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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.11.2019, RV/7400182/2019

Keine Zahlungserleichterungen bei Gefährdung der Einbringlichkeit

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400182/2019-RS1
Wenn eines der Tatbestandsmerkmale des § 212 Abs 1 BAO nicht erfüllt ist, dann kommt eine Zahlungserleichterung nicht in Betracht und es bedarf daher auch keiner Auseinandersetzung mit dem anderen Tatbestandsmerkmal (; ). Liegt somit bereits eine Gefährdung der Einbringlichkeit vor, ist es nicht mehr erforderlich, das weitere Tatbestandsmerkmal des Vorliegens einer erheblichen Härte zu untersuchen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Name1, Adresse1, vertreten durch Name2, Adresse2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Behörde1 vom , Geschäftszahl1, betreffend Bewilligung einer Zahlungserleichterung zu Recht erkannt: 

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Mit Email vom beantragte die Beschwerdeführerin (unter dem Betreff: Betreff1) eine Zahlungserleichterung.

Es ist mir derzeit leider nicht möglich, den Außenstand zu bezahlen. Ich bin derzeit ohne Einkommen (Text1), bin aber bereit, als Zeichen meiner Zahlungswilligkeit eine monatliche Rate von 25,-- zu bezahlen. Sobald ich wieder arbeitsfähig bin und eine Arbeitsstelle gefunden habe wird eine höhere Rate sicherlich möglich sein.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag auf Bewilligung einer Zahlungserleichterung ab. Der ausgewiesene Rückstand sei sofort nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

Da die angebotenen Ratenzahlungen von EUR 25,00 monatlich in keiner Relation zum ausgewiesenen Rückstand stünden (EUR 9.353,21 an Kommunalsteuer, Dienstgeberabgabe und Säumniszuschlägen), sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Mit Schreiben vom bekämpfte die Beschwerdeführerin die Abweisung ihres Antrags auf Bewilligung einer Zahlungserleichterung.

Der Bescheid wird im gesamten Umfang angefochten.

Die sofortige oder volle Entrichtung der Abgabe ist für mich mit erheblichen Härten verbunden.

Wie ich der Behörde bereits dargelegt habe, habe ich kein Vermögen.

ich beziehe Bezüge vom AMS von durchschnittlich monatlich € 1.600,-.

[...]

Ich stelle daher den Antrag, die Rechtsmittelinstanz wolle der Beschwerde Folge geben und mein Ansuchen um Zahlungserleichterung in Höhe von € 25,--/Monat bewilligen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom als unbegründet ab.

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass die angebotenen Raten in der Höhe von € 25,00 im Hinblick auf den Gesamtrückstand in keinem akzeptablen Verhältnis stünden.

In der Beschwerde würden die finanziellen Verhältnisse nochmals dargelegt und auf Vereinbarungen mit anderen Gläubigern hingewiesen. Es könnten nur € 25,00 angeboten werden und auch in absehbarer Zukunft sei auf Grund der persönlichen Verhältnisse der Verpflichteten mit keiner Änderung zu rechnen.

Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen könne die Abgabenbehörde für Abgaben den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet würde.

Fehle nur eine dieser beiden Voraussetzungen sei der Antrag abzuweisen. Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes sei die Einbringlichkeit gefährdet und somit könne eine Zahlungserleichterung nicht gewährt werden.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

In ihrer Stellungnahme im Vorlagebericht führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die Beschwerdeführerin für Kommunalsteuer/Dienstgeberabgabe in der Höhe von € 9.353,21 hafte.

Die Bewilligung einer Zahlungserleichterung stelle eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen trete die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund.

Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende habe also einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Der Begünstigungswerber habe daher die Voraussetzungen einer Zahlungserleichterung aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen.

