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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2019, RV/7102279/2019

Der Begriff der Säumnis iSd § 217 BAO umfasst nur die verspätete Tilgung, nicht aber Fristverstöße anderer Art wie zB verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf vertreten durch StB  über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien FA vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde gegenüber der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge Bf) ein erster Säumniszuschlag betreffend die Lohnsteuer 12/2017 iHv 3.775,82 Euro festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Festsetzung erforderlich gewesen sei, da die Bf die Lohnsteuer 12/2017 iHv 188.790,79 Euro nicht bis entrichtet habe.

Mit Eingabe vom erhob die Bf gegen den Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages vom fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die ersatzlose Aufhebung des Bescheides bzw in eventu die Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß der Bestimmung des § 217 Abs. 7 Bundesabgabenordnung (BAO).

In der Begründung führte die steuerliche Vertretung der Bf dazu wie folgt aus: „Die hohe Belastung an Lohnsteuer für 12/2017 ist aus der Kündigung des X der Bf mit Ende September 2017, wirksam per , entstanden. Bei der Meldung der Lohnabgaben 12/2017 wurde zunächst nicht der gesamte Betrag vom Finanzamt verbucht, womit eine Nachmeldung des Restbetrags in Höhe von € 188.790,79 notwendig war. Dies wurde von unserer Kanzlei fristgerecht mit erledigt.

Grundsätzlich wollte unsere Klientin die Lohnabgaben in einem Betrag begleichen und hat bis an der Finanzierbarkeit der Gesamtzahlung gearbeitet. Im Laufe des ist jedoch die Entscheidung gefallen, analog zu den Ratenzahlungen der Bezüge an den ehemaligen General Manager, auch die damit im Zusammenhang stehenden Lohnabgaben ratenweise zu begleichen. Aufgrund dieser späten Entscheidung konnten wir den Antrag auf Zahlungserleichterung erst in der Früh des beim Finanzamt einreichen.

Gemäß ständiger Judikatur des VwGH stellt der Säumniszuschlag eine Art Sanktion eigener Art zur Aufrechterhaltung der Abgabenentrichtungspflicht dar. Der Gedanke des Gesetzgebers für den Säumniszuschlag ist eine Art Prävention dafür, dass der Abgabepflichtige seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Finanzbehörde nicht fristgerecht und ordnungsgemäß nachkommt. Dies zeigt auch die Ausgestaltung des Säumniszuschlages, der wiederholt, nämlich insgesamt drei Mal, für die gleiche Abgabe festgesetzt werden kann. Dies, wenn die Säumnis anhält.

Im gegenständlichen Fall geht die Prävention jedoch ins Leere, da unsere Klientin ihren Abgabeverpflichtungen stets fristgerecht und ordnungsgemäß nachgekommen ist. Weiters wurde der Antrag auf Zahlungserleichterung innerhalb der fünf Tage Frist des § 211 Abs. 5 BAO eingereicht. Hätte unsere Klientin den Gesamtbetrag innerhalb der fünf Tage Frist entrichtet, wäre es zu keiner Festsetzung eines Säumniszuschlags gekommen. Bei einer nur eintägigen Säumnis, die letztlich zum gleichen Ergebnis, nämlich der ratenweisen Entrichtung der Abgabenschuld führt, kann unsere Klientin daher nicht schlechter gestellt werden.“

Der Antrag auf Nichtfestsetzung gemäß § 217 Abs. 7 BAO wurde ua wie folgt begründet: „Wie oben dargelegt beträgt die Säumnis für die Lohnsteuer 12/2017 nur einen Tag und liegt – aufgrund des am eingebrachten Antrags auf Zahlungserleichterungen – innerhalb der Fünftagefrist gemäß § 217 Abs. 5 BAO. Dazu darf auch angemerkt werden, dass unsere Klientin in den sechs Monaten vor dem ihren Abgabenverpflichtungen stets fristgerecht und ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Keinesfalls liegt daher hier ein grobes Verschulden unserer Klientin vor.“

Die belangte Behörde erledigte die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom und wies das Beschwerdebegehren als unbegründet ab. In der Begründung hielt das Finanzamt zusammengefasst fest, dass die Respirofrist nur zur Zahlung nicht aber zur verspäteten Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens in Anspruch genommen werden könne.

Gemäß §§ 217 Abs. 4 lit. b iVm 230 Abs. 3 BAO würden zeitgerechte, dh vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachte, Ansuchen um Zahlungserleichterungen die Verwirkung von Säumniszuschlägen verhindern. Da das Zahlungserleichterungsansuchen verspätet eingebracht worden sei, bestehe der Säumniszuschlag zu Recht.

Zum Antrag auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO hielt die belangte Behörde ua fest, dass die Versäumung voraussehbar gewesen sei und mit der gehörigen Sorgfalt abgewendet hätte werden können, weshalb eine auffallende Sorglosigkeit vorliege. Da die Möglichkeit der zeitgerechten Einbringung eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen bestanden hätte, habe nicht von einem nur minderen Grad des Versehens ausgegangen werden können.

Mit Eingabe über FinanzOnline vom beantragte die Bf (nach 2 Anträgen auf Fristverlängerung) fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und kündigte an, eine gesonderte Stellungnahme samt weiterer Begründung des Antrags in den kommenden Wochen nachzureichen.

Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies in einer Stellungnahme im Wesentlichen auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung.

