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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 07.01.2020, RV/7300061/2019

Beschlagnahme; Zurückweisung mangels Beschwerdelegitimation

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 564/2020 anhängig. Mit Erkenntnis vom aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss zur Zl. RV/7300045/2020 erledigt.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri über die Beschwerde der Bf., AdresseBf., vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Nowotny & Wohlmacher, Obere Donaustraße 4, 4040 Linz, vom gegen
1.) den Bescheid über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur
Verschwiegenheit Verpflichteten vom sowie
2.) die Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes für
Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom
den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit an den selbständigen Bilanzbuchhalter BB, AdresseBB, gerichteter Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG vom erging seitens des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel an die Steuerfahndung Wien und deren Mitarbeiter die Anordnung, sämtliche Geschäftsunterlagen und Buchhaltungsdaten von 18 namentlich genannten Firmen, darunter auch die nunmehrige Beschwerdeführerin Fa. Bf., zu beschlagnahmen.
Begründet wurde diese Beschlagnahmeanordnung mit dem näher ausgeführten Verdacht
der Abgabenhinterziehung an Glückspielabgaben für noch festzustellende Zeiträume und in noch festzustellender Höhe gegen diese Firmen bzw. deren noch zu ermittelnden
Machthaber.

Am fand an der Adresse des BB in dessen Geschäftsräumen der BB-GmbH auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Leoben eine Hausdurchsuchung statt.
Dabei wurde die Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 (1) FinStrG des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom , Vormerknummer 2019/0***, übergeben und unter anderem41 näher bezeichnete Ordner der Fa. Bf. zu Beweisgründen sichergestellt.
Der Betroffene, Herr BB, stellte dabei als zur Verschwiegenheit verpflichteter
Parteienvertreter den Antrag auf Anlegen von Verschlussmittel in Form von Siegel gemäß
§ 89 Abs. 5 FinStrG, welchem auch entsprochen wurde.

Am erging der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates über die
"Beschlagnahme gem. § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit
Verpflichteten" (GZ.: SpS ***) mit folgendem Spruch:
"I) Die in der Finanzstrafsache gegen Bf. u.a. wegen des Verdachts der
Verkürzung bzw. Hinterziehung von Glückspielabgaben (illegales Glückspiel) mit Bescheid des Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom beschlagnahmten Geschäftsunterlagen, welche in der Begründung dieses Bescheides
einzeln aufgelistet sind, unterliegen der Beschlagnahme nach § 89 Abs. 1 und 3 FinStrG,
mit Ausnahme jener im Protokoll vom numerisch wie folgt bezeichneten
Unterlagen: 1c; 2a; 2b; 3a; 5c; 7a; 8a; 8b; 8c; 8d; 8i; und 9, das sind:"
Die von der Beschlagnahme ausgenommen Unterlagen wurden in der Folge im
Bescheidspruch näher bezeichnet.
Dieser Bescheid wurde laut Übernahmebestätigung auf dem Rückschein am
dem selbständigen Bilanzbuchhalter BB zugestellt.

Mit Schriftsatz vom brachte die vom Bilanzbuchhalter BB
steuerlich vertretene Firma Bf. durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt eine Beschwerde gegen den Bescheid über die Beschlagnahme gem § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten vom , zugestellt an BB am , mit folgender Begründung ein:

"1. Die Bf.ist unmittelbar Betroffene des Beschlagnahmebescheides vom , da deren Geschäftsbücher von der Beschlagnahme erfasst sind und sohin rechtsmittellegitimiert, obwohl diese im Beschlagnahmebescheid gar nicht angeführt ist (siehe Pkt. 8.).
Angefochten wird sohin die Beschlagnahmeanordnung vom zur Gänze sowie der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom in seinem Punkt I..
2. Dem angefochtenen Beschlagnahmebescheid vom geht die Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG vom zur Vormerknummer 2019/ 0*** des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel voraus.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg
6744 F/1992) gilt ein Beschlagnahmebescheid als vom Rechtsbestand ausgeschieden, soweit der Vorsitzende des Spruchsenates Feststellungen darüber trifft, dass bestimmte beschlagnahmte Gegenstände nicht der Beschlagnahme unterliegen, und müssen in diesem Fall die gegen die Anordnung der Beschlagnahme gerichteten Einwände zwecks Vermeidung, dass eine Beschlagnahmeanordnung der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes entzogen sind, wohl im Rechtsmittel gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates möglich sein.
Im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde sind daher zulässigerweise auch Einwände gegen die Beschlagnahmeanordnung vom zu erheben.
3. Die Beschlagnahmeanordnung vom ist in gesetzwidriger Weise erfolgt.
Wörtlich sieht die Beschlagnahmeanordnung vor, dass nicht näher bezeichnete Geschäftsunterlagen von in der Anordnung genannten Unternehmen beschlagnahmt
werden, zu beschlagnahmen sind.
Dieses Vorgehen stellt einen unzulässigen Erkundungsbeweis dar, da die belangte
Behörde (Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel) durch diese
Anordnung sämtliche Geschäftsunterlagen erhält, diese im Anschluss in Ruhe auswerten kann und sich somit den Strafvorwurf "zurechtlegen" kann. Auch im Finanzstrafverfahren ist anerkannt, dass die Finanzbehörde rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten nachweisen muss. Ein derartiger Nachweis darf nicht dadurch erbracht werden, dass erst durch Einsichtnahme in allfällige Unterlagen mögliche zu behauptende Tatbestände erhoben werden. Vielmehr ist die Behörde gehalten, einen konkreten Vorwurf samt hinreichenden Verdachtsmomenten darzutun und in der Beschlagnahmeanordnung festzulegen, welche konkreten Unterlagen zum Beweis des Vorwurfes zu beschlagnahmen sind.
Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll die
Beweissicherung dem Verlust von Gegenständen vorbeugen, die als Beweismittel
in Betracht kommen. Dazu ist es notwendig, dass diese Gegenstände mit Beziehung
auf das eingeleitete finanzstrafbehördliche Verfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens ausreichend konkretisiert sind, das heißt, dass die Unverwechselbarkeit der Beweismittel durch deren genaue Beschreibung sicherzustellen ist (vgl.
VwSlg 65550 F/1990).
Die belangte Behörde hätte daher in der Beschlagnahmeanordnung bereits eine wesentliche Konkretisierung dahin vornehmen müssen, welche konkret bezeichneten Unterlagen der jeweils konkret zu benennenden Gesellschaft in Beschlag zu nehmen sind. Dass dies möglich gewesen wäre, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die belangte Behörde diverse vermeintliche Standorte, an denen Glücksspiel betrieben worden sein soll, im Beschlagnahmebescheid mit Datum der Geschäftsaufnahme benennt. Anhand dieser offenbar vorliegenden Informationen hätte die belangte Behörde auch die in Beschlag zunehmenden oder sicherzustellenden Unterlagen konkretisieren können. Das gegenständliche Vorgehen verstößt jedoch gegen dieses Konkretisierungsgebot.
Auch hätte dies der Vorsitzende des Spruchsenates aus eigenem aufgreifen müssen,
weshalb nicht nur die ursprüngliche Beschlagnahmeanordnung sondern auch der
gegenständlich angefochtene Bescheid in Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt
rechtswidrig sind.
4. Weiters verstößt das gegenständliche Vorgehen - Beschlagnahme von Unterlagen -
gegen den Anklagegrundsatz und diesbezüglich gewährleistete Rechte.
Die Beschwerdeführerin ist bisher zu keiner Zeit über offenbar gegen sie laufende
Ermittlungen informiert worden. Es ist ihr weder ein Bescheid über die Einleitung des Strafverfahrens noch eine sonstige Mitteilung über anhängige Ermittlungen zugegangen.
Auch insoweit verstößt das Vorgehen der belangten Behörde gegen gefestigte
Rechtsgrundsätze.
5. Der gegenständlich angefochtene Bescheid ist laut dessen ausdrücklicher Bezeichnung über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten ergangen.
Diese ausdrückliche Bezugnahme auf den Gesetzestext stellt eine konkrete Einschränkung auf einen konkreten Tatbestand dar.
Es ergibt sich somit aus dem Bescheid bzw. dessen Überschrift ausdrücklich, dass
