Abweisung einer Beschwerde betreffend Festsetzung der Grundsteuer; eingeschränktes Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide
Rechtssätze
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RV/7400188/2017-RS1 | § 252 Abs 1 bis 3 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein; Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (zB ; , 2000/15/0001; , 2002/14/0005; , 2004/13/0069). Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (; vgl. Ritz, BAO6, § 252 Rz 3). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs und Abgabewesen, Buchhaltungsabteilung 34 vom , betreffend Grundsteuer zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Im Einheitswertakt Aktenzeichen EW-Nr.1 erhöhte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mit Bescheid vom für das Grundstück des Beschwerdeführers,(Bf.), in 1190 Wien, ****gasse, KG, Einlagezahl xxx, den Einheitswert mit Wirkung von € 21.100,00 um 35 % auf € 28.400,00, und setzte mit Grundsteuermessbescheid vom gleichen Tage den Grundsteuermessbetrag mit € 53,15 fest.
Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten Bescheid, welcher dem Bf. am zugestellt worden ist, setzte die belangte Behörde für dieses Grundstück zu Einheitswert-Aktenzeichen EW-Nr.1 gegenüber dem Bf. die Grundsteuer mit einem Jahresbetrag von € 265,75 fest; im Wesentlichen mit der Begründung, dass diese Steuerfestsetzung auf dem, vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glückspiel, mit dem o.a Bescheiden, festgesetzten Einheitswert und Grundsteuermessbetrag beruhe. Gemäß § 1 des Grundsteuergesetzes 1955 unterliege das o.a. Grundstück der Grundsteuer. Der Grundsteuerjahresbetrag sei nach einem Hundertsatz (Hebesatz) des Steuermessbetrages zu berechnen. Für Wien betrage dieser derzeit 500 v. H. des Steuermessbetrages.
Dagegen brachte der Bf. fristgerecht Beschwerde ein. Die verfahrensgegenständliche Liegenschaft werde unverändert als Weingarten benutzt. Eine Änderung der faktischen Gegebenheiten sei daher nicht eingetreten, es seien zuletzt sogar neue Weinstöcke und Obstbäume gepflanzt worden. Eine Neufestsetzung des Einheitswertes bzw. des Grundsteuermessbetrages sei ihm nicht nicht bekannt. Es bestehe auch kein Rechtsgrund für eine solche Änderung, zumal es eben keinerlei Nutzungsänderung gegeben habe. Der Weingarten werde laufend als solcher gepflegt und nicht zu Erholungszwecken verwendet. Aus diesem Grund würden der Anhebung der Grundsteuerbemessungsgrundlage die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Er beantrage sohin die Aufhebung des Grundsteuerbescheids.
Diese Beschwerde wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Nach § 194 Abs. 1 BAO habe, wenn die Abgabenvorschriften die Festsetzung einer Abgabe aufgrund von Steuermessbeträgen anordnen, das Finanzamt durch Messbescheid den Steuermessbetrag festzusetzen. Der streitverfangenen Festsetzung liege der, vom zuständigen Finanzamt bescheidmäßig unter EW-Nr.1 festgestellte Grundsteuermessbetrag und der, diesem zugrundeliegende, ebenfalls unter EW-Nr.1, festgestellte Einheitswert zu Grunde. In den Fällen, in denen ein Bescheid auf einem Messbescheid beruht, sei- im Falle der Änderung des zugrunde liegenden Bescheides- ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten sei oder nicht, der Bescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen. Die Festsetzung des Steuermessbetrages sei selbstständig anfechtbar.Nach § 252 Abs. 1 BAO könne ein Abgabenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass Entscheidungen unzutreffend seien, die in dem, der Abgabenfestsetzung zugrunde liegenden Feststellungsbescheid getroffenen worden sind. Nach § 252 Abs. 2 BAO gelte Abs. 1 sinngemäß, wenn einem Bescheid Feststellungen zugrunde liegen, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind.
Letztlich wurde festgehalten, dass mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid über die bebaute Fläche zur o.a. Einheitswert-Aktenzahl und nicht über die landwirtschaftliche Nutzfläche abgesprochen worden sei.
In der Folge brachte der Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag ein, welchen er sinngemäß wie folgt begründete: Er habe beim Finanzamt um Zustellung der, der bekämpften Vorschreibung zugrunde liegenden, Bescheide ersucht. Er könne erst nach deren Erhalt eine inhaltliche Prüfung vornehmen. Eine Unterscheidung zwischen Weingarten als landwirtschaftliche Fläche und bebaute Fläche könne er nicht nachvollziehen. Das Grundstück stelle eine Einheit dar und das einzige Gebäude darauf sei ein Schuppen, der im Rahmen des Weingartens verwendet werde. Eine Nutzung der Hütte als Erholungszweck erfolge nach wie vor nicht. Aus diesem Grund würden die, für eine Anhebung der Grundsteuerbemessungsgrundlage, notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Es werde daher weiterhin die Aufhebung des Grundsteuerbescheides beantragt.
Das Finanzamt für Gebühren und Glücksspiel verfügte, aufgrund des genannten Zustellansuchens des Bf., eine neuerliche Zustellung des genannten Einheitswert- bzw.Grundsteuermessbescheides zu EW-Nr.1,da die erste Zustellung ohne Zustellnachweis (§ 26 Abs.1 ZustG) angeordnet worden ist, sodass dem Finanzamt kein Beweis für eine, gegenüber dem Bf., wirksam erfolgte Zustellung vorgelegen ist. (§ 26 Abs.2 erster Satz ZustG). Die vom Bf. ersuchte Zustellung erfolgte- lt. Zustellnachweis- am .