Am  teilte die steuerliche Vertretung der Bf dem Bundesfinanzgericht telefonisch mit, auf ein ergänzendes Vorbringen zu verzichten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die Bf hat der Abgabenverwaltung gegenüber die abzuführende Lohnsteuer für den Monat Dezember 2017 iHv 21.463,30 Euro (Buchung vom ) bzw ergänzend iHv 3.568,26 Euro (Buchung vom ) bekanntgegeben und diese Beträge fristgerecht entrichtet.

Der Nachmeldung der Bf vom entsprechend erfolgte am die Verbuchung eines Restbetrages an Lohnsteuer für den Monat Dezember 2017 iHv 188.790,79 Euro.

Dieser Betrag haftete per am Abgabenkonto der Bf unberichtigt aus.

Hinsichtlich des Rückstandes iHv 188.790,79 Euro stellte die Bf am ein Ansuchen um Zahlungserleichterung, welches von der belangten Behörde mit Bescheid vom in Form von 6 Ratenzahlungen bewilligt worden ist.    

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde von der Lohnsteuer 12/2017 einen Säumniszuschlag iHv 3.775,82 Euro fest.

Mit Überweisung der letzten Rate am tilgte die Bf den offenen Rückstand hinsichtlich der Lohnsteuer 12/2017 vollständig und – im Rahmen der Ratenvereinbarung – fristgerecht. 

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf die übereinstimmenden Angaben der belangten Behörde und der Bf sowie den elektronischen Steuerakt.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall kommen folgende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:

Gemäß § 79 Abs. 1 erster Satz Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften
selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der
Selbstberechnung vorliegt.

Gemäß § 230 Abs. 3 BAO dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden, sofern ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht wurde; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.

Nach §§ 217 Abs. 4 lit. b iVm 230 Abs. 3 BAO verhindern zeitge­rechte Ansuchen um Zahlungserleichterungen die Verwirkung von Säumniszuschlägen. Dies gilt sowohl für den ersten als auch für den zweiten und dritten Säumniszuschlag. Zeitge­recht (iSd § 230 Abs. 3 BAO) ist ein solches Ansuchen, wenn es vor Ablauf der für die Entrichtung der Abgabe zur Verfügung stehenden Frist (zB spätestens am Fälligkeitstag) oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes (iSd § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO) eingebracht wird (Ritz, BAO6, § 217 Tz 18f).

Wie die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom zutreffend ausgeführt hat, wurde das Ansuchen um Zahlungserleichterung vom nicht zeitgerecht, dh nicht vor bzw spätestens am Fälligkeitstag der Lohnsteuer 12/2017 per , eingebracht. Da die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO (ausnahmsweise Säumnis) nur die verspätete Tilgung von Abgabenschuldigkeiten erfasst, wurde der strittige Säumniszuschlag grundsätzlich zu Recht verwirkt.

Die Bf hat in ihrer Beschwerde vom weiters vorgebracht, dass sie im gegenständlichen Fall kein grobes Verschulden iSd § 217 Abs. 7 BAO an der Säumnis treffe.

Die Säumnis für die Lohnsteuer 12/2017 habe nur einen Tag betragen und liege iZm dem Antrag auf Zahlungserleichterung innerhalb der 5-Tages-Frist des § 217 Abs. 5 BAO. Im Übrigen sei sie in den sechs Monaten vor dem ihren Abgabenverpflichtungen stets fristgerecht und ordnungsgemäß nachgekommen.

Da Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO grundsätzlich unbefristet sind und auch – wie im vorliegenden Fall – in einer Beschwerde oder erst im Vorlageantrag betreffend den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden können (vgl Ritz, BAO6, § 217 Tz 65f), war über den Antrag der Bf wie folgt abzusprechen.

Das Antragsrecht auf Herabsetzung bzw Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen setzt voraus, dass den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt (Ritz, BAO6, § 217 Tz 43, mit Judikaturnachweis). Eine (lediglich) leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (Ritz, BAO6, § 217 Tz 44, mit Judikaturnachweisen).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt keine leichte Fahrlässigkeit vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt (bspw ). Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (zB ; , 2009/15/0096; , 2009/16/0098; , 2012/13/0051).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst der Begriff der Säumnis iSd § 221 Abs. 1 erster Satz BAO (nunmehr § 217 Abs. 1 BAO) nur die verspätete Tilgung, nicht aber Fristverstöße anderer Art wie zB verspätete Zahlungserleichterungsansuchen, verspätete Abgabe von Erklärungen usw (). Dieser Rechtsansicht folgt auch die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes (zB , mwN).

Im Sinne der angeführten Rechtsprechung liegt im gegenständlichen Fall kein unter die Begünstigung des § 217 Abs. 7 BAO fallender Sachverhalt vor. Da diese Bestimmung nur eine verspätete Tilgung betrifft, ist sie auf das verspätete Zahlungserleichterungsansuchen vom nicht anwendbar.

Eine Prüfung, aus welchen Gründen das Ansuchen um Zahlungserleichterung (um einen Tag) verspätet eingebracht worden ist und ob die fristgerechte Antragstellung gegebenenfalls nur aus leichter Fahrlässigkeit unterlassen worden ist, konnte daher unterbleiben.

Zusammengefasst wurden keine Gründe vorgebracht, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Säumniszuschlagsbescheides aufzuzeigen.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt,
insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das vorliegende Erkenntnis der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102279.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at