TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2019, RV/4100205/2011

Nachweis der betrieblichen Notwendigkeit für die Leistung von Sonntagsüberstunden

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Folgerechtssätze
RV/4100205/2011-RS1
wie RV/7103195/2013-RS1
Das Ableisten von Nacht-, Sonn- und Feiertagsüberstunden iSd § 68 Abs. 1 EStG muss in jedem Einzelfall ebenso konkret nachgewiesen werden, wie die betrieblich zwingende Notwendigkeit. Ein - allgemein dargestelltes - primäres Interesse des Dienstgebers an der Ableistung derartiger Überstunden stellt keine zwingende betriebliche Notwendigkeit im konkreten Einzelfall dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf, Adresse, vertreten durch WP.Stb.GmbH, Anschrift, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt WR, je vom ,  betreffend Haftung des Arbeitgebers für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 für die Jahre 2007 und 2008 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Übergang der Zuständigkeit vom UFS auf das BFG:

Eingangs wird darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG mit der Unabhängige Finanzsenat (UFS) aufgelöst wurde. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht (BFG) über.

Somit sind die streitgegenständlich beim UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz am bereits anhängig gewesenen Berufungen nach § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO) vom BFG als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Aus diesem Grunde wird im nachfolgenden Entscheidungstext bereits die der neuen Rechtslage entsprechende Terminologie verwendet.

II. Verfahrensgang / Streitgegenstand:

1. Bei der Beschwerdeführerin (Bf), einer GmbH, deren Geschäftsgegenstand das Handelsgewerbe, eingeschränkt auf den Großhandel mit Waren ist, fand für den Zeitraum Jänner 2006 bis Dezember 2008 eine gemeinsame Prüfung der lohnabhängigen Abgaben statt. Im GPLA-Bericht (ABNr.: 123 vom ) über das Ergebnis der Außenprüfung (Prüfungsbeginn: ) wurde vom Prüfungsorgan ua. festgehalten, dass von der Bf an den Arbeitnehmer VN NN in den Jahren 2007 und 2008 (sog. qualifizierte) Überstundenzuschläge steuerfrei gemäß § 86 Abs. 1 EStG 1988 ausbezahlt wurden. Auf Grundlage von vorgelegten Überstundenaufzeichnungen stellte das Prüfungsorgan fest, dass der Bf eine schlüssige Nachweisführung darüber, wonach der Arbeitnehmer VN NN aus "betrieblicher Notwendigkeit, Überstunden an Sonn-, Feiertagen- und zur Nachtzeit, zwingend leisten musste", nur zum Teil gelungen sei. Auf Basis aller von der Bf zur Verfügung gestellten Unterlagen wurde vom Prüfungsorgan sodann mittels Einzelauswertung und freier Beweiswürdigung die tatsächliche Lagerung und Anzahl von als "qualifziert zu wertenden Überstundenleistungen" ermittelt und insoweit eine begünstigte Besteuerung der für diese Überstunden bezahlten Zuschläge iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 im Ausmaß von 48 Überstunden für das Jahr 2007 und im Ausmaß von 64 Überstunden für das Jahr 2008 bestätigt. Die zu Unrecht steuerfrei ausbezahlten Überstundenzuschläge im Umfang der aberkannten "qualifzierten" Überstundenleistungen (2007: 152 Stunden, 2008: 125,5 Stunden) des Arbeitnehmers VN NN wurden vom Prüfungsorgan mit einem Prozentsatz von 50 % der Nachversteuerung unterworfen (siehe dazu ua. die mtl. Stundenaufstellungen lt. Beilage zur Niederschrift über Schlussbesprechung zur GPLA-Prüfung ABNr: 123, PZ:  - , vom ).

2. Das Finanzamt hat sich diesen Prüfungsfeststellungen angeschlossen und der Bf die sich aus der Nachversteuerung von Überstundenzuschlägen iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 ergebende Lohnsteuernachforderung (2007: € 1.432,16 und 2008: € 1.183,47), je mit Haftungsbescheiden vom , zur Zahlung vorgeschrieben. Begründend wurde vom Finanzamt auf den GPLA-Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung - gleichen Datums - verwiesen.

