Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.01.2020, RV/1100042/2018

1) Besteuerungsrecht hinsichtlich der Einkünfte eines an der Liechtensteinischen Musikschule tätigen Lehrers 2) Berücksichtigung von Werbungskosten (Pendlerpauschale, AfA) 3) Begünstigte Besteuerung sonstiger Bezüge 4) Festsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen 5) Festsetzung von Anspruchszinsen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache XY, vertreten durch die Z Steuerberatung GmbH & Co KG, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch betreffend Aufhebung des Einkommensteuer­bescheides 2015 gemäß § 299 BAO, Einkommensteuer 2015, Einkommensteuervoraus­zahlungen 2017 und 2018 sowie Anspruchszinsen 2015 zu Recht erkannt:


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1.
Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Aufhebung des Einkommensteuer­bescheides 2015 gemäß § 299 BAO sowie Anspruchszinsen 2015 werden als unbegründet abgewiesen.
2.
Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 wird teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
3.
Den Beschwerden gegen die Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 2017 sowie 2018 wird teilweise Folge gegeben.Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2017 werden mit 29.138,00 € festgesetzt.Die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2018 werden mit 30.475,00 € festgesetzt.
4.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.  Der im Inland ansässige Beschwerdeführer bezog in den Streitjahren aus der Tätigkeit als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule resultierende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

2.  Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurden die liechtensteinischen Einkünfte erklärungsgemäß als in Österreich nicht steuerpflichtig behandelt und nur im Wege des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt.

3.  Mit Bescheid vom hob das Finanzamt den Einkommensteuer­bescheid 2015 gemäß § 299 BAO auf und behandelte in dem unter einem ergangenen neuen Einkommensteuerbescheid die liechtensteinischen Einkünfte als in Österreich steuerpflichtig. Mit weiteren Bescheiden vom  setzte das Finanzamt Anspruchszinsen für das Jahr 2015 sowie Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2017 und Folgejahre fest.

4.  Gegen diese Bescheide erhob die steuerliche Vertretung jeweils mit gesondertem Schriftsatz Beschwerde und beantragte, den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO seinerseits aufzuheben, hinsichtlich Einkommensteuer 2015 einen erklärungsgemäßen Bescheid zu erlassen bzw. in eventu die angeführten Werbungskosten (großes Pendlerpauschale, AfA für ein MacBook Air sowie ein iPad Air) zu berücksichtigen, die Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 zu besteuern und die Anspruchszinsen 2015 sowie die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2017 und Folgejahre jeweils mit 0,00 € festzusetzen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer sei auf Grundlage des angeschlossenen Arbeitsvertrages als Musiklehrer für die Liechtensteinische Musikschule tätig. Im Streitjahr 2015 sei das Dienstverhältnis durch das Dienstreglement der Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule geregelt gewesen. Nach Artikel 3 dieses Reglements stünden die Lehrer in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis. Die Besoldung sei durch das Amt für Personal und Organisation und damit direkt durch die Liechtensteinische Landesverwaltung erfolgt. Die Liechtensteinische Musikschule sei - ebenso wie die Universität Liechtenstein oder die Finanzmarktaufsicht - eine selbständige Stiftung öffentlichen Rechts. Art. 19 DBA-Liechtenstein setze voraus, dass Vergütungen von einem Vertragstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einem von diesem Staat oder einer Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person bezahlt würden. Diese Voraussetzung sei nach der geschilderten Besoldung jedenfalls gegeben. Weiters müsse die Zahlung für dem Vertragstaat oder der Gebietskörperschaft erbrachte Dienste erfolgen. Zu dieser Fragestellung habe sich das Bundesfinanzgericht im Beschluss vom , RN/1100001/2015, ausführlich geäußert und darauf hingewiesen, dass das Gericht es nicht für offensichtlich verfehlt halte, von einer Anstalt öffentlichen Rechts auf die dahinterstehende Gebietskörperschaft gleichsam "durchzublicken". Von dieser Auffassung gingen jedenfalls auch die Vertragstaaten Liechtenstein und Österreich aus, da nach dem 2. Zusatzprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Vertragstaaten Einvernehmen bestehe, dass die Finanzmarktaufsicht und die Universität Liechtenstein, welche ebenso wie die Musikschule selbständige Stiftungen öffentlichen Rechts seien, jedenfalls unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fielen. Würde Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein für selbständige Stiftungen öffentlichen Rechts nicht gelten, könnten auch die genannten Einrichtungen nicht unter diese Bestimmung fallen. Somit sei auch diese Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein erfüllt.