der Bescheid nur darüber ergangen ist, dass der Buchhalter der Beschwerdeführerin
und Bescheidadressat, Herr BB, selbst einer Straftat bezichtigt wird.
Dies ergibt sich jedoch mit keinem Wort aus der Beschlagnahmeanordnung vom
bzw. aus dem angefochtenen Bescheid selbst.
Insoweit ist der gegenständliche Bescheid nichtig, da dieser keine Begründung enthält. Gänzlich unbegründeter Bescheide sind nach ständiger Rechtsprechung nichtig.
Die im Bescheid als Begründung benannten Ausführungen, wiederholten vorwiegend den Gesetzestext, ohne einen Bezug zum wesentlichen Sachverhalt herzustellen. Insoweit liegt zumindest eine erhebliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor.
Der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom enthält keine Begründung darüber, aufgrund welcher tatsächlichen gesetzlichen Grundlage die Beschlagnahme zulässig sei und wird in diesem Bescheid mit keinem Wort erwähnt,
welcher finanzstrafrechtlichen Tatbestände sich die Beschwerdeführerin schuldig
gemacht haben sollte.
Soweit dies überhaupt als Begründung anzuerkennen ist, liegt auch hierin eine
Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar
ist, aus welchem Grund ihre Geschäftsunterlagen beschlagnahmt worden. Es geht
aus diesem Bescheid somit nicht hervor, wofür und aufgrund welcher Umstände
die Beschwerdeführerin beschuldigt wird.
Wird die Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen wie von der ständigen Rechtsprechung anerkannt als keine Begründung angesehen, liegt sogar Nichtigkeit vor.
6. Auch die Begründung der Beschlagnahmeanordnung vom ist nicht stichhaltig. Die belangte Behörde verweist diesbezüglich auf durchgeführte Glücksspielkontrollen und das Auffinden von diversen Geräten.
Aufgrund dieser vorgefundenen betriebsbereiten Geräte stellt die belangte Behörde
die für den jeweiligen Zeitraum angemeldeten Glücksspielabgaben in eine Relation
in unzulässiger Art und Weise. Es wurden konkret am Standort Wien1, am sechs Geräte betriebsbereit vorgefunden und bei einer
weiteren Kontrolle in Wien2, am vier betriebsbereite
Geräte aufgefunden. Die belangte Behörde setzt nunmehr für einen gesamten Monat die in Addition ergebenden zehn Geräte in Relation zu den angemeldeten Glücksspielabgaben. Es liegen jedoch offenbar keine Beweise oder sonstigen Anhaltspunkte vor, dass während des gesamten Monats Juni tatsächlich durchgehend aktiv zehn Geräte betriebsbereit vorhanden waren, weshalb auch diese vorgenommene Hochrechnung im Sinn der Unschuldsvermutung gänzlich unzulässig ist.
Auch legt die belangte Behörde nicht dar, woher ihre Erfahrungswerte gründen und nimmt der Beschwerdeführerin damit auch jede Verteidigungsmöglichkeit, um diese Erfahrungswerte zu entkräften. Nach ständiger Landesverwaltungsrechtlicher Rechtsprechung wird etwa auch von einem durchschnittlichen Erlös je Gerät im Monat von € 2.000,00 ausgegangen.
7. Die Beschlagnahmeanordnung vom enthält lediglich eine exemplarische
Begründung zum Vorwurf, es bestehe der Verdacht, dass die im Rahmen der Selbstberechnung abgeführten Glücksspielabgaben in nicht korrekter Höhe abgeführt
worden sein sollen.
Um diesen behaupteten Verdacht zu stützen, führt die belangte Behörde exemplarisch die bereits oben wiederholte Berechnung zur Firma X-GmbH an.
Rückschlüsse auf die Beschwerdeführerin ergeben sich daraus nicht, zumal die belangte Behörde diesbezüglich nicht einmal selbst eine Verbindung behauptet.
Betreffend die Beschwerdeführerin ist die Beschlagnahmeanordnung daher gänzlich ohne Begründung. Unbegründete Bescheide sind rechtswidrig und nichtig, zumal sich aus der Beschlagnahmeanordnung keine Verdachtsmomente gegen die Beschwerdeführerin ergeben.
8. Festzuhalten ist, dass Geschäftsunterlagen der Bf. unter Verweis
auf die Beschlagnahmeanordnung vom beschlagnahmt wurden. In dieser Anordnung ist die Bf. jedoch nicht angeführt, weshalb die
Beschlagnahme rechtsgrundlos erfolgt ist, zumal die gesetzlichen Grundlagen für eine Sicherstellung wegen Gefahr in Verzug ebenfalls nicht vorlagen.
Damit ist auch der Bescheid vom rechtswidrig, da sich dieser ebenso auf
eine von der Bf.verschiedene Gesellschaft bezieht.
9. Es wird sohin beantragt,
das Bundesfinanzgericht als Rechtsmittelgericht möge nach Durchführung einer
mündlichen Verhandlung der Beschwerde der Beschwerdeführerin zur Gänze
stattgeben und den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom
(sowie die Beschlagnahmeanordnung vom zur Gänze aufheben und anordnen, dass die beschlagnahmten Gegenstände umgehend an die Beschwerdeführerin in eventu an den Buchhalter BBzurückgestellt werden;
in eventu
in Stattgabe der Beschwerde die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde bzw. den Vorsitzenden des Spruchsenates zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden."

