Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2020, RV/2100661/2019

Vertragserrichtungskosten als Teil der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung gem. § 5 GrESt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A, vertreten durch RA Dr. Wilhelm Kubin, Münzgrabenstraße 36, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , StrNr. betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) unterfertigte am einen Kauf- und Anwartschaftsvertrag für ein Wohnungseigentumsobjekt an der Adresse Ort welcher mit elektronischer Abgabenerklärung vom dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zur Anzeige gebracht wurde.

Der Vertrag, abgeschlossen mit der GmbH als Verkäuferin, und dem Bf als Käufer, betrifft die EZ 1, Grundbuchsgericht Graz-West, zu deren Gutsbestand das Grundstück mit einer Fläche von zirka 2.865 m2, gehört.

Verkauft wurde aus der Wohnungsanlage Ort, die Wohnung W sowie der KFZ-Abstellplatz P. Der Kaufpreis beträgt laut Vertragspunkt Drittens 379.180,00 Euro.

Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung wurden mit 1,5 % des Gesamtkaufpreises zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer laut Vertragspunkt 17 vereinbart. Es verpflichtetet sich der Käufer diese Vertragserrichtungskosten zu bezahlen.

Aufgrund dieses Vertrages setzte die Abgabenbehörde die Grunderwerbsteuer (GreSt) des Bf. mit Bescheid vom ausgehend vom vereinbarten Kaufpreis zuzüglich der Vertragserrichtungskosten mit 13.510,18 Euro (3,5%) fest.


Gegen die Festsetzung der GrESt erhob der anwaltlich vertretene Bf. fristgerecht Beschwerde, im Wesentlichen mit der Begründung dass ihm bereits vor Legung des Kaufanbotes, nicht nur die Person des Vertragserrichters, der von ihm alleine im Fall der Annahme des Kaufanbotes zu beauftragen sei, die damit verbundenen, von ihm zu tragenden Vertragserrichtungskosten, sondern auch der Vertragsinhalt, ebenso wie das Projekt und die Abwicklungsmodalitäten bekannt gewesen sei.  In Kenntnis dieser Umstände wurde letztlich vom Bf ohne Druck oder Zwang in freier Entscheidung gehandelt. Die Kosten der Vertragserrichtung seien daher nicht Teil der Bemessungsgrundlage.

Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung
(BVE) vom mit folgender Begründung ab: 

"Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG ist bei einem Kauf Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Gegenleistung ist alles, was der Käufer über den Kaufpreis hinaus für das Grundstück aufwenden muss, um es zu erhalten. Hätte der Käufer den Vertrag nicht beim gegenständlichen Vertragsverfasser unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit der Verkäuferin zustande gekommen und das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch den Käufer treffen können. Dieser Umstand spricht für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung. Die Verkäuferin hat den Vertragsverfasser als Treuhänder im Sinne des Bauträgergesetzes bestellt und ihn mit der gesamten rechtlichen Durchführung des Projektes beauftragt. Dabei wurden zur Gewährleistung einheitlicher Beziehungen innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaft mit den weiteren Käufern und Miteigentümern des Projektes gleichartige Verträge abgeschlossen. Ein Erwerb der Liegenschaftsanteile über einen anderen Vertragserrichter wäre somit gar nicht möglich gewesen. Die vertraglich übernommene Bezahlung der 1,5%igen Vertragserrichtungsgebühr zuzüglich USt war somit eine sonstige Leistung nach § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG und die Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage erweist sich laut Erkenntnis des zu GZ 2001/16/0353 daher als nicht rechtswidrig."


Dagegen brachte der anwaltlich vertretene Bf am   einen Vorlageantrag ohne
ergänzende Begründung ein.

Festgestellter Sachverhalt


Mit Kauf— und Anwartschaftsvertrag vom erwarb der Bf von der Verkäuferin eine Eigentumswohnung um einen Gesamtkaufpreis von 379.180,00 Euro. Die Vertragserrichtungskosten dafür belaufen sich auf 6.825,24 Euro. Die Verkäuferin ist Bauträgerin iSd BTVG. Treuhänder sowie Vertragserrichter war Dr. Wilhelm Anton Kubin, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Münzgrabenstraße 36.