Der Anwendbarkeit von Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein stehe es entgegen, wenn die Vergütungen für Dienstleistungen bezahlt würden, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften stünden. Dass die Liechtensteinische Musikschule keine kaufmännische Tätigkeiten erbringe, sei offenkundig. Soweit erkennbar, lege Österreich den Begriff der "gewerblichen Tätigkeit" so aus, dass dieser erfüllt sei, wenn es sich bei der zu beurteilenden Körperschaft um einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 KStG 1988 handle und die betreffende Person für diesen Betrieb gewerblicher Art tätig sei. Die Unterrichtstätigkeit an öffentlichen Schulen sei dabei grundsätzlich dem Hoheitsbereich zuzuordnen und werde als nicht gewerblich angesehen. Würden in einem als Einheit anzusehenden Betrieb hoheitliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet, die so eng miteinander verbunden seien, dass eine Abgrenzung nicht möglich oder nicht zumutbar sei, liege ein Mischbetrieb vor. In einem solchen Fall sei auf die überwiegende Zweckbestimmung des gesamten Betriebes abzustellen. Dienten die Tätigkeiten des Betriebes überwiegend der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben, liege insgesamt ein Hoheitsbetrieb vor, andernfalls sei ein steuerpflichtiger Betrieb gewerblicher Art anzunehmen.

Die Liechtensteinische Musikschule unterscheide sich signifikant von den österreichischen Musikschulen, zumal sie Teil des öffentlichen Bildungssystems in Liechtenstein sei. Dementsprechend finanziere der Staat die Unterrichtsräumlichkeiten zur Gänze und zudem bis zu 75% der restlichen Aufwendungen. Dies äußere sich etwa darin, dass alle Schülerinnen und Schüler des Profils Kunst, Musik & Pädagogik des Gymnasiums eine Unterrichtslektion an der Liechtensteinischen Musikschule belegen müssten, wobei für diesen Unterricht kein Schulgeld zu entrichten sei. Da diese Lektion Teil der Pflichtlektionen im Profilbereich sei, müssten die Lehrpersonen der Liechtensteinischen Musikschule die Leistungen der Schülerinnen und Schüler beurteilen und benoten.

Weiters gebe es für die Schüler ein Ausbildungs- und Prüfungssystem, dessen Aufbau vergleichbar einer universitären Ausbildung sei (vorgegebene Kurs- und Prüfungstermine, Abnahme der Prüfungen durch Prüfungskommissionen). In diesem Bereich unterscheide sich die Liechtensteinische Musikschule organisatorisch nicht von der Universität Liechtenstein, nur dass eben ein anderes Fach unterrichtet werde. Die einer öffentlichen Schule vergleichbare Organisation des Unterrichts könne der gültigen Schulordnung aus dem Jahr 2013 entnommen werden. Die derart schulmäßig organisierten hoheitlichen Tätigkeiten würden die anderen, allenfalls als gewerblich anzusehenden Tätigkeiten überwiegen, sodass insgesamt ein Hoheitsbetrieb vorliege. Das bezahlte Schulgeld sei - ebenso wie die Studiengebühren an einer Universität - nicht als Einnahme im Sinne der Bestimmungen über die Betriebe gewerblicher Art zu werten. Da bezüglich der Universität Liechtenstein Einvernehmen zwischen den Vertragstaaten bestehe, dass für diese bzw. deren Bedienstete jedenfalls Artikel 19 Abs. 1 des Abkommens anwendbar sei und hinsichtlich der Grundstrukturen der Organisation des Schulbetriebes keine grundsätzlichen Unterschiede erkennbar seien, falle auch die Liechtensteinische Musikschule in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung.

5.  Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015, Anspruchszinsen 2015 sowie Einkommensteuervorauszahlungen 2017 als unbegründet ab und gab der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 insoweit teilweise Folge, als die AfA für das MacBook Air (252,52 €) als Werbungskosten berücksichtigt wurde. Die Berücksichtigung des Pendlerpauschales wurde mit der Begründung verneint, dass dem Beschwerdeführer die Nutzung eines Massenbeförderungsmittels nach dem Ergebnis durchgeführter Abfragen zumindest hinsichtlich der überwiegenden Fahrtstrecke möglich und zumutbar sei. Bezüglich der begünstigen Besteuerung der Überstundenzuschläge wurde darauf hingewiesen, dass diese im angefochtenen Einkommensteuerbescheid bereits im gesetzlichen Höchstausmaß erfolgt sei. Hinsichtlich der Besteuerung der liechtensteinischen Bezüge führte das Finanzamt zusammengefasst aus, Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein setze tatbestandsmäßig die Zahlung von Vergütungen von einem Vertragstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder aus einem vom Vertragstaat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen voraus. Bei der Liechtensteinischen Musikschule handle es sich aber um eine Stiftung öffentlichen Rechts und komme eine Subsumption unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes daher grundsätzlich nicht in Betracht (Hinweis auf ).

Zwar habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , V 41/2015, die Präjudizialität der bekämpften Verordnung mit der Begründung bejaht, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass eine Stiftung als Sondervermögen angesehen werde, im Übrigen habe er sich den Überlegungen des Bundesfinanzgerichtes, wonach bei einer juristischen Person öffentlichen Rechts auf die dahinterstehende Gebietskörperschaft "durchgeblickt" werden könne, aber nicht angeschlossen.

