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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2019, RV/5101396/2019

Bestellung zum Vertreter einer Grundstücksgemeinschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerde­ sache Bf., Wohnadresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom , betreffend Vertreter­bestellung gemäß § 81 Abs. 2 BAO, EW-AZ 000-2-0000, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (im Folgenden als Bf. bezeichnet) und seine Ehegattin E sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft, EZ 1, KG F, BG B, mit der Grundstücksadresse Adresse2.

Mit Bescheid vom 15. , Februar 2018 bestellte das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten den Bf. für den oben genannten Grundbesitz zum Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit der Miteigentümer.
Mit Schreiben vom gleichem Tag verständigte die Abgabenbehörde die Gattin des Beschwerde­führers über die vorgenommene Vertreter­bestellung.

Gegen diesen Bescheid betreffend die Bestellung als Vertreter erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde.
Zur Begründung führte er aus, der Bescheid erwecke den Eindruck, dass es sich bei dem im Betreff angeführten Gegenstand um ein Mietwohngrundstück handle und daher seitens der Behörde ein Vertreter namhaft gemacht werden könne. Der Hinweis im Bescheid verstärke noch den Eindruck, da auf den bewertungsgesetzlichen Begriff „Mietwohngrundstück" speziell hingewiesen werde.
Beim gegenständlichen Wohnhaus handle es sich um ein Objekt mit nur einer Wohneinheit. Es gebe nur einen Hauseingang, kein getrenntes Vorhaus, nur eine Küche, ein Bad, einen Stromzähler und einen Gaszähler, keinen Subzähler.
Eine Bestätigung der Gemeinde G darüber, dass sich im beschwerde­gegen­ständ­lichen Wohnhaus nur eine Wohneinheit befinde, habe er am Infoschalter des   Finanz­amtes persönlich abgegeben.
Da § 81 Abs. 2 BAO eine Vertreterbestellung nicht zwingend vorsehe, beantrage er die bisherige Regelung beizubehalten.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten die Beschwerde als unbegründet ab.
In der Begründung wurde ausgeführt:
Nach § 81 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die abgabenrechtlichen Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.
Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hierfür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäfts
­­leitung oder Sitz haben, sind hiervon zu verständigen (§ 81 Abs. 2 BAO).
Nach § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Das Gesetz lastet die Verpflichtung zur Erfüllung der Pflichten einer Personen­­
­vereinigung (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) vorrangig den Personen an, die von der Personen­vereinigung "zur Führung der Geschäfte bestellten Personen" und folgt damit dem Willen der Mitglieder. Nur wenn nach dieser Regel mehrere Personen in Betracht kommen, so ist aus der Mitte der Mitglieder ein gemeinsamer Bevollmächtigter (Drittorgan) der Abgabenbehörde gegenüber als Vertretungsbefugter namhaft zu machen. Es ist aber auch zulässig, dass eine andere Person als der in Betracht kommende Vertreter als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Für die Abgabenbehörde muss jedenfalls die Möglichkeit bestehen, mit der Personenvereinigung wirksam in Verhandlung treten zu können und die Personen ­vereinigung als solche wirksam verpflichten zu können.
Wurde kein Geschäftsführer (im weiteren Sinn) der Abgabenbehörde gegenüber als Vertreter benannt, so ist die gesetzliche Verpflichtung aufrecht, der Abgabenbehörde gegenüber jeden­falls einen Vertreter namhaft zu machen. Diese Verpflichtung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, es bedarf keiner besonderen Aufforderung der Behörde. Sie kann daher unter der Voraussetzung des Absatzes 2, zweiter Satz, ohne erst alle Mitglieder ermitteln und befragen zu müssen, nach freiem Ermessen einen Beteiligten herausgreifen und als Bevoll­mächtigten behandeln.
Die Abgabenbehörde ist nicht verpflichtet, unter den als Vertreter in Frage kommenden Personen einer Miteigentümergemeinschaft eine Eignungsprüfung durchzuführen und diese zu begründen ().
Im beschwerdegegenständlichen Fall handelt es sich um eine Grundstücksgemeinschaft. Der Verpflichtung einen gemeinsamen Vertreter der Miteigentumsgemeinschaft zu nennen, ist bisher nicht nachgekommen worden. Daher wurde die Vertreterbestellung von Amts wegen vorgenommen, und Sie wurden zum gemeinsamen Vertreter bestimmt. Gemäß § 81 Abs. 2 BAO gilt die Vertreterbestellung solange, als nicht von der Mit­eigentümer­gemein­schaft eine andere Person namhaft gemacht wird.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Entscheidung über die Bescheid­beschwerde durch das Bundes­finanzgericht.
Zur Begründung verwies er wiederum darauf, dass es sich bei dem zu bewertenden Wohn­objekt um ein Einfamilienhaus handle. Der Begriff Mietwohngrundstück sei nicht zutreffend.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten die Beschwerde dem Bundes ­ finanz ­ gericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Rechtslage

