Einbringung eines Vorlageantrages durch den Sohn der Beschwerdeführerin
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde vom betreffend die Rückforderung im Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016 bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Betrag von 3.079,50 Euro den Beschluss:
Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 264 Abs 4 lit e BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO iVm § 264 Abs 4 lit e BAO als verspätet zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Am erließ die belangten Behörde einen an die Beschwerdeführerin adressierten „ Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)“
für den 1994 geborenen Sohn der Beschwerdeführerin betreffend den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016 (Rückforderungsbetrag iHv 3.079,50 Euro). Dies mit der Begründung, dass für den Sohn der Beschwerdeführerin für den genannten Zeitraum keine Prüfungen und Inskriptionsbestätigungen vorgelegt worden seien; es bestünde daher keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967.
In der gegen den oa Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihr Sohn sich 2015/2016 in Berufsausbildung befunden habe und verwies dabei im Wesentlichen darauf, dass ihr Sohn im Zeitraum Februar bis Juli 2016 ein Praktikum im Rahmen seines Studiums an der FH absolviert hätte.
Mit an die Beschwerdeführerin adressierter Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde der Beschwerde insoweit stattgegeben, als nunmehr Familienbeihilfe für den Monat September 2016 gewährt wurde. Für den Zeitraum Oktober 2015 bis August 2016 wurde die Beschwerde jedoch als unbegründet abgewiesen.
Am brachte der Sohn der Beschwerdeführerin in seinem Namen ein als „Einspruch auf die Beschwerdevorentscheidung vom “ bezeichnetes und von ihm unterfertigtes Schreiben ein, das von der belangten Behörde in verständiger Würdigung als Vorlageantrag qualifiziert wurde.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlagebericht nahm die belangte Behörde wie folgt Stellung:
„Die Beschwerdevorentscheidung vom (Dok.4) war an die Beschwerdeführerin gerichtet. Deren Sohn war daher nicht zur Einbringung eines Vorlageantrages (Dok.5) legitimiert. Laut Aktenlage bestehen außerdem keinerlei Zweifel an einer ordnungsgemäßen Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Beschwerdeführerin (Dok.4, Seite 4). Gegenteiliges wird im Vorlageantrag auch nicht behauptet. Die vom Finanzamt als Vorlageantrag gewertete Eingabe enthält auch nicht ansatzweise einen Hinweis darauf, dass der Antragsteller nicht im eigenen Namen, sondern im Namen seiner Mutter einschreiten würde. Das Finanzamt beantragt daher die Zurückweisung des Vorlageantrages mangels Aktivlegitimation des einschreitenden Sohnes der Beschwerdeführerin.“
Mit Schreiben vom nahm die Beschwerdeführerin zum Vorlagebericht Stellung und führte darin unter anderem aus, ihr Sohn habe das Schreiben vom unterfertigt, „da er volljährig ist und auch die betreffende Person ist“. Zudem legte die Beschwerdeführer als Beilage nochmals das Schreiben vom in einer auch von ihr selbst unterfertigten Fassung vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Mit der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde der von der Beschwerdeführerin eingebrachten Beschwerde vom betreffend die Rückforderung im Zeitraum Oktober 2015 bis September 2016 für ihren Sohn bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Betrag von 3.079,50 Euro teilweise stattgegeben. Die Beschwerdevorentscheidung war an die Beschwerdeführerin gerichtet und ist dieser am postalisch zugegangen.
Am brachte der Sohn der Beschwerdeführerin in seinem Namen ein als „Einspruch auf die Beschwerdevorentscheidung vom “ bezeichnetes und von ihm unterfertigtes Schreiben ein, das in verständiger Würdigung als Vorlageantrag zu qualifizieren ist. Eine Vollmacht des Sohnes der Beschwerdeführer zum Handeln im Namen der Beschwerdeführerin lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor.
Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin nochmals das Schreiben vom in einer auch von ihr selbst unterfertigten Fassung vor.
2. Beweiswürdigung
Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer Vertretungsbefugnis des Sohnes der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Einbringung des Vorlageantrages nicht behauptet. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom darauf verwiesen, dass der Vorlageantrag von ihrem Sohn unterschrieben worden sei, da dieser volljährig sei „und auch die betreffende Person“ sei.