3. In der am fristgerecht gegen diese LSt-Haftungsbescheide eingebrachten Beschwerde wendete sich die Bf gegen die Nachversteuerung der als steuerfrei abgerechneten Überstundenzuschläge. Es werde daher beantragt, die betreffenden Überstundenzuschläge, wie ursprünglich abgerechnet, steuerfrei zu behandeln. Zur Begründung brachte der steuerliche Vertreter der Bf Folgendes vor:
" Im Zuge einer GPLA wurden bestimmte an den Dienstnehmer VN NN ausbezahlte steuerfreie Überstundenzuschläge als steuerpflichtig behandelt, da die Prüferin die vorgelegten Nachweise für die Zwangsläufigkeit der zugrundeliegenden Überstunden als nicht ausreichend empfand. Eine über diese Feststellung hinausgehende Begründung für die Aberkennung der Steuerfreiheit gab es nicht. Auch wurde auf die dargebrachten Argumente meiner o. a. Klienten nicht eingegangen bzw. die offenbar im freien Ermessen geübte Beweiswürdigung (Verwerfen der besagten Argumente) nicht weiter begründet. Wir sind daher der Ansicht, dass schon aus diesen Gründen die Bescheide aus verfahrensrechtlichen Gründen wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben sind.
Im Übrigen ist der Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig und werden die wesentlichen - bereits im Prüfungsverfahren vorgebrachten aber dort nicht weiter gewürdigten - Argumente nochmals dargelegt wie folgt:
Die Fa. ist eines der wenigen, tatsächlich international agierenden Unternehmen mit Sitz in Ort. Das Unternehmen beschäftigt sich mit dem Design, der Produktion und dem Vertrieb von Artikeln. Die Produktion wird bereits seit vielen Jahren vom Unternehmen selbst in Ausl. organisiert und der Vertrieb erfolgt an internationale Betriebe im In- und Ausland. Der Exportanteil beträgt knapp 50 %. Es handelt sich um einen klassischen Familienbetrieb (der im Übrigen erst kürzlich von der österreichischen Tageszeitung Wirtschaftsblatt zum besten BL. Familienbetrieb des Jahres 2010 gekürt worden ist). Herr VN NN, um die Frage der Behandlung dessen Überstundenzuschlägen nunmehr abzusprechen sein wird, nimmt ganz wesentliche Managementaufgaben im unternehmerischen Prozess wahr, insbesondere ist er mit der Abwicklung des Einkaufes und mit der Organisation der unterschiedlichen Verkaufsbemühungen befasst.
Die vollständige Bewältigung dieser Aufgaben in einem für andere betriebliche Bereiche (z. B. Lager) oder andere Branchen (z. B. im Einzelhandel, bei lokalen Dienstleistern oder auch im öffentlichen Dienst) üblichen "Zeitfenster" (z. B. Mo-Fr von 8:00 bis 17:00 Uhr) ist schlicht denkunmöglich, da allein die Kommunikation der in unterschiedlichen Zeitzonen agierenden internationalen Partner die Abwicklung der Aufgaben zu anderen Tageszeiten und Wochentagen gebietet und damit große Anforderungen an die Flexibilität der damit befassten Personen im Unternehmen stellt. Außerdem ist insbesondere in jenen Zeiten, wo internationale Messen (z. B. I), Besuche von Großkunden (z. B. XX) oder anderen Verkaufsevents organisiert werden müssen, die Arbeit unabhängig von Tageszeit oder Wochentag zu erledigen.
Das Unternehmen kann sich glücklich schätzen, mit Herrn NN über einen Mitarbeiter zu verfügen, der in der Lage und gleichzeitig auch bereit ist, diese Anforderungen zu erfüllen. Dass dabei bestimmte Überstundenzuschläge (wohlgemerkt nicht auch der dazugehörige Grundlohn) vom Gesetzgeber steuerfrei gestellt werden, mag u. a. auf diese besondere Anstrengung zurückzuführen sein und ist wohl unzweifelhaft so gewollt.
Die Zwangsläufigkeit von Überstunden im Bereich des Herrn NN ergibt sich grundsätzlich bereits allein aus den hier beschriebenen geschäftlichen Zwängen. Außerdem hat Herr NN die geforderten detaillierten Stundenaufzeichnungen lückenlos und in einer allen gesetzlichen Erfordernissen gerecht werdenden Form geführt und darüber hinaus auch Begründungen für einzelne geleistete Überstunden dokumentiert.
Der Umstand, dass der befassten Prüferin die beschriebenen Gegebenheiten als für die Gewährung der Steuerfreiheit nicht ausreichend erschienen, muss - unserer Meinung nach – bei beabsichtigter Aberkennung der in Anspruch genommen Steuerfreiheit von der Behörde angemessen ausführlich und stichhaltig begründet werden, wobei der Behörde hier zumindest annähernd jene Sorgfalt zugemutet werden muss, wie sie sie den Rechtsunterworfenen aufgetragen ist."

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die erhobene Beschwerde vom gegen die Haftungsbescheide betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2007 und 2008, beide vom – mit nachfolgender Begründung – als unbegründet ab:
„... Mit den angefochtenen Haftungsbescheiden vom wurde der Haftungspflichtigen Lohnsteuer (L) vorgeschrieben. Die Vorschreibung resultiert aus der Nachversteuerung von Überstundenzuschlägen gem. § 68 Abs. 1 EStG 1988, da das zwingende betriebliche Erfordernis der Verlagerung von Arbeitszeit in die begünstigten Zeiträume nicht nachgewiesen worden ist.
Dagegen wurde mit Schriftsatz vom , eingegangen am , fristgerecht Berufung erhoben. In der Berufungsschrift wurde vorgebracht, dass die Prüferin die vorgelegten Nachweise für die Zwangsläufigkeit als nicht ausreichend empfand. Es wurde weiter argumentiert, dass bei den in Frage stehenden Überstunden des Herrn VN NN auf die vorgebrachten Argumente nicht eingegangen wurde.
Dazu wurde erwogen:
Gem. § 68 Abs. 1 E956 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis € 360,00 monatlich steuerfrei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (z.B. 2000/15/0054 vom ) kommt die Steuerbegünstigung für Überstundenzuschläge nach § 68 EStG 1988 nur in Betracht, wenn die genaue Anzahl und die zeitliche Lagerung aller im Einzelnen tatsächlich geleisteten Überstunden und die genaue Höhe der dafür über das sonstige Arbeitsentgelt hinaus mit den Entlohnungen für diese Überstunden bezahlten Zuschläge feststehen. Nach dem EStG 1988 besteht weiters die Notwendigkeit, auch zwischen ”Normalüberstunden“ (Überstunden zur Tagesarbeitszeit an Werktagen) und sogenannten ”qualifizierten Überstunden“ (Überstunden an Sonn- und Feiertagen und in der Nacht) zu unterscheiden, weil neben der auf 5 Normalüberstunden (ab auf 10 Normalüberstunden) beschränkten Steuerbegünstigung gem. § 68 Abs. 2 EStG 1988 in § 68 Abs. 1 EStG 1988 eine zusätzliche Steuerbegünstigung für qualifizierte Überstunden normiert ist. Dem § 68 Abs. 1 EStG 1988 liegt die Intention zu Grunde, nur jene Arbeitnehmer zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den in dieser Bestimmung angeführten Zeiten Leistungen zu erbringen. Daher muss auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeit zu erbringen, nachgewiesen werden, da es andernfalls der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer weitgehend in der Hand hätten, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der Überstundentätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen. Gerade wenn es in einem Verfahren um die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen geht, tritt - lt. ständiger Rechtsprechung des VwGH (z.B. 2000/13/0073 vom ) - der Gedanke der amtswegigen Ermittlungspflicht insofern in den Hintergrund, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf die er seine abgabenrechtliche Begünstigung stützt.
Im gegenständlichen Verfahren wurden Überstundenaufzeichnungen vorgelegt, aus denen die zeitliche Lagerung der Überstunden ersichtlich ist, aus denen aber - abgesehen von bestimmten Ausnahmen der zwingende betriebliche Grund für die Ableistung von qualifizierten Überstunden nicht nachvollziehbar ist. Die Ausnahmen betreffen vor allem qualifizierte Überstunden im Rahmen von Messeveranstaltungen und wurden im Jahr 2007 mit 38 Stunden
(Anmerkung: richtig 48 Stunden) und im Jahr 2008 mit 64 Stunden auch insoweit als qualifizierte Überstunden, für die die abgabenrechtliche Begünstigung zusteht, anerkannt. Von den insgesamt geltend gemachten qualifizierten Überstunden wurden im Jahr 2007 152 Stunden und im Jahr 2008 125,5 Stunden als nicht begünstigt angesehen, da der zwingende betriebliche Grund nach Ansicht des Finanzamtes nicht gegeben ist.
Kurz vor Abschluss der GPLA-Prüfung wurden die Überstundenaufzeichnungen neuerlich vorgelegt, wobei bei den qualifizierten Überstunden etliche handschriftliche Ergänzungen angebracht wurden. Diese Ergänzungen geben jedoch lediglich die geleisteten Arbeiten wieder, tragen aber nicht dazu bei, den zwingenden betrieblichen Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten diese Tätigkeiten erbringen zu müssen, nachzuweisen.