Bei Einsichtnahme des Gerichts in die Urkundensammlung des Grundbuches wurde festgestellt, dass RA bei sämtlichen Verkäufen dieses Objektes als Vertragserrichter fungierte und diese Verträge - jeweils angepasst an Wohnungseigentumsobjekt sowie Kaufpreis - nahezu gleichlautend sind.


Der Kaufvertrag lautet auszugsweise:


§ 1 Präambel

3. Der WEB ist über das Bauvorhaben Ort informiert und bestätigt hiemit, eine Woche vor Abgabe seiner Vertragserklärung, vom Bauträger diesen Vertragstext sowie schriftlich nachstehende Informationen und Projektunterlagen erhalten zu haben:

a) Beschreibung, Darstellung, Ausmaß, Lage und Widmung des eigentlichen Vertragsgegenstandes (Wohnungseigentumsobjekt samt Zubehör) sowie der, vom WEB gewöhnlich nutzbaren Teile der Gesamtanlage samt Plänen, Bau- und Ausstattungsbeschreibung sowie Hinweis, dass der eigentliche Vertragsgegenstand oder die Gesamtanlage nicht in einem Hochwasserabflussgebiet liegt und die Liegenschaft nicht im Verdachtsflächen- oder Bombenkataster oder Altlastenatlas verzeichnet ist,
b) Fixpreis, mit dem Erwerb verbundene Abgaben und Steuern, die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung sowie die Fälligkeit dieser Zahlungen,
c) spätester Übergabetermin des eigentlichen Vertragsgegenstandes und Zeitpunkt der Fertigstellung der vom WEB gewöhnlich nutzbaren Teile der Gesamtanlage,
d) allfällige vom WEB zu übernehmende dingliche oder obligatorische Lasten,
e) Sicherstellung des WEB gemäß § 9 BTVG 2010 durch Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 und Zahlung nach Ratenplan A gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 BTVG 2010,
f) RA, als der vom Bauträger gemäß § 12 BTVG 2010 bestellte Treuhänder,
[. . .]


§4 Treuhänderbestellung und Sicherstellung gem. BTVG 2010

1. Der Bauträger hat bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages mit einer gesonderten Urkunde RA, zum Treuhänder für dieses Projekt gemäß § 12 BTVG 2010 bestellt und vereinbaren die Vertragsparteien Sicherstellung der, vom WEB geleisteter Zahlungen, die grundbücherliche Sicherstellung gemäß § 9 BTVG 2010 durch Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 und Zahlung nach Ratenplan A gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 BTVG 2010.

2. Der WEB nimmt zur Kenntnis, dass aufgrund der Treuhänderbestellung gemäß § 12 BTVG 2010 die Treuhandfunktion von RA, und somit seine Tätigkeit als Treuhänder erst mit Ende der Sicherungspflicht gemäß § 7 Abs. 5 BTVG 2010, somit mit tatsächlicher Übergabe des fertig gestellten Vertragsobjektes und rechtskräftiger Einverleibung des ideellen Mindestanteiles gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 9 WEG 2002 samt Wohnungseigentum zugunsten des WEB, endet. Aufgrund der Bestimmungen des BTVG 2010 hat der Treuhänder insbesondere die Verpflichtung,
a) den WEB über die Natur des Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren, insbesondere über die, nach dem Vertrag zur Verfügung stehenden, Möglichkeiten der Sicherung gemäß § 7 BTVG 2010 einschließlich der jeweiligen Rechtsfolgen für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauträgers sowie über den Haftrücklass gemäß § 4 Abs. 4 BTVG 2010 und seine Rechtsfolgen, […] […]


