Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.12.2019, RV/4100595/2016

Gewinnerhöhende Auflösung unbewegter Spareinlagen bei einer Bank

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA vom , betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2014, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Das Einkommen beträgt € 139.176,44. Die Körperschaftsteuer wird festgesetzt mit € 32.122,00 .

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Nach einer gemäß § 147 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) durchgeführten Außenprüfung erhöhte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der beschwerdeführenden Bank (im Folgenden BF) um € 62.486,71. Begründend verwies das Finanzamt auf die Ausführungen des Prüfers, wonach in der Bank unter der Position „Einlagen" (Passiva) Einlagen (Sparbücher) ausgewiesen würden, welche über einen längeren Zeitraum (30 Jahre und mehr) nicht mehr bewegt worden seien. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei nicht mehr mit der Einlösung dieser zu rechnen, sie seien nicht mehr zu bilanzieren. Die Verringerung der Verbindlichkeiten führe in der Folge zu einer Erhöhung des Jahresgewinnes. Für den Bilanzstichtag werde im Wege einer außerbilanzmäßige Hinzurechnung kumulativ die entsprechende Korrektur des von der Bank ermittelten Betrages an unbewegten Sparbüchern vorgenommen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde führte die BF aus, dass sie nicht beabsichtige von der Einrede der Verjährung Gebrauch zu machen und dass daher die Verbindlichkeit weiter mit ihrem vollen Betrag zu bilanzieren sei. Für die BF bestehe aus Gründen der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit eine faktische Verpflichtung, derartige Sparguthaben auf Verlangen des Kunden oder seines Rechtsnachfolgers auszuzahlen. Hinsichtlich der Einlagensicherung sei zu bemerken, dass auch verjährte Einlagen gesicherte Einlagen für die entsprechenden Einlagensicherungssysteme darstellen würden und Fonds Zahlungen an die Kreditinstitute zu leisten hätten. Weiters werde auf die geltenden Grundsätze des Nachholverbotes und der periodengerechten Gewinnermittlung hingewiesen.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab  und führte noch einschlägige Rechtsprechung ins Treffen.

Die BF brachte einen Vorlageantrag ein und verwies nochmals auf ihren Willen, keine Verjährungseinrede zu erheben.

Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und fasste seine Rechtsansicht in seinem Vorlagebericht nochmals zusammen.

Im Zuge eines gemäß § 269 Abs. 3 BAO vor dem Bundesfinanzgericht durchgeführten Erörterungsgespräches legte der steuerliche Vertreter der BF eine detaillierte Aufstellung der im Streitjahr 2014 bei der BF in die die Verjährung von 30 Jahren gewachsenen Spareinlagen vor. Weiters erklärte die Verfahrensparteien übereinstimmend, dass - im Hinblick auf Erfahrungswerte- bei 99 % dieser im Jahr 2014 in die Verjährung gewachsenen Spareinlagen, nicht mehr mit einer Auszahlung zu rechnen sei und diese daher in diesem Ausmaß gewinnerhöhend aufzulösen seien. Weiters überreichte die Amtsvertreterin an den steuerlichen Vertreter ein Schreiben betreffend das Veranlagungsjahr 2013, in welchem um Bekanntgabe der bis zum Jahr 2013 in die Verjährung gewachsenen unbewegten Spareinlagen ersucht wurde, um diesbezüglich einen Berichtigungsbescheid gemäß § 293 b BAO für das Veranlagungsjahr 2013 erlassen zu können.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wurde festgestellt:

Die beschwerdeführende Bank wies in ihrer Bilanz zum unter der Passivposition „Einlagen" Sparbucheinlagen von insgesamt € 62.486,71 aus, die 30 Jahre und länger nicht mehr bewegt wurden.

Im Streitjahr 2014 wuchsen Spareinlagen von insgesamt € 5.328,37 in die Verjährung. Bei 99 % dieser im Streitjahr in die Verjährung gewachsenen Spareinlagen ist nicht mehr mit einer Auszahlung zu rechnen, obschon die BF nicht beabsichtigt, die Einrede der Verjährung zu erheben.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der Verwaltungsakten und ist unstrittig.