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten für Anbringen, Niederschriften, Aktenvermerke,
Vorladungen, Erledigungen, Fristen sowie Zwangs- und Ordnungsstrafen, soweit dieses
Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen des 3. Abschnittes sowie § 114
Abs. 3 der Bundesabgabenordnung sinngemäß.

§ 89. (1) Die Finanzstrafbehörde hat mit Bescheid die Beschlagnahme von
verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht
kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung
geboten ist. Der Bescheid ist dem anwesenden Inhaber des in Beschlag zu nehmenden
Gegenstandes bei der Beschlagnahme zuzustellen; ist der Inhaber nicht anwesend, so ist
der Bescheid nach § 23 des Zustellgesetzes zu hinterlegen.
(3) Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit
erstreckt, unterliegen bei dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten der Beschlagnahme
nur,
a) soweit begründeter Verdacht besteht, dass dieser selbst Beteiligter, Hehler oder
Begünstigender in bezug auf das Finanzvergehen ist, oder
b) wenn es sich um Bücher oder Aufzeichnungen nach den §§ 124 bis 130 BAO oder
um dazugehörende Belege oder um solche Gegenstände, welche zur Begehung des
Finanzvergehens bestimmt waren oder diese erleichtert haben oder die aus dem
Finanzvergehen herrühren, handelt.
(5) Behauptet der zur Verschwiegenheit Verpflichtete oder der Beschuldigte, daß die
Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach Abs. 3 und 4 nicht vorliegen, oder
ist er bei der Beschlagnahme nicht anwesend, so ist der Gegenstand ohne weitere Untersuchung unter Siegel zu nehmen und ohne Verzug dem Vorsitzenden des
Spruchsenates vorzulegen, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen
Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des
Erkenntnisses obliegen würde. Der Vorsitzende des Spruchsenates hat mit Bescheid
festzustellen, ob die Beweismittel der Beschlagnahme unterliegen.