§ 7 Wohnungseigentumsvertrag
Der, aufgrund der Bestimmungen des WEG 2002 in der jeweils geltenden Fassung, vom Treuhänder und Vertragserrichter, RA, im Namen der Vertragsparteien zu errichtende, abzuschließende und zu unterfertigende Wohnungseigentumsvertrag hat die gesetzlichen Mindesterfordernisse bzw. nachstehende wesentliche Vertragsbestandteile wie folgt zu enthalten:
[…]


§ 17 Kosten, Abgaben, Steuern und Gebühren
1. Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung und Treuhandabwicklung gemäß § 12 BTVG 2010, die mit diesen Verträgen verbundenen Barauslagen, die Treuhandkontoführungsgebühren und -spesen, die Grunderwerbsteuer und die grundbücherliche Eintragungsgebühr für das Eigentumsrecht, mit Ausnahme der vom Bauträger zu tragenden Kosten der Baufortschrittsüberprüfung durch den Sachverständigen gemäß § 13 Abs. 2 BTVG 2010, der vertraglich ausbedungenen Geldlastenfreistellung der vertragsgegenständlichen Miteigentumsanteile und der Erstellung des Nutzwertgutachtens gemäß § 9 Abs. 1 WEG 2002, gehen zu Lasten des WEB, der auch ausschließlich den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat.[…]

2. Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des
Wohnungseigentumsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung werden mit 1,5% des Gesamtkaufpreises zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer zuzüglich der notariellen Beglaubigungsspesen und zuzüglich jeweiliger Barauslagen (Pauschalgebühr, Grundbuch, Archivierungsgebühren, Grundbuchsauszüge, Kopierspesen und Porto) zuzüglich Treuhandkontoführungsgebühren und-spesen vereinbart und verpflichtet sich der WEB, diese Kosten binnen vierzehn Tagen nach Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 zu bezahlen.
[...]


Die Abgabenbehörde setzte aufgrund des Vertrages die GrESt mit 3,5 % vom Kaufpreis
inklusive Vertragserrichtungskosten (386.005,24 Euro) fest.

Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die dem Bundesfinanzgericht vorgelegten sowie von diesem eingesehenen Unterlagen, den Grundbuchsauszug samt Kauf-und Anwartschaftsvertrag sowie aus der Urkundensammlung die weiteren Verträge zur gegenständlichen Liegenschaft.

Rechtslage und Erwägungen


Strittig ist im konkreten Fall die Einbeziehung der Vertragserrichtungskosten iHv
6.825,24 Euro in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage, sohin GrESt iHv 238,88 Euro.


Gem. § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis
einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem
Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.


Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ist nach ständiger Rechtsprechung ein eigenständiger Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Was Gegenleistung ist, wird in § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt. Überall dort, wo die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, weil eine solche vorliegt und ermittelt werden kann, bildet jede nur denkbare — geldwerte entgeltliche - Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, einen Teil der Bemessungsgrundlage.

Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt und ist sohin die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält (siehe zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrssteuern, Band II Grunderwerbsteuer, Rz 1 — 6 zu § 5 mit einer Vielzahl von Judikaturverweisen).


Zu den „sonstigen Leistungen“ zählen alle Leistungen, die der Käufer dem Verkäufer oder für diesen an Dritte leistet, um das Kaufgrundstück erwerben zu können und deren Erbringung in einem unmittelbaren, wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes steht (zB , ).


Grundsätzlich gehören Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund einer Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, zur Gegenleistung (). Übernommene Leistungen iS des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 sind somit auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es auf Grund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (siehe Fellner aaO, Rz 64 ff. zu § 5 und die dort angeführten zahlreichen hg. Erkenntnisse).

Festzuhalten ist, dass der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist, für deren Beurteilung es sohin nicht auf die äußere Form von Verträgen, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt ankommt bzw. die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden können. Wenn die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer zwar an Vorgänge des rechtlichen Verkehrs anknüpft, kann auch bei einer solchen Abgabe die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ganz außer Betracht bleiben.