Ebenso liege ein Sondervermögen im Sinne des näher dargelegten Begriffsverständnisses nicht vor. Der Umstand, dass der Aufwand der Musikschule nur zu etwa einem Viertel durch Einnahmen (insbesondere aus Schulgeldern und Spenden) abgedeckt und der weitere Aufwand durch einen "Staatsbeitrag" ausgeglichen werde, vermöge für sich kein Sondervermögen zu begründen, da es sich nicht um ein gesondert verwaltetes Vermögen, sondern lediglich um einen budgetierten Kosten- bzw. Aufwandersatz handle. Gleichermaßen ändere die Tatsache, dass die Liechtensteinische Musikschule einen staatlichen und öffentlichen Bildungsauftrag erfülle, nichts daran, dass die Vergütungen nicht aus einem vom Staat oder einer Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen stammten, sondern von einer selbständigen juristischen Person öffentlichen Rechts für die ihr gegenüber erbrachten Dienste bezahlt worden seien. Zudem hätten sich die beiden Staaten bereits im Jahr 1989 darauf verständigt, dass die Liechtensteinische Musikschule der Wirtschaftsverwaltung und nicht der Hoheitsverwaltung zuzurechnen sei. Die Bezüge seien nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Liechtenstein somit in Österreich zu erfassen.

6.  Mit Schriftsatz vom beantragte die steuerliche Vertretung die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht. Begründend wurde unter Anschluss entsprechender Beilagen ergänzend vorgebracht, das Finanzamt sei auf die Ausführungen in der Beschwerde, dass nach Auffassung der Vertragstaaten bei einer Stiftung öffentlichen Rechts auf die dahinterstehende Gebietskörperschaft gleichsam "durchzublicken" sei, nicht eingegangen. Hinsichtlich des Anwendungsbereiches des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein bestehe seit dem Inkrafttreten des 2. Zusatzprotokolls zum DBA-Liechtenstein mit eine eindeutige Rechtslage, zumal in diesem auch ausdrücklich festgelegt worden sei, dass die Bestimmungen des 2. Zusatzprotokolls Bestandteil des Abkommens selbst seien und somit die Rechtsqualität einer DBA-Norm hätten. Die Normgeber hätten damit eine Rechtslage geschaffen, nach der die Finanzmarktaufsicht und die Universität Liechtenstein jedenfalls unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fielen. Zu den Merkmalen dieser Institutionen zähle ua. die rechtliche Organisationsform als selbständige Stiftung öffentlichen Rechts. Eine solche Organisationsform solle nach dem klaren Willen der Normgeber somit Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein unterliegen. Dementsprechend könnten auch andere Organisationen, die dieselbe Organisationsform aufwiesen, wie etwa die Liechtensteinische Musikschule, Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein unterliegen. Dass die Normgeber - von vornherein gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz verstoßend - nur die angeführten Organisationen und nicht auch die anderen selbständigen Stiftungen öffentlichen Rechts in den Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein hätten einbeziehen wollen, könne jedenfalls ausgeschlossen werden. Bei den Ausführungen unter Punkt 3 des 2. Zusatzprotokolls handle es sich um eine Art authentischer Interpretation des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein. Aufgrund der neuen Rechtslage sei auch die angeführte Judikatur bezüglich der "selbständigen Stiftungen öffentlichen Rechts" nicht mehr anwendbar.

Der vom Finanzamt angeführte Erlass des Bundesministeriums für Finanzen, wonach die Liechtensteinische Musikschule der Wirtschaftsverwaltung und nicht der Hoheitsverwaltung zuzurechnen sei, sei einerseits nicht bindend, andererseits aufgrund der veränderten Rechtslage aber auch nicht mehr anwendbar, da die Abgrenzung zwischen Hoheitsverwaltung und Wirtschaftsverwaltung nicht mehr maßgebend sei. Auch sei den Ausführungen in den Beschwerden betreffend das Nichtvorliegen einer gewerblichen Tätigkeit nichts entgegengehalten worden.

Hinsichtlich der Werbungskosten wurde unter Anschluss entsprechender Beilagen darauf hingewiesen, dass die für den Musikunterricht verwendeten Apps nur auf Tablet-Computern liefen und daher die Anschaffung eines solchen Tablets notwendig gewesen sei, um diese Apps beruflich nutzen zu können. Auf dem MacBook liefen zB Notenschreibprogramme oder die ganze Schüler- und Notenverwaltung, etc. Weiters sei, nachdem das große Pendlerpauschale nicht gewährt worden sei, jedenfalls das kleine Pendlerpauschales (20 - 40 km) zu berücksichtigen.

Zudem seien im Einkommensteuerbescheid 2015 keine steuerlich begünstigten Sonderzahlungen berücksichtigt worden. Dies sei darauf zurückzuführen, dass im vorgelegten Jahreslohnausweis keine Sonderzahlungen ausgewiesen seien. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer jedoch eine Sonderzahlung (13. Monatsgehalt in Höhe von 9.622,60 SFr laut Lohnabrechnung 11/2015) erhalten, die daher entsprechend in Ansatz gebracht werden müsse.

