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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.12.2019, RV/7100375/2018

Kein Pendlerpauschale bei lediglich drei monatlichen Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde des Bf., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer, in der Folge als Bf. bezeichnet, bezog im Jahre 2016 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als LKW-Fahrer und brachte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung dieses Jahres am beim Finanzamt ein. In dieser machte der Bf. u.a. Euro 3.672,00 als Werbungskosten für Familienheimfahrten geltend. In der Beilage L1i für 2016 zur Erklärung der Arbeitnehmerveranlagung gab der Bf. bekannt, dass er im Jahre 2016 keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte und dass in diesem Ungarn sein Ansässigkeitsstaat war.

Mittels Ersuchens um Ergänzung des Finanzamtes vom erging an den Bf. die Aufforderung zur Beantwortung folgender Fragen:

Verwenden Sie für die Fahrten zwischen "Arbeitsort" und "Familienwohnsitz" das eigene KFZ (Bekanntgabe der Anzahl der Fahrten im Kalenderjahr und Kopie des Zulassungsscheins)?

Bei der Mitbeförderung von anderen Personen: Name der Mitbeförderten und Höhe der dafür erhaltenen Beträge.

Bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmittel oder sonstige Mitfahrgelegenheit: Anzahl der Fahrten und Nachweis der entstandenen Kosten?

Anschrift des Familienwohnsitzes und Angabe der Km-Entfernung/einfache Strecke zur Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort.

Haben Sie am Beschäftigungsort eine Schlafstelle/Wohnmöglichkeit/Wohnung und wie groß ist diese (Quadratmeter)?

Sonstige Wohnmöglichkeit: Adresse und Anzahl der Quadratmeter?

Haben Sie eine unentgeltliche Schlafmöglichkeit vom Arbeitgeber (Bekanntgabe der Adresse)?

Wie oft wurden die Heimfahrten vom Arbeitgeber steuerfrei vergütet und wie hoch sind die dafür erhaltenen Ersätze (Bestätigung des Arbeitgebers erforderlich)?

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens gab der Bf. mittels am beim Finanzamt eingelangten Schreibens bekannt, dass er sein Kfz verwende, er arbeite als LKW-Fahrer in Österreich. Am Beschäftigungsort stehe keine Wohnmöglichkeit zur Verfügung. Zirka alle zehn Tage fahre er nach Hause. Der Familienwohnsitz befinde sich an seiner Adresse in Ungarn.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 am und versagte in diesem den für Familienheimfahrten geltend gemachten Aufwendungen die Anerkennung mit der Begründung, dass Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz nur dann Werbungskosten darstellten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorlägen. Von einer  doppelten Haushaltsführung werde gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden würden und zwar einer am Familienwohnort und einer am Beschäftigungsort. Die Schlafkabine im LKW stelle keinen Wohnsitz im Sinne des Gesetzes dar. Es lägen somit keine Voraussetzungen für Familienheimfahrten vor, die geltend gemachten Aufwendungen hätten daher nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden können.

Angemerkt wird, dass das Finanzamt in diesem Bescheid Kinderfreibeträge für haushaltszugehörige Kinder im Ausmaß von Euro 880,00 berücksichtigte.

In der mit Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am , gegen den o. a. Bescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerde gab der Bf. bekannt, dass er nur in Österreich als LKW-Fahrer arbeite. Darum habe er keinen Wohnsitz und keine Schlafmöglichkeit in Österreich. Zirka alle zehn Tage fahre er nach Hause zur Familie. Abschließend stellte der Bf. die Frage, ob er das Pendlerpauschale beantragen solle.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und führte in dieser begründend aus, dass gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e EStG 1988 für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales Voraussetzung sei, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fahre. Sei dies nicht der Fall, gelte Folgendes:

Fahre der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen aber nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, stehe das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu.

Im gegenständlichen Fall habe der Bf. sowohl mit Schreiben vom als auch in dessen Beschwerde vom  bekannt gegeben, dass er alle zehn Tage nach Hause zur Familie fahre - das heiße, dass der Bf. im Monat zwei bis drei Mal von der Wohnung zur Arbeitsstätte fahre. Die Voraussetzungen für ein Pendlerpauschale lägen daher nicht vor.

Im am beim Finanzamt eingelangten Vorlageantrag ersuchte der Bf. um Überprüfung der Arbeitnehmerveranlagung und legte diesem eine Aufstellung, gemäß derer der Bf. im Monat Oktober 2017 fünf Fahrten zu seinem Wohnsitz in Ungarn durchführte, vor. Außerdem brachte der Bf. vor, dass der Kinderfreibetrag nicht berücksichtigt worden sei.