So dürfen etwa bei Beantwortung der Frage, in welcher Höhe die Grunderwerbsteuer zu erheben ist, die wahren wirtschaftliche Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden (vgl. VwGH 23.20.1969, 1485, 1486/68). Die wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt auch im Bereich des Verkehrsteuerrechts immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und dem Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde ( 531, 532/74 u. a.).


Die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zählen nach der Rechtsprechung () und Lehre (nochmals Fellner, Rz 79 zu § 5 GrEStG) nur dann zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage, wenn der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen.
Beauftragt nämlich der Veräußerer allein die Verfassung der Vertragsurkunde, dann entstehen nur ihm als Auftraggeber dafür Kosten. Verpflichtet sich der Käufer diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zur Gänze durch Zahlung an den Vertragsverfasser zu übernehmen, dann erbringt er in diesem Umfang eine sonstige Leistung, die er aufwenden musste, um das Grundstück zu erhalten.


Die Beurteilung der hier strittigen Frage, ob gegenständliche Vertragserrichtungskosten einen Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung bilden ist nach oben dargelegter Rechtsprechung danach zu beurteilen, wer von den beiden Vertragsparteien den vertragserrichtenden Rechtsanwalt mit der Errichtung  beauftragt hat und wer zivilrechtlich zur Tragung der diesbezüglichen Kosten verpflichtet war.


Der Bf bestätigt im § 1 Punkt 3 des Kauf – und Anwartschaftsvertrages, dass er über
das Bauvorhaben informiert worden ist und vom Bauträger diesen Vertragstext erhalten
habe. Weiters bestätigt er den Erhalt von Informationen und Projektunterlagen (vgl § 1
Punkt 3b: „Fixpreis, mit dem Erwerb verbundene Abgaben und Steuern, die Kosten der
Vertragserrichtung und –abwicklung sowie die Fälligkeit dieser Zahlungen).


Im § 4 des Vertrages nimmt der Bf zur Kenntnis, dass die Treuhandfunktion von RA erst mit tatsächlicher Übergabe des fertig gestellten Vertragsobjektes und rechtskräftiger Einverleibung des ideellen Miteigentumsanteiles zu Gunsten des WEB endet. Der Treuhänder hat auf Grund der Bestimmungen des BTVG insbesondere die Verpflichtung, den WEB über die Natur des Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren. 


Im § 13 des Vertrages verpflichtet sich der Bf als WEB wiederum, bei
entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung ihrer Miteigentumsanteile bzw.
ihres Anwartschaftsrechtes bis zum Zeitpunkt der Wohnungseigentumsbegründung
ausschließlich den beauftragten Vertragserrichter und Treuhänder RA zu beauftragen.


Schließlich erteilen die Vertragsteile im § 15 des Vertrages RA Vollmacht zur Errichtung und zur grundbücherlichen Abwicklung dieses Vertrages.
Mit der Unterfertigung des Vertrages unterzeichnete der Bf den Kaufvertrag und
gleichzeitig die darin enthaltene Bevollmächtigung.


Erst mit der Unterzeichnung des Vertrages entstand auch eine vorher nicht bestandene
Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und dem Bf. Hätte der Bf nicht unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit der Verkäuferin und keine
Bevollmächtigung des Vertragserrichters zustande gekommen. Das Kostenrisiko
für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin,  nicht aber auch die
Beschwerdeführerin treffen können.

Diese Umstände sprechen für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung.


Lt. Vertragspunkt § 17 wurden "diese Kosten der Errichtung des Kauf- und
Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages […] auf den Bf. übertragen, der auch ausschließlich den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat."


Bei einer ausschließlich formal-rechtlichen Betrachtung dieses Vertragsinhaltes
– konkret § 17 - käme dem Beschwerdevorbringen im Ergebnis Berechtigung zu.

Unter Heranziehung obiger Ausführungen ist allerdings der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen und kommt es daher für die Beurteilung nicht auf die äußere Form des Vertrages, sondern auf die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges an.