Rechtliche Würdigung:

Im Streitfall ist zu entscheiden, ob die vom Finanzamt vorgenommene gewinnerhöhende Auflösung unbewegter Spareinlagen in Höhe von € 62.486,71 zu Recht erfolgt ist.

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung dürfen im Betriebsvermögen, welches für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich ist, nur solche negative Wirtschaftsgüter berücksichtigt werden, die mit einer Belastung des Steuerpflichtigen verbunden sind. Der Verwaltungsgerichtshof verwies diesbezüglich auf eine die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigende Auslegung der §§ 4 Abs. 1 und 6 Z. 3  Einkommensteuergesetz (EStG) 1988.

Es entspreche bereits den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, dass Verbindlichkeiten nicht bilanziert werden dürfen, wenn mit dem Versuch der Durchsetzung der Forderung durch den Gläubiger praktisch nicht mehr zu rechnen sei. Eine verjährte Schuld sei erst dann abzuschreiben, wenn Gewissheit bestehe, dass von der Verjährungseinrede Gebrauch gemacht würde und der Verjährungsgegner keinen Unterbrechungstatbestand geltend machen könne. Habe sich der Steuerpflichtige entschlossen, von der Einrede der Verjährung nicht Gebrauch zu machen, dann sei die Verbindlichkeit weiterhin mit dem geschuldeten Betrag auszuweisen, es sei denn, es stehe fest, dass der Gläubiger die Schuld nicht mehr einfordern werde (vgl. u.a. ).

Für den Streitfall ist daraus aus der Sicht des Bundesfinanzgerichtes, auch unter Beachtung der grundlegenden Bestimmungen der §§ 196 ff Unternehmensgesetzbuch (UGB), abzuleiten, dass Sparbücher, die seit 30 Jahren nicht mehr bewegt wurden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr eingelöst werden und daher grundsätzlich eine gewinnerhöhende Auflösung geboten ist.

Nach dem Grundsatz des Nachholverbotes ist für die gewinnerhöhende Auflösung jedoch nur von jenen Guthaben auszugehen, die im Streitjahr in die Verjährung gewachsen sind. Die Wertminderung ist entsprechend einer periodengerechten Gewinnermittlung in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie eingetreten ist. Bei Guthaben, die seit mehr als 30 Jahren keine Kontobewegung aufweisen, war mit einer Inanspruchnahme schon in den Vorjahren nicht zu rechnen. Solche Berichtigungen sind allenfalls in Vorperioden vorzunehmen (vgl. u.a. ).

Im Streitjahr 2014 sind bei der BF Spareinlagen in Höhe von € 5.328,37 in die Verjährung gewachsen. Beide Vertragsparteien haben, basierend auf Erfahrungswerten, eingeräumt, dass lediglich in einem Prozent der in Verjährung gewachsenen Spareinlagen mit einer Inanspruchnahme der BF zu rechnen ist. Demnach ist im Streitjahr 2014 ein Anteil von 99 % des Betrages von € 5.328,37, das sind somit € 5.275,09, gewinnerhöhend aufzulösen.

Es ergaben sich folgende Bemessungsgrundlagen für das Veranlagungsjahr 2014:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. angefochtenem Bescheid € 196.388,06

abzüglich unbewegte Sparbücher lt. Tz 1 Prüfungsbericht - € 62.486,71

zuzüglich Gewinnerhöhung unbewegte Sparbücher € 5.275,09

Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. Erkenntnis € 139.176,44

Einkommen lt. Erkenntnis € 139.176,44

Körperschaftsteuer 25% gem. § 22 KStG 1988 € 34.794,11

Einbehaltene Steuerbeträge - € 2.672,47

Rundung gem. § 39 Abs. 3 KStG 1988 € 0,36

Festgesetzte Körperschaftsteuer lt. Erkenntnis € 32.122,00

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall eine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, wird die Revision zugelassen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Bank
Unbewegte Spareinlagen
Sparbucheinlagen
Einrede Verjährung
Betriebsvermögen
verjährte Schuld
Belastung des Steuerpflichtigen
Nachholverbot
periodengerechte Gewinnermittlung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100595.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at