§ 152. (1) Eine Beschwerde gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden
Bescheide sowie gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist zulässig, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist.
Gegen das Verfahren betreffende Anordnungen ist, soweit nicht ein Rechtsmittel für
zulässig erklärt ist, eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig; sie können erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis (Bescheid)
angefochten werden. Zur Erhebung der Beschwerde ist derjenige berechtigt, an den der angefochtene Bescheid ergangen ist oder der behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten
verletzt worden zu sein sowie bei einem Bescheid eines Spruchsenates oder eines
Spruchsenatsvorsitzenden auch der Amtsbeauftragte.

Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher
Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder
der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren
einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 vorzugehen.

Mit der gegenständlichen Beschwerde bringt die beschwerdeführende Fa. Bf. zunächst vor, dass der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates an Herrn BB zugestellt wurde, die Bf. unmittelbar Betroffene des Beschlagnahmebescheides vom sei, da deren Geschäftsbücher von der Beschlagnahme erfasst sind und sohin rechtsmittellegitimiert, obwohl diese im Beschlagnahmebescheid gar nicht angeführt ist.

Zugestellt wurde dieser Bescheid nach der Aktenlage unbestrittenerweise ausschließlich an BB, der jedoch nicht als Bescheidadressat aus dem Spruch des Bescheides hervorgeht.
Der Spruch eines Bescheides hat auch die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht (somit den Bescheidadressaten). Der Adressat ist namentlich zu nennen (vgl ). Das Adressfeld gehört nach der Judikatur (; ) zum Bescheidspruch.

Wenn der Bescheidadressat nicht im normativen Text des Spruches selbst, sondern im
Kopf des Bescheides genannt ist, schadet dies nicht ().

Hingegen reicht nicht die Adressierung lediglich am Briefumschlag, in welchem sich
eine Ausfertigung der behördlichen Erledigung befindet (
ua). Ebenso wenig genügt die Nennung am Zustellnachweis (
2002/05/0758).

Bei einer physischen Person ist idR der Vor- und Zuname anzuführen (vgl zB VwGH
, 85/17/0140; ; ; ).

Die Benennung dieser Person ist notwendiges, auch deutlich und klar zum Ausdruck
zu bringendes Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit
konstituierendes Bescheidmerkmal ().

Die Erledigung des Vorsitzenden des Spruchsenates "Bescheid über die Beschlagnahme
gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten vom
" ist daher gegenüber BBnicht wirksam geworden, weil dieser
nicht aus dem Spruch hervorgeht. Auch kann dieser Bescheid gegenüber der
Beschwerdeführerin nicht wirksam geworden sein, weil er dieser nicht zugestellt wurde. Dieser Erledigung kommt daher mangels Zustellung an die Bescheidadressatin keine Bescheidqualität zu.

Die Beschlagnahme hat grundsätzlich die Finanzstrafbehörde, nicht der Vorsitzende des Spruchsenates anzuordnen. Diese Anordnung hat mit rechtsmittelfähigem Bescheid zu erfolgen, welcher an den Inhaber der zu beschlagnahmenden Beweismittel ausgestellt sein muss. Die Eigentumsverhältnisse sind dabei unmaßgeblich und von der Finanzstrafbehörde auch gar nicht zu prüfen.

Wird von dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten bei Vornahme der Amtshandlung
auch nur behauptet, dass die Gegenstände nicht beschlagnahmt werden dürfen, so
müssen diese versiegelt und unverzüglich dem Vorsitzenden des Spruchsenats vorgelegt
werden. Dieser hat sodann zu entscheiden, ob die Beweismittel zu beschlagnahmen
sind oder nicht, worüber mit rechtsmittelfähigem Bescheid abzusprechen ist. Eine
Versiegelung von Gegenständen zur unverzüglichen Vorlage an den Vorsitzenden des
Spruchsenats stellt noch nicht den Vollzug der Beschlagnahme dar, sondern ist nur als
vorläufige Maßnahme zu verstehen. Eine Beschlagnahme wird in diesen Fällen erst mit dem Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenats vollzogen. Hat der Vorsitzende des Spruchsenates über die Beschlagnahme nach § 89 Abs. 5 FinStrG entschieden, so gehört die Beschlagnahmeanordnung nicht mehr dem Rechtsbestand an. Eine dagegen erhobene Beschwerde ist daher zurückzuweisen ().