Auch die Ausführungen in der Berufungsschrift sind nur allgemein gehalten, ohne – nach Ansicht des Finanzamtes - wirklich zwingende betriebliche Gründe darzulegen. So ist z.B. der Verweis auf die in unterschiedlichen Zeitzonen agierenden internationalen Partner, wodurch die Abwicklung der Aufgaben zu anderen Tageszeiten und Wochentagen geboten sein soll, hinsichtlich der Wochentage nicht stichhaltig. Es trifft zwar sicherlich zu, dass zu unterschiedlichen Tageszeiten Kontakt aufgenommen werden muss, was aber nach Auffassung des Finanzamtes - normalerweise auch in einem Zeitfenster von 6.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr abends möglich sein müsste, da nach Osten ein Zeitunterschied von maximal +11 Stunden und nach Westen ein solcher von maximal -13 Stunden besteht. Gerade für den Sonntag würde das aber bedeuten, dass irgendwann zwischen der Nacht von Samstag auf Sonntag und der Nacht von Sonntag auf Montag Kontakt aufgenommen werden müsste; zu Zeiten also, wo nicht anzunehmen ist, dass normale Betriebszeiten des internationalen Partners vorliegen. Auch lassen die Überstundenaufzeichnungen samt deren nachträglichen handschriftlichen Ergänzungen nicht auf zwingende betriebliche Gründe in Verbindung mit einem internationalen Partner schließen.
Es ist vielmehr auffällig, dass z.B. im Jahr 2008 Überstunden, deren zwingender betrieblicher Grund nach Ansicht des Finanzamtes nicht gegeben ist, an Sonn- bzw. Feiertagen im Ausmaß von 123 Stunden geleistet wurden, während an Samstagen nur 2,5 Überstunden erbracht worden sind (Bei dieser Betrachtung wurden Überstunden von zwingendem betrieblichem Interesse, z.B. Messen sowohl jene von Samstagen als auch jene von Sonn- bzw. Feiertagen nicht einbezogen). Im Jahr 2007 wurden an Samstagen bedeutend mehr Überstunden verrichtet, wobei die Sonn- und Feiertagsüberstunden in diesem Jahr auch mehr als doppelt so hoch sind (Auch bei dieser Betrachtung wurden wiederum die Überstunden von zwingendem betrieblichem Interesse außer Acht gelassen).
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass ein Nachweis für das zwingende betriebliche Interesse der Ableistung von qualifizierten Überstunden - abgesehen von den ohnehin anerkannten Sonn- bzw. Feiertagsüberstunden - nicht vorliegt. Die Steuerbegünstigung gem. § 68 Abs. 1 EStG 1988 war daher insoweit zu versagen und somit die Berufung als unbegründet abzuweisen."

5. Im dagegen form- und fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom verwies der steuerliche Vertreter der Bf auf sein bisheriges Beschwerdevorbringen und wendete lediglich sinngemäß wiederholt ein, dass Nachweise für das zwingende betriebliche Interesse von "qualifzierten Überstundenleistungen" sehr wohl vorliegen, jedoch vom Finanzamt nicht entsprechend gewürdigt worden seien. Eine fundierte Begründung für die Nichtanerkennung könne auch der Beschwerdevorentscheidung nicht entnommen werden. Ergänzend wurde vorgebracht, dass das Finanzamt offenbar der Auffassung sei, das Überstunden in begünstigten Zeitfenstern dann nicht anzuerkennen seien, wenn es auch nur theoretisch denkbar wäre, diese notwendigen Erledigungen in einem nicht begünstigten Zeitfenster auszuführen. Demnach müssten - den Ausführungen der BVE folgend - Kontaktaufnahmen zu internationalen Geschäftspartnern "normalerweise auch in einem Zeitfenster von 6:00 Uhr morgens bis 20:00 Uhr abends möglich sein". Das soll wohl heißen, dass bspw. bei einem Zeitunterschied nach Osten von maximal +11 Stunden, ein von Ort um 6:00 Uhr früh abgesetztes Telefonat dort um 17:00 Uhr hätte angenommen werden können um dadurch begünstigte Überstunden zu vermeiden. Diese Argumentation sei für uns nicht nachvollziehbar und u. E. ungeeignet die Versagung der steuerlichen Begünstigung zu begründen.