7.  In weiterer Folge hat die steuerliche Vertretung auch gegen den Einkommensteuer­vorauszahlungsbescheid 2018 vom  Beschwerde erhoben und nach Ergehen einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

8.  Auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes teilte das Finanzamt mit, dass gegen die antragsgemäße Berücksichtigung des kleinen Pendlerpauschales sowie die begünstigte Besteuerung der Sonderzahlung keine Bedenken bestünden. Auch erachte das Finanzamt die berufliche Notwendigkeit und Verwendung des iPad`s aufgrund der vorgelegten Unterlagen als glaubhaft, im Hinblick auf die vielfälltigen Nutzungsmöglichkeiten im Privatbereich sei jedoch ein entsprechender Privatanteil auszuscheiden.
 

II. Sachverhalt

Der in Österreich ansässige Beschwerdeführer bezieht aus seiner Tätigkeit als Lehrer an der Liechtensteinischen Musikschule Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, wobei er in der Regel arbeitstäglich zwischen seinem (grenznahen) inländischen Wohnsitz und dem (grenznahen) Arbeitsort in Liechtenstein pendelt. 

Die "Liechtensteinische Musikschule" ist eine selbständige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Vaduz [Art. 1 des Gesetzes vom über die Musikschule Liechtenstein (LMSG) und Art. 1 der Statuten der Musikschule]. Zweck der Stiftung ist es, Unterricht in Instrumental- und Vokalmusik zu erteilen und das musikalische Leben des Landes zu fördern (Art. 3 LMSG, Art. 2 der Statuten). Der Staat Liechtenstein stellt der Stiftung geeignete Unterrichtsmöglichkeiten unentgeltlich zur Verfügung (Art. 6 LMSG). Die Einkünfte der Musikschule sind das Schulgeld, der Staatsbeitrag und sonstige Einkünfte wie Schenkungen und Legate, wobei das Schulgeld mindestens 25% der Aufwendungen und der Staatsbeitrag höchstens 75% der Aufwendungen deckt (Art. 4 LMSG, Art. 3 der Statuten). Die Organe der Musikschule sind der Stiftungsrat, die Direktion und die Revisionsstelle (Art. 7 LMSG, Art. 4 der Statuten). Der Stiftungsrat besteht aus fünf bis sieben Mitgliedern, die von der Regierung jeweils für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt werden (Art. 5 der Statuten). Ihm obliegt ua. die Oberleitung der Stiftung (Art. 9 LMSG, Art. 6 der Statuten). Der Stiftungsrat erlässt auch das Dienstreglement über das Dienstverhältnis der Lehrer. Die Direktion wird durch den Stiftungsrat nach öffentlicher Ausschreibung bestellt. Sie führt die operativen Geschäfte der Stiftung unter eigener Verantwortung (Art. 10 LMSG, Art. 7 der Statuten). Die Revisionsstelle wird von der Regierung gewählt (Art. 11 LMSG, Art. 8 der Statuten).

Die Gehälter der Lehrpersonen werden von der liechtensteinischen Landeskasse ausbezahlt. Die Musikschule ist aber verpflichtet, die von der Landeskasse ausbezahlten Gehälter zu refundieren, wobei wiederum bis zu 75% der gesamten Aufwendungen durch einen "Staatsbeitrag" abgedeckt werden (vgl. dazu die auf eine telefonische Anfrage bei der Liechtensteinischen Landesverwaltung, Amt für Personal und Organisation, gestützten Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes im Erkenntnis vom , RV/1100201/2017).

Außer Streit steht zwischen den Verfahrensparteien die Auszahlung eines sonstigen Bezuges im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 9.622,60 SFr und die berufliche Notwendigkeit der Anschaffung eines Notebooks und eines iPad`s. Nicht strittig ist weiters, dass die vom Beschwerdeführer arbeitstäglich zurückgelegte einfache Wegstrecke zwischen seinem Wohnort und dem Arbeitsort in Liechtenstein mehr als 20 km beträgt und die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels dabei zumutbar ist.
 

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

1. Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO ist in der Begründung des Aufhebungs­bescheides darzulegen, wobei sowohl der Aufhebungsgrund als auch die Gründe für die Er­messensübung anzuführen sind (vgl. , mwN). Bloße Begründungsmängel des Aufhebungsbescheides sind im Rechtsmittelverfahren sanierbar (vgl. , mwN).

Im Aufhebungsbescheid vom hat das Finanzamt auf die sich aus der Begründung des Sachbescheides ergebene inhaltliche Rechtswidrigkeit und die nicht bloß geringfügigen Auswirkungen verwiesen. Aus dem Einkommensteuerbescheid vom ergibt sich in unzweifelhafter Weise, dass das Finanzamt den aufgehobenen Einkommensteuerbescheid als rechtswidrig erachtet hat, weil die Bezüge von der Liechtensteinischen Musikschule nicht der inländischen Besteuerung unterzogen wurden. Nachdem das Besteuerungsrecht hinsichtlich dieser Bezüge aus den unten angeführten Gründen der Auffassung des Finanzamtes entsprechend Österreich zukommt, war der Bescheid vom somit nicht richtig im Sinne des § 299 Abs. 1 BAO und liegt der ins Treffen geführte Aufhebungsgrund damit vor.

