Außergewöhnliche Belastung - Schulteroperation/Sonderklasse
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf, Adr, vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom , betreffend Einkommensteuer 2017 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrenslauf
Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen (Krankheitskosten) in Höhe von 9.581,04 €.
Eine Überprüfung durch das Finanzamt ergab, dass diese Aufwendungen im Zusammenhang mit einem stationären Krankenhausaufenthalt als Sonderklasse- und Privatpatient in der Diakonissen Klinik standen.
Bezüglich der Aufforderung der Abgabenbehörde im Ergänzungsersuchen vom die medizinische Notwendigkeit nachzuweisen, wurden vom Bf folgende Angaben gemacht:
"Die Schulter OP und der Einsatz einer Prothese ist ein schwerwiegender Eingriff. Ich habe mich darum breit über Operationsmöglichkeiten und Spezialisten dazu umgesehen. […] Tatsache ist, dass auch öffentliche Krankenanstalten diese Operation durchführen. […] Mir wurde als der erfahrenste Operateur Dr. D empfohlen, zu dem ich Vertrauen fasste und welcher bei den Diakonissen in Linz operiert. Damit ergab sich automatisch diese Klinik."
Die Kosten wurden mit Einkommensteuerbescheid vom zur Gänze abgewiesen, da keine triftigen medizinischen Gründe nachgewiesen wurden (unter Angabe der ernsthaften gesundheitlichen Nachteile), die die Behandlung der Sonderaufzahlungen der Operation als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 zulassen.
Dagegen wurde am vom steuerlichen Vertreter des Bf das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt. Laut den Ausführungen des Bf seien alle drei Kriterien der außergewöhnlichen Belastung erfüllt. Er ersucht um Gewährung der Kosten im Zusammenhang mit der Operation.
Im Zuge der Beschwerde wurden die beantragten Kosten gegenüber der ursprünglichen Erklärung auf 9.999,15 €. beantragt.
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurden 389,52 € als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Mit wurde der Antrag gestellt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
Festgestellter Sachverhalt
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2017 Pensionseinkünfte.
Der Bf litt seit Herbst 2016 an Schmerzen in beiden Schultern. Bei der rechten Schulter wurde im Jahr 2017 eine hochgradige Omarthrose (Gelenksverschleiß im Schulterbereich), Entrundung des OA Kopfes und völlige Aufhebung des Schultergelenkspaltes befundet. Bei der linken Schulter wurde Omarthrose mit Entrundung des OA Kopfes und teilweiser Aufhebung des Schultergelenkspates befundet.
Eine Schulteroperation rechts wurde vom behandelnden Arzt empfohlen.
Der Bf unterzog sich am einer Operation wegen hochgradiger Omarthrose rechts und wurde von bis in der Klinik Diakonissen Linz stationär aufgenommen.
Die beantragten Kosten stellen sich wie folgt zusammen;
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Pauschale OP | Euro 3.139,12 |
Pflegegebühr (abzgl. Pflichtvers) | Euro 2.546,88 |
OP Honorar inkl. Ass u Anästh. | Euro 3.175,04 |
Einbettzimmer Comfort plus | Euro 720,00 |
Selbstbehalt Reha | Euro 418,11 |
Summe | Euro 9.999,15 |
Beweiswürdigung
Der festgestellte schlüssige und der Entscheidung zugrunde zu legende Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Akten und den vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungen.
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.
Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)
Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4)
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein. Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).
Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt (Abs. 4 1.Satz).
Schon das Fehlen einer einzigen dieser Voraussetzungen schließt die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus und die Abgabenbehörde ist davon enthoben, zu prüfen, ob auch die anderen Voraussetzungen zutreffen oder nicht.
Alle Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein.
Erwägungen
Der Bf hat sich im Jahr 2017 aus verständlichen Gründen einer Schulteroperation unterzogen. Allerdings handelt es sich bei der Wahl des Krankenhauses und des Arztes um eine freiwillige Entscheidung, die nach der Rechtslage keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen begründet. Fraglich ist im Beschwerdefall die Frage ob triftige medizinische Gründe für die Durchführung der Schulteroperation und die damit verbundenen Kosten in einer Privatklinik iHv 9.999,15 € vorlagen
Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die medizinische Betreuung erwachsen, können auch dann zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG anfallen, wenn sie, die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten überstiegen, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen anfielen.
Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten medizinischen Betreuung stellten noch keine derartigen triftigen medizinischen Gründe dar. Die triftigen medizinischen Gründe müssten vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (, , )
Die medizinische Notwendigkeit der Operation in einer Privatklinik ist grds. durch ärztliche Bestätigung durch den Steuerpflichtigen nachzuweisen, bzw. hätte dem Bf im Zuge des Beschwerdeverfahrens der Nachweis gelingen müssen, dass ausschließlich der behandelnde Arzt über das notwendige Fachwissen und die Erfahrung verfügt hat den Eingriff durchzuführen () oder nur spezielle, ausschließlich in dieser Klinik angewandte Operationsmethoden den erhofften medizinischen Erfolg gebracht hätten.
Allerdings wurde nicht behauptet, dass eine Operation in einer öffentlichen Klinik nicht möglich gewesen wäre. Vielmehr wurde die Befürchtung geäußert Operationsprobleme hätten sich ergeben können.
Zwangsläufig können diese Aufwendungen allerdings nur sein, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erwachsen. Das bedeutet, dass ohne die Operation in der Privatklinik ernsthafte gesundheitliche Nachteile entstanden wären.
Wird die Unterbringung in einer privaten Einrichtung nur durchgeführt, weil die Behandlung durch einen bestimmten Arzt erforderlich ist, so ist diese Erforderlichkeit nachzuweisen.
Eine Schulteroperation ist jedoch eine Standardoperation, die, wie vom Bf. selbst nicht anders behauptet, auch in öffentlichen Kliniken durchgeführt wird.
Die Behandlung in einer öffentlichen Klinik ist vom medizinischen Standpunkt her mit jener in einer Privatklinik gleichzusetzen. Die Rechtslage erlaubt nur eine gleich gute Behandlung, da ansonsten eine Zweiklassengesellschaft geschaffen werden würde.
Mit ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen ist bei Durchführung der Operation in einer öffentlichen Klinik nicht zu rechnen.
Somit ist der Wunsch in einer Privatklinik operiert zu werden nur dem individuellen Wohlbefinden zuträglich und dient nicht der Vermeidung von ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen. Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Einrichtungen zeichnen sich jedoch durch erweiterte Menüauswahlmöglichkeiten, die geringere Bettenanzahl, bessere Ausstattung, erweiterter Besuchszeiten oä aus.
Triftige medizinische Gründe müssen in feststehenden oder konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen. Nachzuweisen sind diese durch ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes ärztliches Gutachten, ein solcher Nachweis wurde vom Bf. nicht erbracht. Ein Nachweis über die generelle Notwendigkeit der Operation reicht nicht aus, es wird eine unmissverständliche Bestätigung eines Arztes gefordert, aus der hervorgeht warum die Behandlung ausschließlich in einer Privatklinik möglich gewesen ist.
Es ist daher davon auszugehen, dass eine Operation in der allgemeinen Gebührenklasse eines allgemeinen Krankenhauses möglich gewesen wäre und auch zu keinen ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte.
Das Vertrauen zum behandelnden Arzt und das Empfinden eine Minderung des Risikos durch die freie Wahl des operierenden Arztes erzeugen zu können ist menschlich gesehen plausibel und nachvollziehbar. Dennoch stellt die Rechtslage das Erfordernis der Zwangsläufigkeit an die außergewöhnliche Belastung. Sowohl die Lehre als auch die Judikatur lassen daher keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung gem. § 34 EStG 1988 bei Fehlen eines der kumulativ zu erfüllenden Tatbestandsmerkmale zu.
Gegen die in der Beschwerdevorentscheidung zuerkannten Kosten iHv 389,52 Euro bestehen seitens des Bundesfinanzgerichts keine Bedenken, wirken sich allerdings aufgrund der Höhe des bei den außergewöhnlichen Belastungen bestehenden Selbstbehaltes betraglich nicht aus.
Der Angefochtene Bescheid war daher im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme und Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen die Unzulässigkeit der Revision sprechen würden, nicht vorgebracht wurden, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Revision nicht zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100678.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at