Nach § 81 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die abgabenrechtlichen Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hierfür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäfts­leitung oder Sitz haben, sind hiervon zu verständigen (§ 81 Abs. 2 BAO).

Sobald und soweit die Voraussetzungen für die Bestellung eines Vertreters durch die Abgaben­ ­­behörde nachträglich weggefallen sind, ist die Bestellung zu widerrufen (§ 81 Abs. 3 BAO). Ein Widerruf hat auch dann zu erfolgen, wenn aus wichtigen Gründen eine andere in Betracht kommende Person von der Abgabenbehörde als Vertreter bestellt werden soll.

Nach § 21 Abs. 1 Z 2 Bewertungsgesetz 1955 (BewG 1955) wird der Einheitswert neu fest ­gestellt, wenn die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Einheitswert­bescheid fest­gestellten Art abweicht (Artfortschreibung).  

Erwägungen

Beschwerdegegenstand ist die B estellung des Bf. als Vertreter der Miteigentümer­gemein­schaft des Grundbesitzes (Mietwohngrundstück) Adresse2, KG F, EZ 1, Grundstücksnummer 0.

Der Bf. bringt gegen die B estellung als Vertreter der Miteigentümer­gemein­schaft, welche nur aus ihm und seiner Ehegattin besteht, keine Einwendungen vor.

Das Bundesfinanzgericht verweist daher zu dieser Frage auf die Beschwerde­vor­entscheidung vom , in welcher die Zulässigkeit der Vertreterbestellung nach den geltenden Verfahrensvorschriften ausführlich begründet wird.

Die Bezeichnung „ Mietwohngrundstück“ im Betreff des angefochtenen Bescheides ist ein Hinweis auf den derzeit geltenden Einheitswertbescheid, in welchem der Bewertungs­gegenstand (im gegenständlichen Verfahren strittiger Grundbesitz) als Mietwohngrundstück bewertet wurde.

Sollte sich die herausstellen, dass die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Einheitswert­bescheid fest­gestellten Art abweicht, hat die Abgabenbehörde auf Antrag oder von Amts wegen eine Artfortschreibung im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 BewG vorzunehmen. Die Beschwerde vom kann als solcher Antrag auf Artfort­ schreibung gesehen werden. Die Abgabenbehörde hat daher diesen Antrag auf Artfortschreibung zu prüfen und falls die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, eine Artfortschreibung durchzuführen. Im vorliegenden Fall wäre das eine Artfort­ schreibung von Mietwohngrundstück auf Einfamilienhaus.

Da die Bestellung eines Vertreters für eine Miteigentümer­gemein­schaft unabhängig von einem Antrag auf Artfortschreibung zu erfolgen hat, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keiner der angeführten Gründe vorliegt, war im Spruch auszuführen, dass e ine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 1 Z 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101396.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at