Die Erlassung eines Aufhebungsbescheides nach § 299 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei ist dem Begriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einhebung der Abgaben, beizumessen (vgl. , mwN, und , mwN).

Die Zweckmäßigkeit einer Bescheidaufhebung ergibt sich aus dem Ziel der gesetzlichen Norm des § 299 BAO, ein der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechendes Ergebnis herbeizuführen. Dabei ist dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit einzuräumen (vgl. , sowie Ritz, BAO, 6. Aufl., § 299 Tz 54, mwN).

Im Hinblick auf die dargelegten Grundsätze sowie die steuerlichen Auswirkungen erweist sich die Ermessensübung durch das Finanzamt sohin als rechtmäßig, zumal auch keine unter dem Gesichtspunkt einer Unbilligkeit allenfalls zu berücksichtigenden Umstände aufgezeigt wurden.

Der Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO konnte daher kein Erfolg beschieden sein.
 

2. Einkommensteuer 2015

a) Besteuerungsrecht

Art. 15 und Art. 19 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung (nach Art. III Abs. 3 des mit BGBl. III Nr. 8/2017 veröffentlichten Protokolls zur Abänderung des Abkommens sind die geänderte Fassung des Art. 19 des Abkommens sowie das 2. Zusatzprotokoll bereits auf Steuerjahre, die am oder nach dem  beginnen, anzuwenden) lauten auszugsweise:

Artikel 15
UNSELBSTÄNDIGE ARBEIT

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 Absatz 2 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

[…]

(4) Einkünfte aus unselbständiger Arbeit solcher Personen, die in einem Vertragstaat in der Nähe der Grenze ansässig sind und im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben (Grenzgänger), werden in dem Vertragstaat besteuert, in dem sie ansässig sind. Der Staat des Arbeitsortes ist jedoch berechtigt, von den erwähnten Einkünften eine Steuer von höchstens vier vom Hundert im Abzugsweg an der Quelle zu erheben.

Artikel 19
ÖFFENTLICHER DIENST

(1) Vergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.

(2) Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15, 16 und 18 Anwendung."

Das dem Abkommen zu Art. 19 (Öffentlicher Dienst) angefügte 2. Zusatzprotokoll (BGBl. III Nr. 8/2017) lautet:

"1. Es besteht Einvernehmen darüber, dass ein Staat, eine seiner Gebietskörperschaften, eine seiner Botschaften und eines seiner Konsulate bei der Ausübung der öffentlichen Dienste im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 durch sein oder ihr gesamtes Personal tätig wird, ohne dass es auf die jeweilige Tätigkeit der einzelnen Person ankommt.

2. Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie Vorsorgeeinrichtungen gemäß dem Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge des Staates (SBPVG) als Sondervermögen im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 gelten.

3. Es besteht Einvernehmen darüber, dass Artikel 19 Absatz 1 für folgende liechtensteinische Institutionen jedenfalls Anwendung findet:


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-
Finanzmarktaufsicht;
-
Universität Liechtenstein;
-
Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung, Invalidenversicherung, Familienausgleichskasse sowie Vorsorgeeinrichtungen gemäß dem Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge des Staates (SBPVG).

Artikel 19 Absatz 2 bleibt hiervon unberührt." 

Nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Liechtenstein kommt das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Davon abweichend werden gemäß Art. 15 Abs. 4 DBA-Liechtenstein nichtselbständige Einkünfte von Grenzgängern im Sinne dieser Bestimmung im Ansässigkeitsstaat besteuert. Eine gesonderte Regelung sieht Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein wiederum für Bezüge öffentlich Bediensteter vor; diese sind regelmäßig in jenem Staat zu besteuern, der die Bezüge auszahlt (Kassenstaatsprinzip). Sind die dort angeführten Voraussetzungen erfüllt, kommt Art. 15 DBA-Liechtenstein nicht zur Anwendung. Tatbestandsmäßig setzt Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. III Nr. 8/2017 voraus (zur davor geltenden Rechtslage vgl. , sowie , mwN):


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1.
die Zahlung der Vergütung von einem Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörper-schaften unmittelbar oder aus einem vom Vertragstaat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen;
2.
die Erbringung von Diensten für diesen Staat oder die Gebietskörperschaft.

Nach dem DBA-Liechtenstein ist die Anwendung der Kassenstaatsregel ausdrücklich auf Tätigkeiten für den Vertragsstaat und dessen Gebietskörperschaften beschränkt. Körperschaften öffentlichen Rechts, die keine Gebietskörperschaften sind, werden von der Regelung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein somit nicht erfasst (vgl. , mwN).