6. Mit Vorlagebericht vom stellte das Finanzamt den Antrag auf Abweisung der Beschwerde im Sinne der erlassenen Beschwerdevorentscheidung vom .

Über die Beschwerde wurde erwogen:

III. Streitpunkt:

In der vorliegenden Beschwerdesache steht ausschließlich die (teilweise) Aberkennung der  Steuerfreiheit von ausbezahlten Zuschlägen für Überstundenleistungen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 des Arbeitnehmers VN NN (Kj. 2007: im Betrag von € 2.864,31 [= € 3.585,13 abzügl. € 720,82]; Kj. 2008 im Betrag von € 2.366,94 [= € 3.535,77 abzügl. € 1.168,84]) in Streit. In diesem Zusammenhang gilt es die Tatbestandsfrage abzuklären, ob von der Bf eine schlüssige Nachweisführung darüber erbracht worden war, wonach die monatlichen Überstunden des betroffenen Arbeitnehmers (im Kj. 2007: in der Größenordnung von 200 Stunden und im Kj. 2008: in der Größenordnung von 189,50 Stunden), aus beruflicher Notwendigkeit bzw. aus zwingenden betrieblichen Gründen innerhalb begünstigter Zeiträume iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 abgeleistet werden mussten und insoweit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der monatlichen Steuerfreiheit im Ausmaß von bis € 360,00 für die ausbezahlten (qualifizierten) Überstundenzuschläge nach Abs. 1 leg.cit. zur Gänze vorgelegen war oder nicht.

IV. Sachverhalt:

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verfahrensablaufes und der aktenkundigen Unterlagen (lt. FA-Verwaltungsakt - mit Seitenbezeichnungen Bl. 8 - 129: ua. Arbeitsbogen zur PLA-Prüfung mit ABNr.: 123, Prüfungsauftrag, div. E-Mailverkehr im Zuge der GPLA-Prüfung, div. Aktennotizen über geführte Telefonate zu Sachverhaltserhebungen, Lohnkonten und Gehaltsauflistungen [ua. betr. mtl. Grundlohn, Überstundenentlohnung u. Abzügen] sowie Überstundenaufzeichnungen des AN VN NN je für die Jahre 2007 u. 2008, NS über die Schlussbesprechung samt Anlagen, GPLA-Bericht) folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:

1. Im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung ist  vom Prüfungsorgan festgehalten worden, dass in Lohnkonten, Beitragsnachweisungen, Arbeitszeitaufzeichnungen, Urlaubaufzeichnungen, Jahresabschlüssen und Buchhaltungsunterlagen der Bf, Einsicht genommen worden war.

2. Aus den Inhalten der Lohnkonten und Gehaltsaufzeichnungen für den Arbeitnehmer (AN) VN NN, die von der Bf mit E-Mail-Anhang vom dem Prüfungsorgan übermittelt worden waren, geht hervor, dass sich vom betroffenen AN der Bruttolohn des Jahres 2007 im Betrag von € 64.866,35 aus den Bezugsarten Grundlohn € 35.820,00, Überstunden € 14.865,20 (davon steuerfrei behandelte - qualifzierte - Überstundenzuschläge: € 3.585,13), Sonderzahlungen € 8.515,15 und Prämien € 5.666,00 zusammensetzte, und sich auch dessen Bruttolohn des Jahres 2008 im Betrag von € 67.518,53 aus den Bezugsarten Grundlohn € 36.960,00, Überstunden € 15.937,96 (davon steuerfrei behandelte - qualifzierte - Überstundenzuschläge: € 3.535,77), Sonderzahlungen € 8.871,57 und Prämien € 5.749,00 rechnerisch ergeben habe.