Das Bundesfinanzgericht hat hiezu erwogen:
Rechtslage:
Die , für die Festsetzung der Grundsteuer, maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:
§ 1 Abs. 1 Grundsteuergesetz 1955:
(1) Der Grundsteuer unterliegt der inländische Grundbesitz. Grundbesitz ist:
1. Das land- und forstwirtschaftliche Vermögen (§§ 29 bis 50 des Bewertungsgesetzes 1955);
2. das Grundvermögen (§§ 51 bis 56 des Bewertungsgesetzes 1955);
3. das Betriebsvermögen, soweit es in Betriebsgrundstücken besteht (§ 60 des Bewertungsgesetzes 1955).
(1) Der Jahresbetrag der Steuer ist nach einem Hundertsatz (Hebesatz) des Steuermeßbetrages oder des auf die Gemeinde entfallenden Teiles des Steuermeßbetrages zu berechnen. Der Hebesatz wird nach Maßgabe der Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung von der Gemeinde festgesetzt.
(2) Der Hebesatz muß für alle in der Gemeinde gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (§ 1 Abs. 2 Z 1) einheitlich sein. Das gleiche gilt von dem Hebesatz für die in der Gemeinde gelegenen Grundstücke (§ 1 Abs. 2 Z 2). Der Hebesatz für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe kann jedoch von dem Hebesatz für die Grundstücke abweichen.
Der Jahresbetrag der Steuer ist mit Steuerbescheid festzusetzen. Diese Festsetzung gilt innerhalb des Hauptveranlagungszeitraumes der Grundsteuermeßbeträge auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Steuerbescheid zu erlassen ist.
Gem. Art. 1 der Verordnung des Gemeinderates, mit der der Hebesatz der Grundsteuer festgesetzt wird (Wien), beträgt der Hebesatz 500 vH.
Die verfahrensmaßgeblichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) lauten:
§ 194. (1) Wenn die Abgabenvorschriften die Festsetzung einer Abgabe auf Grund von Steuermeßbeträgen anordnen, hat das Finanzamt durch Meßbescheid den Steuermeßbetrag festzusetzen. Die Festsetzung des Steuermeßbetrages ist, auch wenn sie mit der Abgabenfestsetzung in einem Bescheid vereinigt ist, selbständig anfechtbar.
(2) Auf die Festsetzung der Steuermeßbeträge finden die für die Festsetzung der Abgaben geltenden Vorschriften sinngemäß Anwendung.
(3) In der Festsetzung des Steuermeßbetrages liegt auch die Feststellung der sachlichen und persönlichen Abgabepflicht.
§ 195. Die Steuermeßbeträge und die anderen Feststellungen, die in den Meßbescheiden enthalten sind (§ 194 Abs. 3), werden den Abgabenbescheiden zugrunde gelegt, auch wenn die Meßbescheide noch nicht rechtskräftig geworden sind.
§ 252. (1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.
§ 295. (1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.
(2) Ist ein Bescheid von einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten, so gilt Abs. 1 sinngemäß.
Nach Aktenlage ist folgender Sachverhalt entscheidungsmaßgeblich:
Mit Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid vom , welcher dem Bf.am zugestellt worden ist, wurde der Einheitswert für den eingangs angeführten Grundbesitz des Bf. um 35 v. H. von € 21.100,00 auf € 28.400,00 erhöht und, damit einhergehend, der Grundsteuermessbetrag auf € 53,15 erhöht.
Auf Grundlage dieses erhöhten Einheitswertes bzw. erhöhten Grundsteuermessbetrages schrieb die belangte Behörde dem Bf.mit dem bekämpften Bescheid die Grundsteuer unter Anwendung des Hebesatzes von 500 v.H. mit € 265,75 vor.
In seiner Beschwerde wendet sich der Bf. gegen die Anhebung der Grundsteuerbemessungsgrundlage.
Beweiswürdigung:
Beim streitgegenständlichen Grundstück handelt es sich unstrittig um ein inländisches Grundstück, weshalb der Anwendungsbereich des Grundsteuergesetzes 1955 eröffnet ist und das Grundstück der Grundsteuer unterliegt. Gemäß § 27 Grundsteuergesetz 1955 ist der Jahresbetrag nach einem Hundertsatz des Steuermessbetrages zu berechnen. Dieser Steuermessbetrag wurde mittels Grundsteuermessbescheid vom , welcher mit dem erhöhten Einheitswertbescheid von gleichen Tage einhergegangen ist, gemäß § 28 Grundsteuergesetz 1955 iVm. § 194 Abs. 1 BAO vom dafür zuständigen Finanzamt festgesetzt. Der bekämpfte Bescheid wurde von diesen Grundlagenbescheiden, welche gegenüber dem Bf., iSd § 97 Abs.1 lit.a BAO, durch Zustellung am wirksam geworden sind, abgeleitet
§ 252 Abs 1 bis 3 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein; Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (zB ; ; ; ). Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist () (vgl. Ritz, BAO6, § 252 Rz 3).
Die Beschwerde befasst sich mit dem Fehlen eines Rechtsgrundes für die Erhöhung der Grundsteuerbemessungsgrundlage. Da somit Einwendungen gegen, in den o.a. Grundlagenbescheiden getroffene, Feststellungen vorgebracht werden, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen; Dabei war nicht schädlich, dass diese Grundlagenbescheide erst nach Erlassung des abgeleiteten Bescheides () gegenüber dem Bf.am wirksam geworden sind. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 295 Abs. 1 BAO ist abzuleiten, dass abgeleitete Bescheide vor Erlassung des jeweiligen Grundlagenbescheides ergehen dürfen (z.B. ; ; ).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Revision nicht zulässig ist.
Aus den aufgezeigten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 194 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 194 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 194 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 195 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400188.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at