Vor diesem Hintergrund durften die oa Sachverhaltsfeststellungen vom Bundesfinanzgericht gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I (Vorlageantrag vom )
Gemäß § 264 Abs 2 lit a BAO ist zur Einbringung eines Vorlageantrages der Beschwerdeführer befugt. Ferner ist gemäß § 264 Abs 2 lit b BAO auch jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt, zur Einbringung eines Vorlageantrages befugt.
Gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO ist unter anderem § 260 Abs 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vorlageantrag von einem hierzu nicht Legitimierten eingebracht, so ist dieser folglich gemäß § 260 Abs 1 lit a iVm § 264 Abs 4 lit e BAO zurückzuweisen (vgl dazu sinngemäß ).
Ist zweifelhaft, wem ein Anbringen zuzurechnen ist, ist die Behörde bzw das Verwaltungsgericht zu entsprechenden Ermittlungen verpflichtet (vgl zB ; ; ; ; grundlegend ).
Im gegenständlichen Fall wurde der Vorlageantrag vom eindeutig vom Sohn der Beschwerdeführerin im eigenen Namen und nicht in deren Namen und als deren Vertreter eingebracht. Da die Beschwerdevorentscheidung jedoch ausschließlich an die Beschwerdeführerin gerichtet war und ausschließlich ihr gegenüber wirkte, stand dem Sohn der Beschwerdeführerin kein Recht auf Einbringung des Vorlageantrags im eigenen Namen zu.
Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang darauf Bedacht zu nehmen, dass ein Einschreiten des Sohnes der Beschwerdeführerin im Namen der Beschwerdeführerin einer entsprechenden Vollmacht im Zeitpunkt des Einschreitens bedurft hätte (vgl dazu Stoll, BAO-Kommentar 819 f mwN). Diese Voraussetzung ist auch im Anwendungsbereich des § 83 Abs 4 BAO zu erfüllen. Da nach dieser Vorschrift keine Zweifel über den Bestand der Vertretungsmacht bestehen dürfen, ist der Bestand der Vertretungsbefugnis auch dann Voraussetzung der Vertretung, wenn gemäß § 83 Abs 4 BAO von der Vorlage einer ausdrücklichen Vollmacht abgesehen wird (vgl ).
Im gegenständlichen Fall wird das Bestehen einer Vertretungsbefugnis des Sohnes der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Einbringung des Vorlageantrages nicht behauptet. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom darauf verwiesen, dass der Vorlageantrag von ihrem Sohn unterschrieben worden sei, da dieser volljährig sei „und auch die betreffende Person“ sei.
Vor diesem Hintergrund liegt im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die eindeutige Zuordnung der Verfahrenshandlung kein Zweifelsfall vor, bei der sich das Bundesfinanzgericht durch weitere Ermittlungen über die Frage der Zurechnung der Verfahrenshandlung Klarheit verschaffen müsste (vgl ).
Gemäß § 260 Abs 1 lit a iVm § 264 Abs 4 lit e BAO ist der Vorlageantrag vom somit vom Bundesfinanzgericht (§ 264 Abs 5 BAO) als unzulässig zurückzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II (Vorlageantrag vom )
Wie bereits unter Punkt 3.1. ausgeführt wurde, ist gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO unter anderem § 260 Abs 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vorlageantrag nicht fristgerecht eingebracht, so ist dieser folglich gemäß § 260 Abs 1 lit b iVm § 264 Abs 4 lit e BAO zurückzuweisen.
Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall am zugestellt. Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete demnach gem § 108 Abs 2 BAO mit Ablauf des . Der Vorlageantrag vom , bei der belangten Behörde eingelangt am , wurde somit nicht fristgerecht eingebracht und ist somit gemäß § 260 Abs 1 lit b iVm § 264 Abs 4 lit e BAO vom Bundesfinanzgericht (§ 264 Abs 5 BAO) als verspätet zurückzuweisen.
4. Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Beschluss weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt den in den Erkenntnissen vom , 94/17/0222, und vom , 93/17/0053, zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinien, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 264 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101422.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at