3. Zwecks Überprüfung der begünstigten Auszahlung von Überstundenzuschlägen gemäß § 68 Abs. 1 und Abs. 2 EStG 1988 durch die Bf an den AN VN NN wurden dessen Arbeitszeitaufzeichnungen für die Kalenderjahre 2007 und 2008 bei der Bf angefordert.
3.1. Aus den vorgelegten EDV-mäßig erstellten Arbeitszeitaufzeichnungen für die Kalenderjahre 2007 und 2008 (Bl. 51 - 71) des betroffenen AN, gehen sowohl dessen täglich geleisteten Normalarbeitsstunden als auch die Zeiten an denen Überstunden geleistet worden waren, klar hervor.
3.2. Evident ist, dass vom betroffenen AN im Kalenderjahr 2007 insgesamt 453,5 Überstunden geleistet worden waren. In den monatlichen Arbeitszeitaufzeichnung des Jahres 2007 sind als "Normalüberstunden (NÜ = Überstunde zur Tagesarbeitszeit an Werktagen)" und als "qualifizierte Überstunden (QÜ = Überstunden an Sonn- u. Feiertagen und in der Nachtzeit)" nachfolgende Stundenleistungen ausgewiesen: "Jänner: 21 NÜ u. 24 QÜ, Februar: 34 NÜ u. 20 QÜ, März: 40,5 NÜ u. 18 QÜ, April: 31,5 NÜ u. 18,5 QÜ, Mai: 6 NÜ u. 9 QÜ, Juni: 9,5 NÜ u. 8,5 QÜ, Juli: 6,5 NÜ u. 9 QÜ, August: 15,5 NÜ u. 11,5 QÜ, September: 18 NÜ u. 18,5 QÜ, Oktober: 27,5 NÜ u. 18 QÜ, November: 20 NÜ u. 17,5 QÜ, Dezember: 34 NÜ u. 17 QÜ."
3.3.
Evident ist, dass vom betroffenen AN im Kalenderjahr 2008 insgesamt 482 Überstunden geleistet worden waren. In den monatlichen Arbeitszeitaufzeichnung des Jahres 2008 sind als "Normalüberstunden (NÜ = Überstunde zur Tagesarbeitszeit an Werktagen)" und als "qualifizierte Überstunden (QÜ = Überstunden an Sonn- u. Feiertagen und in der Nachtzeit)" nachfolgende Stundenleistungen ausgewiesen: "Jänner: 37,5 NÜ u. 22,5 QÜ, Februar: 20,5 NÜ u. 21 QÜ, März: 38 NÜ u. 20 QÜ, April: 32,5 NÜ u. 17,5 QÜ, Mai: 13,5 NÜ u. 13,5 QÜ, Juni: 10,5 NÜ u. 9,5 QÜ, Juli: 11,5 NÜ u. 6,5 QÜ, August: 12,5 NÜ u. 16 QÜ, September: 18,5 NÜ u. 16,5 QÜ, Oktober: 27 NÜ u. 14,5 QÜ, November: 26,5 NÜ u. 16 QÜ, Dezember: 44 NÜ u. 16 QÜ."
3.4. Fakt ist, dass die in obigen Arbeitsaufzeichnungen dokumentierten Überstundenleistungen so zB für den Lohnzahlungszeitraum Jänner 2008: im Ausmaß von insgesamt 60 geleisteten Überstunden, davon 37,50 NÜ und 22,50 QÜ abrechnungsmäßig korrekt in die laufende Lohnverrechnung des Arbeitnehmers VN NN wie folgt aufgenommen worden waren: "60 Stunden mit ÜSt.Grundlohn (LSt.pflichtig: € 1.169,40 ), 32,50 Stunden mit 50%igen ÜSt.Zuschlag (LSt.pflichtig: € 316,71), 5 Stunden mit 50%igen ÜSt.Zuschlag (= € 48,72 davon LSt.frei: € 43,00, Rest LSt.pflichtig: € 5,73), 22,5 Stunden mit 100%igen ÜSt.Zuschlag (= € 438,52 davon LSt.frei: € 360,00, Rest LSt.pfichtig: € 78,53).
3.5. Evident ist, dass als Gründe für die berufliche Notwendigkeit bzw. dem betrieblichen Erfordernis Ableistung sowohl von "Normalüberstunden" als auch von "qualifizierten Überstunden" auf den vorgelegten EDV-mäßig erfassten Arbeitsaufzeichnungen bzw. EDV-Ausdrucken des AN VN NN (an div. Einzeltagen) maschinenschriftliche (Rand-)Anmerkungen wie zB. "Messen,Orte,Kunden,Arbeiten, angeführt bzw. vermerkt worden waren.

4. Von Seiten des GPLA-Prüfungsorgans wurde durch Anbringung einzelner Überprüfungsvermerke auf den Arbeitsaufzeichnungen des AN VN NN (Bl. 51 - 62) festgehalten, welche bekanntgegebenen Tätigkeiten mit zeitlicher Lagerung - für sich betrachtet - einen sachlich nachvollziehbaren notwendigen betrieblichen Grund (zB. Messenbesuche etc.) für eine Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit in Form einer "qualifizierte Überstundenleistung" rechtfertigen würden. Das Ergebnis dieser vorläufigen Prüfungsfeststellungen "Nachversteuerung § 68 (1) - VN NN", wurde der steuerlichen Vertretung der Bf mit E-Mailanhang vom - in Form einer Jahresaufstellung ua unter Ausweisung der mtl. anerkannten QÜ (Kj. 2007: Feber 17 Std., April 11 Std., Juni 5 Std., Dezember 5 Std. ; Kj 2008: Jänner 22,5 Std., Feber 14,5 Std. April 3 Std., August 13,5 Std., November 2,5 Std., Dezember 8 Std.) bekanntgegeben. Auch wurden die sich durch die Aberkennung von begünstigten Überstundenleistungen rechnerisch ergebenden Differenzbeträge für die beabsichtigte LSt-Nachforderungsberechnung von Zuschlägen für QÜ (2007: € 2.864,31 u. 2008: € 2.366,94) dem steuerlichen Vertreter der Bf mitgeteilt.

5. In der Aktennotiz des Prüfungsorgans vom  (Bl. 47) über ein geführtes Telefonat mit dem steuerlichen Vertreter der Bf vom selben Tag ist sinngemäß festgehalten, dass diesem wiederholt mitgeteilt worden sei, dass aus den bislang vorgelegten Unterlagen (Überstunden- bzw. Arbeitsaufzeichnungen des AN VN NN) nicht einwandfrei erkennbar hervorgehe, dass der betroffenen AN aus zwingenden betrieblichen Gründen zu den im § 68 Abs. 1 EStG 1988 angeführten Zeiten (sonn- u. feiertags oder nachts) Arbeitsleistungen bzw. Tätigkeiten für die Bf habe erbringen müssen. Auf die Frage des steuerlichen Vertreters, wie diese Nachweisführung erfolgen solle, damit diese vom Finanzamt auch anerkannt werden könne, wies das Prüfungsorgan darauf hin, dass diesbezüglich von der Behörde keine Nachweis- bzw. Beweismittelvorgaben gemacht werden würden. Es wurde vereinbart, dass von der steuerlichen Vertretung innerhalb von drei Wochen geeignete Nachweise über die Notwendigkeit von Arbeitserfordernissen zu Zeiten iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 nachzureichen seien.
5.1. Mit postalischer Eingabe vom wurden dem Prüfungsorgan die bereits vorgelegten EDV-mäßig erstellten Arbeitsaufzeichnungen des AN VN NN für die Jahre 2007 und 2008 wiederholt vorgelegt, wobei auf diesen kopierten Arbeitszeitaufzeichnungen (= Beweismittel: Bl. 34 - 45) zur Nachweisführung des Vorliegens von zwingend betrieblicher Gründe zur Erbringung der in Rede stehenden qualifizierten Überstundenleistungen durch den AN VN NN folgende "handschriftliche" Anmerkungen über Arbeitsleistungen und -umstände wie: "Arbeiten,Orte,Messen,etc. Ausl. vorbereiten, Distribution vorbereiten, Aufträge vorbereiten, Tome umpacken, Distribution vorb., Statistik, Zoll, WES-Kalkulation, Artikelaufträge, Kommissionieren, Kollektion, EBS-Software, Nachbestell., Rechnungen, Lieferungen, Chef Briefing, mit Chef Prototypen checken, Statistiken mit Chef, Kollektion komplettieren, Off-Season Aufträge", angebracht worden waren.