Es wären weder die Vereinbarungen mit den anderen Gläubigern vorgelegt, noch ein verbessertes Ratenangebot gemacht worden. Ein ernsthafter Wille, eine entsprechende Vereinbarung mit der Abgabenbehörde zu erlangen, sei aus dem Gesamtsachverhalt nicht erkennbar.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Strittig ist die Bewilligung eines Antrages auf Zahlungserleichterungen in Form einer Ratenzahlung.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Antrag auf Zahlungserleichterungen vom , den Bescheid der belangten Behörde vom , die Beschwerde vom , die Beschwerdevorentscheidung vom , den Vorlageantrag vom , den Vorlagebericht, den Firmenbuchenstand (betreffend GmbH1), die Ediktsdatei des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (Abfragedatum ).

Der beschwerdegegenständliche Abgabenrückstand resultiert aus einer Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe und beträgt einschließlich der Säumniszuschläge € 9.353,21.

Bei einem Abgabenrückstand von € 9.353,21 und einer monatlichen Zahlung von € 25,00 würde die Begleichung der Abgabenschulden – unter Außerachtlassung von Stundungszinsen - einen Zeitraum von über 31 Jahren in Anspruch nehmen.

Die Beschwerdeführerin war Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der GmbH1, FN1.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien Beschluss1 wurde über diese Gesellschaft der Konkurs eröffnet.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien Beschluss2 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.

In der Folge wurde die Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Mit Wirkung vom Datum1 wurde über die Beschwerdeführerin ein Schuldenregulierungsverfahren unter der GZ Zahl1 eröffnet.

[...]

Eine Gefährdung der Einbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgaben ist jedenfalls gegeben.

2. Beweiswürdigung

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus unter Punkt II.1. angeführten Beweismitteln.
Insbesondere die Gefährdung der Einbringlichkeit ist bereits aus den seitens der Beschwerdeführerin selbst gemachten Angaben und dem Umstand der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 212 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Die für Ansuchen um Zahlungserleichterungen geltenden Vorschriften sind gemäß § 212 Abs 4 BAO auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Ansuchen und auf solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge (§ 264 BAO) sinngemäß anzuwenden.

Voraussetzung für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung ist neben einem entsprechenden Antrag das Vorliegen einer erheblichen Härte und gleichzeitig der Umstand, dass die Einbringung der Abgaben nicht gefährdet ist. Diese Voraussetzungen hat der Abgabepflichtige in seinem Antrag auf Gewährung von Zahlungserleichterungen aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand seiner Einkommens- und Vermögenslage überzeugend darzulegen ().

Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag tätig wird ().

Darüber hinaus tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung generell bei Begünstigungsbestimmungen in den Hintergrund (zB ; ).

Für die bescheidmäßige Bewilligung einer Zahlungserleichterung müssen sämtliche gesetzlich vorgesehenen Bedingungen erfüllt sein. Es ist daher zu prüfen, ob - sofern ein Antrag des Abgabepflichtigen vorliegt - die sofortige (volle) Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte darstellt und die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Bei Vorliegen all dieser Voraussetzungen steht es im Ermessen der Abgabenbehörde, die beantragte Zahlungserleichterung zu bewilligen. Fehlt hingegen auch nur eine der genannten Voraussetzungen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum, sondern die Behörde hat diesfalls den Antrag aus Rechtsgründen abzuweisen (zB ). Eine allfällige Ermessensübung hat sich dabei vor allem am Zweck der Norm zu orientieren ().

Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Zahlungserleichterung aber bereits dann ausgeschlossen, wenn auch ohne Zahlungsaufschub die Einbringlichkeit gefährdet ist (zB ).

Ist schon auf Grund der wirtschaftlichen Lage des Abgabepflichtigen die Einbringlichkeit gefährdet, dann besteht somit für die Gewährung von Zahlungserleichterungen ebenso kein Raum als wenn die Einbringlichkeit erst durch den Aufschub gefährdet wäre ().

