den Abgabenschuldner vorzeitig selbst aufgelöst werde und damit bewusst in Kauf genommen werde, dass die spätere Entrichtung der Abgabenschuld erschwert werde.
Diese Bescheidbegründung widerspreche jeglichen logischen Denkgesetzen, da eine teilweise Rückstellungsauflösung aufgrund teilweiser Beschwerdestattgabe durch das BFG gesetzlich verpflichtend sei und mit der Beurteilung, ob durch die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährdet sei oder mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden sei, absolut nichts zu tun habe, da die teilweise Rückstellungsauflösung keine Auswirkung auf Zahlungsmittel habe (außer bei Gewinnbetrieben höhere Körperschaftsteuer).
Tatsache sei, dass die Bf. nicht in der Lage sei, die Abgabenschuldigkeiten aus dem laufenden Betriebsergebnis zu bedienen und die zwangsweise Einbringung eine Existenzgefährdung darstellen würde.
Tatsache sei, dass das Vermögen der Bf., bestehend aus dem Grund und Boden, dem Hotelgebäude samt Einrichtung, verschleudert werden müsste, da wie bereits im Antrag auf Nachsicht mitgeteilt worden sei, nicht einmal ein Verkaufspreis von € 1,050.000,00 zu erzielen sei. Eine Einschätzung der finanzierenden Hausbank ergebe derzeit, dass nicht einmal um € 800.000,00 verkauft werden könne, da die Nachfrage in Betriebsort nicht gegeben sei. In Relation zu den Buchwerten könne man wohl klipp und klar von einer erforderlichen Vermögensverschleuderung sprechen (siehe Verkaufsvollmacht der Hausbank vom ).
Ergänzend werde ebenso vorgebracht, dass nun mittlerweile der Jahresabschluss 2014 erstellt worden sei und sich hier ein Verlust von € 193.066,56 ergeben habe. Die Bankverbindlichkeiten hafteten zum mit € 628.752,21 aus und es hätte keinerlei Rückführung gegenüber dem Vorjahr durchgeführt werden können. Seit April 2015 versuche wiederum ein renommiertes Immobilienbüro das "ObjektBetrieb" zu verkaufen.
Bis dato seien keine ernsthaften Interessanten aufgetreten.
In der Beschwerdevorentscheidung vom , eingegangen am ,
werde u.a. die sachliche Unbilligkeit noch einmal definiert. Auf diese sachliche Unbilligkeit
sei im Antrag auf Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten gemäß § 236 BAO vom (siehe Anlage), auf Seite 4 bzw. 5 ausführlich darauf eingegangen worden.
Nochmals werde erwähnt, dass seit April 2015 die Firma R-
Immobilien GmbH, mit der Vermittlung des Objektes beauftragt worden sei. Als aktueller
Verkaufspreis werde derzeit ein Nettobetrag von € 990.000,00 gehandelt.
Aufgrund der dargestellten Ausführungen werde um positive Erledigung durch das
Bundesfinanzgericht ersucht.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Gemäß § 236 Abs. 2 erster Satz BAO findet Abs. 1 auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der vom Gesetzgeber geforderte Tatbestand der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Allgemeinen dann gegeben, wenn die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen steht, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder den Steuergegenstand ergeben, also ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgaben und den im subjektiven Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteilen vorliegt.
Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein.
Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers bzw. seiner Familie gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleich käme. Einbußen an vermögenswerten Interessen, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind und die jeden gleich berühren, stellen eine Unbilligkeit nicht dar.
Eine "sachliche" Unbilligkeit wäre anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als "persönlichen" Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der in der anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine vom Steuerpflichtigen nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist.
Mit Rücksicht auf das Erfordernis eines Antrages und in Anbetracht der Interessenslage hat bei Nachsichtsmaßnahmen der Nachsichtswerber einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Wenn das Antragsvorbringen des Nachsichtswerbers nicht die gebotene Deutlichkeit und Zweifelsfreiheit aufweist, so kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () eine mangelnde Ermittlungstätigkeit der Abgabenbehörde nicht als Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen werden.
Der Unbilligkeitstatbestand stellt auf die Einhebung ab.
Sofern die Bf. eine Unbilligkeit im Ergehen von (materiell unrichtigen,) weit überhöhten Steuerbescheiden erblickt, ist dem zu entgegnen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () eine Nachsicht nicht dazu dient, Unrichtigkeiten der Abgabenfestsetzung zu beseitigen. Der Unbilligkeitstatbestand des § 236 BAO stellt nicht auf die Festsetzung, sondern auf die Einhebung einer Abgabe ab. Auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides kann daher ein Nachsichtsansuchen grundsätzlich nicht mit Erfolg gestützt werden.
Im gegenständlichen Fall wurden gegen die Festsetzung der nachsichtsgegenständlichen Abgaben Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben, die in der Folge durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100984/2009, abschließend erledigt wurde (teilweise Stattgabe).
Eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wurde nicht eingebracht.
Ein Nachsichtsverfahren darf nicht zu dem Zweck in Anspruch genommen werden, ein Verfahren zur Abgabenfestsetzung neu aufzurollen, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel des Verfahrensrechtes nicht oder erfolglos angewendet worden sind ().
Ein Verfahren nach § 236 BAO ist somit nicht das geeignete Mittel für eine nachträgliche inhaltliche Kontrolle der im Abgabenverfahren ergangenen Entscheidungen und ersetzt auch kein Beschwerdeverfahren vor den Höchstgerichten (vgl. ).
Die Einhebung muss, damit der Grundtatbestand des § 236 Abs 1 BAO hergestellt ist, für den Steuerpflichtigen selbst (nicht für einen Dritten) unbillig sein ().
Somit kann mit dem Argument der Existenzgefährdung der Familien nicht mit Erfolg zur Darlegung einer persönlichen Unbilligkeit vorgebracht werden.
Gemäß dem vorliegenden Firmenbuchauszug beschloss das Landesgericht Leoben, dass eine Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Bf. mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird und infolge dessen die Gesellschaft aufgelöst. Der Schuldner (die Bf.) ist zahlungsunfähig.
Am wurde die Funktion des H. als Geschäftsführer der Bf. gelöscht und dieser zum Liquidator bestellt. Die Gesellschaft (die Bf.) befindet sich seither in Liquidation.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () stellt sich die Frage der Existenzgefährdung bei bereits eingestelltem Betrieb nicht (mehr). Dies muss auch für ein Unternehmen, das sich im Stadium der Abwicklung befindet, gelten.
Somit kann aufgrund des Umstandes, dass sich die Bf. in Liquidation befindet, keine Unbilligkeit erkannt werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 236 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104548.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at