6. Im GPLA-Bericht vom (Bl. 8 - 10) ist wortgleich zum Inhalt der Niederschrift über die Schlussbesprechung der GPLA-Prüfung (dat. ) nachfolgende Prüfungsfeststellung angeführt: "Im Zuge der GPLA Prüfung wurde festgestellt, dass Herrn NN VN ab dem Überstundenzuschläge gem. § 68 (1) 1988 EStG steuerfrei ausbezahlt wurden. Gem. § 68 (1) sind nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den dort angeführten Zeiten (Sonntag, Feiertag, Nacht) Leistungen zu erbringen. Hier muss auch der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeiten zu erbringen, nachgewiesen werden. Ansonsten hätte es der Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der (Überstunden-) Tätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (vgl. ). Aus den vorgelegten Unterlagen konnte dieser Nachweis nur z. Teil erbracht werden. Daher wurden die Differenzbeträge nachversteuert. Die Lohnsteuer beträgt 50%."

7. Vor diesem Hintergrund kann keine Unschlüssigkeit darin erblickt werden, wenn das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom die "zusammenfassende Feststellung" trifft, dass von der Bf ein Nachweis über das Vorliegen eines zwingenden betrieblichen Grundes zur Ableistung von "qualifizierten Überstunden" durch den AN VN NN, über das von der belangten Behörde bereits als Überstundenleistungen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 anerkannten Ausmaßes, nicht erbracht worden ist.

8. Die Vorlage von beweiskräftigen Unterlagen, welche die "behauptete" Dringlichkeit der strittigen Überstundenleistungen (Kj 2007: im Umfang von 152 Stunden sowie im  Kj. 2008: im Umfang von 125,5 Stunden) des betroffenen Arbeitnehmers - für die bekanntgegeben Tätigkeiten (Arbeiten) - mit zeitlicher Lagerung gerade an Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzeiten als betriebsnotwendig hätte erscheinen lassen, konnte nicht festgestellt werden.

V. Beweiswürdigung:

Im Abgabenverfahren haben die Abgabenbehörden gemäß § 115 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Nach Ritz, BAO6 , § 115 Tz 8, trägt die Abgabenbehörde zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (zB ; , 2001/14/0187; , 2007/15/0292).
Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes findet allerdings dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (vgl. Ritz, aaO., § 115, Tz 9 unter Hinweis der dort zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).

Nach § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung hat vollständig und wahrheitsgemäß zu erfolgen.
Nach § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
Nach Ritz, BAO6, § 119 Tz 3, mit Verweis auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte bedeutet vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen, der Abgabenbehörde nicht nur ein richtiges und vollständiges, sondern auch ein klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen (; ; ).

In diesem Zusammenhang sieht § 138 Abs. 1 BAO vor, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen haben. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.
Nach Ritz, BAO6, betrifft § 138 Abs 1 vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde (). Es handelt sich um Tatsachen, bei deren Beweisbarkeit der Abgabepflichtige vorsorglich wirken kann ().

Nach § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Nach Ritz, BAO6, § 166 Tz 1 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH, heißt zu beweisen, ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungsrelevanten Tatsache herbeizuführen. 

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach Ritz, BAO6, § 167 Tz 6 bedeutet der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt.

Entspricht ein Beweismittelvorbringen keinem Sachverhalt aufklärenden (notwendigen) Inhalt, so besteht die Gefahr, dass es als unschlüssig verworfen wird. Gemäß dem im Abgabenverfahren vorherrschenden Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 BAO) genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ).

Unter Beachtung der vorgenannten Beweisverfahrensgrundsätze der BAO fällt nach Ansicht des BFG sowohl der Nachweis der zeitlichen Lagerung als auch das betriebliche Erfordernis der Ableistung von sog. "qualifizierten" Überstunden innerhalb der im § 68 Abs. 1 EStG 1988 angeführten Zeiten (sonn- u. feiertags oder nachts) zur Gänze in die Beweislastsphäre des Arbeitgebers und wird in puncto Nachweisführung vom Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit des entsprechenden Beweismittels (§ 166 BAO) beherrscht.

In aller Regel wird der Nachweis für beide Umstände (zeitliche Lagerung und entsprechendes betriebliches Erfordernis) durch zeitnah erstellte Arbeitsaufzeichnungen und sonstigen Unterlagen erfolgen, aus denen schlüssig nachvollziehbar hervorgeht, dass der jeweilige Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen gezwungen gewesen war, bestimmte Arbeiten bzw. Tätigkeiten in Form von Überstunden mit zeitlicher Lagerung gerade an Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzeiten abzuleisten. Eine taugliche Beweismittelführung darüber ist im jeweiligen Einzelfall geboten, zumal nach der üblichen Praxis des Betriebs- und Wirtschaftslebens das Ableisten von "Überstunden" durch Arbeitnehmer generell und stets im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen.

In Anbetracht der vorstehend angeführten Sachverhaltsfeststellungen zeigt sich klar, dass die Bf im Zuge des GPLA-Prüfungsgeschehens mehrfach aufgefordert worden war, das Vorliegen von zwingenden betrieblichen Gründen zur Ableistung von "qualifizierten Überstunden" durch den AN VN NN mittels Vorlage von geeigneten Unterlagen unter Beweis zu stellen. Es lag somit alleine in der Verantwortung der Bf als Arbeitgeberin, der belangten Behörde durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen die Beurteilung dieser entscheidungsrelevanten Tatfrage zu ermöglichen um damit eine Steuerfreistellung von Überstundenzuschlägen iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 des betroffenen Arbeitnehmers anerkennen zu können.