Angemerkt wird, dass sich im Akt des Finanzamtes ein vom Arbeitgeber des Bf. erstelltes Schreiben, in dem dieser bestätigte, dass der Bf. freitags stets mit dem eigenen PKW nach Ungarn nach Hause und montags wieder nach A fahre, befindet.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf. arbeitete im Jahre 2016 in Österreich als LKW-Fahrer. Der Ansässigkeitsstaat des Bf. und seiner Familie befand sich in diesem Jahr in Ungarn. In Österreich verfügte der Bf. in diesem Jahr weder über einen Wohnsitz noch über einen gewöhnlichen Aufenthalt. Der Bf. unternahm im Jahr 2016 monatlich drei Fahrten von seinem in Ungarn gelegenen Wohnsitz zu seiner Arbeitsstätte in Österreich bzw. von dieser zu seinem Wohnsitz.

Soweit dies den Umstand, dass der Bf. im Jahre 2016 in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über einen gewöhnlichen Aufenthalt verfügte, betrifft, beruht der festgestellte Sachverhalt auf den vom Bf. in der Beilage L1i für 2016 zur Erklärung der Arbeitnehmerveranlagung erstellten, diesbezüglichen als glaubhaft zu beurteilenden, Angaben.

Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung, wonach der Bf. monatlich drei Fahrten von seinem in Ungarn gelegenen Wohnsitz zu seiner Arbeitsstätte in Österreich bzw. von dieser zu seinem Wohnsitz unternahm, wurde folgende Beweiswürdigung angestellt:

Das Beweisverfahren wird vor allem vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO ) beherrscht.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen.

Im vorliegenden Fall war in freier Beweiswürdigung unter Beachtung der ständigen Rechtsprechung, wonach es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. beispielsweise VwGH 25.4 .1996, 95/16/0244, , 98/14/0213 und , 99/15/0250) im Hinblick auf die eigenen, gleichlautenden Angaben, die der Bf. in der o. e. Vorhaltsbeantwortung und in der Beschwerde hinsichtlich der Anzahl der von ihm monatlich zu dessen Familie durchgeführten Fahrten erstellte, davon auszugehen, dass der Bf. im Jahre 2016 pro Monat drei derartige Fahrten unternahm. Diesbezüglich ist weiters darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die allgemeine Lebenserfahrung dafür spricht, dass die jeweils erste Aussage einer Partei in einem Verfahren der Wahrheit am nächsten kommt ().

In Ansehung der Ausführungen des vorstehenden Absatzes erschien dem erkennenden Gericht jedenfalls diese Variante , wonach der Bf. drei monatliche Fahrten zu seiner Familie unternahm, im Hinblick auf dessen o. e. Angaben, die dieser diesbezüglich am und am  persönlich erstellte, bei Weitem wahrscheinlicher als jene nachträglich von seinem Arbeitgeber am erstellten, gemäß derer der Bf. jeden Freitag zu seiner Familie fuhr.

Da die o.a. Aufstellung, gemäß derer der Bf. im Monat Oktober 2017 fünf Fahrten zu seinem in Ungarn gelegenen Wohnsitz durchführte, nicht den beschwerdegegenständlichen Zeitraum - das Jahr 2016 - betrifft, konnte ein näheres Eingehen auf diese unterbleiben.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 iVm §  124b Z 242 EStG 1988 idF BGBl I 53/2013 gilt ab der Veranlagung für das Jahr 2013 für die Berücksichtigung von Ausgaben/Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Folgendes:

"a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

...

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:

Bei mindestens 2 km bis 20 km … 372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km … 1 476 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km … 2 568 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km … 3 672 Euro jährlich.

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

– Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

– Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

…"

Nach der vorstehend zitierten Gesetzesstelle besteht ein Anspruch auf ein Pendlerpauschale für Personen, die an mindestens vier Tagen im Kalendermonat die Strecke Wohnung-Arbeitsstätte zurücklegen. Da der Bf., w. o. ausgeführt, im Jahre 2016 monatlich lediglich drei derartige Fahrten unternahm, versagte das Finanzamt den vom Bf. in diesem Jahr diesbezüglich geltend gemachten Werbungskosten die Anerkennung zu Recht. 

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Kinderfreibeträge bereits im Erstbescheid berücksichtigt wurden. Das diesbezüglich vom Bf. im Vorlageantrag erstellte Vorbringen geht daher ins Leere.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Kriterien liegen im gegenständlichen Fall allesamt nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100375.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at