Klargestellt hat der Verwaltungsgerichtshof in dem eine Lehrerin an einer unter der Trägerschaft einer Anstalt privaten Rechts geführten Privatschule betreffenden Erkenntnis vom , 2013/15/0200, weiters, dass wegen des klaren Wortlautes "Vertragstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften" ein Durchgriff durch zwischengeschaltete Personen für Zwecke der Anwendung des Art. 19 DBA-Liechtenstein nicht möglich ist und Vergütungen von privatrechtlich organisierten Arbeitgebern damit nicht unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fallen, auch wenn diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen und staatlicher Aufsicht unterliegen (Hinweis auf Dürrschmidt in Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen6, Art. 19 Rz 27 und 27a; sowie Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 19 Rz 41, zu der insoweit übereinstimmenden Formulierung des Art. 19 im OECD-Musterabkommen).

Vergütungen von einem rechtlich verselbständigten Arbeitgeber fallen daher, unabhängig davon, ob er nun privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert ist, nicht unter die Zuteilungsregel des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein (vgl. ua. , und die dort angeführten Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes).

Auch in Bezug auf an der Liechtensteinischen Musikschule tätige Lehrpersonen hat das Bundesfinanzgericht die Anwendbarkeit der Bestimmung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein bereits mehrfach verneint, weil diese ihre Dienste gegenüber einer (mit dem Staat Liechtenstein bzw. einer seiner Gebietskörperschaften nicht identen) selbständigen und rechtsfähigen Stiftung öffentlichen Rechts erbringen (vgl. ua. , , , , , und ). Dass die Bezüge von der Liechtensteinischen Landesverwaltung (Landeskasse) ausbezahlt werden, ändert dabei nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes aufgrund der Verpflichtung der Liechtensteinischen Musikschule, die ausbezahlten Bezüge zu refundieren, nichts daran, dass letztlich die Liechtensteinische Musikschule und damit ein rechtlich verselbständigter Arbeitgeber Schuldner der ausbezahlten Bezüge ist. Auch der Umstand, dass die Liechtensteinische Musikschule zu (höchstens) 75% aus staatlichen Mitteln finanziert wird, führt nicht dazu, dass Liechtenstein als Kassenstaat Schuldner der gezahlten Vergütungen wird, was aber Voraussetzung für die Anwendung der Kassenstaatsregelung wäre.

Ebenso stellt die Liechtensteinische Musikschule nach der in den oben angeführten Erkenntnissen dargelegten Auffassung des Bundesfinanzgerichtes kein vom Staat oder einer Gebietskörperschaft errichtetes Sondervermögen im Sinne des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein dar. Sondervermögen werden durch Gesetz errichtet, haben eine eigene Wirtschafts- und Rechnungsführung, können im privaten Rechtsverkehr unter ihrem Namen handeln, klagen und verklagt werden und haften nur für die von ihnen selbst eingegangenen Verbindlichkeiten (vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, Kommentar, 2. Aufl., Art. 19 MA Rz 50), sind aber - obwohl sie als gesondert verwaltete Vermögensmassen im Rechtsverkehr unter eigenem Namen auftreten - nicht rechtsfähig. Die rechtlichen Folgen ihres Handelns treffen daher den Staat als Rechtsträger (vgl. Daxkobler/Kerschner, SWI 10/2012, 454 ff, mwN). Sondervermögen in diesem Sinne sind somit (rechtlich unselbständiger) Teil einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts. Da die Liechtensteinische Musikschule eine rechtlich selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, kommt eine Qualifikation als Sondervermögen somit nicht in Betracht.

Soweit die steuerliche Vertretung in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen zur Präjudizialität der Verordnung der Bundesministerin für Finanzen betreffend Art. 19 Abs. 1 des österreichisch-liechtensteinischen Doppelbesteuerungsabkommens, BGBl. II Nr. 450/2013, im Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , RN/1100001/2015, verweist, ist ihr zu entgegnen, dass der Verfassungsgerichtshof die Verordnung aufgrund des Antrages des Bundesfinanzgerichtes mit Erkenntnis vom , V 41/2015, aufgehoben und im Rahmen der Präjudizialitätsprüfung ua. darauf hingewiesen hat, dass die Qualifikation einer Stiftung des öffentlichen Rechts als Sondervermögen im Sinne des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein "nicht denkunmöglich" bzw. "nicht von vornherein ausgeschlossen" ist (IV.1.4. und 1.5.; vgl. auch , und ). Einleitend hat der Gerichtshof dabei darauf verwiesen, dass "der Verfassungsgerichtshof nicht berechtigt" sei, "durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde". Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dürfe daher ein Antrag im Sinne des Art. 139 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw. des Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es "offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet" (Punkt IV.1.1. der Entscheidungsgründe). Dass eine rechtlich selbständige Stiftung wie die Liechtensteinische Musikschule entgegen obigen Ausführungen als Sondervermögen im Sinne des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein anzusehen wäre oder auf die hinter einer solchen Körperschaft öffentlichen Rechts stehende Gebietskörperschaft abzustellen wäre, kann daraus daher jedenfalls nicht abgeleitet werden. Davon abgesehen, hat der Verwaltungsgerichtshof, wie oben ausgeführt, ausgesprochen, dass ein Durchgriff durch zwischengeschaltete Personen für Zwecke der Anwendung des Art. 19 DBA-Liechtenstein nicht möglich ist (vgl. ), und ist es somit auch ausgeschlossen, auf die hinter einer Körperschaft öffentlichen Rechts stehende Gebietskörperschaft gleichsam "durchzublicken".