Aus den aktenkundigen Arbeitszeitaufzeichnungen (= Beweismittel) des AN VN NN geht allerdings "klar und unmißverständlich" hervor, dass von diesem sowohl "werktags" als auch "sonn- und feiertags" Überstundenleistungen mit beschriebenen Aufgabenbereichen und Tätigkeiten wie: "Arbeiten,Kunden,Chef,Messen,etc.." regelmäßig bzw. laufend erbracht worden waren. Insoweit kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie als Überprüfungsergebnis dieser Arbeitszeitaufzeichnungen (Beweismittel), aus denen sich die "Gleichartigkeit bzw. die Übereinstimmung der erbrachten Arbeiten" des betroffenen Arbeitnehmers zweifelsfrei sowohl an "Werktagen" als auch an "Sonntagen" ableiten lässt, schlussfolgernd zwingend betriebliche Gründe für das Ableisten von "qualifizierten" Überstundenleistungen iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 verneint und richtigerweise einen geeigneten Nachweis für das Vorliegen betrieblicher Erfordernisse für Sonntags- u. Feiertags- oder Nachtarbeiten, auf Grundlage bislang alleiniger Angaben identer Aufgaben- bzw. Tätigkeitsbeschreibungen, als nicht erbracht angesehen hat.

Das BFG teilt die Auffassung der belangten Behörde, dass in der alleinigen Bekanntgabe der vom AN VN NN durchgeführten Arbeiten bzw. Tätigkeiten (ua. nachträgliche handschriftliche Anmerkungen auf den Arbeitszeitaufzeichnungen), für sich betrachtet, keine taugliche Beweismittelführung darin erblickt werden könne, die einem Dritten eine schlüssige Überprüfungsmöglichkeit dafür bieten solle, dass vom betroffenen Arbeitnehmer aus notwendig betrieblichen Gründen mit zeitlicher Lagerung gerade an Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzeiten "zwingende Überstundenleistungen" erbracht werden mussten.

Im Übrigen erfolgte nach Ansicht des BFG von Seiten des Finanzamtes in der BVE vom  mit Hinweisen auf zu beachtende VwGH-Rechtsprechung auch eine durchaus zutreffend begründete Auseinandersetzung mit der maßgeblichen Streit- und Sachverhaltsfrage, warum und weshalb die bekannt gegebenen Arbeitsleistungen des betroffenen Arbeitnehmers und die in der Beschwerde vorgetragenen allgemein gehaltenen Argumente über Tätigkeits- und Betriebsumstände als zweifelsfreier Nachweis des Vorliegens eines betrieblichen Erfordernisses der Ableistung von "qualifizierten" Überstunden zu den im § 68 Abs. 1 EStG 1988 angeführten Zeiten (sonn- u. feiertags oder nachts), als nicht ausreichend gewertet worden waren.
Finalisierend und in freier Beweiswürdigung hat das Finanzamt in der BVE in nachvollziehbarer Weise begründend ausgeführt, dass die behaupteten bzw. beschriebenen Umständen bezüglich des Vorliegens zwingend betriebsbedingter Gründe zur Leistung von Tätigkeiten (Überstunden) durch den betroffenen Arbeitnehmer in begünstigten Zeiträumen iSd § 68 Abs. 1 EStG 1988 nicht vollends zu überzeugen vermochten. So wurde vom Finanzamt u.a. unter Hinweis auf den Umstand der "geringen Anzahl" von erbrachten Überstundenleistungen des AN VN NN an "Samstagen in den Streitjahren 2007 und 2008", sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass die strittigen Sonntagsüberstundentätigkeiten "willkürlich" in begünstigte Zeiträume verlagert worden waren. Auch wurde der Bf entgegengehalten, dass die nachträglich erfolgten handschriftlichen Ergänzungen auf den Arbeitszeitaufzeichnungen des betroffenen Arbeitnehmers nicht auf zwingend betriebliche Gründe zur Überstundenleistung an Sonntagen, also einer tatsächlich erfolgten Kontaktaufnahme zu bzw. mit einem internationalen Geschäftspartner, schließen lassen.

Aussagekräftige Detailunterlagen, die den Nachweis des Vorliegens von tatsächlichen, zwingenden betrieblichen Geschäftsabläufen im Einzelfall - insbesondere mit der behaupteten Abwicklung des Ein- und Verkaufes gegenüber internationalen Geschäftspartnern und Großkunden durch den AN VN NN -   mit konkreter zeitbedingter Arbeitsleistung an Sonn- und Feiertagen, überprüfbar und überzeugend wiedergeben hätten, wurden von der Bf im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht vorgelegt.

Für das Bundesfinanzgericht ergibt sich aus dem oben Geschilderten in freier Beweiswürdigung die Feststellung, dass von der Bf als Arbeitgeberin eine geeignete schlüssige Nachweisführung dafür, dass der AN VN NN die in Streit stehenden Überstundenleistungen (2007: im Ausmaß von 152 Stunden und 2008: im Ausmaß von 125,5 Stunden) in Zusammenhang mit den bekannt gegebenen Aufgaben- bzw. Tätigkeitsbereichen nur an Sonn- und Feiertagen und nicht auch an Wochentagen erbringen habe können, nicht erbracht worden ist. Daraus folgt, dass die Anzahl der oben genannten strittigen Überstundenleistungen des betroffenen Arbeitnehmers insoweit mit hoher Wahrscheinlichkeit durchaus auf eine willkürlich ausgewählte zeitraumbezogene Verlegung von Arbeiten in begünstigte Zeiten iSd § 86 Abs. 1 EStG 1988 zurückzuführen ist.

