Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.12.2019, RV/7105515/2019

Unkorrektes Ausfüllen von Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter RI in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamts XY vom , betreffend Einkommensteuer 2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Arbeitnehmerveranlagung ergibt für das Jahr 2018 eine Gutschrift in Höhe von Euro 669,00.

Die Bemessungsgrundlagen sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses (Tabelle Abänderungen Einkommensteuerbescheid 2018).

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte in seiner Arbeitnehmerveranlagung für 2018 den Alleinverdienerabsetzbetrag und erklärte, dass seine Partnerin diesen Alleinverdienerabsetzbetrag nicht in Anspruch nimmt. Als Anzahl der Kinder, für die mindestens 7 Monate die Familienbeihilfe bezogen wurde, wird „2“ angegeben. Zusätzlich beantragt der Bf. der Alleinerzieherabsetzbetrag sowie den Kinderfreibetrag und den Unterhaltsabsetzbetrag für zwei nichthaushaltszugehörige Kinder.

Das Finanzamt (FA) anerkannte den Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) nicht und hält in der Beschwerdevorentscheidung fest, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag 2018 bereits mit (vorangegangenem) Bescheid der (Ehe-)Partnerin des Bf. gewährt wurde.

In seiner Beschwerde beantragte der Bf. die Berücksichtigung des AVAB für zwei Kinder.

Unter Sachverhalt und Anträge wird vom FA im Vorlagebericht Folgendes festgehalten:

Der Bf beantragte für das Veranlagungsjahr 2018 den Alleinverdienerabsetzbetrag für zwei Kinder. Die diesbezügliche Beschwerde wurde mit BVE vom mit der Begründung, dass seinem Partner der Alleinverdienerabsetzbetrag schon zuerkannt wurde, abgewiesen. Es wurde ihm im Erstbescheid Kinderfreibeträge für nicht haushaltszugehörige Kinder iHv EUR 600,- und ein Unterhaltsabsetzbetrag iHv EUR 876,- zuerkannt. Der AVAB steht ex lege nur einem der (Ehe)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe)Partner die Anspruchsvoraussetzungen, steht der Absetzbetrag dem (Ehe)Partner zu, der die höheren Einkünfte erzielt. Haben beide (Ehe)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte, steht der AVAB dem haushaltsführenden (Ehe)Partner zu. Da der Ehefrau des Bf der AVAB für zwei Kinder iHv EUR 669,- in ihrem Einkommensteuerbescheid 2018 vom zuerkannt wurde, ist die Beschwerde abzuweisen .

Rechtsgrundlagen und Erwägungen:

§ 33 Abs. 4 EStG lautet (Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag):

1. Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu.

2. Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro

- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn

 - sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und

- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und

- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Wenige Monate nachdem die Gattin des Bf. ihren Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 gestellt hatte, den Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) beantragte (bei gleichzeitiger Erklärung, dass ihr Partner den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht in Anspruch nimmt) und der Einkommensteuerbescheid 2018 an die Gattin mit einer Gutschrift in Form des erstattungsfähigen Alleinverdienerabsetzbetrages in Höhe von Euro 669,00 (zwei Kinder) vom FA erlassen wurde, brachte der Bf. ebenfalls seinen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 ein.

Beide Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 (Formular L1 mit Beilagen L1k) erfolgten handschriftlich und wurden zum Teil unkorrekt ausgefüllt. Laut zentralem Melderegister (ZMR) wurden beide Ehepartner im Ausland geboren. Im Einkommensteuerbescheid 2016 (Wiederaufnahme vom ) wurde der Bf. vergleichsweise vom FA aufmerksam gemacht, in Hinkunft die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung in allen Teilen ordnungsgemäß und vollständig auszufüllen. Im Erstbescheid 2016 ( Einkommensteuerbescheid 2016 vom ) wies das FA vergleichsweise darauf hin, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden konnte, da der Bf. in einer Gemeinschaft mit einem Ehepartner lebe.

Der Bf. stellt in seiner Arbeitnehmerveranlagung für 2018 den Antrag auf den Alleinverdienerabsetzbetrag und erklärte ebenso wie seine Gattin, dass der jeweilige Partner diesen Alleinverdienerabsetzbetrag nicht in Anspruch nimmt. Zusätzlich beantragt der Bf. den Alleinerzieherabsetzbetrag auch für 2018. Als Anzahl der inländischen gehaltsauszahlenden Stellen gab der Bf. „0“ an.

In seiner Beschwerde begehrt der Bf. die Berücksichtigung des AVAB für zwei Kinder (somit nochmals den Betrag in Höhe von Euro 669,00 für zwei Kinder, der bereits bei der Gattin eine Gutschrift hervorgerufen hatte).

Laut Aktenlage hat der Bf. vier Kinder, von denen drei seinen Nachnamen tragen (Jahrgänge 1+2+3+4). Kinderfreibeträge für nicht haushaltszugehörige Kinder iHv EUR 600,00 und Unterhaltsabsetzbeträge in Höhe von EUR 876,00, somit für zwei Kinder, wurden vom FA dem Bf. bereits zuerkannt. Das Einkommen des Bf. im Jahr 2018 beträgt laut Bescheid minus Euro 1.446,30.