Auch mit dem Verweis auf das 2. Zusatzprotokoll ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Mit diesem wurde die Anwendung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein auf die dort angeführten Institutionen, ua. die Universität Liechtenstein, ausgeweitet. Die Bestimmung des Art. 19 DBA-Liechtenstein wurde mit dem Abänderungsprotokoll hingegen nur insoweit abgeändert, als in Art. 19 Abs. 1 die Wortfolge "in Ausübung öffentlicher Funktionen" gestrichen und die Überschrift zu Artikel 19 (Öffentliche Funktionen) durch die Wortfolge "Öffentlicher Dienst" ersetzt wurde. Daran, dass Körperschaften öffentlichen Rechts vom Wortlaut des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein, wie oben dargelegt, nicht erfasst sind, hat sich somit nichts geändert. Wenn daher nach dem 2. Zusatzprotokoll Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein auf die dort namentlich angeführten Stiftungen bzw. Anstalten öffentlichen Rechts jedenfalls Anwendung findet, kann nur davon ausgegangen werden, dass zwischen den Vertragstaaten auch nur hinsichtlich der angeführten Institutionen Einvernehmen über die Anwendung der Kassenstaatsregelung erzielt wurde. Keinesfalls kann daraus aber abgeleitet werden, dass Körperschaften öffentlichen Rechts (entgegen dem Wortlaut der Bestimmung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein) im Fall ihrer Vergleichbarkeit mit den angeführten Institutionen oder gar generell in den Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fielen. Wäre derartiges tatsächlich beabsichtigt gewesen, ist wohl davon auszugehen, dass die Vertragstaaten eine dies zum Ausdruck bringende Formulierung gefunden hätten. Die Wendung "jedenfalls" in Punkt 3 des 2. Zusatzprotokolls ist daher so zu verstehen, dass die angeführten Institutionen unter Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein fallen sollen, auch wenn sie nach innerstaatlicher Auslegung nicht unter diese Bestimmung zu subsumieren wären (vgl. ua. ).

Überdies hat das Bundesfinanzgericht mehrfach ausgesprochen, dass die Liechtensteinische Musikschule nicht überwiegend hoheitlich tätig ist (dazu ausführlich ua. , und ) und die Anwendung des Art. 19 Abs. 2 DBA-Liechtenstein von der Regelung des 2. Zusatzprotokolls nach dessen letztem Satz unberührt bleibt. Nach Art. 19 Abs. 2 DBA-Liechtenstein findet die Kassenstaatsregelung des Abs. 1 auf Vergütungen für Dienste, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit erbracht werden, aber keine Anwendung.

Gesamthaft gesehen kommt die Anwendung der Regelung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein somit auch im Beschwerdefall nicht in Betracht. Nachdem außer Streit steht, dass die Anwendungsvoraussetzungen der Grenzgängerregelung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Liechtenstein erfüllt sind, steht das Besteuerungsrecht sohin Österreich zu und war der Beschwerde insoweit daher ein Erfolg zu versagen.

Ergänzend wird angemerkt, dass von der beantragten Befragung des Präsidenten des Stiftungsrates sowie des Direktors der Liechtensteinischen Musikschule Abstand genommen wurde, zumal einerseits außer Streit steht, dass die Liechtensteinische Musikschule Teil des öffentlichen Bildungssystems in Liechtenstein ist und die Finanzierung zu einem Großteil über den "Staatsbeitrag" erfolgt und sich andererseits aus dem Gesetz bzw. den Statuten zweifelsfrei ergibt, dass die Liechtensteinische Musikschule eine rechtlich selbständige Stiftung öffentlichen Rechts ist.

Hinsichtlich der angeregten Einleitung eines Verständigungsverfahrens ist schließlich darauf hinzuweisen, dass nach Art. 25 Abs. 1 DBA-Liechtenstein (idF BGBl. III Nr. 8/2017) eine Person bei nicht abkommenskonformer Besteuerung ihren Fall, unbeschadet der nach innerstaatlichem Recht vorgesehenen Rechtsmittel, der zuständigen Behörde einer der beiden Vertragsstaaten unterbreiten kann. "Zuständige Behörde" im Sinne des Abkommens ist nach Art. 3 Abs. 1 lit. d DBA-Liechtenstein in Österreich der Bundesminister für Finanzen, in Liechtenstein die Regierung des Fürstentums Liechtenstein. Die Einleitung eines Verständigungsverfahrens obliegt somit nicht dem für das Rechtsmittelverfahren zuständigen Bundesfinanzgericht. Zudem ist ein im Rahmen eines Verständigungsverfahrens erzieltes Ergebnis weder für den Verwaltungsgerichtshof noch für das Bundesfinanzgericht bindend (vgl. , und , mwN).
 

b) Sonstige Bezüge

Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), sieht § 67 Abs. 1 EStG 1988 für die sonstigen Bezüge (innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs. 2 und nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge) eine gesonderte Besteuerung mit den dort angeführten, von der Höhe der sonstigen Bezüge abhängigen festen Steuersätzen vor.