VI. Rechtslage:

§ 68 EStG 1988 idF vom BGBl I 2004/180 lautet auszugsweise:
"(1) Schmutz-, Erschwernis- und Gefahren­zulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge sind insgesamt bis "360 Euro" monatlich steuerfrei.
(2) „Zusätzlich zu Abs 1 sind Zuschläge für die ersten fünf Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50% des Grundlohnes, insgesamt höchstens jedoch „43 Euro “ monatlich, steuerfrei.“
(3) Soweit Zulagen und Zuschläge durch Abs 1 und 2 nicht erfasst werden, sind sie nach dem Tarif zu versteuern.
(4) Als Überstunde gilt jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde. Als Normalarbeitszeit gilt jene Arbeitszeit, die auf Grund […]."

VII. Rechtliche Würdigung:

Die steuerliche Behandlung der Überstundenzuschläge hängt davon ab, ob die Überstunden einerseits an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit (§ 68 Abs. 6 EStG 1988) oder andererseits außerhalb dieser Zeiten erbracht werden. Da § 68 Abs. 1 EStG 1988 neben den auf 5 Stunden eingeschränkten steuerbegünstigten "Normalüberstunden" (§ 68 Abs. 2 leg. cit.) eine eigene Steuerbegünstigung normiert, ist zwischen "Normalüberstunden" (Überstunden zu Tageszeiten an Werktagen) und sogenannten qualifizierten Überstunden (Überstunden an Sonn- und Feiertagen und in der Nachtzeit) zu unterscheiden. Wenn "normale Überstunden" vorliegen, besteht diese Begünstigung nur darin, dass gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 die Zuschläge für die ersten 5 Überstunden pro Monat im Ausmaß von 50% des Überstundengrundlohnes, höchstens aber monatlich 43 Euro, steuerfrei sind. Wenn Zuschläge für an Sonntagen, Feiertagen oder zur Nachtzeit erbrachte Überstunden vorliegen, sind die Zuschläge gemäß § 68 Abs. 1 leg. cit. im Rahmen des Freibetrages von monatlich 360 Euro steuerfrei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind in Anbetracht der dem § 68 Abs. 1 EStG 1988 zu Grunde liegenden Intention, nur jene Arbeitnehmer steuerlich zu begünstigen, die gezwungen sind, zu den im § 68 Abs. 1 leg. cit. angeführten Zeiten Leistungen zu erbringen. Der zwingende betriebliche Grund, gerade an diesen Tagen und Zeiten die Tätigkeiten zu erbringen, muss diesfalls nachgewiesen werden, hätten es doch sonst Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine begünstigte Besteuerung des Arbeitslohnes durch Verlagerung der Überstundentätigkeit in begünstigte Zeiten herbeizuführen (vgl. ; , 2000/15/0054; , 2000/13/0073). Unterlässt es der Abgabepflichtige, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen überprüfbaren Nachweise zu erbringen, sind die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht nicht gehalten, von sich aus eigene Ermittlungen anzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof führt in diesem Zusammenhang weiters aus, dass immer dann, wenn es in einem Verfahren um die Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigungen geht, der Gedanke der strikten Amtswegigkeit insofern in den Hintergrund tritt, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Wie vorstehend unter Punkt IV (Sachverhalt) und Punkt V (Beweisführung) bereits ausführlich dargelegt wurde, ist es der Bf als Arbeitgeberin mit ihrer Beweismittelführung und den dazu in der Beschwerde vorgetragenen Argumenten nach Ansicht des BFG nicht gelungen, einen zweifelsfreien Nachweis der geforderten betrieblichen Notwendigkeit für das Ableisten von qualifizierten Überstunden im Umfang von 152 Stunden für das Jahr 2007 und im Umfang von 125,5 Stunden für das Jahr 2008 durch den AN VN NN zu erbringen (vgl. ).

Schließlich ist auch festzustellen, dass sich auch aus dem allgemeinen Vorbringen der steuerlichen Vertretung der Bf im Vorlageantrag vom , welches sich wiederholt und vordergründig auf den Einwand "Kontaktaufnahme zu internationalen Geschäftspartnern" stützt, mangels Verifizierung des Wahrheitsgehaltes derart tatsächlich erfolgter Geschäftsabläufe in den Streitjahren 2007 und 2008 keine zwingenden betrieblichen Gründe für die in Streit stehenden Überstundenleistungen des AN VN NN mit zeitlicher Lagerung gerade an Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzeiten ableiten lassen.

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Beweis- und Indizienlage ergibt sich, dass die eingewandten Umstände der Bf im Beschwerdeverfahren nicht geeignet gewesen waren, die Ermittlungs- bzw. Überprüfungsergebnisse des Finanzamtes in Bezug auf die erfolgte Beurteilung sowie der Festsetzung von anerkannten "qualifizierten Überstundenleistungen" im Ausmaß von 48 Stunden für das Jahr 2007 und im Ausmaß von 64 Stunden für das Jahr 2008 mit Erfolg als unschlüssig bzw. als unrichtig darzustellen.

Zutreffend hat die belangte Behörde demnach der Bf als Arbeitgeberin die Anwendung der Steuerbegünstigung gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 für die ausbezahlten Überstundenzuschläge im Umfang der aberkannten "qualifizierten" Überstundenleistungen (2007: 152 Stunden, 2008: 125,5 Stunden) für den Arbeitnehmer VN NN versagt. Damit sind die sich aus der Nachversteuerung der in Rede stehenden  Überstundenzuschläge ergebenden Lohnsteuernachforderungen im Betrag von € 1.432,16 für das Jahr 2007 und im Betrag von € 1.183,47 für das Jahr 2008, je mit Haftungsbescheiden vom , zu Recht vom Finanzamt vorgeschrieben worden.

Die Beschwerde war aus den dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen.

VIII. Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Durch dieses Erkenntnis wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die vorliegende Entscheidung des Gerichtes beruht im Wesentlichen auf der Gesamtbetrachtung der Sachverhaltsumstände des Einzelfalles im Wege der freien Beweiswürdigung und unter Beachtung der von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 86 Abs. 1 EStG 1988 entwickelten Judikaturlinie (siehe Zitierungen im Erkenntnis). Eine ordentliche Revision ist daher unzulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at