Für die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit sind Anhaltspunkte tatsächlicher Art nötig (). Zu einem Abgabenausfall braucht es noch nicht gekommen sein; schlechte Einkommens- und Vermögensverhältnisse, voraussehbar geringes künftiges Einkommen, Vermögenslosigkeit oder Vorbelastungen rechtfertigen im Allgemeinen die Annahme einer Gefährdung der Einbringlichkeit. Umstände, die eine solche Gefährdung darstellen, können insbesondere bei drohendem Insolvenzverfahren sowie nach der Lage des Falles bei einer Überschuldung des Abgabepflichtigen gegeben sein (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 212 Rz 19 [Stand , rdb.at]).

In ihrem Antrag vom hat die Beschwerdeführerin selbst angegeben, es sei ihr „nicht möglich, den Außenstand zu bezahlen“, da sie derzeit ohne Einkommen wäre. Überdies wäre sie auch augenblicklich nicht arbeitsfähig. Eine Begründung warum unter diesen Umständen und in Anbetracht einer derart langen Zahlungsfrist, mithin eines sehr langen Aufschubs, die Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes durch die Gewährung der beantragten Zahlungserleichterung nicht gefährdet sein sollte, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Vielmehr ergibt sich aus der Darstellung der Beschwerdeführerin, dass ganz generell die Einbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgaben gefährdet ist.

In der Beschwerde vom hat die Beschwerdeführerin weitere Sachverhaltsumstände genannt, wie ihre Haftung aus dem Konkurs der GmbH1, für welche sie als Geschäftsführerin persönlich für verschiedene Forderungen bzw. Abgaben in beträchtlicher Höhe hafte, das Bestehen einer Verbindlichkeit gegenüber der BankX in Höhe von „€ 66.000,- (!!!)“ als auch das Bestehen weiterer Verbindlichkeiten gegenüber der Sozialversicherungsanstalt und der BankY.
Daraus wird aber noch deutlicher, dass eine akute Gefährdung der Einbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgabenschuld gegeben ist. Die Bezahlung der Schulden gegenüber der Volksbank Wien AG im Wege einer monatlichen Rate von € 25,00 würde – ohne Berücksichtigung einer möglichen Verzinsung – einen Zeitraum von 220 Jahren in Anspruch nehmen.

Hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen mitgeteilt, dass sich diesbezüglich keine Änderung ergeben hätte.

In der Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde ihre Abweisung mit der Gefährdung der Einbringlichkeit begründet.

Einer Berufungsvorentscheidung kommt Vorhaltscharakter zu (zB ).

Im Vorlageantrag vom hat die Beschwerdeführerin aber keinerlei Angaben zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit gemacht, obwohl es an ihr gelegen wäre, die fehlende Gefährdung der Einbringlichkeit zu behaupten und näher zu konkretisieren.

Bereits auf Grund der seitens der Beschwerdeführerin selbst angeführten Sachverhaltsangaben ist also von einer Gefährdung der Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes, und zwar auch ohne Gewährung einer Zahlungserleichterung auszugehen.

Durch die Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über die Beschwerdeführerin, im Rahmen dessen die Insolvenzgläubiger laut Zahlungsplanvorschlags insgesamt 1,721% ihrer Forderungen (in 60 gleich großen Teilquoten zu je 0,0287%) erhalten sollen, ist die Gefährdung der Einbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgabenschuld endgültig als erwiesen anzusehen.

Ist eines der Tatbestandsmerkmale des § 212 Abs 1 BAO aber nicht erfüllt, so kommt eine Zahlungserleichterung nicht in Betracht und es bedarf daher auch keiner Auseinandersetzung mit dem anderen Tatbestandsmerkmal (; ).

Da im Beschwerdefall bereits eine Gefährdung der Einbringlichkeit vorlag, war es daher nicht mehr erforderlich, das Tatbestandsmerkmals des Vorliegens einer erheblichen Härte zu untersuchen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung ist das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die angeführten Erkenntnisse des VwGH) abgewichen.

Es war daher gemäß § 25a Abs. 1 VwGG zu entscheiden, dass eine Revision im Beschwerdefall nicht zulässig ist.

Wien, am

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