Der Beschwerdeführer hat den Erhalt eines (innerhalb des Jahressechstels liegenden) sonstigen Bezuges in Höhe von 9.622,60 SFr (8.875,61 €) nachgewiesen und war dieser daher nach Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge (1.528,57 €) gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuern.
 

b) Pendlerpauschale

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Derartige Fahrtaufwendungen werden neben dem Verkehrsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 mit den betragsmäßig nach der Länge der Fahrtstrecke sowie der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels gestaffelten Pauschbeträgen nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c und d EStG 1988 sowie dem Pendlereuro (§ 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988) abgegolten.

Nachdem die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht strittig ist und die steuerliche Vertretung den Antrag auf Berücksichtigung des im Falle der Unzumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels vorgesehenen großen Pendlerpauschales im Hinblick auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung nicht mehr aufrechterhalten hat, war gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 das Pendlerpauschale in Höhe von 696,00 € und der Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.
 

c) AfA

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 gehören zu den Werbungskosten auch Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 anzuwenden.

Zur Eignung eines Computers als Arbeitsmittel hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Erforderlichkeit des Einsatzes eines Computers als Arbeitsmittel dann zu bejahen ist, wenn der Einsatz eines solchen Gerätes nach dem Urteil gerecht und billig denkender Menschen für eine bestimmte Tätigkeit unzweifelhaft sinnvoll ist (vgl. , und betreffend den Einsatz eines Notebooks als Zweitcomputer , mwN).

Die steuerliche Vertretung hat die berufliche Notwendigkeit der Anschaffung des iPad`s im Vorlageantrag glaubhaft dargelegt. Dies hat auf Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes auch das Finanzamt nicht mehr in Abrede gestellt. Eine ausschließliche tatsächliche berufliche Nutzung kann aus den Ausführungen der steuerlichen Vertretung jedoch nicht abgeleitet werden und geht das Bundesfinanzgericht in Übereinstimmung auch mit der allgemeinen Lebenserfahrung daher davon aus, dass das iPad jedenfalls zum Teil auch privat verwendet wurde. Mangels konkreter Angaben anhand derer dieser Anteil hätte ermittelt werden können, wird der Privatanteil der Verwaltungspraxis folgend im Schätzungswege mit 40% angenommen und war sohin zusätzlich zu der bereits in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigten AfA für das Notebook (250,52 €) eine AfA in Höhe von 133,03 € zu berücksichtigen.
 

3. Einkommensteuervorauszahlungen

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer Vorauszahlungen zu entrichten.

Die Berechnung der Vorauszahlung für ein Kalenderjahr erfolgt nach der gesetzlichen Regelung des § 45 Abs. 1 EStG 1988 auf Grundlage der Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr. Davon werden die Beträge gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 und Z 3 EStG 1988 in Abzug gebracht. Der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4%, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5% für jedes weitere Jahr erhöht.

Das Finanzamt hat die Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2017 und 2018 mit Bescheiden vom bzw. vom  mit 33.279,00 € (2017) bzw. 34.739,00 € (2018) festgesetzt, wobei gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 die für die Festsetzung maßgebliche Abgabenschuld für das Jahr 2015 um 9% (2017) bzw. 14% (2018) erhöht wurde.

Nachdem sich für das Jahr 2015 aus den oben dargelegten Gründen eine Abgabenschuld von 26.733,00 € ergibt, waren die Vorauszahlungen für die Jahre 2017 und 2018 entsprechend anzupassen und der Beschwerde daher insoweit teilweise Folge zu geben.
 

4. Festsetzung von Anspruchszinsen

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzten Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen.

Die Festsetzung von Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO ist eine sich aus dem Gesetz ergebende objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile und Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (vgl. , mwN). Anspruchszinsenbescheide sind an die Höhe der im Spruch des zugrundeliegenden Abgabenbescheides ausgewiesene Nachforderung oder Gutschrift gebunden und deshalb nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Stammabgabenbescheid sei rechtswidrig (vgl. , mwN). Wird der maßgebende Abgabenbescheid abgeändert, hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides zu erfolgen hat (vgl. , und , mwN).

Die im Ergebnis einzig mit der Rechtswidrigkeit des Einkommensteuerbescheides begründete Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid 2015 war sohin als unbegründet abzuweisen.
 

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , 2013/15/0200, klargestellt, dass Körperschaften öffentlichen Rechts, die keine Gebietskörperschaften sind, von der Regelung des Art. 19 Abs. 1 DBA-Liechtenstein nicht erfasst werden und ein Durchgriff durch zwischengeschaltete Personen diesbezüglich nicht möglich ist. Im Übrigen beruhen die dargelegten Rechtsfolgen auf nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen bzw. ergeben sich diese unmittelbar aus dem Gesetz. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung werden durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 19 Abs. 1 DBA FL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Liechtenstein (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 24/1971
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 45 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 67 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100042.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at