Beantragter Alleinverdienerabsetzbetrag bei beiden Partnern sowie gleichzeitige Beantragung des Alleinerzieherabsetzbetrages:

Die Voraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag, bei aufrechter Ehe "nicht dauernd getrennt" zu leben, steht im Gegensatz zu der Voraussetzung für den Alleinerzieherabsetzbetrag, "nicht in einer Gemeinschaft" zu leben. Alleinverdienerabsetzbetrag und Alleinerzieherabsetzbetrag schließen daher einander aus, der Status des Alleinerziehers ist gleichsam der entgegengesetzte Status eines Alleinverdieners (vgl. ).

Zweck des Alleinerzieherabsetzbetrages ist, die mit der getrennten Lebensführung des alleinstehenden Steuerpflichtigen mit Kind verbundenen Belastungen auszugleichen.

Der Alleinverdienerabsetzbetrag hingegen soll die steuerlich ungleiche Berücksichtigung des gemeinsamen Existenzminimums einer Haushaltsgemeinschaft wenigstens zum Teil ausgleichen und dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen soll Rechnung getragen werden.

Zwar stellen sich die angegebenen Adressen des Bf. und seiner Gattin sowohl in den jeweiligen Anträgen auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 und den folgenden Einkommensteuerbescheiden 2018 unterschiedlich dar. Die unterschiedlichen Wohnsitze ergaben sich aber wegen einer zwischenzeitlichen Wohnsitzverlegung. Im Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 wurde nicht angekreuzt, dass der Bf. dauernd getrennt lebt oder eine Scheidung vorliegt. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der Bf. mit den Kindern alleinerziehend dauernd getrennt von seiner Gattin lebt, auch wenn der Bf. den Alleinerzieherabsetzbetrag in seinem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 begehrt.

Zum Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB): Dem FA ist zunächst beizupflichten, dass der AVAB ex lege nur einem der beiden (Ehe)Partner zusteht. Eine doppelte Gewährung würde bedeuten, dass einem Partner der ABVB zu Unrecht zugerechnet wurde. Der Bf. wurde vergleichsweise auch im Einkommensteuerbescheid 2016 (zweite Wiederaufnahme des Verfahrens vom ) darauf aufmerksam gemacht, dass bereits bei seiner Gattin der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt wurde. Der Gesamtbetrag an Einkünften des Bf. im Jahr 2016 sowie 2017 betrug vergleichsweise Euro 0,00 (ausschließlich Bezüge vom Arbeitsmarktservice Österreich, Notstandshilfe).

Das FA beruft sich im Verfahren 2018 auf den Einkommensteuerbescheid 2018 der Gattin und der dortigen Berücksichtigung des AVAB. Der Einkommensteuerbescheid des Ehepartners mit der Berücksichtigung des AVABs kann aber grundsätzlich keine zwingende Bindungswirkung für die Überprüfung im Verfahren einer Partei entfalten, welche einen Alleinverdienerabsetzbetrag (auch) begehrt. Bescheidwirkungen beziehen sich grundsätzlich nur auf die jeweilige Partei des Verfahrens. Gegen die Annahme einer solchen (zwingenden) Bindungswirkung spricht zudem, dass diesfalls in keiner Weise sichergestellt wäre, dass der von der Bindung Betroffene die Möglichkeit hätte, gegen die in dem Einkommensteuerverfahren des Ehepartners getroffenen Feststellungen Einwendungen zu erheben, weshalb auch Rechtsschutzüberlegungen gegen die Annahme einer Bindung sprechen (vgl. , , ).

Zu prüfen im vorliegenden Streitverfahren des Bf. sind somit das Vorliegen der Voraussetzungen des AVABs für das Jahr 2018.

Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nach § 33 Abs. 4 Z 1 jenem Steuerpflichtigen zu, der mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-) Partner (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) bei mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) Einkünfte von höchstens 6.000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und § 32 EStG 1988 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte waren in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte (wie Bezüge vom AMS) sind nicht zu berücksichtigen.

Der Bf. und seine Gattin beziehen im Wesentlichen kein steuerpflichtiges Einkommen, sondern neben einem kleinen Betrag von Krankengeld während der Arbeitslosigkeit bei einem Partner beziehen beide Partner jeweils fast ausschließlich steuerfreie Bezüge vom Arbeitsmarktservice Österreich (Notstandshilfe). Nur der Bf. bezog kurzzeitig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Als Gesamtbetrag der Einkünfte werden für das Jahr 2018 beim Bf. Euro 390,20 ausgewiesen. Dies übersteigt den Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 2018 bei seiner Gattin (Euro 0,00).

Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen, hat jener (Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne § 33 Abs. 4 Z 1 EStG erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im obigen Sinne, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu.

Auch wenn in den Arbeitnehmerveranlagungsanträgen 2018 der beiden Ehepartner jeweils widersprüchlich erklärt wurde, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) vom jeweiligen Partner nicht in Anspruch genommen wird, ist der Bf. für das Jahr 2018 formell im Recht, da der Bf. den höheren Gesamtbetrag an Einkünften erzielte.

Ergibt sich gemäß § 33 Abs. 8 Z 1 nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, ist insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten.

Der Einkommensteuerbescheid 2018 des Bf. wird daher wie folgt abgeändert:


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Euro
festgesetzte Einkommensteuer laut FA
0,00
Alleinverdienerabsetzbetrag für 2 Kinder
-669,00
festgesetzte Einkommensteuer laut BFG
-669,00
 
 
davon erstattungsfähig (Gutschrift)
669,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt in der vorliegenden Sache nicht vor. Auf die oben angeführte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105515.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at