Der tatsächliche Geschehensablauf bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen der Errichtung von Wohnhausanlagen mit mehreren stellt sich aber nach der Lebenserfahrung bzw. den Erfahrungen im Wirtschaftsleben vielmehr (nahezu) ausschließlich so dar, dass im Zuge der Projektentwicklung die Veräußererseite an einen Rechtsanwalt oder Notar mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantritt, welcher dann – lediglich adaptiert hinsichtlich des jeweiligen Wohnungsverkaufes bzw. Miteigentumsanteiles, Käufers und Kaufpreises - den einzelnen Kaufinteressenten zur Begutachtung und zur Unterfertigung vorgelegt wird, worin sich sohin bezüglich der Vertragserstellung die von den Käufern zu entfaltende Aktivität erschöpft.

Insbesondere in Zusammenhang mit der Errichtung von solchen Projekten mit mehreren Wohnungen bzw. Appartements kann ausgeschlossen werden, dass jeder einzelne Käufer für sich individuell einen Vertragsverfasser auswählt und mit der Vertragserrichtung für sich beauftragt, was wohl einen unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenmehraufwand für annähernd gleiche Verträge darstellen würde, der auch seitens der Verkäufer wenig erwünscht ist. (vgl. etwa ; , RV/7102439/2019)

Daneben ist durch die Einsichtnahme des BFG in das Grundbuch samt Urkundensammlung zu den weiteren Verkäufen in dem Projekt erwiesen, dass bei sämtlichen Verkäufen RA als Vertragserrichter fungierte und mit allen Käufern – jeweils nur adaptiert hinsichtlich der Wohnungseinheit und des Kaufpreises –  mit der gegenständlichen Vertragsurkunde inhaltlich nahezu vollständig ident abgefasste Kauf-, Bauträger- und Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen wurde.


Zudem ergibt sich aus dem Vertrag, dass der Treuhänder bereits vor Unterfertigung des
Vertrages vom Bauträger bestellt worden ist (§ 4 Treuhänderbestellung).


Wie auch aus oben dargelegtem VwGH-Erkenntnis vom , 2001/16/0353 ersichtlich, ist gerade dann, wenn – wie hier - die Käuferin mit der Unterfertigung des Vertrages den Kaufvertrag und die darin enthaltene Bevollmächtigung gleichzeitig unterzeichnet, erst mit der Unterzeichnung des Vertrages auch eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und der Käuferin entstanden. Es ist davon auszugehen, dass mangels Vertragsunterfertigung kein Vertrag mit der Verkäuferin, aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragsverfassers zustande gekommen wäre und damit das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes, der ja im Hinblick auf die gleichlautenden Verträge mit allen übrigen Erwerbern als Mustervertrag offenkundig vorabgefertigt vorgelegen war, nur die Verkäuferin und nicht auch den Bf getroffen hätte.
Diese Umstände sprechen laut VwGH für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung.
Auch die Einbindung einer Regelung über die Höhe und Bezahlung der Vertragserrichtungskosten in den Vertrag ergibt nur dann rechtlich Sinn, wenn es sich dabei um eine vom Bf gegenüber der Verkäuferin übernommene Verpflichtung zur Tragung von Kosten handelt. Wären dies nämlich solche Kosten gewesen, die den Bf jedenfalls infolge seiner Auftragserteilung an den Vertragsverfasser zivilrechtlich getroffen hätten, dann hätte es einer solchen vertraglichen Vereinbarung im Rahmen des Kaufvertrages zwischen den Vertragsparteien des Wohnungskaufes gar nicht bedurft. Vielmehr hätte wohl der Vertragsverfasser des Bf als seinem Auftraggeber von sich aus eine entsprechende Honorarnote gelegt.


Die Kosten der Vertragserrichtung waren daher  - entsprechend der Ansicht der Abgabenbehörde – als sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.


Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie
von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird. Zur gegenständlichen Rechtsfrage liegt eine langjährige und einhellige
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Aus diesem Grund handelt es sich
nicht um die Lösung einer Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung", weshalb eine
Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

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betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100661.2019

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