Wurden dagegen die versiegelten Unterlagen ohne Erlassung eines Bescheides an die
Finanzbehörde ausgefolgt, so liegt damit kein Akt unmittelbarer finanzstrafbehördlicher
Befehls- und Zwangsgewalt vor, da die Beschlagnahme bereits durch den Bescheid gemäß § 89 Abs 1 FinStrG gedeckt ist, der mittels Beschwerde bekämpfbar ist. Diese Beschlagnahmeanordnung gehört so lange noch dem Rechtsbestand an, als noch kein Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates ergangen ist. Erst durch einen solchen würde die Beschlagnahmeanordnung nach § 89 Abs 1 FinStrG derogiert werden
().

Da der Erledigung des Vorsitzenden des Spruchsenates "Bescheid über die
Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit
Verpflichteten vom " keine Bescheidqualität zukommt, befindet sich die
Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes für Gebühren,
Verkehrsteuern und Glückspiel vom nach wie vor im Rechtsbestand.

Zur Erhebung einer Beschwerde gegen diese - an den selbständigen Bilanzbuchhalter BB zugestellte - Beschlagnahmeanordnung des Finanzamtes ist jedoch die
Beschwerdeführerin Fa. Bf. aus folgenden Gründen nicht legitimiert.

Gemäß § 152 Abs 1 letzter Satz FinStrG ist zur Erhebung einer Beschwerde gegen
Bescheide (nur) derjenige berechtigt, an den der angefochtene Bescheid ergangen ist.
Das kann nicht nur der Beschuldigte (belangte Verband) oder Nebenbeteiligte, sondern
auch jede andere natürliche oder juristische Person sein.

Zur Erhebung einer Beschwerde gegen faktische Amtshandlungen ist jeder berechtigt, der
behauptet, durch diese in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt vor, wenn die Behörde
ohne formelles Verfahren oder bescheidmäßige Absprache Zwangs- oder sonstige
Maßnahmen setzt und dabei in subjektive Rechte eingreift (Reger/Judmaier/Kalcher/
Kuroki Finanztstrafgesetz - Band 2 - RZ 5 zur § 152 FinStrG).

Im gegenständlichen Fall ist die Beschlagnahmeordnung des Finanzamtes vom
an den von der Beschwerdeführerin beauftragten Bilanzbuchhalter BB ergangen, welcher als deren Vertreter (in deren Interesse) eine
Beschwerdelegitimation - auch zur Vertretung der Interessen der Beschwerdeführerin
- gehabt hätte. Eine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ohne
bescheidmäßige Grundlage, die zu einer Beschwerdebefugnis für die von dieser
Beschlagname Betroffenen geführt hätte, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Beschwerdeführerin Bf., an die weder die Beschlagnahmeanordnung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel vom , noch der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates über die Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einem zur Verschwiegenheit Verpflichteten vom ergangen ist, nicht zur Einbringung der gegenständlichen Beschwerde legitimiert. Dies deshalb, weil die genannten Bescheide nicht an sie ergangen sind und die bemängelte Beschlagnahme - wie bereits ausgeführt - auch nicht auf einer faktischen Amtshandlung beruhen, sondern auf Grundlage eines Bescheides erfolgt sind.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig,
da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche
Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu
lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
nicht einheitlich beantwortet wird.

Der gegenständliche Beschluss gründet sich auf die genannten Gesetzesbestimmungen und auf die zitierte ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7300061.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at